Heute abend war es endlich so weit: Simon & Garfunkel spielen tatsächlich in der Kölnarena.
Und, was soll ich sagen... brilliant, genial, mitreißend, ergreifend, absolut einmalig. Wer meine normal eher nüchterne Art kennt, weiß, was so ein Urteil bedeutet...
Die beiden schaffen es auch über dreißig Jahre nach ihrer Trennung noch, ihre Stimmen in unvergleichlicher Art aufeinander abzustimmen und miteinander zu harmonieren. Dabei merkt man ihnen ihr Alter kaum an - Garfunkel singt noch so perfekt wie eh und je, bei Simon schleichen sich ganz gelegentliche Fehler ein, die aber wirklich nicht ins Gewicht fallen - und die künstlerische Reife ist klar noch besser geworden.
Dabei haben sie einige Lieder exakt so gespielt, wie man sie von den Studioalben kennt; einige andere wurden stark überarbeitet, aber fast ohne Ausnahme so, dass sie den "Originalen" mindestens ebenbürtig waren.
Abriss des Programms mit einigen Höhepunkten:
Den Anfang machten "Old Friends" und "Bookends". Passender kann man ein Reunionkonzert nicht beginnen, und gemacht waren beide genial. Genauso gut wie früher, durch die älteren Stimmen noch glaubwürdiger.
"Hazy Shade of Winter", "I am a Rock" und einige andere (mein genaues Titelgedächtnis löste sich vor Begeisterung schnell auf) waren stark modifiziert (rockiger, anderer Stimmverlauf), aber ebenfalls sehr gut gemacht.
Nach ca einem Drittel der Show kam der Gastauftritt der Everly Brothers - die alten Idole von S&G aus ihrer Jugend, die nun gemeinsam mit ihnen auf der Tour sind. "Wake up, Little Suzie", "All I've got to do is dream" und "Let it be me" "durften" die Brüder alleine singen - nicht die Klasse von S&G, aber trotzdem sehr schön zu hören - und "Bye, bye Love" sangen alle vier im Quartett.
Absolute Höhepunkte der weiteren Show waren "Scarborough Fair" - hier schafft es Garfunkel auf unglaubliche Art, genauso gut und klar zu klingen wie Jahrzehnte zuvor; "Kathy's Song" und "The Sound of Silence" - sehr ähnlich wie die Studioversionen, aber so inbrünstig vorgetragen, dass sie wohl noch besser wirkten als diese; "Homeward Boudn" - im Gegensat zu Central Park endlich eine gelungene Liveversion; und vor allem "Mrs Robinson", durch Filmschnippsel aus "Die Reifeprüfung" auf der Leinwand eingeleitet und absolut mitreißend.
Gegen Ende folgten mehrere eher unbekannte und leise Paul-Simon-Solo-Stücke ("A Heart in New York", "American Tune", "My little town"), die aber ebenfalls hörenswert waren und die Spannung aufs Finale steigerten. Dies begann natürlich mit "Bridge over troubled water", dem sich stehender Applaus anschloss. Nach einem vorgeschobenen Abgang der Musiker folgte noch "Cecilia", wonach die gesamte Halle nur noch stand, und dann kamen die Abschlusslieder. Nach "The Boxer" (leider ohne die "After changes upon changes"-Bonus-Strophe, aber genial) erwartete man schon das Ende, aber es kamen noch "Leaves that are green" - ein genialer Rückbezug auf die drei Anfangsstücke - und als wirklicher Abschluss dann der "59th Street Bridge Song" - wie könnte man so ein unvergessliches Konzert besser beschließen als mit
Slow down, you move too fast, you've got to make the moment last!
Die Atmosphäre war auch absolut beeindruckend - anfangs war ich noch skeptisch, ob die riesige Kölnarena für so ein musikalisch eher ruhiges Konzert wirklich geeignet ist oder ob das Publikum zu wenig mitgerissen wird, aber das war völlig unbegründet. Bei den ruhigen, nachdenklichen Stücken das Bewusstsein, dass Tausende Menschen mit einem still sind und genießen; bei den energischeren Stücken die allgemeine Begeisterung.
Und, wie bereits in der Einleitung geschrieben: die Beiden sind musikalisch nachwievor vollkommen auf der Höhe. Dieses Konzert war musikalisch klar besser als Central Park (ok, dem, das ich nur auf DVD habe, hatte ich natürlich einen Atmosphärebonus, aber ich beziehe mich auf den reinen Klang der Lieder) und hätte auch vor ihrer Trennung nicht besser stattfinden können.
Es gibt wenige Dinge, die ich weniger bereue, als die Chance ergriffen zu haben, diesen genialen Musikern zuzuhören.
PS: Die erwähnten Stücke sind wie gesagt nur die absoluten Highlights oder sonstwie erwähnenswerten, es wurden bei knapp über zwei Stunden Dauer natürlich noch einige mehr gespielt. Spontan fallen mir jetzt noch "America", "At the Zoo", "Baby Driver", "Keep the Customer satisfied", "If I could", "Slip slind' away" ein, ein oder zwei fehlen in der Liste auch dann sicher noch.