Leonard Cohen - Old Ideas

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Traitor
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Fr 3. Mai 2013, 10:23 - Beitrag #1

Leonard Cohen - Old Ideas

Zitat von Padreic:Übrigens dank an Traitor für die indirekte Empfehlung von Cohens 'Old Ideas'. Sein bestes Werk seit seinem Erstling? Zumindest kommt es nah dran...

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[...]

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Manchmal kommt es lyrisch über einen, besonders wenn man von Lyrik berührt wurde (und Cohen ist definitiv ein Lyriker!)


Vom besten Werk seit dem Erstalbum würde ich nicht sprechen. Gut, es ist ganz allgemein schwierig, bei Cohen Ranglisten aufzustellen, er hat so viele Evolutionen und Stilwechsel vollzogen, und (bis auf das erste) ist wohl kein Album dabei, das nicht intern starke Qualitätsschwankungen hat. Selbst stilistisch intern homogen sind eigentlich nur das erste und die letzten 5 Alben. Was ich auch als Begründung heranziehen würde, dass das neueste (letzte?) nicht ganz das zweitstärkste ist - es ist weder auf ganz so hohem Niveau geschlossen wie das erste, noch hat es die Vielfalt mancher mittlerer, etwa das immer etwas unterschätzte "New Skin for the Old Ceremony". Auch hat es weder massenkompatible Kracher wie "Hallelujah" oder "First We Take Manhattan" noch die ganz tiefen Themen wie "The Future".

Aber ja, es ist ein großartiges Album. Auf jeden Fall deutlich stärker als die netten, aber nicht gerade weltbewegenden beiden davor (obwohl auch die Stärken hatten, Favoriten: "Alexandra Leaving" und "In My Secret Life" von "Ten New Songs", "On That Day" und "Villanelle For Our Time" (wenn auch mit Fremdlyrik) von "Dear Heather"). Und auch für sich genommen klasse, sowohl am Stück nebenbei angenehm durchhörbar, als auch in der Detailbeschäftigung mit den Stücken. Vielleicht musikalisch etwas zu gefällig, aber wie immer großartige Texte. Am liebsten habe ich "Different Sides" und "Darkness" gewonnen.

Das "Old Ideas"-Konzert in Mönchengladbach war natürlich nochmal ein besonderes Erlebnis. Die Tour läuft auch immer noch, Nordamerika hat er gerade hinter sich gelassen und kommt wieder nach Europa. Die Arenen in Oberhausen, Mannheim, Hamburg oder Berlin hätten mir aber als Konzertsaal wohl nicht so gefallen, und zweimal zur gleichen Tour zu gehen, birgt mir auch zu viel Risiko, das Erfahrene zu entwerten. Aber falls jemand noch Karten bekommen kann, klarste Empfehlung! Der Mann ist auch noch (oder gerade?) im Alter eine Offenbarung. Und seine Band auch klasse.

Traitor
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Fr 3. Mai 2013, 14:55 - Beitrag #2

Unbedingt erwähnen möchte ich noch, dass sich wohl selten jemand selbst so ein großartiges Epitaph geschrieben hat wie Cohen auf diesem Album in "Going Home":
He will speak these words of wisdom
Like a sage, a man of vision,
Though he knows he's really nothing
But the brief elaboration of a tune.

Padreic
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Sa 4. Mai 2013, 07:09 - Beitrag #3

Ich glaube, ich muss mich mal wieder mehr mit Cohens Werk beschäftigen ;). Die beiden Lieder, die mich nach dem Erstling wohl bislang am meisten beeindruckt hatten, sind 'Hallelujah' und 'Story of Isaac' - beides Meisterwerke wie ich finde.

Es stimmt vielleicht, dass die Musik auf dem neuen Album zum Teil zu gefällig ist, zu wenig Intensität versprüht. Es gibt aber ziemlich starke Momente. Am besten gefällt mir wohl der Opener 'Going Home'. Da stimmt einfach alles und es hat zwischen den Zeilen im Bleisatz 'ALTERSWERK' gegossen. Das scheint in vielen der Songs durch und ich meine das sehr positiv. Vielleicht kann man erst, wenn man richtig alt geworden ist, recht jung sein.

Traitor
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Sa 4. Mai 2013, 10:36 - Beitrag #4

Bei "Hallelujah" ist es immer etwas schwer, sich von all den Covern und popkulturellen Verramschungen zu lösen, aber im Kern ist das Original einfach großartig, ja.
"Isaac" mag ich auch sehr gerne, wenn es für mich wohl auch nichtmal in den Top10 ist, zu starke Konkurrenz halt. ;)

"Going Home" und "Different Sides" zeichnet u.a. eines von Cohens Markenzeichen aus: die Vermischung von persönlicher (Songwriter bzw. Beziehung) und ganz großer (Gott bzw. Gesellschaft) Ebene. Oft weiß man bei einem Satz kaum, ob er jetzt das eine oder das andere oder beides behandelt, im Zweifel wohl immer beides.

Der Status als Alterswerk, die Altersweisheit, die Lebensfreude des Alters - das schien schon auf "Dear Heather" durch, bei "Old Ideas" ist es jetzt (fast?) in Vollendung zu hören. Vielleicht ist Cohen das beste lebende Analogon zu Hesses Musikmeister? Wenn er auch natürlich seine Sardonik und weltliche Gentleman-Playboy-Attitüde keineswegs verloren hat.

Ach ja, Eröffnungszitat auf "Live in London":
The last time I played in London was twenty years ago. I was only sixty then, just a kid with a crazy dream.

Padreic
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So 5. Mai 2013, 17:21 - Beitrag #5

Die asketisch-simple Mystik des Musikmeisters sehe ich nun nicht darin ;). Die Mystik bei Cohen ist stets auf sehr weltlichem Grund.

Ich hab nochmal 'The Future' gegengehört. Textlich mögen die Themen dort tiefer sein, musikalisch hat mich 'Old Ideas' spürbar mehr beeindruckt.

Traitor
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So 2. Jun 2013, 18:22 - Beitrag #6

Antwort ganz vergessen...

Asketisch ist er trotz Klosterepisode sicher kaum zu nennen, simpel ist seine Mystik auch nicht. Aber er hat in den letzten Jahren schon ein bisschen dieses "Leuchten" erworben.

So sehr ich Cohen liebe, musikalisch "beeindruckt" war ich von ihm nie, bestenfalls sehe ich da immer adäquate Untermalung. Kannst du beschreiben, was dir besonders gefällt?

Padreic
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So 16. Jun 2013, 00:30 - Beitrag #7

Ich finde 'Going Home' beispielsweise musikalisch ungeheuer harmonisch und stimmig, den Refrain sogar ohrwurmartig.

Traitor
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So 16. Jun 2013, 11:59 - Beitrag #8

Ok, dann hatte ich zu hohe Erwartungen an deine Ansprüche für "musikalisch beeindruckend". ;) Diese Attribute kann ich durchaus teilen.


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