Jazz damals und heute

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Traitor
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Do 23. Mai 2013, 10:43 - Beitrag #1

Jazz damals und heute

Anlässlich der aktuellen "Great Gatsby"-Verfilmung überschneiden sich auf seltene Weise die Themen von Feuilleton und Medienkultur, passend also, dass sich mir, noch bevor ich den Film selbst gesehen habe, ein Thema für das Musikforum aufdrängt...

Aus einem SpOn-Interview:
SPIEGEL ONLINE: Kontrovers wird auch Ihre Entscheidung diskutiert, den Film mit moderner Musik zu paaren, für die Sie Künstler wie Jay-Z und Bryan Ferry als Mitstreiter gewannen.

Luhrmann: Bei meinen Recherchen erkannte ich, dass Fitzgerald ein glühender Bewunderer neuer Technologien und zeitgemäßer Popkultur war, was zu seiner Prägung des Begriffs "The Jazz Age" führte. Den Jazz als urbane Straßenmusik der Zwanziger wählte er ganz bewusst als symbolischen Hintergrund, um die Verschmelzung von High Society und der Straße zu demonstrieren. Die Musik war das Bindeglied der "Roaring Twenties" - es hieß: die tosenden Zwanziger und nicht die zurückhaltenden Zwanziger. Doch auch wenn ich persönlich mit Jazz wohlvertraut bin, klingt es heute wie traditionelle Musik. Man kann mit Jazz heute nicht mehr das Gefühl der Wildheit aus den Zwanzigern reproduzieren. Daher entschied ich mich dafür, mit Jay-Z zusammenzuarbeiten, um ein musikalisches Äquivalent für das 21. Jahrhundert zu finden.


Selbst mir als ziemlichem Jazz-Banausen stehen da die Haare zu Berge - hat der Mensch noch nie von Free Jazz gehört? Oder auch nur diverse Werke seiner Filmerkollegen, sowohl aus der (fast) damaligen Zeit als auch von heute, gesehen und gehört, in denen Jazz noch immer so frisch und wild wirkt, wie man es sich nur wünschen kann?

janw
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Do 23. Mai 2013, 11:51 - Beitrag #2

Das Problem wird sein, daß zumindest in den Ohren von Luhrmann, vielleicht auch in denen des breiten Publikums, auch Free Jazz eben als eine Art Jazz gehört wird, mit den heutigen Konnotationen, die heute mit Jazz verbunden sind, die andere sind als damals, als der Jazz entstand bzw. als der Free Jazz entstand. Das damals Neue, je nach Sichtweise die Überwindung bis dahin geltender Konventionen oder die Zerstörung der Ordnung, wird heute in der Breite wohl nicht mehr empfunden.

Ipsissimus
Dämmerung
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Do 23. Mai 2013, 12:35 - Beitrag #3

Jazz war damals auch ein politisches Statement. Das ist heute selbst Free Jazz nicht mehr.

janw
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Do 23. Mai 2013, 21:01 - Beitrag #4

Ipsi, im Grunde das Problem, daß geistige Ereignishorizonte sich mit der Zeit verschieben. Der Tritonus schockt keinen mehr, und politische Statements haben sich vom Impliziten zum Expliziten verlagert.

Traitor
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Do 23. Mai 2013, 21:15 - Beitrag #5

@Jan: Free Jazz wird in den Ohren des breiten Publikums wohl eher gar nicht gehört. ;)
Natürlich wirkt Jazz nicht mehr neu, aber Luhrmann redet ja von "Wildheit", nicht von "Neuheit".

@Ipsi: Jazz mag an manchen Orten und zu manchen Zeiten politische Aspekte gehabt haben, so wie viele Musikformen. Auf den Parties und in den Clubs der Ostküsten-Oberschicht der 20er waren die aber wohl kaum bestimmend.


Vielleicht basiert das Ganze ja auch nur auf einem Schreibfehler, Jay-Z, Jayz, Jazz... ;)


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