Musikunterricht

Diskussionen zu allen Musikrichtungen und Künstlern, von der Klassik bis zu den aktuellen Charts.
Traitor
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So 26. Jan 2003, 16:05 - Beitrag #1

Musikunterricht

Man könnte es auch in "Diskussion" diskutieren, aber da ich gerne auch auf innermusikalische Dinge eingehen würde und nicht nur auf Unterricht, passt es besser hierher.
Zitate aus dem "The Sound of Silence "-Thread:
Traitor: Sowas lässt sich sicher auch aus vielen anderen Liedern rausholen. Und dann sehe man sich an, was in den Schulen im Musikunterricht gemacht wird
Padreic: Wir beschäftigen uns im Momet in historischer Reihenfolge mit klassischer Musik mit einem guten Schuss Musiktheorie. Das ist eigentlich gar nicht schlecht. Aber wir haben's auch schon geschafft, uns Monate lang mit Musik in Werbung zu beschäftigen, was dann doch eher schwachsinnig ist...
Aber ich weiß auch nicht, ob man sich wirklich in Musik eingehend mit Texten beschäftigen sollte. Strengenommen gehört das ja auch nicht mehr zur Musik. Aber da Musiktexte meist auch nur gesungen wirklich gut wirken und nur durch die Song-Strukturen wirklich zu verstehen sind, kann man sie auch wohl nicht im Deutsch- /Englischunterricht behandeln. Und völlig unter den Tisch fallen sollen sie auch nicht. Hm. Schwere Sache.
Und es fehlt eindeutig an Metal im Schulmusikunterricht. Musikalische Leistungen wie "and then there was silence..." sind sicherlich genauere Untersungen wert und mit einer solchen Komplexität kann man sich wohl lang beschäftigen...


Ich denke, der Musikunterricht bewegt sich meist auf einer sehr niedrigen interpretatorischen Ebene. Es werden Stücke bis in die letzte Note zerlegt, aber kaum ein Lehrer lässt dann daraus Rückschlüsse auf die beabsichtigte Wirkung durch den Komponisten/Künstler ziehen, und wenn, meistens nur Allgemeinplätze wie "Das soll provokant wirken". Wenn man in Deutsch rhetorische Mittel so abhandeln würde, wäre das bestenfalls ausreichend, in Musik ist es eine tolle Leistung.
Noch deutlich schlimmer wird es, wenn mal Musik mit Texten behandelt wird (was leider schon sehr selten der Fall ist). Der Text wird eher als unwichtiges Nebenher gesehen, kaum inhaltlich analysiert und auch nicht sein Zusammenhang mit der Melodie. Dabei gibt es genug Liedtexte, aus denen sich genauso viel rausholen ließe wie aus Gedichten.
So, jetzt @Padreic-Zitat: Ich denke schon, dass die Texte zur Musik dazugehören. Die Stimme ist einmal schon ein Instrument, auf dieser Ebene wird sie dann meist noch behandelt. Aber ein Lied dient oft sehr stark dazu, den Text zu transportieren, zumindest bei anspruchsvollen Stücken. Ich denke auch nicht, dass es ein Kompetenzgerangel mit Deutsch/Englisch gäbe, da fächerübergreifende Ansätze ja eigentlich immer gelobt werden und man ja zB auch iN Geschichte Texte interpretiert, warum nicht in Musik.
Metal wäre für mich nicht existenznotwendig, aber eine breitere Repräsentierung aller wichtigen modernen Musikrichtungen wäre schon wünschenswert. Zumal diese oft anspruchsvoller ist als klassische, Operntexte zB sind meist erschreckend trivial und auch melodisch haben einige moderne genug zu bieten, um zumindest mithalten zu können (wenn sie da auch nicht an die Klassiker herankommen).

Padreic
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So 26. Jan 2003, 18:14 - Beitrag #2

@Traitor
Soweit wie die Stimme Instrument ist, gehört das natürlich zur Musik aber in soweit sie Inhalte rüberbringt, ist es doch eher Lyrik. Aber da diese Lyrik mit der Musik ja eine Einheit bildet (bilden soll) ist es wohl schon in gewisser Weise sinnvoll, sie im Musikunterricht zu behandeln, besonders da es ja kein allgemeines Fach "Kunst" gibt (es gibt zwar eins, das so heißt, aber es beschränkt sich ja nur auf einen kleinen Ausschnitt).
Moderne Musik ist auch häufig sehr trivial von den Texten her, von der Harmonie sowieso. Ich denke nicht, dass moderne Musik im Durchschnitt anspruchsvoller geworden ist, als sie es früher war. In Barock und Klassik hatten sich ja Harmonik und Form herausgebildet (Kadenzlogik, Sonatenform etc.). In der Romantik brach das dann auf und die Strukturen wurden komplexer. Was haben wir aber in der heutigen Musik? Wann sieht man mal eine Disharmonie? Wie oft wird vom dem Strophe-Refrain-Strophe-Refrain etc. und verwandtem abgewichen? In der modernen Musik ist das alles oft erstaunlich simpel.
Man muss die unsterblichen Klassiker auswählen und die dann untersuchen, genauso wie man es in der Klassik macht. Wir hören aus der klassichen Zeit aus einem Jahrhundert vielleicht 5 Komponisten, wenn überhaupt, und heute sind die Musiker wohl auch nicht viel besser als damals. Man kann ja fünf der besten Bands des letzten Jahrhunderts auswählen und die dann untersuchen.
Und zum Metal: Wo entstehen heute denn noch wirkliche Kompositionen? Blind Guardian hat beispielsweise in einem Lied 200 Tonspuren verwendet. Hör dir mal "and then there was silence..." an. Es erinnert von der Komplexität fast an eine Sinfonie. Natürlich ist sowas auch im Metal nicht unbedingt üblich, aber hier gibt es so etwas. Und hier sind die Bands vielleicht auch manchmal etwas mutiger, anspruchsvolle Musik zu produzieren und vom Mainstream wegzukommen, da sie sowieso nie wirklich reinkommen werden.

Padreic

LordSephiroth
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Mo 27. Jan 2003, 17:30 - Beitrag #3

Aber eigentlich macht man an der Schule doch in Sachen Interpretation nur Mist! Da interpretiert man Sachen von irgendwelchen Leuten die sich nicht klar und deutlich auszudrücken wissen und Sachen die unter ganz anderen Umständen geschrieben wurden die man heutzutaghe nicht mehr nachvollziehen kann.

Traitor
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Mo 27. Jan 2003, 17:35 - Beitrag #4

@Padreic: Anspruchsvoller geworden meinte ich auch nur auf die Texte bezogen. Da sind wie gesagt die klassischen Opern sehr trivial, auch nicht anspruchsvoller als die niedrigen Niveaus heutzutage. Melodisch waren die Alten aber wohl fast immer überlegen, mit dem "mithalten" wollte ich sagen, dass auch heute nicht alles völlig simpel ist. Und dein Blind-Guardian-Beispiel scheint zu zeigen, dass es auch noch weitergehende Ausnahmen gibt.
Ein übergreifendes Fach Kunst wäre wohl fast unmöglich zu unterrichten, da ein Lehrer, der in Malerei, Musik, Lyrik usw vernünftig unterrichten kann wohl nur schwer zu finden ist und die Themenvielfalt auch zu viel für ein "Nebenfach" wäre.
@Donavan: So schlimm ist es dann auch nicht. Wenn die Auswahl der zu interpretierenden Stücke sinnvoll ist (was ich mal so 50% der Lehrer unterstelle), sind es meist schon welche, die etwas ausdrücken. Und die Motive, die dahinterstecken, sind meist noch fast die gleichen wie bei modernen Werken.

LordSephiroth
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So 2. Feb 2003, 19:51 - Beitrag #5

Ich meint auch eher den Deutschunterricht als den Musikunterricht. Da gibts nämlich son paar sinnvolle Sachen wie die Deckadresse oder so!
Ich zitiere(naja so wie ichs noch weiss): Die Deckadresse der Maria G. ist Maria G.. Maria G. ist freundlich, nett, hört jedem zu blablabla, während Maria G. übelgelaunt, frech und aufbrausend etc ist. Maria G. hat Ängste und lebt deswegen zeitweise unter ihrer Deckadresse. ENDE

So wenn jetzt einer behauptet der könne sich gut ausdrücken dann.....

Tar-Minyatur
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So 2. Feb 2003, 20:50 - Beitrag #6

Heydiho!

Musikunterricht ist für mich ein echtes Reizthema. Ich habe das an meiner alten Schule immer sehr gerne gemacht. Hatte auch immer recht gute Noten. Hier in Sachen ist das einfach alles Mist. Der Großteil des Unterrichts beschränkt sich auf stupides Vorsingen.

Habe statt Kunst Musik gewählt, weil ich dachte, dass sich das dann in der Oberstufe ändert. Und? Nix...Immernoch der selbe Mist. Außer, dass jetzt auch Rhythmus-Kontrollen dazugekommen sind. (Stupides Rhythmen nachklatschen)

Gerne würde ich mal wirklich gute Musik interpretieren und die Entstehung erörtern etc. Aber das kommt in 5 Jahren vielleicht einmal vor. :o

Padreic
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Mo 3. Feb 2003, 20:45 - Beitrag #7

@Tar-Minyatur
Scheint ja bei euch echt schlimm zu sein. Kann mir vorstellen, dass du daran nicht viel Freude hast...

@Traitor
Leute wie Mozart waren sicherlich keine dichterischen und dramaturgischen Genies. Aber wenn man weiter zur Romantik geht (die man ja populär auch oft unter Klassik fasst...) finde man beispielsweise bei Wagner schon anspruchsvolle Sachen (z. B. einen runden Ring ;). Ich sollte die Insider lassen...).
Und warum sollte dieses übergreifende Kunstfach ein Nebenfach sein? Kunst zu kennen ist erstmal wensetlicher Bestandteil der Allgemeinbildung, aber darüber hinaus ist es auch essentiell, um die Welt verstehen zu können. Und weiterhin könnte man sich dann im Deutschunterricht auf die praktischen Belange (also erst Grammatik und ähnliches, dann Rhetorik und Stil etc.) konzentrieren. Und fürs Personal müsste man einfach nur das entsprechende Studium einrichten. Man kann für diese Leute ja das Nebenfach entfallen lassen, da sie ja so viel in ihrem einen Fach integrieren müssen. Und hier könnte man auch endlich vernünftig manche Sachen behandeln. Einer (auch textlich anspruchsvollen) Oper kann man weder in Musik noch in Deutsch vernünftig begegnen, hier braucht man einen fächerübergreifenden Unterricht. Allgemein wird wohl an der Schule zu wenig fächerübergreifend gearbeitet (dagegen ist unsere Uni in Bielefeld geradezu ein Beispiel für fächerübergreifende Arbeiten...). Malerei fällt wohl ein wenig aus dem Rahmen, da es hier nicht ganz so viel fächerübergreifendes gibt, auf Anhieb höchstens in Bühnenbildern. Aber in Filmen könnte man den malerischen Aspekt auch mit einbringen. Auch Filme konnte man ja bisher immer schlecht behandeln, da der Deutsch- oder Englisch-Unterricht ihnen doch nicht so ganz gerecht werden konnte, besonders bezüglich Kameraführung und Filmmusik, die ja beide essentiell sind.

Padreic

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Mo 3. Feb 2003, 22:16 - Beitrag #8

Hmm, in der Ausarbeitung klingt die Sache durchaus sinnvoll. Das einzige, was ich befürchte, ist, dass auch in diesem Fach der Inhalt noch untergehen würde und die melodischen Aspekte bei Musik bzw die Technik bei Malerei etc von den Lehrern stärker gewichtet würden, um sich mehr von Deutsch und Englisch abzusetzen, von wo man die Literatur kaum wegnehmen kann.

LordNycon
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Do 13. Feb 2003, 19:57 - Beitrag #9

Um mal was zu Traitor's Posts zu sagen:
Dass er, wie viele andere auch dem Musikunterricht kritisch gegenüberstehen, kann ich in diesem speziellen Fall versthen. Sein Musiklehrer ist ein Fall an sich (ich weiss es.. woher bleibt geheim =). Interpretationen der Musik können in vielen Fällen sinnvoll sein, aber es so exzessiv zu betreiben, wie es jener Musiklehrer tut, ist absolut nicht gerechtfertigt. Auch werden kleinen Details (diese Pause hier, dieser Akzent da) soviel Bedeutung zugemessen, als ob sie entscheidend für den Charakter des Stückes seien... Ich habe zwar keine Ahnung, wie der Unterricht an anderen Schulen (geschweige denn mit anderen Lehrern) aussieht, aber wenn es in Deutsch so aussehen würde, wie es im Moment in Musik der Fall ist, würde man untersuchen, warum das Wort Unterricht aus 10 Zeichen besteht, warum ein "unter" enthalten ist, ob "richt" sich auf richtig bezieht, usw...

Dass viele klassische Stücke im Unterricht behandelt werden verstehe ich schon (sollte man halt mal gehört haben =), aber dass, in unserem Fall, niemals etwas einigermassen Zeitgenössisches drankommt ist unmöglich... Naja...

Weh jenen, die Musik gewählt haben, mein Mitleid sei ewig mit euch =)


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