Panzerkreuzer Potemkin

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Traitor
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So 8. Mai 2005, 23:19 - Beitrag #1

Panzerkreuzer Potemkin

Dank Wikipedia bin ich auf diese Real-Streaming-Version dieses legendären Films gestoßen, hier zu beziehen.
Die Qualität ist leider ziemlich schlecht - Texttafeln sind oft nicht ganz lesbar, Bilder verwaschen. Der Film läuft auch so schnell, dass man manche Tafeln kaum ganz lesen kann.
Aber da scheinbar derzeit keine brauchbare DVD-Fassung in Deutschland existiert, dürfte es wohl einen Blick wert sein.

Wobei ich mich auch der Meinung anschließe, dass das Gerede von einem der besten Filme aller Zeiten nicht sonderlich haltbar ist, außer vom historischen Gesichtspunkt und nach dem "lustige Kommunisten"-Kriterium hat der Film nicht umwerfend viel zu bieten. Gut gemacht, stellenweise ziemlich geniale Bildsprache, aber quasi inhaltslos und nach modernen Kriterien doch sehr überdehnt.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 02:36 - Beitrag #2

Dank ISDN tue ich mir die Streaming-Version erstmal nicht an, aber mal kurz zum Film:

Die Bewertung des Filmes anhand der heute gewohnten Standards greift zu kurz.
Analog zur in Geschichte heute üblichen historisch-kritischen Betrachtungsweise muß man den Film in den Zusammenhang des damals Üblichen und Möglichen stellen.
Und für das Genre, iirc Stummfilm, gehört der Film zweifellos zur Spitzenklasse, eben weil er den Problemen des Genres mit einer hervorragenden Bildsprache und Lichtführung entgegen getreten ist.

Traitor
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Mo 9. Mai 2005, 12:36 - Beitrag #3

Dass er aus historischer Perspektive bemerkenswert ist, sagte ich ja auch. Allerdings gefallen sich manche "Cineasten" gerne darin, alle modernen (mit "modern" gleich alles ab 1950) Filme als weichgespülten Mainstream zu betrachten und als "beste Filme aller Zeiten" nur ganz alte Veteranen zuzulassen. Und bei aller Revolutionarität und Genialität ist dies bei Metropolis oder Potemkin meiner Meinung nach unhaltbar, genügen sie den ohne Zweifel seitdem weiterentwickelten Kriterien - wohlgemerkt inhaltlich, nicht nur tricktechnisch - doch wohl kaum noch.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 12:49 - Beitrag #4

Gut, so gesehen hast Du nicht unrecht, es entspricht etwa der Situation im Literaturbetrieb oder in der Musik, wo manche die klassische Musik bzw. die Literatur von Goethe und Schiller für das allesüberstrahlende Nonplusultra halten, und alles spätere für nicht erwähnenswerten Schund.

Diavolous
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Mo 9. Mai 2005, 14:26 - Beitrag #5

Ich habe den Film noch nicht gesehen, vll schau ich nachher mal in den Stream. Gestern habe ich auf laut.de was interessantes gefunden, die Pet Shop Boys wollen diesen Film "nachspielen". So geschehen im Herbst 2004 in London, bald auch in Deutschland:

... Derweil heben die Filmnerds Tennant und Lowe ein ambitioniertes Projekt aus der Taufe: am Londoner Trafalgar Square will das Duo gemeinsam mit den Dresdner Sinfonikern unter der Leitung von Jonathan Stockhammer den Stummfilm-Klassiker "Panzerkreuzer Potemkin" (Sergej Eisenstein, 1925) aufführen. Der auf einem realen Ereignis im Jahre 1905 basierende Film behandelt eine Meuterei auf einem russischen Kriegsschiff und gilt bis heute als einer der wichtigsten Filme in der Geschichte.

Im Herbst 2004 steigt auf dem traditionsreichen Platz im Londoner Zentrum die Filmpremiere: Eisensteins Werk flimmert dabei über eine Großbildleinwand, während die Sinfoniker den neu komponierten Soundtrack der Pet Shop Boys zum Besten geben. Die außergewöhnliche Show findet im September 2005 auch hierzulande ihre Umsetzung: Frankfurt, Bonn, Berlin und Hamburg sind die auserwählten Städte. Dann soll auch der Soundtrack auf CD in die Läden kommen. ...
Quelle: laut.de

Ipsissimus
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Mo 9. Mai 2005, 16:51 - Beitrag #6

ich will ja nicht zu viel sagen, die Schelte kann ich mir nach der Diskussion im Manga-Thread schon denken :-) aber Eisensteins Film gilt nicht als einer der besten Filme aller Zeiten, sondern nach wie vor als DER beste Film aller Zeiten. Was mögen sich die ganzen professionellen Kritiker dabei nur gedacht haben?

Traitor
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Mo 9. Mai 2005, 16:59 - Beitrag #7

Nun, als DER beste Film aller Zeiten gelten auch Metropolis und Citizen Kane. Und das sehr wohl auch von "professionellen Kritikern" (sofern man voraussetzt, dass eine derartige Beschäftigung professionalisierbar ist, wozu die meisten "Professionellen" nicht sonderlich viel Anlass geben).
Und hier sind es gerade die Argumente, die du gegen Mangas ins Feld führtest, die gegen den Kreuzer sprechen: wo sind denn neben der zweifellosen handwerklich-artistischen Meisterleistung die komplexen Inhalte dieses Films?
Oder auch Metropolis. Dieser verfügt sicher über einige dystopische Inhalte, wird darin aber etwa von der 1984-Verfilmung locker an die Wand gespielt.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 17:13 - Beitrag #8

Vielleicht sind die Kritiker alle reduktionistisch veranlagt.
Ich verfüge selbst über zuwenig gründliche Einsicht in das komplette Filmschaffen, um jetzt eigenständig zu einer "Der beste Film-Überhaupt"-Bewertung kommen zu können, aber einer der besten Filme überhaupt ist er für mich ohne Zweifel. Neben Casablanca und einigen anderen.

Es ist schon so, daß die Reduktion all dessen, was nicht darstellbar war - Farbe, Ton - auf Lichtspiele, Raumgestaltung und Dramatik der Bewegungsführung eine Dichte erzeugt, die in den heutigen Farbtonfilmen auf die Breite mehrerer "Kanäle" verteilt wird.

Letztlich ist es wohl eine individuelle Entscheidung, ob einen der griechische Diskuswerfer oder die Decke der Sixtinischen Kapelle mehr plaisirt.

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Mo 9. Mai 2005, 19:59 - Beitrag #9

Zitat von Traitor:Die Qualität ist leider ziemlich schlecht - Texttafeln sind oft nicht ganz lesbar, Bilder verwaschen. Der Film läuft auch so schnell, dass man manche Tafeln kaum ganz lesen kann.


Warum lädst du ihn dir dann nicht runter und schaust ihn offline im Realplayer, da hast du dann schon mal die möglichkeit auch bei einer Texttafel anzuhalten, bzw sie über beamer usw wieder zugeben.

Traitor
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Mo 9. Mai 2005, 20:16 - Beitrag #10

@Genom: Kennst du dazu eine elegante Möglichkeit? Mir fielen spontan nur Tricksereien nach dem Motto abspielen und dabei aufzeichnen ein.

@Jan: In manchem Belang sind die alten Filme atmosphärisch intensiver, ja. In manchem ist es auch umgekehrt, das mittelt sich IMHO gut wieder raus. Aber selbst, wenn sie in dem Belang völlig unzweifelhaft überlegen wären, hieße das noch nicht, dass damit mangelnder Inhalt ausgeglichen werden kann.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 22:35 - Beitrag #11

Film ist ein Unterhaltungsmedium, und Inhalt sicher wünschenswert aber nicht zwingend zu erwarten, könnte man einwenden - ich tue es nicht.
Aber, für die damligen Zuschauer hatte der Film sicher einen anderen Informationscharakter als für uns heute, auch das zu historisch-kritischer Betrachtung.

Aber mal ketzerisch gefragt: Welche Information hat die Mona Lisa, die Vier Jahreszeiten von Vivaldi oder die Toccata in G-Dur von Bach?

Ist nicht vielleicht vollendete Schönheit und Gefühlsintensität auch ein Kriterium?

GenomInc
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Mo 9. Mai 2005, 23:19 - Beitrag #12

@Traitor sicher:-) habe ihn mir auch direkt auf die platte gezogen.

http://www.dachboden-wg.de/dlm/download.php?id=218

Ist nicht die aktuelle version weil der ab 1.9.x shareware ist aber die version lauft 100%.

Ipsissimus
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Di 10. Mai 2005, 10:38 - Beitrag #13

nu ja, Film ist im Vergleich zu Literatur, Musik oder Malerei ein sehr junges und vor allem völlig neues Medium, wohingegen Manga in seiner konkreten Ausprägung vielleicht jüngeren Datums ist, aber als Genre sowohl in Literatur als auch in Malerei, und damit in wesentlich ältere Traditionen, eingliederbar ist.

Vielleicht kann man Film ein bißchen mit Fotografie vergleichen - auch da stand mit der Daguereotypie eine heute primitiv anmutende Technik am Anfang. Trotzdem - persönliches Statement - stahlen die alten Daguereographien eine ästhetische Intensität aus, die ich auf den späteren Fotografien oft vermisse, bei aller technischen Unzulänglichkeit der ersteren und aller Hochglanzpolitur der letzteren. Mensch nehme diese Aussage bitte nur als Feststellung einer Tendenz, selbstverständlich gibt es auch phantastische, jedem Kriterium von hoher Kunst standhaltende Fotos. Aber bei den Daguereographien verspüre ich sehr viel mehr Lebendigkeit und ästhetische Reflexion als bei den allermeisten Fotographien.

Ähnlich empfinde ich das auch beim Film. Die Unzulänglichkeiten der Technik zwangen den ersten Filmemachern ein sehr viel höheres Maß an ästhetischer Reflexion ab, als dies bei späteren Generationen der Fall war (ein Phänomen übrigens auch in der Musik - viele Komponisten liefen zu Höchstleistungen immer dann auf, wenn ihnen nur unzulängliche technische Mittel zur Verfügung standen; waren sie üppig ausgerüstet, lieferten sie selbstverliebtes Mittelmaß - auch nur eine Tendenz, aber selbst bei einem J.S. Bach feststellbar).

Was nun Panzerkreuzer Potemkin angeht - ich möchte dir keinesfalls zu nahe treten, Traitor, dein Urteil sei dir unbenommen. Mir geht es so, daß ich diesen Film immer wieder sehen kann, er wird mir einfach nicht über, und das ist mehr, als ich von fast allen anderen Filmen sagen kann, die mir bisher über den Weg liefen - und ich bin Vielkinogänger. Und jedes Mal entdecke ich noch mal was neues, bisher Entgangenes.

Vielleicht ist das nur eine Frage der Mentalität. Was mich an Kunst fasziniert ist vor allem die dahinter spürbare ästhetische Reflexion, nicht unbedingt deren sinnlicher Ausdruck (obwohl ich den bei Panzerkreuzer Potemkin auch unvergleichlich faszinierend finde). Vielleicht bin ich zu kopfgesteuert.

Lykurg
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Di 21. Feb 2006, 18:35 - Beitrag #14

Ich hänge auch einer "muß im Rahmen seiner Zeit gesehen werden"-Haltung an, extremer Pathos und einige uns heute nicht verständliche Szenen führen dazu, daß der Film bei unreflektiertem Sehen befremdlich wirken kann. Aber einige Szenen strahlen doch Größe aus, das hochgehaltene Kind auf der Treppe zum Beispiel, oder die Licht-Schatten-Effekte. Es lohnt sich jedenfalls, ihn einmal zu sehen.

Dazu kommen diverse Probleme des Erhaltungszustands / dieser Version:
- Leider fehlen in der Internetquelle die Angaben zur Filmmusik. Abgesehen von dem bekannten klassischen Stück, das den ersten und den letzten Teil beherrscht* (aber wenig auf den Film paßt), klingen der (zweite und) dritte Akt absolut nach Schostakowitsch, der vierte aber weit weniger. Offenbar besteht in dieser Hinsicht eine Mischfassung zwischen den verschiedenen Versionen. Allgemein paßt die Musik über große Teile des Films so wenig zum Film, daß ich die Schuld daran schlechten Schneidern geben möchte - Schostakowitsch jedenfalls hatte so viel Erfahrung mit Filmmusik, daß er das sicher besser angepaßt hätte (er hat in seiner Jugend als Kinopianist gearbeitet und im Lauf seines Lebens knapp vierzig Filme vertont!).
- Der Schnitt ist ja ohnehin umstritten, gerade vor einem Jahr sind doch wieder neue Schnipsel aufgetaucht; wäre interessant, für welche Fassung der Ton überhaupt vorgesehen war...
- Wo bleibt die Farbe? Alle Quellen berichten davon, die Flagge im dritten Teil sei damals handkoloriert rot gewesen!

*ich komme beim besten Willen nicht darauf, was es ist - aargh.


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