Gran Torino

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blobbfish
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Sa 18. Jul 2009, 15:00 - Beitrag #1

Gran Torino

Ist zwar schon eigentlich durch der Film, aber gestern lief er bei fast "guter" Kulisse im Open-Air-Kino auf der Schlossparkbühne nocheinmal. Eigentlich war ja Gewitter vorrausgesagt für gestern, das gab es auch, aber morgens, meine Befürchtung war, dass der Film dann ins Wasser fällt, ein Kommilitone, der ihn schon gesehen hat, meinte nur, Gewitter wäre perfekt für den Film (er ist auch nochmal mit mir rein), wäre es auch gewesen, der bisschen Regen hat aber auch gereicht, das Gewitter war morgens um acht.
Vom Anfang her, könnte es schon fast ein guter Horror-Film oder Thriller werden, jedenfalls entfaltet Eastwood problemlos die nötigen Mimiken, die riesige Leinwand tat ihr übriges. Wieso kriegen die das in solchen Filmen nicht so hin? Wo ich das Genre doch eigentlich mag.
Der Film hat mich sehr beeindruckt, auch wenn er 1-2 Logikfehler hatte bzw. zu schnell ging, aber wirklich schlimm sind die nicht gewesen.
Sehr interessant fand ich das Ende. Als Bekennder Dollar-Fan hatte ich schon bildlich vor Augen, wie er den Colt zieht und fünf Leichen zu seinen Füßen liegen, stattdessen genau das gelungene Gegenteil, sehr überraschend für mich. Allerdings auch stimmig als Ende, so wird jedenfalls der vollst. Wandel Kowalskis nicht erlebt, d.h. die Vorurteile um die es im Film geht, bleiben unüberwunden kritisiert stehen. Überhaupt sind die Abfälligkeiten gegenüber den Anderen Bewohnern des Viertels sehr gut dargestellt, zynisch, leicht übertrieben, aber weit entfernt davon, dass sie unglaubwürdig sind, sie vermitteln den Eindruck, auf sich selbst durch die Art der Darstellung, Kritik auszuüben.
Ich hoffe die zeigen den nochmal, am besten bei Gewitter.

Traitor
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Sa 18. Jul 2009, 23:59 - Beitrag #2

Auf einer gewissen Filmplattform ist "Gran Torino" derzeit immer noch auf Platz 1 der besten Filme aller Zeiten, mit sogar weiterhin steigendem Wertungsdurchschnitt. Ewig wird er da sicher nicht bleiben, länger als der Überhype "The Dark Knight" hat er es aber bereits geschafft.
Gerechtfertigt finde ich das auch allemal, von mir bekam er die Höchtspunktezahl und wird in ein paar Monaten weit oben auf meiner Liste der besten Filme des Jahrzehnts stehen. Es ist einfach ein rundum perfektes Meisterwerk.
Rundum stimmt alles, die Optik, die Vertonung, die Balance aus Drama und bissigem Humor, das weiterhin hochaktuelle Rassismusthema, der faszinierende Hintergrund des untergehenden Detroit, die diversen Nebendarsteller. Aber natürlich geht es einzig und allein um den grandiosen Auftritt von Clint Eastwood. Einerseits spielt er sich selbst, in einer gleichzeitig abgehalfterten und glorreichen Fusion all seiner Rollen der letzten Jahrzehnte, andererseits Inkarnation und Abgesang einer ganzen Klasse und Epoche der amerikanischen Gesellschaft. Dazu sein immer noch faszinierend ausdrucksstarkes Gesicht und göttliche Sprüche, bei denen man ständig laut auflacht, so böse sie auch sind, und gleichzeitig eine verletzliche, unruhige Seele, ein echter menschlicher Charakter. Überlebensgroß und gleichzeitig ungeheuer glaubwürdig und real.
Besser könnte Clint nicht in Erinnerung bleiben, und besser kann man das Thema nicht behandeln.

Ach ja, bei uns läuft er Ende des Monats auch im Open-Air-Kino, in OmU, das werde ich mir, wenn irgend möglich, auch als zweites Mal ansehen.

blobbfish
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Mo 20. Jul 2009, 13:33 - Beitrag #3

Die deutsche Synchronstimme hat mir teilweise nicht so gut gefallen, die war etwas zu kratzig, die Stimme passt, von meinem Bild der Stimme her, mehr zu einer deutlich rauchigeren und abgenutzteren Stimme, sie rollt ein wenig zu viel. Man müsste da mal die Originalstimme vergleichen.
Ich denke, ohne die Mimik, die typische Eastwood-Mimik, wäre der Film vielleicht nur ein Standardfilm unter vielen, die das Thema behandeln.
Die Sprüche, ja, sie sind witzig, weil sie genaugenommen zu böse und zu grotesk für einen Film sind. Ich kenne keinen Film, indem solche Sprüche ernst sind und ernst gemeint rübergebracht sind (innerhalb des Filmes).

Ich denke, der Film dürfte einer meiner wenigen DVDs werden, die mehr als 10€ wert sind, aber ich hab ja auch bald Geburtstag, da kann ich meine Eltern mal überraschen.

Traitor
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Mi 22. Jul 2009, 23:27 - Beitrag #4

Den Stimmenvergleich bei Gran Torino werde ich dann ja noch machen.
In Eastwoods klassischen Paraderollen allerdings gefiel mir im Allgemeinen die Synchronstimme besser als das Original. Der abgehärtete Fremde Ohne Namen (names Joe) wirkt mit der harten, lässigen deutschen Stimme sehr viel überzeugender als mit matschig dahingenuscheltem Texasslang. (Ok, er kommt wohl aus Kalifornien, wo die Leute eigentlich halbwegs sprechen können sollten. Klingt aber trotzdem nach Texas.)

Padreic
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So 2. Aug 2009, 01:09 - Beitrag #5

Gestern Gran Torino im von Traitor erwähnten Freilichtkino OmU gesehen (warst du auch da?).

Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Eine der besten Charakterdarstellungen, die ich je gesehen habe. Das Ende - briliant. Der ganze Film - brilliant.

Es ist sehr schön, wie unaufdringlich und abseits der üblichen Hollywood-Schablonen "Wie filme ich einen Film." der Film ist - nicht in dem Sinne, dass er sich gezwungen von diesen absetzen würde. Nein, Eastwood dreht hier sein Ding, als ob Hollywood nicht existiert, und macht einfach einen sehr guten Film. Beispielsweise sein Umgang mit dem titelgebenden Auto. Der Film strahlt äußerste Sicherheit eines Regisseurs aus Meisterschaft heraus aus.

Äußerst lustig fand ich, wie er Thao beigebracht hat, so zu reden wie ein Mann ;).

---

Was ich einen diskussionswürdigen Punkt fände (den Traitor schon kurz angesprochen hat): wie steht Gran Torino im Gesamt(regie)werk Eastwoods? Ich muss zugeben, dass ich damit nur unzureichend vertraut bin. Außer Gran Torino hab ich nur Erbarmungslos und Million Dollar Baby gesehen. Zwei Punkte will ich aber doch ansprechen.

* Spielt Eastwood wirklich verschiedene Charaktere oder sind es nur Variationen über denselben Charakter? Z. B. hat er auch in Million Dollar Baby den verbitterten alten Mann gespielt, der über alte Fehler brütet. Oder in Erbarmungslos war er auch Witwer. Was neu sein mag (und vielleicht diese Variationen über ein und denselben Charakter seine Heimat finden lassen, ihn abrunden, ihn perfektionieren), ist, dass seine warme Seite hier stärker hervortritt, die aber zugleich schön gebrochen ist, durch die zynisch-rassistischen Sprüche.

* Ich erinnere mich als an eine der starken Szenen aus Erbarmungslos daran, dass der Hauptcharakter, als er vom Tod seines Freundes erfährt, Schnaps trinkt und das die Wende symbolisiert - er wird wieder zum alten Revolverhelden und Trinker (zumindest für eine Zeit). Ein wenig hat mich der Moment erinnert, wo Walt zum Priester sagt: "Call me Walt." erinnert. Es ist eine ähnliche Form von Verdichtung einer Handlung- und Charakterwende. Nur dass sie in Gran Torino weicher, wärmer und (man kann sagen) in die umgekehrte Richtung ist - denn hier findet Walt seinen Frieden in seinem Tod. In Erbarmungslos, denke ich, dass der Hauptcharakter am Ende nur Ruhelosigkeit finden kann in seinem Morden.

blobbfish
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Mo 3. Aug 2009, 13:36 - Beitrag #6

Ich meine mich zu entsinnen, dass in der engl. Synchronisation einschlägiger Dollar-Filme nicht Eastwood selbst gesprochen hat, da seine Stimme zu hell oder zart sei. Leider ist mein DVD-Laufwerk defekt und ich kann entsprechende Quelle nicht einlegen.

Viel witziger als die Lehrstunde ist doch die Anwendung bei dem Baumeister. ;)

Zu deinen beiden Punkten kann ich leider wenig sagen, da ich beide Flme (noch) nicht kenne, lediglich schon erwähnte Doller-Fabrikate, ein wenig Dirty Harry, ein komischer Militärfilm und "Ein wahres Verbrechen", der neulich auf Kabel lief, allerdings kenne ich auch da nur das Ende, dort gab es dann auch einen einsichten Wandel, aber keine richtige Lösung, im Sinne wie es bei "Gran Torino" geschah. Möglich, dass sich eine Art Abrundung des Wandels vollzieht.

Ich habe bei Youtube auch mal geschaut, besser gehört, wie sich die englische Stimme anhört, ich finde sie passender, weil sie weniger rollt und grollt. Aber es sit sicher auch nicht leicht, eine passende Stimme für den Film zu finden. Authentisch, alt, verbittert, autoritär.

Traitor
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Mo 3. Aug 2009, 14:53 - Beitrag #7

Nein, leider war ich nicht da, musste am Samstag um 6:30 aufstehen und habe daher schweren Herzens auf die Vorstellung am Vorabend verzichtet.

Sicher ist auffällig, dass Clint Eastwood trotz aller nominellen Bandbreite seiner Charaktere (über 150 Jahre und diverse Gesellschaftsschichten verteilt) doch irgendwie immer starke Ähnlichkeiten in seinen Rollen aufweist. Viele Gran-Torino-Rezensenten gehen ja auch fast so weit, den Film mehr als Zusammenfassung und Abgesang seiner Karriere als der Detroit-Arbeiterschicht zu interpretieren. Zumindest ein Teilaspekt ist es dabei sicherlich.


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