Die kommenden Tage

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Amy
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Do 4. Nov 2010, 15:31 - Beitrag #1

Die kommenden Tage

Inhalt laut Moviepilot.de :

Was werden Die kommenden Tage uns bringen? Existenzangst, die Angst vor dem Morgen, ist es, was die Leute von heute umtreibt und den Geist unserer Zeit ausmacht. Der Film Die kommenden Tage setzt sich nun dramatisch verdichtet mit der berechtigten Sorge auseinander, wie es mit uns Menschen wohl weitergehen mag. Regisseur Lars Kraume begleitet in Die kommenden Tage über mehrere Jahre eine Berliner Mittelstandsfamilie, die einer alles anderen als rosigen Zukunft entgegen sieht: Laura Kuper (Bernadette Heerwagen) hat Probleme persönlicher Art, da Hans (Daniel Brühl), ihre große Liebe, keine Kinder haben, sie aber nach dem Ende des Studiums eine Familie gründen will. Ihre Schwester Cecilia (Johanna Wokalek) flüchtet sich aufgrund ihrer Beziehungsprobleme mit Constantin (August Diehl) verzweifelt in terroristische Unternehmungen. Der Jüngste in der Familie schließlich, Philip (Vincent Redetzki), zieht in einen Krieg um die letzten Ölreserven. Die Mutter (Susanne Lothar) ist machtlos angesichts des Zusammenbrechens ihrer Familie.

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Fazit:

Trotz emotionaler Schwächer dieser Kreatur, die diesen Beitrag hier schreibt, muss ich mir eingestehen, dass es niemals zuvor vorkam, dass ich einen Kinosaal unter Tränen verlassen habe. Aber tatsächlich war ich nicht die Einzige, die nach dem letzten verklungenen Takt von “Bring mich nach Hause” (Wir sind Helden) schniefend aus dem Saal torkelte, der trotz Preview und Großstadt nur acht Leute an diesem Abend beheimatete. Etwas, was auch eine Kinomitarbeiterin, die vor dem Film nochmal im Saal auftauchte, bedauernd feststellte und betonte, dass der Film großartig wäre.

Nach gut zwei Stunden wussten wir, dass sie Recht behalten sollte. Vielleicht wussten wir es auch schon vorher, aber nachdem der Vorhang sich schloss, festigte sich das Urteil: dieser Film verdient das “Prädikat: besonders wertvoll”. Und dennoch sehe ich voraus, dass er an den Kinokassen scheitern wird und das Publikum fern bleibt. Leider. Das ist das Schicksal solcher tollen Filme: dass sie vollkommen unterbewertet in ein dunkles Grab geschickt werden, aus dem sie lediglich bei der DVD-Erscheinung noch einmal kurz eine Hand herausheben.

“Die kommenden Tage” ist kein perfekter Film. Er hat Längen, er hat Momente, die man hätte besser machen können, manchmal nervt der Soundtrack (besser gesagt: ein gewisses Stück). Und dennoch handelt es sich hierbei um einen unglaublich emotionalen und intensiven, wie auch furchtbar beängstigenden Film, wenn man sich darauf einlässt – oder es zulässt, dass er auf einen einwirkt.
Beängstigend in einem Punkt: man sieht zwei Stunden nicht schlichte SciFi-Unterhaltung einer Zukunft anno irgendwann, sondern Deutschland im Jahr 2020. Die technologischen Weiterentwicklungen sind nicht unrealistisch (wie in Hollywood-Filmen, die zu dieser Zeit spielen würden), sondern durch und durch realistisch. Teilweise auch von der Vergangenheit beeinflusst, zum Beispiel durch den autofreien Sonntag, den es im Film im Jahr 2011 erneut gibt. Aber auch der Rest hebt nicht vom Boden ab, sondern könnte ebenso eintreten. Zeitungen mit bewegten Bildern (bzw Filmclips zum Thema), der 4. Golfkrieg, Bürgerkriege, Unsicherheiten, Kampf um Öl und Wasser … um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Film spricht damit tatsächlich Probleme und globale Schicksalsschläge an, die im schlimmsten Fall bereits morgen eintreten könnten.

Die Schauspieler stellen in “Die kommenden Tage” bis auf die kleinste Besetzung ein perfektes Ensemble dar, das nicht hätte besser besetzt werden können. Heraus stechen für mich vor allem zwei Akteure: Johanna Wokalek und August Diehl, die in “Die kommenden Tage” auf der Seite der Terroristen, der “schwarzen Stürme” agieren. Während Cecilia (Wokalek) stets mit ihrem Gewissen und Moral kämpft, zeigt sich Constantin (Diehl) als bösartiger Terrorist – bis in jede kleinste Faser, was sich auch in den letzten Minuten des Films nicht ändert.
Daniel Brühl (im Film die Rolle des erblindenden Hans), um dessen Filme ich stets einen Bogen mache, da er mir als Schauspieler einfach zuwider ist, hat mich in “Die kommenden Tage” erstaunlicherweise nicht genervt. Im Gegenteil. In drei von vier Szenen des Films, in denen ich weinen musste, war er anwesend.
Gestört hat mich nur einer: Jürgen Vogel. Im Gegensatz zu Brühl einer der deutschen Schauspieler, die ich immer wieder gerne in Filmen sehe, aber hier am liebsten rausgekickt hätte. Vogel, Mitproduzent des Films, hat zwar nur einen Gastauftritt, nervt aber alleine deswegen gehörig, weil er nicht in “Die kommenden Tage” passt. Er wirkt wie ein Fremdkörper, während die restlichen Schauspieler bereits nach kurzer Zeit zu einer großen Masse verschmolzen sind. (Nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Vogel!)

Der Soundtrack ist in jedem Fall stimmig, jedoch nervt mich ein gewisses Stück, das oft bei den Terroristen eingesetzt wurde und in welchem ein grässlicher Laut inbegriffen ist, der zu sehr nach superduper SciFi klingt und stört. Da ich die Musik zum Film (noch) nicht besitze, kann ich leider keinen Titel nennen. Der Rest hingegen ist durchweg gelungen, wenn auch kein Meisterstück. (Reinhören kann man am einfachsten, indem man sich auf der offiziellen Homepage des Films durchklickt.)
Absolut passend ist dafür “Bring mich nach Hause”, der Titelsong des Films, der von Wir sind Helden beigesteuert wurde. Als das Lied nach dem (bösen) offenen Ende einsetzte und die Situation musikalisch wiederspiegelte (jedenfalls schien es so), kamen mir wieder die Tränen – und auch bei meinen restlichen sieben Kinogesellen wurde geschluchzt.

Kurz und knapp: “Die kommenden Tage” ist ein Film der aufwühlt und zum Nachdenken anregt. Möchte man ihn sich zusammen mit Freunden ansehen, sollte man danach keine Discobesuche oder ähnliches einplanen, denn dafür wird die Laune wohl reichlich im Keller sein. Für angeregte Diskussionen zum Werdegang von Deutschland und der Welt, ist “Die kommenden Tage” jedoch hervorragend geeignet. (Ich bin Politikstudentin und würde mir wünschen, mit meinen Kommilitonen den Film nochmal zu sehen und zu besprechen – also macht es: diskutiert mit euren Freunden und Bekannten, mit denen, die den Film mit euch gesehen haben!) Wenn man aufhört, sich zu sehr auf den Gedanken “Das ist ein deutscher Film, der wirkt, als käme er frisch aus der ARD!” zu versteifen, zulässt, dass die Idee die eigenen Gedanken gewissermaßen vergiftet und man an das MORGEN, an die Zeit, in der unsere Kinder leben werden, denkt, wird einen wunderbaren Film vorfinden.
Alle anderen werden sich langweilen, über Lauras Suche nach Glück mit den Augen rollen und kein Gespür für all die Emotionen – vor allem jene zwischen den Zeilen – haben und unberührt den Kinosaal verlassen.

Ich hab mich auf “Die kommenden Tage” eingelassen und festgestellt, wie erschreckend die dargestellte Zukunft wirkt. Wie realistisch.
Ich habe den ganzen Weg vom Kino bis nach Hause geweint.

[align=center]9,5 von 10 versteckten Bomben im Restaurant

Prädikat: besonders wertvoll[/align]

Padreic
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Do 4. Nov 2010, 19:04 - Beitrag #2

Ich habe den Film neulich auch in der Sneak Preview gesehen. Der emotionale Part des Films war nicht schlecht - auch wenn er mich nicht wirklich tief berührt hat. Er bekam auch durchaus durch das veränderte Setting eine andere Note, die den Film sicherlich interessanter machte als ein übliches Melodram. Das 'Wir sind Helden'-Lied mochte ich auch gern.

Was den Film in meinen Augen letztlich aber nicht funktionieren oder nicht wirklich gut sein ließ, ist die Zukunftsvision. Für mich erscheint das nur als 'realistisch', wenn man seine Zukunftseinschätzung auf manchen isolierten Beobachtungen basieren lässt. Zum Beispiel, dass Deutschland in 10 Jahren in einem halben Bürgerkrieg liegt und dass Südeuropa kein festes Staatsgefüge mehr hat - nunja. Solche Bilder mögen klappen, wenn man es als eine Dystopie und nicht als eine dem Anspruch nach realistische Nahzukunft anlegt.

5 von 10 schwarzen Stürmen.


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