Original geschrieben von Elbereth
...anscheinend haben viele Leute viel zu hohe Erwartungen an Buchverfilmungen... Und einen Film mit einem Buch zu vergleichen halte ich eh für sinnlos.
Jein. Von einem Film zu erwarten, dass er einem den eigenen Leseeindruck auf der Leinwand ausbreitet, ist natürlich Quatsch.
Erstens ist die eigene Lektüreerfahrung nichts weiter als eine Interpretation, und jeder Leser baut sich bekanntlich seine eigene zusammen. Und zweitens arbeiten Literatur und Film mit ganz unterschiedlichen Mitteln, haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Ein Film kann kein Buch getreu umsetzen, so wenig, wie ein Buch einen Film getreu nacherzählen kann.
Der Spaß an einer Verfilmung ist es ja gerade, die Interpretation von jemand anderem zu sehen, und den Stoff mit anderen Mitteln dargestellt zu finden, was notwendig andere Aspekte betont. Das kann von einer sacht anderen Sichtweise der Dinge im Vergleich zum eigenen Leseeindruck bis hin zu einer radikalen Uminterpretation der Vorlage gehen, zu einer Verfilmung, die eher die Gegenthese als die Parallelerzählung zum Buch sein will.
Trotzdem kann es ganz erhellend sein, Sinn und Buch zu vergleichen. Ein Buch zeigt schon mal ein paar Dinge, die sich aus einem Stoff herausholen lassen. Wenn der Film anderes vorschlägt, dann kann man zumindest vergleichen, ob das ähnlich ergiebig, gar interessanter, oder vielleicht doch flacher ist. Der Vergleich mit dem Buch ist kein Vergleich mit dem Urmeter. Aber er kann einen darauf aufmerksam machen, dass ein Film sich Unwichtigem widmet, obwohl sehr viel Interessanteres vor seiner Nase liegt.
In dieser Hinsicht hat mich Petersens "Troja" enttäuscht, etwa durch die verschämte Art, auf die er mit der homoerotischen Beziehung von Achilles und Patroklos umgeht.
Und ob ein Krieg zehn Jahre dauert, oder ein paar Tage, das macht für mich auch einen verdammten Unterschied, was die Psyche der Beteiligten angeht, von den Folgen für Volk, Wirtschaft, Kultur mal ganz abgesehen.
Original geschrieben von Native
Alle, die den Film wegen der diskutierten Punkte nicht mögen, sollen doch besser zuhause bleiben und die Ilias lesen, am besten in Griechisch, so dass sie sich dann schön über den Film aufregen können!
Das finde ich keine sehr glückliche Aussage. Die könnte man auch so deuten: "Wer in einer Diskussion ganz anderer Meinung ist als ich, soll gefälligst die Klappe halten."
Dass Petersen, wenn er einen Stoff anpackt, der über die Jahrtausende vielen Menschen viel bedeutet hat und noch immer in vielen Lesern intensive Gefühle und sehr unterschiedliche Gedanken auslöst, sehr kritisch unter die Lupe genommen wird, damit werden er und Du schon leben müssen. Petersen will die Bekanntheit des Stoffes nutzen, also muss er auch damit klar kommen, dass es schon viele Erwartungen an die Umsetzung gibt.
Oldtimer Fargo, der bei Homer nicht zuerst an die Simpsons denkt
