[wie im letzten Post lassen sich leichte Spoiler leider nicht vermeiden...ich bitte Leute, die den Film noch nicht gesehen haben, um Entschuldigung]
Weshalb ist letzteres kein "so eben wie Menschen handeln"?.
Der Unterschied ist, dass Chris das eine Mal in einer Notlage war, dass andere Mal nicht. Im Fall des Mordes war Chris in einer Situation, wo es verschiedene Möglichkeiten gab, die ihm alle völlig unmöglich schienen; das andere Mal war er jenseits jeglicher Zwangslage: hier wollte er angeben (es ist eine Art von Neuauflage des "Ich zahle." am Anfang, verbunden mit dem "Ich habe einen tollen Job und bin toll genug, meinen Arbeitgeber auch noch zu bescheißen.").
Letztlich glaube ich aber nicht, dass es für die Interpretation des Films so relevant ist, dass ich gerade dieses Spesenausgeben im Vergleich vielleicht als verwerflicher (im Sinne von: auf schlechtere Eigenschaften des Charakters schließen lassend) sehe. Wohl kann es aber wichtig sein, dass ich den Mord nicht als wirklich verwerflich gesehen habe. Das lässt, denke ich, nicht nur Rückschlüsse auf mich zu, sondern auch auf die Absichten von Allen, dass er den Mord nicht als eindeutig böse darstellt (zumindest, wenn andere auch eine ähnliche Empfindung gegenüber des Mordes haben wie ich).
Da kommt mir eine weitere interessante Szene in den Sinn: die, wo Chris die beiden Ermorderten erscheinen. Nicht nur, weil hier erstmals ein phantastisches Element ins Spiel kommt (in gewissem Sinne mögen einem Mörder zwar die Ermorderten anklagend erscheinen, aber natürlich nicht so bildhaft und real); nein, auch Chris' Reaktion darauf, insbesondere sein Gesichtsausdruck bzw. dass die Szene so ungeheuer ruhig wirkt und hier kein von Schuldgefühlen halb in den Wahn getriebener Mörder ist (wieder ein Gegensatz zu Schuld und Sühne) und auch die Ermorderten selbst vergleichsweise ruhig ihre Vorwürfe machen.
Chris' Gesichtsausdruck bleibt selbst dann ruhig, als er diese Ungeheuerlichkeit sagt, dass eben manchmal Unschuldige für eine größere Idee sterben müssen. Das Größere war, dass Chris seine dreckige kleine Affäre vertuschen konnte! Und für was? Um seine Haut zu retten. Das könnte er wohl zu einer großen Idee hochstilisieren, wenn er sehr bedeutend wäre und ein Wohltäter der Menschheit. Aber er muss selbst wissen, dass er es nicht ist; er will es in einem gewissen Sinne sein, dass sagt er ja recht zu Beginn (ich weiß nicht mehr genau, wie er es formulierte), aber er ist es nicht. Hier scheint wohl wieder das Schuld-und-Sühne-Motiv durch.
Dass er es selbst nicht glaubt, was er da sagt, wird eben auch dadurch deutlich, finde ich, dass er dieses Pathetische mit dem Größeren und so mit diesem ruhigen, vielleicht etwas melancholisch-leeren Gesichtsausdruck sagt. Er rechtfertigt sich gegenüber sich selbst mit etwas, an das er selbst nicht mehr glaubt.
Aber moralisch gesehen hätte es nicht schlimmer kommen können, als dass er davonkommt. Im Sinne einer "allgemeinen Moral", die verletzt wird, allemal.
Wenn du für die Moral voraussetzt, dass Untaten bestraft werden und Leute nur etwas beschuldigt werden, dass sie auch getan haben - ja. Ich würde so etwas nicht wirklich unter den Begriff Moral subsummieren. Wenn du einen Film haben willst, der die Moral oder vielmehr das Gute selbst untergräbt, schau dir Dogville an... das ist aber nicht die Ebene von Matchpoint.
In Hinsicht auf Chris' eigene Verfassung eventuell sogar auch, wie du es sagst, ich denke aber eher, dass sein Karriere- und Lebenstrieb so stark sind, dass er zwar ein paar Gewissensbisse haben, sich aber recht gut über sie hinwegsetzen können wird.
Du hast wahrscheinlich recht. Bezüglich der Gewissensbisse. Was seine Tat aber vielleicht zerstört hat sind die letzten Reste von Unbeschwertheit und Glauben an einen Sinn im Leben in ihm.
[tut mir leid, wenn es zwischendurch etwas unorganisiert war....ich schreibe da ein wenig frei Schnauze]