Mit Black Swan habe ich es endlich auch mal wieder geschafft, einen groß erwarteten Film am ersten Lauftag zu sehen. Und er hat mir genauso gut gefallen, wie dir - wenn auch wie üblich ohne Tränen.
Black Swan war natürlich auch der Anlass für den Regisseursthread. Will man einen wirklich intensiven Film erleben, so gibt es wohl derzeit kaum eine bessere Adresse als Aronofsky. Wie regelmäßig er solche Werke, die den Zuschauer regelrecht mitreißen, abliefert, ist schon beeindruckend.
Intellektuell lässt "Black Swan" vielleicht ein bisschen zu wünschen übrig, ist die psychologische Betrachtungsweise mit den ausgelagerten Es und Über-Ich doch etwas altbacken. Eine Standard-Handlung, wie einige Kritiken behaupten, ist es aber keineswegs, das naheliegendste in diesem Setting wäre meines Erachtens eine geradlinige Rivalinnen-Geschichte gewesen. Und die wird hier geradezu gezielt dekonstruiert.
Hauptsache ist hier aber ganz klar, wie überzeugend alles umgesetzt wurde. Das Ende so absolut überzuinszenieren, das muss man sich erstmal trauen. Und damit keinen Schiffbruch zu erleben, sondern auch den größten Ballett-Banausen (mich) zu begeistern, das muss man erstmal können. Und auch über die ganze Lauflänge greifen alle Aspekte des Filmemachens perfekt ineinander.
Portman ist in diesem Film eine Erfahrung, Cassel nahezu perfekt, und auch die eher als darstellerisches Leichtgewicht wahrzunehmende Kunis ist für ihre Rolle genau rictig, steht sie ja gerade für das "normale Mädchen".
Die Tendenzen zur Schockmoment-Inszenierung haben mich etwas genervt, können wohl als gezielte Irreführungen des Zuschauers interpretiert werden, die aber auch dann nicht hätten sein müssen. Denn eigentlich ist diese durch den Trailer gestreute Unsicherheit, wohin der Film steuert, auch eher ein Störfaktor, und ich konnte ihn erst voll genießen, als die Lage halbwegs klar wurde. Ein Effekt, der beim Zweitsehen sicher wegfällt - und das, ohne dass ich Spannungsverluste befürchten müsste, denn für mich war das kein Rätseln-was-die-Lösung-ist-Spannungsfilm, sondern alle derartigen Elemente sind ganz klar der Charakterstudie untergeordnet.
Für mich ein großartiger Auftakt für das Kinojahr, Oscars wären absolut verdient, die sexuellen Aspekte dürften da aber die Chancen deutlich reduzieren.
Allerdings kann ich bei aller Begeisterung auch völlig verstehen können, wenn einige Leute "Black Swan" für überschätzt halten oder gar als prätentiöse Plattheit hassen. Aronofskys Werk ist eine extreme Gratwanderung mit der Gefahr des Abkippens zur künstlerischen Selbstverliebtheit mit zu wenig dahinter. Aber für mich funktionierte sie.