Ich habe den Film gestern auch gesehen - zum Glück gab es eine Nachmittagsvorstellung. Die Abendvorstellung hätte bei mir wegen Länge, Werbung und Pause auch zu Problemen geführt. Obwohl ich mir lange Filme eigentlich ungern entgehen lasse
Sehr brutal fand ich "Cloud Atlas" nicht. Das Buch an sich gar nicht - die Massenvergewaltigung des Jungen wurde nicht beschrieben. Sein Schicksal hat mich zwar auch berührt, vor allem mit seinem damit verbundenen Selbstmord, aber das wäre kein Grund für mich, das Buch aufgrund von Brutalität zur Seite zu legen. Blutige Beschreibungen (und dergleichen) findet man im Roman kaum, zumindest kann ich mich an nichts erinnern. Und ich bin in sowas auch zartbesaitet. Im Film musste ich ebenfalls nur einmal wegsehen und das war in der besagten Szene, in der Zachry (Tom Hanks) seinem Feind die Kehle sehr unschön aufschlitzt. Unschön war natürlich der Autorenmord im Cavendish-Part. Aber das war ein Sekunden-Part und zum Glück aus der Ferne gefilmt, von daher ist das ein kurzer "Ierks!"-Moment, aber nichts, das in irgendeiner Art und Weise verstört hätte.
Natürlich kommt es vor allem im Zachry-Part und in jenem von Sonmi zu Kämpfen, aber als übermäßig brutal würde ich es keinesfalls bezeichnen. Da sind dann schon Tagesnachrichten manches Mal brutaler, als "Cloud Atlas".
Die Maske war leider wirklich nicht immer schön, aber nun ja, was soll man machen. Sicherlich hätte man da auf asiatische Schauspieler zurückgreifen können, aber man wollte ja dieser Technik der gleichen Darsteller in verschiedenen Rollen und Epochen treu bleiben, von daher ... ich kann es verkraften. Auch wenn die asiatisch-geschminkten Schauspieler für mich nicht asiatisch, sondern irgendwie deformiert erschienen. Es war einfach unnatürlich, vor allem im Vergleich zu Sonmi. Mit der Zukunfts-Dystopie konnte man es zumindest noch auf die Gesichtsbearbeitung schieben, die im Buch auch thematisiert wird - ich stellte mir einfach vor, dass da etwas schief gegangen ist
An sich finde ich es jedoch kleinlich, dass man sich über das dermaßen aufregt. Vor allem im asiatischen Raum ist das der Fall. Auch die Sache mit einer weiß-geschminkten Halle Berry. Oder Doona Bae letztendlich als Engländerin. Im Internet gibt es da viel Wirbel und wütende Leute. Herrjeh. Kann man sich über sowas wirklich ernsthaft aufregen? Ich habe auch schon Serien und Filme gesehen, in denen Amerikaner am Ende Deutsche spielen und mit miesem Deutsch auftreten. Sicher denke ich mir "Da hätte man aber auch einen Deutschen besetzen können", aber was soll's. Das ist ein 5-Sekunden-Augenrollen, aber nichts, wofür ich auch nur ernsthaft Nerven verschwenden möchte. Und bei "Cloud Atlas" wollte man nun einmal die gleichen Schauspieler verwenden, dann ist sowas einfach der Fall. Man hätte auch den ganzen Sonmi-Teil mit Asiaten machen können, aber dann wäre da ein ganzes "Cloud Atlas"-Fragment, in dem nur Doona Bae auftritt und keiner der anderen Darsteller. Die Regisseure wollten diesen Stil benutzen - okay. Dann muss man eben mit einigen optisch nicht natürlich-wirkenden Charakteren leben. Mir war es zu schade, mich darüber aufzuregen und habe lieber den Film genossen.
Die schlimmste Maske war für mich Denholme Cavendish (Hugh Grant) - das war grausig und sah amateurhaft aus
Der hat mir im Großen und Ganzen sehr gut gefallen. Es hat nicht wirklich "Klick" gemacht, aber trotz alledem habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und die 3 Stunden vergingen wie im Flug. Möglicherweise werde ich den Film die Tage auch noch einmal ansehen. Die erste Hälfte war wirklich etwas langatmig, aber als dann alle Geschichten ins Rollen kamen, wurde es sehr spannend. Mitfiebern konnte ich, als Buchkennerin, nicht wirklich, wie meine Kinobegleiter. Dafür konnte ich mir die Zeit nehmen, auf Einzelheiten zu achten, die mir im Buch nicht aufgefallen sind. (Gab es die Anspielung mit Soylent Green auch im Buch? Mir wurde das, von Cavendish geschrieene Zitat, erst im Nachhinein wirklich bewusst und wie treffend es auf eine andere "Cloud Atlas"-Geschichte zutrifft, die ich wegen Spoiler nicht nenne.)
Großartig fand ich Doona Bae, die ich das erste Mal in einem Film gesehen habe. Was für eine Schauspielerin. Sie hatte mich von der ersten Sekunde an gefesselt, was nicht nur an ihrer Rolle lag, die mit zu meinen liebsten im Buch gehörte. Die Geschichten um Sonmi und Frobisher gefielen mir von allen Geschichten am besten. Es waren auch schon meine Buchlieblinge. Die filmische Umsetzung gefiel mir sehr gut, auch wenn bei beiden einiges gestrichen, bzw. geändert wurde. (Bei Sonmi habe ich immer die Buchstelle im Kopf, in der ein Reinblüter einen überflüssigen, kleinen Duplikat (?) entsorgt, indem er ihn einfach über die Brücke wirft. Das hat mich irgendwie sehr ergriffen und auch zu einem inneren Wandel von Sonmi geführt, weswegen ich die Stelle gerne auf der Leinwand gesehen hätte. Über Sonmis Zeit an der Universität hätte ich auch gerne etwas gesehen, aber das hätte wohl wirklich den Rahmen gesprengt. Die Frobisher-Umsetzung war an sich perfekt und hat mir sehr sehr gut gefallen. Sie war an sich noch tragischer, als die Vorlage. Immerhin hatten wir in letzterer am Ende nur einen Abschiedsbrief und im Film ist da doch weitaus mehr. Da tropften bei mir wortwörtlich die Tränen vom Gesicht. Eva habe ich in dieser Geschichte trotzdem vermisst. Meine Kinobegleitung, die das Buch auch kennt, fand es sehr seltsam, dass man Frobisher mehr oder weniger "Gefühle" für Ayrs angedichtet hat.)
Wir haben am Ende auch noch den Abspann abgewartet und ich muss sagen: Ha, bin ich gut! Ich hatte nur einmal Halle Berry in einer Rolle nicht erkannt, konnten ansonsten alle zuordnen. Meine vier Begleiter eher nicht, deswegen kam es am Ende zu ungläubigen Gelächter, als die Schauspieler in all ihren Rollen gezeigt wurden. Manches Mal hat man es wirklich gut gemacht.
Irritiert hat mich trotz alledem Katy Karrenbauer. Ich frage mich, wie ausgerechnet sie als Schottin in "Cloud Atlas" gelandet ist. Kann mir das irgendwie nur mit Verbindungen zu Tom Tkywer erklären
Den Soundtrack habe ich mir gestern nach der Filmvorstellung auch gegönnt, um das Wolkenatlas-Sextett endlich komplett zu hören. Auf dem OST gibt es zwei Versionen davon, die beide auf ihre Art und Weise sehr schön sind. Interessanterweise läuft aber vor allem der "Opening Title" rauf und runter, mit dem im Film die ganzen Schicksale zu Beginn vorgestellt wurden. Wahrscheinlich habe ich dabei auch einfach nur zu sehr Frobishers Stimme im Kopf, die ganz nüchtern den Selbstmord beschreibt. Hm, jetzt hätte ich wirklich noch einmal Lust auf ein zweites Mal "Cloud Atlas".