Grenzziehung zwischen Kunst und (Kinder-)Pornographie

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Lykurg
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Di 9. Apr 2013, 09:26 - Beitrag #1

Grenzziehung zwischen Kunst und (Kinder-)Pornographie

Traitor Abgetrennt aus dem Roger-Ebert-Thread, anfangs ging es um dessen Krterium "morally repugnant", Auslöser für den Nebenpfad war dann das folgende Zitat:
Zitat von Ipsissimus:Aber sind z.B. die Fotos (und davon abgeleitete Filme, die sich adäquater Ästhetik bedienen) von David Hamilton schon Kinderporno oder noch Kunst? Und wenn sie noch Kunst sind, wie niedrig darf das Alter noch werden? Oder kann "Kinderporno" eine Kunstform sein?


Ich zögerte zunächst, ob ich ihn unbesorgt googeln könnte. Falls man mich belangt: du bist schuld! Bild - Auf den ersten flüchtigen Blick finde ich die Fotos grenzwertig, aber jedenfalls überwiegend mit künstlerischem Anspruch erstellt, was für mich den Pornographievorwurf entkräften würde. Wikipedia bringt allerdings am Ende hiervon ein Textzitat aus einem seiner Bücher, das meine Bewertung kippen läßt. Wenn hier nicht der Betrachter angegriffen und seine Haltung hinterfragt werden soll (was ich nicht sehe), ist da für mich die Grenze überschritten.

Kinderpornographie ist für mich keine Frage des Alters, sondern der Inhaltgebung. Das berühmte Kriegsfoto der [size=84]neunjährigen Phan Thị]en [/size]am Strand, erst durch Veränderung des Zusammenhangs[size=84], etwa Veröffentlichung im Netz bei entspre[size=84]chende[size=84]r Verschlagwortung oder komment[size=84]ierende Texte wird es pornogra[size=84]phisch.[/size][/size][/size][/size][/size]
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Ipsissimus
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Di 9. Apr 2013, 11:18 - Beitrag #2

Kinderpornographie ist für mich keine Frage des Alters, sondern der Inhaltgebung.
Das sehe ich genau so. Aber du sagst es selbst, jemand wie Hamilton ist gerade noch grenzwertig, aber es lässt sich spielend leicht vorstellen, dass er - oder jemand anderes - bei gleicher ästhetischer Genialität die Grenze überschreitet. Und dann würde ich auch sagen, das ist nicht mehr von der Freiheit der Kunst abgedeckt, sondern eine Straftat. Und damit diese Grenze nicht von willkürlichem persönlichem Kunstempfinden überschrieben werden kann, muss es Kriterien geben.

Lykurg
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Di 9. Apr 2013, 11:56 - Beitrag #3

Schon, das sehe ich auch so. Ich habe aber nicht den Eindruck, daß Ebert einen kinderpornographischen Film überhaupt kritisiert und (mit null Sternen) bewertet hätte. Auf dieser Seite lassen sich seine Kritiken auch nach vergebenen Sternen filtern. Ich weiß nicht, ob die Auflistung vollständig ist, aber unter den sichtbaren Nullsternern ist keiner, den ich auf den ersten Blick als auch nur grenzwertig illegal einschätzen würde.

Interessant ist vielleicht seine 0-Sterne-Bewertung für "The Devils" (1971), die anscheinend nicht mit einer Rezension verbunden war. Wollte er dem Film diese Aufmerksamkeit nicht gönnen? Laut Wikipedia handelt es sich dabei um einen seinerzeit höchst umstrittenen Nunsploitation-Film mit wilden Orgien, Blasphemie etc., der Film wurde dementsprechend in englischsprachigen Ländern mit X bewertet und in diversen anderen, unter anderem Italien, verboten. Desungeachtet erhielt der Film in Venedig (!) einen goldenen Löwen für die beste ausländische Regieleistung; ganz so eindeutig scheint der Fall also nicht zu liegen.

Offensichtlich handelt es sich um ein moralisches Urteil seitens des Kritikers, das vor einer tatsächlich juristischen Grenze ansetzt. Sein gutes Recht natürlich, ich glaube auch nicht, daß ich Gefallen daran fände; und bezogen auf Hamilton haben wir ja ein ähnliches Problem festgestellt. Trotzdem kann man, bezogen auf den künstlerischen Wert, offensichtlich auch anderer Meinung sein, und in diesem Fall scheint er sich einer Diskussion entzogen zu haben.

Ipsissimus
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Di 9. Apr 2013, 12:51 - Beitrag #4

ich wollte damit auch nicht behaupten, das Eberts Kriterien valide sind. Nur dass es Kriterien geben muss, scheint mir evident.

janw
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Di 9. Apr 2013, 12:59 - Beitrag #5

Zitat von Lykurg:Kinderpornographie ist für mich keine Frage des Alters, sondern der Inhaltgebung.

Finde ich schwierig. Das genannte Kriegsphoto ist natürlich nicht pornographisch, Photoalbum-Bilder vom Strandurlaub auch nicht, aber einige der Bilder auf dieser Seite könnten in meinen Augen schon dafür durchgehen.
In meinen Augen greift es etwas zu kurz, die Einordnung vom Kontext oder entsprechenden Begleittexten abhängig zu machen. Gut, wäre vielleicht das Motiv anzurechnen, das hinter der Erstellung der Bilder steckte - beabsichtigter Missbrauch, Unfreiwilligkeit, Anwendung von Gewalt.
Das sollte bei Hamilton auszuschließen sein.

Lykurg
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Di 9. Apr 2013, 13:31 - Beitrag #6

Darin gebe ich dir Recht, Ipsissimus - jedenfalls für jemanden, der sein Geschäft so ernst nimmt wie Ebert. Wenn er diese Kriterien offenlegt, finde ich sie auch nicht weiter problematisch, eben eine solche Überprüfung moralischer Maßstäbe wird ja dadurch gerade erst ermöglicht.

janw, das meine ich ja auch (auch wenn einige der Bilder bei meiner Google-Bildersuche offenbar rausgefiltert worden waren - auch für mich gehen einige der Bilder zu weit). Das von mir erwähnte Hamilton-Zitat auf Wikipedia macht die Grenzüberschreitung dann noch deutlicher:
„In her daydreams she thinks about this man who will one day come to her in answer to her questions. Perhaps he is a prince, a knight on a white stallion, a man in military uniform … She is lovely, our nymph, and her potential is infinite. Heaven grant her the man who is worthy of her, and who comes to her bringing sex with tenderness. She has her virginity and her innocence; she will, if she is fortunate, trade them in due course for experience and love.“
Auch wenn er selbst nicht mißbrauchen wollte und keine Gewalt anwandte, sexualisieren diese Bilder Kinder in meines Vermutens nach gesetzwidriger Weise. Relevant für diese Entscheidung ist nach meinem Empfinden aber eben nicht das genaue Alter der Kinder (auch mit 18-Jährigen hätte ich ein Problem, wenn sie so kindlich zurechtgemacht wären, das ist allerdings eine andere Baustelle), sondern eben die Zusammenstellung als Katalog und die Aufladung der Bilder durch den Text.

Ipsissimus
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Di 9. Apr 2013, 13:46 - Beitrag #7

Photoalbum-Bilder vom Strandurlaub auch nicht

Das wiederum finde ich schwierig. Aus meiner Sicht kann jedes Bild eines kleinen Kindes in einem entsprechenden Kontext als kinderpornographisch aufgefasst werden, einfach schon dadurch, dass es von einem Päderasten betrachtet wird. Und gerade derartige "unschuldige" Bilder dienen bei solchen Personen wohl als Tarnung.

Lykurg
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Di 9. Apr 2013, 14:44 - Beitrag #8

So sehe ich es auch, bewußt benutzte ich den Begriff "Familienalbum", auch wenn mir dabei angesichts der Verbreitung von innerfamiliärem Mißbrauch unwohl ist. Spontan würde ich hier aber unterscheiden, daß der Besitz von Nacktfotos von Kindern der eigenen Familie weitverbreitet, typisch und in den meisten Fällen harmlos ist, der Besitz von Nacktfotos fremder Kinder dagegen eher untypisch und in vielen Fällen nicht harmlos. Auf den Kontext kommt es an, und tatsächlich auch auf den Betrachter.

janw
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Di 9. Apr 2013, 17:03 - Beitrag #9

Ipsi, bezüglich der Urlaubsphotos hatte ich mich etwas unscharf ausgedrückt, ich meinte es wie Lykurg.

Maglor
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Di 9. Apr 2013, 19:41 - Beitrag #10

Hamilton geht ziemlich geschickt vor. Er sucht sich seine Modelle meist an französischen FKK-Stränden, wo die Mädchen mitsamt ihrer Familie den Sommerferien nackt verbringen. So gesehen könnte es bei den Bilder von Hamilton mit nackten pubertierenden und vorpubertierenden am Strand auch um ganz normale Urlaubsbilder.

Üblicherweise gilt es auch die Unterscheidung Pornografie und Erotik bei der Kinderpornografie als eher unbedeutend. Um Pornografie im klassischen Sinne handelt es sich bei Hamilton nicht, um Erotik-Fotos sicherlich schon. Es sind halt keine Zeigefotos.

Bemerkenswert sind dann vielleicht noch die Scheinminderjährigen. Eigentlich schon volljährig, posieren sie stets in Schulmädchenpose, so etwa Josefine Preuß in dem Kurzfilm "Stühle im Schnee". Im Film geht es um nicht um die Vergewaltigung einer 14-jährigen.

janw
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Di 9. Apr 2013, 20:36 - Beitrag #11

Maglor, die Bilder von Hamilton sind aber hochgradig gestellt, komponiert, keine im Familienkreis aufgenommenen Urlaubsphotos.

Ich denke, daß es hinsichtlich eines pornographischen Charakters auf den Kontext ankommt, in dem die Bilder stehen - kleines nacktes / r Mädchen / Junge am Strand im Familienphotoalbum zwischen Kaffeekränzchen mit Oma, Familie vor Sehenswürdigkeit usw. als familiäre Dokumentation, dasselbe Bild zwischen anderen Bildern nackter Kinder, möglichst mit eindeutiger Dateibezeichnung usw. als zumindest pornographie-verdächtig, für mich in jedem Fall Mißbrauch, weil die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzend und ohne Zugriffsmöglichkeit des Kindes bzw. späteren Erwachsenen.

Damit ergibt sich natürlich ein weiteres Problem hinsichtlich der Bilder Hamiltons - sie entstehen, zumindest sei davon ausgegangen - mit Einverständnis der Sorgeberechtigten, Hamilton erzielt mir ihnen dann Erlöse, aber was, wenn die erwachsenen Kinder diese Art der Darstellung von sich als Kinder/Heranwachsende nicht wünschen? Können sie Hamilton zwingen, die Bilder zurück zu ziehen, auch jene, die er für Geld verkauft hat?

Maglor
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Mi 10. Apr 2013, 18:59 - Beitrag #12

Bisher habe nur deutlich harmlosere Bilder von Hamilton gesehen, als die auf der verlinkten russischen Seite. (Das war aber auch in harmloseren Medien.)
Die Inszenierung an sich halte ich gar nicht für das eigentliche Problem sondern die Art der Inszenierung. Bei den Bildern handelt es sich teilweise um "unnatürliche" Zeigeposen.


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