Kicker
Der Weltmeister erhält einen Zwei-Jahres-Vertrag - 26.07.2004 15:15
Klinsmann wird neuer DFB-Teamchef
Was der kicker am Donnerstag vermeldete, wurde nun vollzogen: Jürgen Klinsmann wird neuer Teamchef der deutschen Nationalelf. Die Führung des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) und der Weltmeister des Jahres 1990 einigten sich am Wochenende auf einen Zwei-Jahres-Vertrag. Der neue Mann erörtert nun die Kooperation mit seinen Partnern Holger Osieck und Oliver Bierhoff.
Es war gegen Mitternacht, als sich die sieben Herren am Samstag verabschiedeten. Gute vier Stunden hatten sie über die Nationalelf und deren Neustrukturierung gesprochen im Hotel am Schlossgarten in Stuttgart.
Zuvörderst war selbstredend die erste Personalie zu klären, die Besetzung des Teamchefs, der Jürgen Klinsmann (39) heißen soll. Zur Klärung vertraglicher Details hatte Klinsmann seinen Anwalt plus Steuerberater mitgebracht. "Man ist sich schon viel näher gekommen", sagte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder am Sonntag zum kicker. Schatzmeister Dr. Theo Zwanziger erklärte: "Wir sind ganz nahe beieinander."
Am Montagnachmittag wurde nun der letzte Schritt vollzogen, durch eine Pressemitteilung das Engagement des 108-maligen Nationalspielers öffentlich gemacht. Details über die genauen Vertragsinhalte sollen noch im Lauf der Woche erfolgen. Gerüchten über überzogene Gehaltsforderungen trat der DFB aber bereits entgegen: "Die Größenordnung des Gehalts, über die derzeit im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss spekuliert wird, sind absolut unzutreffend. Die finanziellen Konditionen für alle drei Gesprächspartner orientieren sich an einem für das jeweilige Aufgabengebiet angemessenen Rahmen", sagte Pressesprecher Harald Stenger.
In dieser Woche wird der künftige Chef der Nationalelf seine ersten Mitarbeiter bestellen, die neue Crew soll frühestens am Freitag präsentiert werden.
Zunächst ist Oliver Bierhoff (36) an der Reihe. Er soll im bald wirksamen Modell mit dem neuen Posten eines Nationalelf-Managers betraut werden, Holger Osieck (55) wird der Job des (Assistenz-) Trainers angetragen (der kicker berichtete am vorigen Donnerstag). Mit Osieck, der schon unter Teamchef Franz Beckenbauer erfolgreich diente, bis hin zum WM-Gewinn 1990, wurde schon in Zürich verhandelt, ehe der derzeitige FIFA- Angestellte nach Toronto zur Hochzeit seines Sohnes flog.
An diesem Dienstagabend wird Osieck in die Schweiz zurückkehren, um sodann mit seinem neuen Partner Klinsmann die Details der Zusammenarbeit zu erörtern. Von seinem aktuellen Arbeitgeber hat der Leiter der Abteilung Entwicklung bereits die Freistellung erhalten. Mayer-Vorfelder rief längst beim FIFA- Präsidenten an. "Du hast mir in der Vergangenheit schon oft geholfen", sagte Joseph Blatter zu MV, "also helfe ich dir jetzt auch." Osieck ist demnach verfügbar für den DFB.
Bierhoff wohl auch, obwohl er an mehrere Verträge gebunden ist, etwa bei SAT 1 als Experte der Champions League bis 2006. Er glaube nicht, sagt der Sportchef des Senders, Albrecht Schmitt-Fleckenstein, "dass sich Bierhoffs Tätigkeit für uns und ein Engagement beim DFB ausschließen". Der SAT-1-Mann verweist auf Rudi Völlers einstige Doppelrolle als Teamchef und bei Premiere.
Mit gutem Willen ist alles zu klären. Darauf wird es ohnehin entscheidend ankommen, soll Klinsmanns Konzept 2006 greifen. Das neue sportliche Trio an der DFB- Spitze muss die Bereitschaft zur Kooperation offensiv zeigen und auf die Klubs zugehen, auf Trainer wie Manager. Nur so kann die verbreitete Skepsis, die Klinsmanns mangelnde Erfahrung für diese Herkulesaufgabe auslöst, abgebaut werden. Deshalb muss von der Klubseite der solidarische Rückpass gespielt werden. Kommunikation und Interaktion zwischen Verband und Vereinen sind dringend zu intensivieren. Beide Seiten sollten sich eine Chance geben.
Genauso muss der künftige Dreierbund die Kompetenzen und Aufgaben klar regeln. "Ein klares Anforderungsprofil für den Manager" erwartet Dr. Zwanziger. "Bis alles in trockenen Tüchern ist", sagt MV, "muss man noch ein Stück weit abwarten".
Wenn's der Sache dient.
Über die Nationalelf berichten Rainer Franzke, Thiemo Müller und Karlheinz Wild