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Schalker Blocksturm und Stadionsicherung im allgemeinen

BeitragVerfasst: Sa 14. Sep 2013, 11:47
von Traitor
Seit 2-3 Wochen kocht in NRW und Fußball-Kreisen eine Debatte über die Stadionsicherung durch Polizeikräfte, ausgelöst durch einen skandalösen Blocksturm bei einem Schalke-Spiel. Siehe SpOn und weiterführende Links dort.

Der konkrete Fall scheint mir, auch wenn er noch nicht ganz aufgearbeitet ist und vor allem die Schalker Verantwortlichen wohl nicht so schuldlos sind, wie sie behaupten, tatsächlich als ziemlich starkes Stück von Polizeiwillkür und übertriebener Gewalt, durchaus vergleichbar mit Übergriffen auf friedliche Demonstranten. Sicher, im Fanbereich gibt es üble Gestalten und viel Gewaltbereitschaft, aber das rechtfertigt nicht, nur aus Verdacht einen solchen Angriff durchzuführen. Und schon gar nicht darf sich die Polizei zum Werkzeug einer konkurrierenden Fangruppe machen, indem sie auf deren Gewaltandrohungen mit eigener Gewalt gegen das andere Lager reagiert.

Die nun erfolgte Reaktion des Innenministeriums ist in ihrer Spontaneität fragwürdig und gefährlich, im Prinzip aber scheint sie richtig - es wurde ja schon länger diskutiert, dass es eigentlich untragbar ist, dass die Polizei unter hohem finanziellen Aufwand und persönlichem Risiko für die Fußball-Wirtschaftsunternehmen deren Veranstaltungen sichern muss.

Andererseits wird bei der kompletten Übertragung der Aufgaben im Stadioninneren an private Sicherheitsdienste die Willkür und Gewalt sicher deutlich steigern (ein paar Fälle in der Richtung gab es ja auch schon, plus die Geschichte mit rechtsextremer Unterwanderung), und bei echten Krisen werden diese Dienste vermutlich noch überforderter sein und noch wahrscheinlicher unverhältnismäßig reagieren - wann kommt die erste Tragödie?

Wenn zudem die Polizei sich nur (in geringer Mannstärke?) außerhalb bereit hält und erst bei großen Eskalationen reingerufen wird (mit eilig herbeigeholter Verstärkung?), wird sie massiv unterinformiert sein und damit auch wieder mit höherer Wahrscheinlichkeit falsche und potentiell weiter eskalierende Entscheidungen treffen.

Die sinnvollere Alternative scheint mir ein Kompromiss aus weitergehender Kostenübernahme durch die Fußballbranche und mäßiger Verschiebung der Personalstärke von Polizei zu Sicherheitsdiensten bei gleichzeitiger Beibehaltung von Polizeikommando und -verantwortung auch im Stadioninneren zu sein.

BeitragVerfasst: Sa 14. Sep 2013, 19:56
von Maglor
Fußballstadien sind auch nicht wertvoller als Großraumdiskos oder Konzerte.
Der einzelne Hooligan steht dann eben nicht mehr den ausgebildeten Beamten gegenüber, sondern eben irgendwelchen Gorillas aus der Schattenwelt. Ob die jetzt zu den Hell's Angel, der Freien Kameradschaft oder der albanischen Mafia gehören ist im Grunde völlig egal.
Vielleicht erlebt die ritualisierte Gewalt, die sich ja mit Ultras und Hooligans zur einer Art Subkultur entwickelt hat, auch ein jenes Ende, wenn sich heruasstellt, dass eine Auseinandersetzung mit oben genannten Dienstleister, anders als die dauernde Provokationen der Polizei, eben nicht mit den Grundsätzen der Spaßkultur übereinstimmt.
Ich kann mir schon vorstellen, dass sich die Privaten solche Späße mit Feuerwerkskörper nicht einfach gefallen lassen.

BeitragVerfasst: Mi 18. Sep 2013, 08:16
von Lykurg
Das könnte ich mir auch gut vorstellen - und begrüße die Übergabe der Verantwortung ausdrücklich und ohne Vorbehalte. Meine Empathie mit losgelassenen Hooligans reicht auch nicht weiter als bis zur nächsten Pflanze, für deren schonende Behandlung braucht man mE keine Steuergelder aufzuwenden. Wenn sie aus Ärger oder Respekt wegbleiben oder weniger anstellen, um so besser. Die Gefahr unterzahliger und schlecht informierter Polizei hat man auch bei derzeitiger Vollabdeckung, denke ich - auch die sind nicht dagegen gefeit, den Bedarf zu unterschätzen und Kräfte dazuziehen zu müssen, und Lagebeurteilung in einer Massenschlägerei - nun ja. Kameras könnten helfen.

BeitragVerfasst: Mi 18. Sep 2013, 12:07
von Ipsissimus
Ich stelle mir gerade vor, auf Schalke ein paar Hells Angels, in Dortmund ein paar Bandidos als Ordner. Es muss ja auch was für die Resozialisation dieser Menschen getan werden^^ es sind natürlich schon aus geringeren Anlässen Kriege begonnen worden^^

BeitragVerfasst: Do 19. Sep 2013, 21:11
von Traitor
@Lykurg und Maglor: Schwieriger, als ihr es euch macht, wird es dadurch, dass die Fanblöcke eben nicht komplett mit Hooligans besetzt sind, sondern es dort auch ganz normale Zuschauer gibt, bis hin zu Familien mit Kindern. (Wenn auch, eben dank der gewalttätigen Anteile, immer weniger.) Bei aus dem Ruder laufenden Polizeieinsätzen leiden also meistens auch Unschuldige, und ebenso oder schlimmer wäre es auch bei privaten Unsicherheitsdiensten.

@Ipsissimus: Sehr gut mögliches Szenario, ja...

BeitragVerfasst: Do 19. Sep 2013, 21:13
von 009
Ich erinnere mich noch immer mit großer Ungläubigkeit an einen Vorfall in Köln vor wohl gut einem Jahr, als mehrere auch leitende Polizeibeamte und Fanbetreuer von Hooligans angegriffen und teils wohl erheblich verletzt wurden. Ob die Beamten die entsprechende Ausrüstung (wie Schlagstöcke, Reizgas, Waffen) nicht dabei hatten oder warum man sich offenbar fast wehrlos ergeben verprügeln liess und die angegriffenen Zivilisten nicht zu schützen vermochte, verstehe ich bis heute nicht. Auch dachte ich eigentlich, dass bei solchen Einsätzen keine normalen Streifenbeamten, sondern schon in gerade auch waffenloser Selbstverteidigung gut geschulte zum Einsatz kommen.