Phantomtore

Ob Champions League, Bundesliga oder Weltmeisterschaft. Hier könnt Ihr über alles diskutieren was mit Fußball zu tun hat!
Ipsissimus
Dämmerung
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Sa 2. Nov 2013, 21:00 - Beitrag #1

Phantomtore

Stellen wir uns mal vor, der Polizist, glaubt, einen Mord beobachtet zu haben. Schnell ist der Verdächtige verhaftet. Nur haben mehrere Zeugen plus Überwachungskameras gesehen, dass gar kein Mord passiert ist.

Na ja, der Kommissar hat ihn nun mal verhaftet, also kommt es zum Verfahren, und obwohl das Gericht die Videoaufzeichnungen sieht, die Zeugenaussagen hört, und der Polizist mittlerweile selbst zugibt, dass er besser seine Brille getragen hätte, ohne die er sein Auto nicht von einer Scheibe Edamer unterscheiden kann, wird der Angeklagte wegen Mordes verurteilt, weil der Polizist ihn eben verhaftet hat.

Bisschen merkwürdig? Mag sein, jedenfalls aber: Deutscher Fußballbund.

janw
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Sa 2. Nov 2013, 22:21 - Beitrag #2

Naja, irgendwie musste ja erwiesen werden, daß Fußball nur hinsichtlich seiner Verdummungswirkung ernst zu nehmen ist^^

blobbfish
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Sa 2. Nov 2013, 23:23 - Beitrag #3

Wo ist da jetzt der Unterschied zum Abseitstor?

janw
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So 3. Nov 2013, 02:51 - Beitrag #4

Phantomtore sind seltener.
Scheinbar ist Tor, wenn der Schiedsrichter pfeift, daß Tor ist :crazy:

Traitor
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Mi 6. Nov 2013, 18:59 - Beitrag #5

Das wirklich lustige ist ja, dass die Regeln heute rückständiger sind als vor ca. 20 Jahren. Damals wurde ein BL-Spiel (Bayern vs. x) nach einem sehr ähnlichen Fall noch wiederholt.

Der Vergleich zum Strafrecht hinkt nicht nur wegen der Schwere, sondern auch wegen der beim Fußball gegebenen Reversibilität. Es geht da nicht "nur" um eine nachträgliche Bestrafung, sondern um ein Neuaufrollen. Die Wiederholungsspielidee rührt ja daher, dass es nicht reicht, einfach vom Endergebnis ein Tor abzuziehen, sondern der Spielverlauf durch die Fehlentscheidung so beeinflusst wurde, dass man lieber gleich nochmal anfängt.

Kurioserweise wird das aber von der FIFA gerade als Grund gegen Videobeweise und sonstige Hilfsmittel genutzt - dabei würden die ja gerade helfen, solche Fälle zu vermeiden.

@janfish: Nicht nur seltener, sondern auch eindeutiger.

Ipsissimus
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Mo 11. Nov 2013, 14:46 - Beitrag #6

sondern auch wegen der beim Fußball gegebenen Reversibilität
das ist der Standpunkt des gesunden Menschenverstandes, der eben nicht mit den Entscheidungen des Sportgerichtes korrespondiert, das bei der alten Regel der Tatsachenentscheidung - gemeint ist die ad hoc-Entscheidung nach unmittelbarem Augenmerk - bleibt

janw
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Di 12. Nov 2013, 00:57 - Beitrag #7

Ipsi, könnte es sein, daß man Fußball als Spiel ernst nehmen muss, wobei zu einem Spiel eben Zufallselemente gehören, wie eben die Fehlerträchtigkeit der Schiedsrichter?

Traitor
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Di 12. Nov 2013, 10:23 - Beitrag #8

@Ipsi: Da ich den Sportfunktionären schon noch einen Rest gesunden Menschenverstands zugestehe, interpretiere ich ihr Verhalten so: Sie wissen um die eigentlich vorhandene Reversibilität. Aus praktischen, juristischen, mythologischen und persönlichen Gründen mögen sie diese aber nicht. Also haben sie das Dogma der "Tatsachenentscheidung" eingeführt, um sie künstlich auszuhebeln.
So alt scheint die Regelung übrigens nicht zu sein, wie das damalige Wiederholungsspiel zeigt. Ein offizielles Einführungsdatum konnte ich aber auf die Schnelle nicht finden.

@Jan: Auch ohne offensichtliche Fehlentscheidungen hat der Fußball noch genug Zufallsanteil in den Leistungen der Spieler selbst, Umgebungsbedingungen, Ballphysik und nichtoffensichtlichen Fehlentscheidungen bzw. korrekt im Ermessen liegenden Entscheidungen des Schiris.

Ipsissimus
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Di 12. Nov 2013, 11:18 - Beitrag #9

die Diskussion um die Tatsachenentscheide ist ja beinahe so alt wie der Fußball selbst, Jan; selbst wenn man das Spiel als solches ernst nimmt, führt das aber nur dann zum derzeitigen Dogma, wie es Traitor so schön und richtig nennt, wenn noch weitere Rahmenbedingungen erfüllt sind, z.B. massive Konservativität und Autoritätsgläubigkeit der Funktionärskaste. Ich denke, dass dieses Dogma auch nur deswegen derzeit auf dem Prüfstand steht, weil kommerzielle Interessen dagegen sprechen. Fußball ist mittlerweile eine Milliardenindustrie, da machen sich Hobbyregeln, die über 10 Millionen Euro Einnahmen mehr oder weniger entscheiden, nicht mehr wirklich gut. Andererseits erkennst du daran, wie tief dieses Dogma sitzt, wenn es trotzdem nicht einfach so aufgegeben wird.

Soweit ich weiß, Traitor, war das bei dem Helmer-"Tor" aber auch nur eine Einzelfallentscheidung. Das Prinzip als solches wurde davon nicht angetastet. Die Tatsachenentscheidung selbst ist so alt wie der Fußball, also zwei Stunden älter als die erste Diskussion über Schiedsrichter-Tatsachenentscheide^^


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