Neofeudale Strukturen, Schwarzarbeit und Rote Genossen (Dorfpolitik)

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maglor
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So 17. Nov 2002, 22:32 - Beitrag #1

Neofeudale Strukturen, Scharzarbeit und Rote Genossen (dorfpolitik)

Das Dorf, Sinnbild von Harmonie und heiler Welt. Hier bilden Amt und Mandat, Kirche und Staat, Sportverein und Partei noch eine urige Einheit, so wie sie der Schöpfer erdacht hatte, als er diese eine Republik ins Leben rief. Mein Heimat, Ursprung meiner tausendjährigen agrarproletarischen Dynastie, Absurdistan das Land der Schmierer! :D
An die 1000 Einwohner scharen sie um ihre Führerkaste. In der Kirche wird noch der Patronatsstuhl für die greise Baronin warm, der das Recht obliegt den Pfarrer zu bestimmen, wenn sie nur nicht zu hochnäsig wär die Gesindekirche zu betreten. Von einer Grabplatte an Wand starrt der kühne Raubritter der einst meine Vorfahren an den Pflug spannte und ihnen so, dass Ackerhandwerk beibrachte.
Doch diese Zeiten sind nun vorbei, die greise Baronin hat sich schon längst ins Nachbardorf auf ihr Schloß zurückgezogen, und nervt nur noch einen Bruchteil ihrer Leibeigenen mit ihren pseudokulturellen Machenschaften. Nun lebt sie die Republik. Es herrscht die Sozialdemokratie, und zwar sicher schon seit über Hundert Jahren, mit Unterbrechung in den braunen Jahren.
60% schafft die SPD nun seit es Wahlen gibt und früher waren es sicher noch mehr. Die Partei fest in der Hand einer eisern Matriarchin. Ortsvorsteherin, Friedhofsbeauftragte und Parteichefin. Jegliche Versuche des Absetzen scheiterten an Feigheit und Treue der Genossen. Natürlich war der Vater der Matriarchin selbst Bürgermeister des Dorfes. Erbefolge?Weit spannen sich die Fäden der Partei. Der Arbeiter-Turn-und-Sport-Verein fest in der Hand ihrer ideologischen Führer. Der Spielmannszug ist nun irrelevant, seit man darauf verzichtete am Tag der Arbeit am Maibaum die Internationale zu spielen. Der Kampfverband Reichsbanner ist längst in Rente und erzählt nur noch von den tollen Tagen, den Schlägereien mit der SA und so. Selbst in der vollkommen unproletarische Kirche zieht die Partei ihre Fäden. Nordhessen, grünes Land in roter Hand.
Doch das Dorfidyll endete die Matriarchin ließ sich plötzlich und unerwartet von ihrem Manne scheiden. Und nun mit über sechzig beschloß sie ein Haus für sich allein zu bauen. Und da im Dorfe Baugebiet festgelegt wurde machte sie sich ans Werk. Da sie es eilig hatte beschloß sie gleich drauf los zu bauen, ohne das Grundstück zu kaufen, so was können Parteifreunde mit ihrem Bürgermeister durchaus klarstellen. Und los gehts. Gebaut wird natürlich schwarz. Freudig helfen die Genossen um der Matriarchin ein Haus zu bauen. Frei nach Hartz-Konzept vermittelt sie die Arbeitsstellen selbst an die Genossen. Schwarze Arbeit im Namen der roten Fahne.
Doch wie es die Bürkratie verlangt, geschah es, dass sich der Magistrat versammelte um den Verkauf des Grundstückes abzustimmen, naja es stand schon es Haus drauf, aber was solls. Leider war Mann aber von der Tradition des Einparteiensystems abgekommen und die Opposition spielte nicht wirklich begeistert mit. Der Bürgermeister versuchte sie zu überzeugen, och die arme Frau und ihre Situation, und sie hat doch so viel für die Gemeinde getan und überhaupt, da ist doch so n bißchen Rechtsbeugung erlaubt. naja die Opposition enthielt sich, denn im 1000-Einwohnerdorf bedeutet Ablehnung des Verkaufs Ausstoß aus der Dorfgemeinschaft. Immerhin die Matriarchin verwaltet, wer weiß ob dann der politische Gegner seinen Sarg noch verscharren darf?
Aber egal, hätt eh nix geholfen bei absoluter Mehrheit. Doch man machte bei dieser seltsamen Abstimmung eine schaurige Feststellung: Die sonst bei jeder ach so unkonrtoversen Abstimmung war immer die Regionalpresse anwesend. Doch diesmal muß sie wohl die Partei ausgeladen haben.
Und so erfährt niemand von dem Geschehen, außer jene die ewig schweigen und sich mit der Verschmelzung von SPD und und Dorf abgefunden haben.
Seltsam auch das ale offiziellen Informationen des Rathauses über den Scheinwerfer, die Parteipresse, laufen.
Naja, was solls mit Diktaturen muß man leben oder für sie leben.
Bleibt mir wohl nichts anderes übrig als selbst in die Partei einzutreten und mit meinen eigenen Schmierereien zu schaffen und so selbst zum Partei-Patriarch, Kirchvorstand und Wehrführer zu werden, Objekt für Spott und Respekt. Alleinherrscher über ein durch Inzucht entstandenes Gebilde, dass sich Dorf nennt. :D
So ist das in postfeudalen System. Naja ich kann ja einen Leserbrief in die Zeitung setzen, aber die hat ja bisher sämtliche Leserbriefe zensiert oder gleich ignoriert. :D

MfG Maglor

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So 17. Nov 2002, 23:51 - Beitrag #2

Tja, ich würde sagen da hilft nur wegziehen. Aber das will man meistens auch nicht, weil man da ja alle kennt und seine Freunde dort wohnen. Dann muss man sich halt mit dieser Situation abfinden.

GoodHope
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Mo 18. Nov 2002, 16:08 - Beitrag #3

Re: Neofeudale Strukturen, Scharzarbeit und Rote Genossen (dorfpolitik)

Original geschrieben von Maglor
Naja ich kann ja einen Leserbrief in die Zeitung setzen, aber die hat ja bisher sämtliche Leserbriefe zensiert oder gleich ignoriert. :D

MfG Maglor


Tröste dich das ist nicht nur dort so, in Schleswig Holstein gibt es auch mindestens ein Dorf in dem es so läuft.
Zu deinem letzten Satz:
Das ist wohl nichts neues.
Ein Hoch auf die Pressefreiheit !!!

GH

Feuerkopf
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Di 19. Nov 2002, 13:17 - Beitrag #4

Beispiel aus dem Roten Nest:

In unserer Stadt regierte viele, viele Jahre unangefochten und mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattet, die SPD und stellte eben auch den Oberbürgermeister. Der geriet denn doch nach über 20 Jahren ins Pensionsalter und die Neubesetzung des Amtes stand an. Da gab es auch einen designierten Nachfolger, jung, dynamisch, progressiv aber sachlich, wie wir hier so sagen. Ein Zupacker.
Dummerweise war aber inzwischen das Wahlrecht reformiert worden, d. h. der Oberbürgermeister würde von den Bürgern direkt gewählt werden und auch nicht mehr ehrenamtlich sein, sondern auch die Verwaltungsspitze der Stadt.
Es wäre für den Kronprinzen gar kein Problem gewesen...tja, wenn er nicht kurz vor der Wahl eine arme junge Dame vom Straßenrande als Anhalterin mitgenommen hätte. Wie er sagte. Dummerweise fiel das aber der Polizei auf, weil das 1. im Sperrbezirk war und 2. die junge Dame eine Professionelle war und 3. sie keineswegs in anhalterischer Absicht in seinen dicken Ich-weiß-nicht-was geklettert war. Er stritt alles ab, machte richtig Zauber, doch die Polizei wich nicht.
Die Öffentlichkeit fand das alles höchst befremdlich. Dann stellte sich heraus, dass der Kronprinz schon VOR der Wahl neue Büromöbel für damalige 40.000 DM bestellt hatte. Das fand die Öffentlichkeit noch weniger lustig. Und siehe da: Bei den Kommunalwahlen kandidierte der Kronprinz nicht mehr, viel mehr musste ein echter Technokrat ran. So verlor die SPD ihre Mehrheit, die Grünen machten einen echten Schnitt und die CDU hatte genau so viele Stimmen wie die SPD. Bei der Stichwahl gewann dann zwar der SPD-Bürgermeisterkandidat, aber seitdem ist das Rote Nest ein Buntes.

Fritz
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Di 19. Nov 2002, 15:26 - Beitrag #5

Tja, die Macht korrumpiert.
Wenn man sich ansieht wie es in Hamburg gelaufen ist (Aus dem Stand 20% für PRO), da die SPD seit 35 Jahren an der Macht waren und sich dementsprechend benommen haben.
In unserem Dorf heißt jeder Handwerker Wicharz, aber ansonsten geht es noch nicht so heiß her.

Feuerkopf
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Mi 20. Nov 2002, 13:26 - Beitrag #6

Oh, ich glaube, Filzokratie ist kein Privileg der SPD. Überall, wo eine Partei über einen sehr langen Zeitraum die komfortable Mehrheit besitzt, bildet sich diese Form der Vetternwirtschaft aus. Das ist offenbar menschlich...

Fritz
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Mi 20. Nov 2002, 17:52 - Beitrag #7

Es ist ja auch durchaus verständlich.
Da hat man mal kein Geld da leiht einem schon mal jemand Geld. Und wenn man dann unauffällig das Gespräch auf die geplante Umschreibung von Agrar- in Baugebiete lenkt, dann ist es ja auch verständlich wenn der BM dann mal auf den Nachbarn hört. Der ihm ja damals auch geholfen hat.

Feuerkopf
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Mi 20. Nov 2002, 18:57 - Beitrag #8

Siche gegenseitig zu helfen, ist grundsätzlich okay. Wo allerdings echte Vorteilsnahme, ungerechtfertigte Bereicherung und eine echte Benachteiligung anderer stattfindet, ist die Grenze des Legalen überschritten.

Thod
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Mi 20. Nov 2002, 19:02 - Beitrag #9

das mag schon stimmen. aber wo genau passiert das, bzw. wo liegt diese Grenze konkret?

Gruss,
Thod

Feuerkopf
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Mi 20. Nov 2002, 19:32 - Beitrag #10

Die Position machts

So lange ich Feuerkopf bin, die jemandem einen Handwerker empfiehlt, oder die die Tochter einer Freundin als Lehrling einstellt, oder die bei der Bank ein gutes Wort für jemanden einlegt, ist das okay.

Bin ich aber in einer Funktionsstelle, sieht das anders aus.
Habe ich die Verantwortung für öffentliche Gelder, so muss ich eine Arbeit öffentlich ausschreiben, eine Lehrstelle so fair wie möglich vergeben und darf keine Goodwill-Aktionen für einen Freund starten.

Wäre das eine Position, die vertretbar ist, Thod?

Thod
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Mi 20. Nov 2002, 19:35 - Beitrag #11

klar ist das vertretbar :D

probleme machen halt oft die nicht so eindeutigen positionen. als feuerkopf, als mutter, als im elternbeirat sitzende ...

oft ist man sich seiner positionen, und der auswirkungen auf zusammenhänge sicher nicht sooo bewusst.

gruss,
thod

Feuerkopf
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Do 21. Nov 2002, 14:04 - Beitrag #12

Premiere, Thod! Ich bin mit Dir einer Meinung! ;)


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