Wo fängt "übersteigerter Hass" an?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Saint-Just
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Sa 10. Sep 2005, 00:36 - Beitrag #41

Was Mr. Ipsissimus hier wohl tatsächlich sagen möchte, ist etwas wie: "Wage es ja nicht, mir ans Bein zu pissen, und solltest du es auch tun, so sei dir sicher, daß mir deine Entschuldigung peinlicher wäre, als dir selbst!".

e-noon
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Sa 10. Sep 2005, 09:50 - Beitrag #42

@Ipsi: Ich habe ja nicht behauptet, dass eine solche Aussage nie diffamierend gemeint sein kann. Sondern lediglich, dass sie auch nicht- diffamierend gemeint sein kann ;) Und nicht in jedem Fall eine essentielle Wesenhaftigkeit sein muss.

Maglor
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Mo 12. Sep 2005, 16:35 - Beitrag #43

Tja, und was hat sich das böse Maglor dabei nur gedacht.
"Terroristen sind Terroristen", eine Aussage, die man sogar für wahr befinden muss, selbst wenn man noch nie etwas von Terroristen gehört hat.
Der von mir angedachte Witz bei der Sache ist der, dass man bei der Bewertung der RAF, trotz aller ideologischer Konstrukte der RAF und trotz der bundesrepublikanischen Wirklichkeit der 70er, nicht aus den Augen verlieren darf, was geschehen ist, nämlich das eine kleine Gruppe junger Menschen mit der Planung und Durchführung von Anschlägen auf die deutsche Zivilbevölkerung beschäftigt war. Und selbst wenn, das Recht auf Widerstand würde an dieser Tatsache nichts ändern, höchstens an der Illegalität der Vorgehensweise, die, so denke ich, allerdings außer Frage steht.
MfG Maglor

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 12. Sep 2005, 17:32 - Beitrag #44

das wiederum würde implizieren, daß jede gewaltsame Form von Widerstand gegen staatliche Gewalt apriori "böse" ist, Maglor.

Ganz davon abgesehen wäre auch die Frage zu beantworten, warum staatliche Gewalt dann nicht auch apriori "böse" ist. Weil wir dem Staat apriori die Vermutung zubilligen, er agiere zum Wohl seiner Bürger? Trotz der myriadenfachen Gegenerweise?

Padreic
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Mo 12. Sep 2005, 19:40 - Beitrag #45

Ist Gewalt, um Gewalt zu verhindern per se böse? Ich würde sagen, nein. Da es gewaltbereite Menschen gibt und man anscheinend nicht verhindern kann, dass diese an Waffen kommen, finde ich sinnvoll, sie mit angemessenen Mitteln an ihrer Gewalttätigkeit zu hindern. Dass dies im allgemeinen eine großorganisierte Gewalt mit festen Regeln tendentiell am besten kann, finde ich naheliegend.
Der Staat setzt seine sich selbst gegebene Gewaltbefugnis sicherlich nicht immer richtig ein. Aber ich glaube, es könnte sehr viel schlimmer sein. Man kann sicherlich sehr über das Verhalten der Polizei bei manchen Demonstrationen streiten. Aber meist pflegt die Polizei doch halbwegs maßvoll zu reagieren in deutschen Landen.

Dass sich die RAF auf genannten Paragraphen beruft, halte ich für sehr fragwürdig. Zitiere mal:
Artikel 20
[Staatsstrukturprinzipien; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Man kann vielleicht sagen, dass sie versucht haben, im Geiste dieses Paragraphen weiterzudenken und ihn auszuweiten. Sie werden demokratisch und sozial anders verstanden haben als das Grundgesetz. Denkt man diese Begriffe wesentlich radikaler als das die Macher des GG sicherlich getan haben, kann man mit etwas gutem Willen einen Schleyer als jemanden bezeichnen, der diese Ordnung beseitigen will. Selbst dann würde es aber sehr schwer, seinen Fahrer dieses auch zu vorzuwerfen.

Bei einem Hitler lässt sich eine Beseitigung der ursprünglichen Verfassung, zumindest ihres Geistes, aber auch ihres Wortes, dagegen eigentlich nicht leugnen. Hinzu kommt, dass sich das Attentat direkt gegen Hitler und Anhänger seines System richtete. Und dass Stauffenberg einen echten Plan hatte, man ihm also eine Chance auf 'Abhilfe' zubilligen konnte. Was bei der RAF eher zweifelhaft war...

Wenn man gerne will, kann man die RAF gutheißen. Aber sie auf GG-Boden zu bringen, dürfte nicht gelingen...

janw
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Mo 12. Sep 2005, 20:18 - Beitrag #46

Nun ja, Ipsi, Du sprichst eine Form von Gewalt an, die von dem üblichen Gewaltbegriff nicht so ganz erfasst ist.
Wenn staatliches Handeln dazu führt, daß Menschen materieller Lebensgrundlagen beraubt werden, wie dies ja gelegentlich bei den Hartz-4-Gesetzen ins Feld geführt wird, wenn durch Handeln von Staatsorganen die Erfüllung von Leistungsansprüchen verunmöglicht wird, wie im Bereich der Beamtenpensionen zu bewundern, die von der Kohl-Regierung verfrühstückt wurden, wenn staatliches Handeln neue Richtlinien schafft, die z.B. bestimmte Gewerbe neu betreffen, z.B. im Bereich der Lebensmittelproduktion, kann dies als eine Art struktureller Gewalt gesehen werden.

Was für mich den Gewaltbegriff im bösen Sinne, der einen gewalttätigen Gegenangriff rechtfertigen könnte, hierfür allerdings ausschließt, ist, daß der Staat für jede seiner Entscheidungen die Möglichkeit eines rechtlichen Vorgehens der Bürger/Betroffenen dagegen vorsieht. Daß dies teuer sein kann und mühevoll, keine Frage, aber die Praxis zeigt doch, daß das Rechtssystem genutzt wird und durchaus kontrollierend wirkt. Sicher, nichts könnte nicht noch um Nuancen besser sein...

Und letztlich muss auch immer gefragt werden, wie denn die Alternative gewirkt hätte, z.B. im Fall von Hartz IV.

Sicher, es wäre mancher Einschnitt nicht so nötig, wenn der Dicke anders gehandelt hätte, aber was hilft uns das nun?
Und letztlich haben wir alle, mehr oder weniger, auch davon profitiert, ob mit der Wohnungsbauprämie für das Häuschen im Grünen, den stabilen Renten, den öffentlichen Bauvorhaben...

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