Nun sind die Damen und Herren also schon einige Zeit im Amt. Die Presse scheint sich gut mit ihnen arrangiert zu haben, neuerdings ist Merkel sogar der Liebling (die Lieblingin) der Massen. (siehe ZDF-Politbarometer)
Wie sieht eure Bewertung sowohl der Koalitionspolitik insgesamt als auch der einzelnen handelnden Personen aus?
Ich habe ein wenig das Gefühl, wir haben weder eine gute noch eine schlechte Regierung, sondern eher keine. Im Vergleich zu Rot-Grün und wohl auch den Regierungen davor (bis auf die späteste Kohl-Spätphase habe ich von denen wenig bewusst erlebt) ist die aktuelle Regierung in ihrer Anfangszeit extrem unauffällig und blass.
Politisch handelt sie insgesamt so ruhig bzw. ängstlich (je nach Urteilshärte), dass kaum eine Linie zu erkennen ist, und die Köpfe sind kaum welche. Merkel erfreut sich zwar plötzlich größter Beliebtheit und ist auch zumindest weit weniger schrecklich als erwartet, aber stattdessen ist besonders sie ungeheuer blass und macht auf mich in keinster Weise den Eindruck einer Regierungschefin. Dies ist aber nicht auf sie beschränkt, auch die Herren Müntefering und Platzeck aus der SPD machen nahezu keinen Eindruck mehr, obwohl man von ersterem doch eindeutig weiß, dass er es eigentlich kann. Von irgendwelchen Fachministern ganz zu schweigen.
Nun wieder zurück von den Personalien zur Politik. Ein wenig Konjunkturengagement, ein wenig Sozialreformplanungen, ein wenig vorsichtige Diplomatieversuche in diverse Richtungen. Aber größtenteils nur Treibenlassen, die Schlagzeilen werden Ereignissen wie Entführungen und Tierseuchen überlassen.
Fragt sich: ein Zeichen von Unfähigkeit, oder vielleicht doch davon, dass man nur im Wissen um die sichere Macht weniger Augenmerk auf die Vermarktung legt, sondern versucht, hinter den Kulissen sachlich zu arbeiten? Wenigstens ein bisschen möchte ich es ihnen zutrauen.
(Aber auch nur den Mut zum Versuch, nicht die Fähigkeit zum Erfolg.)