Der Schokoschock

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Feuerkopf
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Mo 20. Feb 2006, 11:53 - Beitrag #1

Der Schokoschock

Der Anlass mag eher ein amüsanter sein, aber gerade weil es viele von uns hier sozusagen bis ins Mark trifft, sollten wir mal ein paar Gedanken an die boomenden asiatischen Wirtschaftssysteme in Indien und China verschwenden.
Neben der Globalisierung zieht hier in der Ferne zwar, aber bereits erahnbar, ein Unwetter der Verteilungskämpfe auf. Erst ist es der Kakao...

"Unser" Transrapid, den wir für China heftig gesponsert haben, hat dort nun einen fast baugleichen Konkurrenten bekommen, der so gut wie marktreif ist. War der Westen arrogant bis blauäugig, was die Marktpotenziale in China oder Indien angeht?

janw
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Mo 20. Feb 2006, 14:47 - Beitrag #2

Bevor der Artikel im Nirvana verschwindet, zitiere ich ihn mal:

Der Artikel erschien in SPIEGELonline vom 20.2.2006
HUNGRIGE CHINESEN

Angst vor dem Schoko-Schock

Globalisierung hat manchmal seltsame, unerwartete Auswirkungen. So könnte der wachsende Wohlstand Chinas und Indiens dazu führen, dass in Deutschland die Schokolade teurer wird.


Vollzitat entfernt - Traitor

Der Artikel basiert offenbar auf einer Agenturmitteiliung von itz/dpa-AFX

Tja, es ist das eingetreten, was abzusehen war: Eine Weltbevölkerung von 6 Mrd mag noch verkraftbar sein, aber nicht, wenn alle die selben Konsumansprüche realisieren wollen, wie der Westen sie sich bisher geschaffen hat.
Gerade nicht endlos mehr produzierbare Güter wie Kakao, Kaffee usw. werden dann knapp werden.

Was den Transrapid betrifft, ich sehe ein bißchen Überheblichkeit bei unserer Ingenieurskaste der Leistungsfähigkeit der Menschen in anderen Ländern gegenüber. Man ist offenbar noch immer der Überzeugung, wir (der Westen, allenfalls noch Japan) hätten allein die nötige Konzentration an Weisheit und Ideen, die zu Entwicklung und Bau moderner Technologien erforderlich sind, der Rest der Welt sei von unserem gnädigen teilhaben lassen abhängig.
Man muss nur mal nach Westafrika gehen und sehen, wie dort durch Improvisationskunst Autos am Leben erhalten werden, die hierzulande keine Werkstatt mehr flott bekommen würde, um zu erkennen, daß diese Einstellung sachlich falsch ist und geradezu dumm, wenn nicht gefährlich, da auf kolonialistischen Mustern beruhend.

Lykurg
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Mo 20. Feb 2006, 14:49 - Beitrag #3

Durchschnittlich 2 kg reinen Kakaos pro Europäer pro Jahr? Kraß... (und ich bestimmt nicht unterdurchschnittlich *g*)

Der Transrapid-Nachbau war ja zu erwarten; das chinesische Denken über geistiges Eigentum ist nun mal nicht genau so, wie es sich der Westen wünschte. Ein Jammer nur, daß mangels eigener Strecken (und wie lange schon könnte man die haben!) die hiesige Forschung stehengeblieben ist (ebenso hinsichtlich Kugelhaufenkernreaktoren uvm.) - denn daraus entstehen die eigentlichen Nachteile. Wenn die Erfindungen und Prototypen noch hier hergestellt werden, insbesondere aber die Weiterentwicklung auch aus eigener Langzeitnutzung möglich ist, sind wir noch nicht völlig überflüssig.

Inwieweit allerdings solche Exportvorhaben wirklich staatlich gefördert werden sollten /dürfen, ist mE sehr fragwürdig. Gerade in diesem Fall dürfte das eingesetzte Geld einen ganz massiven Boomerangeffekt bedeuten (gemeint ist aber nicht, daß das Geld zurückkommt^^). Wenn sich die Erfindung im Alleingang bewähren kann, gut. Wenn sie es nicht kann, dann sollte man sie im Inland weiterentwickeln und ausprobieren. Aber einen anderen dafür schmieren, daß er unsere Spitzentechnologie nutzen und abkupfern kann, die wir zu blöd sind selbst zu realisieren, ist einfach nur blind. Armes Deutschland.

janw
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Mo 20. Feb 2006, 15:46 - Beitrag #4

Zitat von Lykurg:Ein Jammer nur, daß mangels eigener Strecken (und wie lange schon könnte man die haben!) die hiesige Forschung stehengeblieben ist

Lykurg, das Problem ist, wir könnten eine ganze Menge haben, aber brauchen wir es auch?
Der Transrapid hat das tragische Schicksal, in einem Land entwickelt worden zu sein, das einen der schlechtesten Anwendungsstandorte nach Polynesien darstellt: Wir haben ein exzellentes dichtes Straßennnetz, ein gutes bis sehr gutes Eisenbahnnetz und eine relativ dichte Siedlungsstruktur.
Der Transrapid ist ein System zur Überbrückung langer Distanzen, ungeeignet, wenn am Weg Menschen leben, die auch transportiert werden wollen. Und er ist bauartbedingt nicht mit den anderen Verkehrsträgern kombinierbar. Wir hätten also auf ewig eine ellenlange häßliche Stelzentrasse durchs Land, auf der zu Demozwecken halbleere Kabinen hin und her rasen und das Land mit Überschallknallen überziehen.
Das ganze finanziert aus öffentlichen Kassen, zwar nur aus Wirtschaftsförderungstöpfen vorfinanziert, aber an die Rückzahlung, die nur dann möglicherweise fällig wird, wenn der Transrapid sich gut verkauft (äußerst hypothetisch also) mag glauben, wer will. (Von den Zinsverlusten zu schweigen).
Das Geld wäre IMHO deutlich besser angelegt in einer dringend nötigen Ertüchtigung und Ausbau bestimmter hoch belasteter Bahnstrecken.
Ich fahre mit dem Zug fast länger nach Bremen als mit dem Auto, trotz Direktverbindung. Das sollte schon 1989 geändert werden :|

Was die Kugelhaufenreaktoren betrifft...Kernkraftwerke eben, mit all den damit verbundenen Problemen. Der Schnelle Brüter sollte auch mal ein Prestige-Forschungsprojekt sein, und wurde ein Milliardengrab.
Ich will mit alledem nicht als Technikfeind oder dergl. erscheinen, aber ein gewisses Mißtrauen gegen Versprechen im Stile von 1969 "es wird alles schöner, besser, eine glänzende strahlende Zukunft steht uns bevor..." halte ich nicht für ungesund.

Lykurg
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Mo 20. Feb 2006, 16:29 - Beitrag #5

Wir hätten also auf ewig eine ellenlange häßliche Stelzentrasse durchs Land, auf der zu Demozwecken halbleere Kabinen hin und her rasen und das Land mit Überschallknallen überziehen.
Die Schallgeschwindigkeit in Luft beträgt (bei 20°C) 1234,8 km/h. Wenn der Transrapid so schnell wäre, brauchte man sich, glaube ich, keine weiteren Sorgen um seine Rendite zu machen.^^ Dagegen ist er im Normalbetrieb erstaunlich leise. Ich bin auf der Versuchsstrecke im Emsland damit gefahren. Vorher stand ich in 10-15 m Entfernung, als er mit vielleicht 250 oder 300 km/h vorbeiraste. Leiser als eine normale S-Bahn (mit 60) - und von uns aus war es nicht wesentlich lauter als der Güterzug in 4 km Entfernung, den wir gleichzeitig hörten.

Die Strecke in Shanghai ist mW nicht völlig ungenutzt.^^ Und die Chinesen sind eigentlich pragmatisch genug, um eine 1300-km-Überlandstrecke (Beijing-Shanghai) nicht nur zu Demonstrationszwecken zu entwerfen. Sicher, seine größten Vorteile kann er im Gebirge ausspielen, bei engen Kurvenfahrten (geneigte Streckenführung -> man merkt nichts), extremen Steigungen und weitgehend witterungsunabhängig. Aber auch im Flachland sind seine Bremseigenschaften und eben der geräuscharme Betrieb reizvoll - die Stelzenbauweise ist zwar im Bau teuer, dafür aber wildschadenfrei verwendbar. (Es sei denn, er erwischt ab und zu einen Zugvogel, aber das kommt angeblich sogar bei Windkraftanlagen vor.^^)

Meine Schwärmerei für den Kugelhaufenkernreaktor basiert nicht auf der Euphorie der 60er, sondern etwa auf diesem Artikel von 2005 - würden die Chinesen die in Deutschland abgebrochene Forschung jetzt nicht kommerziell nutzen wollen, hätte ich es in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.

Übrigens, deine Begeisterung für westafrikanische Ingenieurskunst in allen Ehren - einerseits ist 'durch Improvisation am Laufen halten' doch etwas anderes als erfinden/ konstruieren, und andererseits das doch ziemlich umweltbelastend. Mag sein, daß wir kolonialistisch sind, wenn wir unsere neuen Produkte höher schätzen und in alle Welt verteilen wollen, wir sind es aber auch, wenn wir die ehemaligen Kolonien vom Welthandel abschotten und höchstens mit unserem Abfall "beschenken".

Der Schrottwert von Autos dürfte allerdings in Anbetracht des chinesischen Stahlhungers auch in dern nächsten Zeit noch weiter steigen...

Maglor
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Mi 22. Feb 2006, 11:58 - Beitrag #6

Tja, da müssen wir wohl die Asiaten und Afrikaner kurz halten, damit den Deutschen der Zweitwagen, der Zweiturlaub und das tägliche Schnitzel bleibt.
Am beste wir intrigieren einfac ein bisschen in den Staaten, die kurz vor dem Aufschwung stehen und versorgen sie mit Feuerwasser und Feuerwaffen. So hat man die Irokesen auch klein gebekommen.
MfG Maglor :crazy:


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