Hinsichtlich seiner uneitlen Art habe ich ihn auch geschätzt, wobei mir seine strikte Ablehnung von Änderungen an den Hartz IV allerdings immer unverständlich geblieben ist, hier wird IMHO dogmatisches Festhalten an einem Gesetz über das Gebot jeglichen Gesetzes gestellt, den Menschen und anderen Schutzgütern zu dienen und Menschen nicht zu überlasten. Aber das ist ein eigenes Thema...
Letztlich hat er hiermit auch sehr plötzlich einen politischen Richtungswechsel vollzogen, wie auch der Spiegel bemerkt:
[...,] warum dieser harte Wahlkämpfer in etliche Wahlschlachten mit Parolen und Losungen gezogen ist, die für ihn ab 2003 plötzlich allesamt nicht mehr galten.
Vielleicht hat ihn die Krise am Arbeitsmarkt und die so strahlend präsentierte Hartz IV-Lösung damals zu einem "können wir ja mal ausprobieren" gebracht, von dem er nun, auch angesichts der teilweise Verbesserung der Lage, nicht mehr zurück konnte. Ein Problem seiner sauerländischen "Steifheit" vielleicht.
Vielleicht auch eine Folge dessen, wie sein Beharren auf dem Agenda-Kurs in der Partei behandelt wurde - es macht einen Unterschied, ob der Altbundeskanzler ihm unter vier Augen zu einer etwas entspannteren Sicht rät oder dies mit den Worten "Müntefering ist nicht Moses und die Hartz IV-Gesetze nicht die 10 Gebote" in aller Öffentlichkeit tut, fast maßregelnd.
Zitat von Traitor:Vermutlich hat er dann durch das Verschlimmern der letzteren seit einiger Zeit auf einen guten Zeitpunkt gewartet und den nun, nachdem er noch einmal versucht hatte, etwas zu erreichen, diesen genutzt.
Den Berichten nach stand sein Rückzug bereits vor der Koalitionssitzung fest, und er hat nur bis nach der Koalitionssitzung damit gewartet, um hier noch ein Ergebnis zu erzielen, in welcher Richtung auch immer. Ich denke, das erklärt auch die schnelle Lösung der Personalfrage bei der SPD, die bei einem spontanen Rücktritt weniger glatt gelaufen wäre.
Letztlich ist es wohl auch eher ein Rückzug auf Zeit, wenn man Münteferings Worten glaubt und sieht, daß er sein Bundestagsmandat behält - er sagt, es reize ihn weiterhin, "Rüttgers aus dem Amt hebeln".
Warum rückt nun Beck nicht nach?
Viele sehen darin ein Indiz, daß Beck keine höhere Position anstrebt, sondern das Feld Steinmeier überlässt - ich halte das für ein taktisches Manöver, das durchaus Sinn machen könnte: Beck als Parteivorsitzender behält volle Angriffsfreiheit auf die Union, wobei er zugleich von seiner Herkunft her wichtige Kreise der SPD hinter sich scharen kann. Steinmeier, sowieso eher ein diplomatischer Typ, sorgt für den Zusammenhalt in der Koalition, und Scholz bekommt die Möglichkeit, sich als Arbeitsminister zu bewähren.
Die zweite Hälfte der Legislaturperiode, noch dazu in einer Zeit zahlreicher Landtagswahlen, ist sowieso keine Zeit großer Entscheidungen, und so kann nun diese Zeit zur Profilierung der SPD nach außen genutzt werden.