Risiken freier Inhalte

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Traitor
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Mo 12. Jan 2009, 00:54 - Beitrag #1

Risiken freier Inhalte

Ein Gedanke zum Konzept der freien Inhalte, wie sie etwa Open-Source-Software und Wikipedia darstellen. Prinzipiell sind sie eine großartige Sache und sicher fördernswert. Das Folgende soll in keinster Weise gegen das Konzept gerichtet sein, nur ein eventuelles Problem aufzeigen, das Fundamentalisten der Bewegung vielleicht bedenken sollten.

Denn manch einer dieser überzeugten Anhänger propagiert die Idee, das gesamte Wirtschaftssystem auf derartige Lizenzen umzustellen. In einer idealen Welt sollte jedwedes Buch, Musikstück, Filmwerk, Computerprogramm oder technisches Patent für jedermann kostenfrei nutzbar und von den Grundlagen her weiterentwickelbar sein, solange man den Urheber nenne. Insbesondere beinhalten "echte" freie Lizenzen auch, dass kommerzielle Weiternutzung erlaubt ist.

Trüge dies nicht auch ein großes Risiko? Auf den ersten Blick sieht alles gut aus, Ideenmonopole würden verhindert, Medikamente, Software oder Hochtechnologie könnten von vielen verschiedenen Herstellern auf den Markt gebracht werden und würden somit sicher günstiger zu haben sein.
Aber ein denkbares Szenario wäre auch: große Firmen haben die Möglichkeit, ein neues Verfahren unter hohem Finanzeinsatz schnell und im großen Maßstab umzusetzen. So würde, grobe Managementfehler außenvorgelassen, jede neue Nische sofort von den Großen besetzt werden, ohne dass kleine Anbieter über den Schutz ihrer Eigenerfindungen die Möglichkeit hätten, sich gegen sie durchzusetzen.
Ähnlich sähe es im Medienbereich aus.

Also, könnten freie Lizenzen mit kommerzieller Freigabe im hypothetischen Fall der totalen Umsetzung nicht gerade zum Gegenteil des Gewollten, zu einer stärkeren Monopolisierung führen?

mine'S^
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Mo 12. Jan 2009, 14:32 - Beitrag #2

Insbesondere an der Pharmaindustrie lässt sich die Schattenseite dieses Modells sehr schnell erkennen. Ein Pharmariese investiert Millionen in die Forschung um ein wirksames Medikament gegen was auch immer zu entwickeln, führt zig Studien durch et cetera und muss diese Millionen an Auslagen natürlich an den Endverbraucher weitergeben, sprich das Produkt teurer verkaufen als es Herstellungskosten und Gewinnspanne erforderten. Verlöre der Anbieter das zeitweilige ausschließliche geistige Eigentum, könnte jeder andere Konzern das Medikament wesentlich günstiger anbieten, was zwar kurzfristig positiv für den Endverbraucher wäre, langfrisitg aber sehr verheerend, da entsprechender Konzern ruiniert wäre und der Forschung und Wirtschaft erhebliches Kapital verloren gingen.

Dieses Beispiel lässt sich problemlos auf jedes entwicklungsintensive Marktsegement projezieren. Die Gefahr, die du ansprichst ist imo zudem gegeben bezieht sich aber eher auf die entwicklungsunintensive Innovation, die imo verhältnismäßig wenigen kleineren Unternehmen außerhalb der Softwareentwicklung die Existenz sichert.

Traitor
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Mo 12. Jan 2009, 15:03 - Beitrag #3

Stimmt, auch die Großkonzerne müssen nicht Profiteure sein, sondern gingen mit ihren Forschungen dasselbe Risiko ein.

Ich denke aber nicht, dass die innovationsbasierten Kleinunternehmen ein Randphänomen sind. Sieh dir die Solar- oder Biotech-Branche an, diese werden von kleinen Betrieben, die Einzelentwicklungen umsetzen oder selbst viel forschen, entscheidend mitgeprägt. Generell lässt sich wohl sagen, dass die meisten jungen Branchen eine Phase des innovativen Wildwuches aufweisen, aus der sich dann Großunternehmen konsolidieren.
Diese könnten im pessimistischen Freie-Lizenzen-Szenario einerseits schneller die Konkurrenz ausstechen, andererseits würden sie nach dem von dir genannten Punkt die Innovationen schneller zum Stillstand bringen. Gleich zwei Probleme...

Lykurg
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Do 15. Jan 2009, 01:39 - Beitrag #4

Ich denke auch, daß ein so weitgehender Verzicht auf geistiges Eigentum schwerwiegende wirtschaftliche Folgen hätte. Die Möglichkeit, sein eigenes geistiges Erzeugnis nach Wunsch unter eine Creative-Commons-Lizenz zu stellen, ist reizvoll und förderungswürdig. Die Forderung nach einem Ende jeglichen geistigen Eigentums scheint mir dagegen sehr unbedacht zu sein.

Entsprechend unausgegoren klingt auch die Argumentation der 'Piratenpartei'.

Traitor
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Do 15. Jan 2009, 21:19 - Beitrag #5

Im Wesentlichen ist es also so wie fast immer: eine tolle Idee, die in Maßen große Fortschritte bringen kann, aber bei den ideologischen Träumer dahinter kann man froh sein, dass sie genau dies immer bleiben werden und ihr Traumsystem nicht zur Norm machen können.

Die "Piraten" schaden ihrem Anliegen eh mehr, als dass sie ihm nutzen.


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