http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/963750/
Danach hat der Verlag nach massiver Kritik aus der Presse die "Daten deutscher Dichtung" aus dem Programm genommen.
dtv reagiert auf Kritik an tendenziösen Lücken des Nachschlagewerks
Moderation: Doris Schäfer-Noske
Der Deutsche Taschenbuchverlag (dtv) nimmt das umstrittene Handbuch "Daten deutscher Dichtung" aus dem Programm. Das sagte dtv-Chef Wolfgang Balk im Deutschlandfunk. Er reagierte damit auf die erneute Kritik an der antisemitischen Gesinnung der Verfasser Elisabeth und Herbert Frenzel, die wichtige Autoren wie Kurt Tucholsky, Irmgard Keun oder Oskar Maria Graf in dem Handbuch nicht berücksichtigt haben.
Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" habe danach den Vorwurf erhoben, dass das Nachschlagewerk entschieden dazu beigetragen habe, dass die Namen dieser Autoren nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten und geblieben seien.
Balk betonte gegenüber dem Sender, dem Verlag seien Defizite des Handbuchs bekannt gewesen. Man habe sie nicht beheben können, weil das ein Eingriff in Autorenrechte gewesen wäre. Deshalb habe man den Zustand "aufgrund des Gesamtwerks mit schlechtem Gewissen in Kauf genommen.
Aber wenn ein Artikel so massiv dagegen vorgeht, können wir uns auch nicht taub stellen und haben uns jetzt entschieden, es aus dem Programm zu nehmen".
Man liest und staunt, daß also jahrzehntelang ein maßgebliches Nachschlagewerk aus einem nicht unwesentlichen Verlag gezielt nichtumfassend gewesen ist, gezielt einen wesentlichen Teil des Literaturschaffens ausgeblendet hat - und keinen hats gestört - oder wurden die, die sich daran störten als Störwillige abgetan?
Eine Literaturwissenschaftlerin, die in den 30er Jahren über "Judengestalten auf der deutschen Bühne. Ein notwendiger Querschnitt durch 700 Jahre Rollengeschichte" promoviert und damit auf kulturellem Gebiet den Weg für die nationalsozialistische Ausrottungspolitik geebnet hat, die auch später sich nie von diesem Teil ihrer Geschichte distanziert hat, wie konnte solch eine Person überhaupt mit derart grundsätzlicher Literatur, wie es Nachschlagewerke sind, beaufgabt werden?
Nicht zuletzt, was sagt es über den Literaturbetrieb der BRD aus, daß dies mehr als 60 Jahre möglich war, einen Literaturbetrieb, in dem und über den immer wieder im Sinne der Linkslastigkeit debattiert wurde - ist m,an hier einfach auf dem anderen Auge blind gewesen?
Und was ist zu dem Verlag zu sagen, der Bücher "mit schlechtem Gewissen herausgibt", deren Inhalt nicht im Sinne von Meinungspluralismus diskutierbar ist, sondern die schlicht falsch sind, und das noch in gesellschaftlich gefährlicher Weise?
Welche "Überraschungen" stehen uns da noch bevor?