Anarchismus

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Padreic
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Fr 14. Sep 2001, 20:01 - Beitrag #1

Anarchismus

Was sagt ihr zu folgenden Definitionen (entnommen aus Illuminatus! Band 3 S. 93)?

Freie Marktwirtschaft: Jener Zustand der Gesellschaft, in dem alle wirtschaftlichen Transaktionen ohne Zwang freiwilligen Entscheidungen entspringen.

Der Staat: Jene Institution, die durch direkte Ausübung von Zwang oder das Gewähren von Privilegien (unterstützt durch Zwang) die Freie Marktwirtschaft behindert.

Steuern: Jene Form von Zwang oder Behinderung der Freien Marktwirtschaft, in der der Staat Tribut kassiert (die Steuer), mit dem er es sich ermöglicht, bewaffnete Streitkräfte anzuheuern, um bei der Verteidigung von Privilegien Zwang auszuüben und sich nach Beliben in Kriege, Abenteuer, Experimente, "Reformen" etc. zu stürzen; nicht auf eigene Kosten, sondern auf Kosten "seiner" Untergebenen.

Privileg: Aus dem lateinischem privi, privat, und lege, Gesetz. [Anmerkung des Posters: die Vokabeln sind nicht vollständig korrekt aufgeschrieben. Privatus und lex wären die richtigen Wörter.] Ein vom Staat eingeräumtes, vor den Möglichkeiten der Zwangsausübung durch den Staat geschütztes Vorrecht. Ein Gesetz für den privaten Nutzen.

Wucher: Jene Form von Privileg oder Behinderung der Freien Marktwirtschaft, mit der eine vom Staat unterstütze Gruppe das Münzsystem monopolisiert und damit direkt oder indirekt Tribut (Zinsen) auf alle oder die meisten Transaktionen erhebt.

Grundbesitz: Jene Form von Privileg oder Behinderung der Freien Marktwirtschaft, mit der eine vom Staat unterstützte Gruppe das Land "besitzt" und damit von jenen, die auf diesem Land leben, arbieten oder produzieren, Tribut (Miete) erhebt.

Zoll: Jene Form von Privileg oder Behinderung der Freien Marktwirtschaft, mit der es außerhalb des Staates produzierten Gütern nicht gestattet wird, mit innerhalb des Staates produzierten Gütern in gleicher Weise zu konkurireren.

Kapitalismus: Jene Organisation von Gesellschaft, Steuerbehördern, Wucher, Grundbesitzt und Zoll, die die Freie Marktwirtschaft leugnet, während sie gleichzeitig vorgibt, ein Beispiel dafür zu sein.

Konservatismus: Jene Schule kapitalistischer Philosophie, die für sich beansprucht, die Freie Marktwirtschaft zu unterstützen, während sie in Wirklichkeit Wucher, Grundbesitz, Zoll und manchmal Steuererhebung unterstützt.

Liberalismus: Jene Schule kapitalistischer Philosophie, die die vom Kapitalismus begangenen Ungerechtigkeiten zu korrigieren versucht, indem sie den bestehenden Gesetze neue hinzufügt. Jedesmal, wenn die Konservativen ein Gesetzt verabschieden, das Privilegien schafft, verabschieden die Liberalen ein Gesetz, das die Privilegien modifiziert und dazu führt, dass die Konservativen ein subtileres Gesetz einbringen, das wiederum Privilegien schafft etc. bis "alles, was nicht verboten, obligatorisch ist" und "alles, was nicht obligatorisch, verboten ist".

Sozialismus: Die versuchte Abschaffung aller Privilegien, indem dem zwangsausübenden Organ die Macht gänzlich zurückgegeben wird, die hinter den Privilegien, dem Staat, steht; ein Vorgang, der kapitalistische Oligarchie in ein planwirtschaftliches Monopol umwandeln wird. Wände weiß streichen, indem man sie schwarz streicht.

Anarchismus: Jene Organisation von Gesellschaft, in der die Freie Marktwirtschaft frei funktionieren kann, ohne Steuern, Wucher, Grundbesitz, Zölle oder andere Formen von Zwang oder Privilegien. Rechte Anarchisten sagen voraus, dass die Menschen sich in der Freien Marktwirtschaft häufiger freiwillig entscheiden würden, miteinander in Konkurrenz zu treten als zu kooperieren. Linke Anarchisten sagen voraus, dass die Leute in der Freien Marktwirtschaft sich freiwillig häufiger entscheiden würden, zu kooperieren, als miteinander in Konkurenz zu treten.

Padreic

Monoceros
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Sa 15. Sep 2001, 00:57 - Beitrag #2

Hallo Padreic!

Das sage ich zu diesen Definitionen:

Freie Marktwirtschaft
Gibt's nicht, haben wir nicht, kriegen wir nicht.

Staat [...] die Freie Marktwirtschaft behindert.
Ich habe nicht selten das Gefühl, dass es umgekehrt ist.

Steuern [...] nicht auf eigene Kosten, sondern auf Kosten "seiner" Untergebenen.
Auf eigene Kosten? Wie denn?

Wucher
Wucher ist das Erheben übertrieben hoher Kosten aufgrund eines staatlich geduldeten Monopolstandes. Das trifft es wohl eher.

Grundbesitz
stimmt

Zoll
stimmt

Kapitalismus: Jene Organisation von Gesellschaft, Steuerbehördern, Wucher, Grundbesitzt und Zoll, die die Freie Marktwirtschaft leugnet, während sie gleichzeitig vorgibt, ein Beispiel dafür zu sein.
stimmt

Konservatismus
stimmt

Sozialismus
stimmt

Anarchismus
Damit hätten wir praktisch die Endstufe des von Marx und Engels so herbeigesehnten Kommunismus. Die Idee ist gut, geht aber davon aus, dass die ganzen bösen Jungs und Mädels weg sind. Das ging damals nicht, das geht heute nicht und solange der Mensch Mensch ist, geht es auch in Zukunft nicht. Einn typischer Fall einer wunderschönen Theorie, die nicht funktioniert, weil sie nicht auf der Realität sondern auf Idealen basiert (-> Utopie).

In dem Text stehen manche Dinge drin, die man zynisch so beschreiben kann, aber bei anderem wäre ich vorsichtig.

Mit freundlichen Grüßen
Monoceros

Thod
Harfner des Erhabenen
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Fr 21. Sep 2001, 15:46 - Beitrag #3

Hallo Padreic,

ich bin mit den einzelnen Ausführungen eher nicht einverstanden.

Wenn man verschiedenste Begriffe immer nur in Bezug auf ein Phänomen heranzieht, wird der Blick schon grundsätzlich subjektiv vorbestimmt, und gelenkt.
Hinzu kommt noch, daß dieses Phänomen auch nicht ausreichend definiert ist, bzw. die These, freie Marktwirtschaft sein frei von Zwängen, in meinen Augen nicht standhält.

Freiheit von Zwängen gibt es nämlich nicht. Sollte die freie Maktwirtschaft derart definiert sein, dann kann man gleich sagen, es handelt sich um eine Fiktion, und das Gespräch darüber kann man dann auch gleich einstellen.
Vielmehr finde ich es interessant, erst einmal historisch zu betrachten, wie der Begriff von freier Marktwirtschaft entstanden ist, und was er in seinen Ausprägungen bedeutet (hat), und zweitens interessieren mich in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten und Einschränkungen, die ein solches Konzept mit sich bringt.

Da die Definition noch gar nicht ausreichend getätigt, bwz. diskutiert ist, fällt es mir schwer, die anderen Punkte, die für sich auch noch nicht definiert sind, in eine Relation zu setzen.
Einzig: die strenge Fixierung der unterschiedlichsten Begriffe auf einen einzigen Bezugspunkt, zeigt eine starke Voreingenommenheit.
Die Ansätze scheinen eher die Ansicht des Autors untermauern zu sollen, als daß sie eine konkrete Auseinandersetzung mit der Sache sind.

Mir ist das zu tendenziell.

Gruß,
Orald

Padreic
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Fr 21. Sep 2001, 17:46 - Beitrag #4

@Orald
Illuminatus zitiert auch hier nur ein fiktives Buch ("Pfeife nicht, wenn du pisst" von Hagbard Celine). Aber nach allem, was ich über den Autor (bzw. die Autoren) von Illuminatus weiß und vermute, deckt sich dies größtenteils mit ihrer Meinung.

Ich kann dir zustimmen, dass besonders auch der Staat hier recht beschränkt wiedergegeben wird. Der Staat beschränkt ja nicht nur die Freie Marktwirtschaft, sondern er bestraft z. B. auch Verbrechen. Gerade auch an diesem Beispiel sieht man, dass die Ausübung von Zwang Freiheit geben kann.

@Monoceros
Könntest du bitte genauer erläutern, wie die Freie Marktwirtschaft den Staat behindert?

Warum widerspricht Grundbesitz der Freien Marktwirtschaft? M. E. ist es mit Grundbesitz ähnlich wie mit dem normalen Besitz. Wenn ich z. B. deinen Computer benutzen wollte, könntest du es mir auch verbieten oder dafür Tribut kassieren. Ähnlich verhält es sich m. E. auch mit Land.

Padreic


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