Lykurg, ich weiß ja, wie Du es meinst, ich weiß, daß Du nichts rechtfertigen willst.
Klar, auch auf alliierter Seite ist nicht alles so gelaufen, wie es rechtlich hätte laufen sollen.
Für mich besteht aber ein Unterschied in der Bewertung der Fehlleistungen dergestalt, daß das Handeln der deutschen Truppen durchgehend Bestandteil und Mittel eines Angriffskrieges war, das Handeln der alliierten Truppen auf die Beendigung des Krieges abzielte.
Sicher kann man fragen, ob die auf maximale Zerstörung angelegte Bombenmixtur z.B. in Hamburg notwendig oder "angemessen" war, oder ob die angerichtete totale Zerstörung nicht vielleicht sogar durch eine Vergrößerung des Durchhaltewillens Aufstände in der Bevölkerung verhinderte. Die Westalliierten hatten aber von Stalin den Druck, ihrerseits eine Front aufzubauen, und sie standen selbst unter dem Eindruck der Bombardierungen Coventrys und Londons, und das bestimmte ihr Vorgehen.
Für die Endphase halte ich es aber für möglich, daß die Zivilbevölkerung aufgrund ihrer Einbindung in den "Volkssturm" und der Verschanzung von Truppen in Siedlungsbereichen teilweise mit ins Feindspektrum rückte. Die deutsche Bevölkerung wurde nicht in der Opferrolle quasi als Geisel einer Diktatur, sondern auch als Mitwirkende gesehen - die Bürger hätten ja zumindest in der Endphase gegen die Blockwarte aufstehen und den Volkssturm verweigern können.
Daß dann gerade die getroffen wurden, die wirklich zu den Geschlagenen zählten, Frauen und Kinder oder die Flüchtlinge in Dresden nur als Beispiel, ist furchtbar tragisch.
Hildesheim und Würzburg erscheinen heute als sinnlose Zerstörungen. War das damals für die Alliierten auch so zu sehen? Ich könnte mir vorstellen, daß es im März für die Alliierten noch nicht so ganz klar war, daß sie zwei Monate später am Ziel sein würden. Hätten die Städte nicht als Rückzugsgebiete für Naziverbände getaugt?
Ich will nichts rechtfertigen, suche keine Entschuldigungen, zweifle nur etwas an der durchgehenden Vermutung a priorisch "sinnloser" Zerstörung.
Die Geschichte des Warschauer Aufstandes ist in wikipedia recht ausführlich dargestellt. Mir erscheint die These, daß die Russen den Polen einen Alleingang ermöglichen wollten, plausibel und daß damit ein Zeitfenster zum eingreifen verpasst wurde, als tragische Begleiterscheinung, vielleicht Folge einer Fehleinschätzung.
Stimmt, es gab Forderungen, Anlagen in Auschwitz und Wege dorthin zu bombardieren.
Ich denke wie Ipsi, daß die Alliierten keine angemessene Vorstellung davon hatten, was dort vor sich ging, eine tragische Fehleinschätzung. Andererseits bin ich nicht so sicher, was wirklich hätte erreicht werden können.
Man hätte die Gleise wieder aufgebaut oder die Menschen unterwegs anderweitig ermordet. Ich weiß auch nicht, wie weit präzise Angriffe auf die Gaskammern möglich gewesen wären, ob diese Angriffe nicht selbst massive Verluste bewirkt hätten.
Jedenfalls würde ich hier keine Absicht der Alliierten sehen.
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