China

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Traitor
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So 11. Nov 2001, 19:21 - Beitrag #1

China

Also Orald, hier eine Diskussion zum Thema chinesische Regierung.

Ich bin der Meinung, es handelt sich nicht um Kommunismus. Erstens finde ich, dass es echten Kommunismus noch nie gegeben hat (zumindest so wie ich ihn mir vorstellen würde), weder in Russland, China noch sonstwo. Alle bisherigen "kommunistischen" Staaten sind/waren de facto Diktaturen mit Staatsbetrieben (das einzige Kommunismus-Element).

Und auch dem realen Kommunismus entspricht das heutige China nicht: es gibt sehr viele private Wirtschaft. Allein das schließt eine Bezeichnung als kommunistisch quasi aus. Im Prinzip praktiziert man dort so eien Art "Raubtierkapitalismus" wie es in Russland nach der Wende der Fall war/ist, nämlich einige Oligarchen beuten mit Rückendeckung der Regierung das Volk aus.
Was ist daran bitte kommunistisch?

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So 11. Nov 2001, 19:35 - Beitrag #2

Also von Grundsatz her sind Nordkorea und China kommunistisch.

Thod
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So 11. Nov 2001, 19:59 - Beitrag #3

ich denke, daß ein Staat wie China typisch dafür ist, was dabei herauskommt, wenn man den Kommunismus einführen will.
Ausgehend von der Frage, ob wir es im Fenrnen Osten noch mit einer eigenständigen Kultur, auf viele Jahrtausende zurückblickend, zu tun haben, vertrete ich halt die Ansicht, daß der westlich geprägte Kommunismus dort alles weitgehend vernichtet hat, und wie anderswo auch, von Religion und Tradition nur noch ein wenig Folklore übrig gelassen hat.

Ich China gab es immer (oft sehr tyrannische und grausame) Dynastien. Diese sind halt von einer kommunistischen Partei abgelöst worden, welche im wesentliche wohl nicht viel anders handelt, als ihre Vorgänger, außer, daß die Vorgänger die nichts gegen Kultur und Religion dort hatten.

Der Kommunismus strebt eine durch Erziehung, oder Entwicklung eintretende zukünftige altruistische Gesellschaftsform an. Da das aber allein schon biologisch nicht machbar ist, muß er, wenn er verwirklicht wird, die Menschen mit Gewalt in seine Vorstellungen zwingen. Das haben bisher alle Experimente gezeigt.
China passt da wirklich gut ins Bild.

Gruß,
Orald

Traitor
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So 11. Nov 2001, 20:07 - Beitrag #4

Genau, es ist ein danebengegangenes Experiment. Aber halt kein Kommunismus mehr, sondern eifnach nur noch eine Diktatur, die sich so nennt, als Rechtfertigung.

Die kulturelle Vernichtung ist in China wohl mit am größten, da diese hier ja nicht nur passiv durch verdrängung geschah, sondern mit der "Kulturrevolution" sogar aktiv durchgeführt wurde. Dadurch ist heutzutage kaum noch etwas von der echten Kultur übrig. Auch wenn viele sagen, die Asiaten wären noch so mit ihren "Traditionen" und "alten Weisheiten" zugange, so ist dies objektiv wohl nicht mehr als Nostalgie und nicht mehr die echte Kultur von damals, ähnlich wie hier in Europa.

Thod
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So 11. Nov 2001, 20:51 - Beitrag #5

was ich damit sagen will ist, daß der Kommunismus scheitern muß. Wenn man ihn optimal verwirklichen will, kommt sowas wie in China dabei heraus. Man kann das Experiment genauso gut als gelungen bezeichnen, da es ein deutliches Ergebnis zu tage bringt.


Gruß,
Orald.

Krautwiggerl
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So 11. Nov 2001, 21:06 - Beitrag #6

@Held:
nur weil sich ein Staat selbst "Volksrepublik" nennt, ist es noch längst nicht kommunistisch.
Siehe China: Traitor hat es schon gesagt: China ist wirtschaftlich gesehen eines der kapitalistischsten Länder überhaupt.
Was Nordkorea angeht: da können die Vorderoberen wohl behaupten, dass in ihrem Land alle gleichviel haben, weil alle nichts haben...

SoF
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Mo 12. Nov 2001, 00:32 - Beitrag #7

Original geschrieben von Traitor:

Erstens finde ich, dass es echten Kommunismus noch nie gegeben hat

Es hat auch noch nie eine echte Demokratie gegeben.

Aesos
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Mo 12. Nov 2001, 10:11 - Beitrag #8

Nicht alles was sich Kommunismus nennt ist einer,
(und da gebe ich euch recht den hat es Leider noch nie gegeben!)

aber auch nicht alles was sich Demokratie nennt ist eine !!!
(Oder habt Ihr irgendwas zu bestimmen?)

Traitor
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Mo 12. Nov 2001, 17:08 - Beitrag #9

den hat es Leider noch nie gegeben

Au backe, nimm dich vor Orald in Acht, wegen diesem "leider" tötet er dich! :D

aber auch nicht alles was sich Demokratie nennt ist eine !!!

Natürlich kann nciht das Volk alles entscheiden. Das wäre dann nciht Demokratie, sondern Anarchie. Regierungen sind immer Kompromisse.

Thod
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Mo 12. Nov 2001, 19:49 - Beitrag #10

@ Traitor,

da weiß ich ja gar nicht, wo ich zuerst hinschießen soll! :s84:

Gruß,
Orald ;)

Borlas
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Mo 12. Nov 2001, 21:24 - Beitrag #11

Original geschrieben von Orald

Ich China gab es immer (oft sehr tyrannische und grausame) Dynastien. Diese sind halt von einer kommunistischen Partei abgelöst worden, welche im wesentliche wohl nicht viel anders handelt, als ihre Vorgänger, außer, daß die Vorgänger die nichts gegen Kultur und Religion dort hatten.


Volle Zustimmung, Orald, lediglich deinen ersten Absatz würde ich anders formulieren:
"Das kommt dabei raus, wenn man in einem Staat wie China den Kommunismus einführen will."
Einfach so aus dem Stand drei Entwicklungsstufen der Gesellschaft (bürgerlicher Kapitalismus, Monopolkapitalismus, Sozialismus) zu überspringen und dem Feudalismus den Kommunismus folgen zu lassen muß einfach scheitern. Dabei kann nichts anderes herauskommen als eine neue Form des Feudalismus. Dieser Feudalismus entwickelt sich jetzt zum Frühkapitalismus, wie sollte es auch anders sein ?
Genauso sieht es in Rußland und den anderen ex-"realsozialistischen" Staaten aus.
Die haben alle ihren Marx nicht gelesen, oder aber gelesen und nicht verstanden :s10:

Thod
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Mo 12. Nov 2001, 21:37 - Beitrag #12

ich denke, Marx hat seinen Hegel nicht verstanden, aber das ist eine andere Sache.
Der Kommunismus ignoriert simple menschliche Grunderfahrungen. Er wird sich von allein nie entwickeln, und ich bin froh, daß ich in keinem dieser "Projekte" leben muß.
Alles, was man dazu sagen kann, hat meiner Ansicht nach übrigends Orwell schon dargestellt.
Allein die Vorstellung von einer Gesellschaft, in der alle altruistisch handeln, halte ich für derart menschenverachtend, daß es mir kalt über den Rücken läuft. Die wichtigste Urkraft des Menschen: seine Motivation und sein kreativer Schöpfungswille wird dadurch ausgeschaltet, und das ist das Schlimmste, was man der Menschheit antun kann.

Gruß,
Orald

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Mo 12. Nov 2001, 22:41 - Beitrag #13

@Orald:
Hegel und Marx kamen zwar zur selben Ausgangsposition, nämlich dass der Kapitalismus ins Chaos führen würde, nur fordert Marx die Revolution der Arbeiter, um Gerechtigkeit herzustellen, Hegel aber einen starken Obrigkeitsstaat...
Du schreibst, dass der Kommunismus jegliche Menschliche Grunderfahrungen ignoriert. Tut er in der Tat, und zwar insofern, dass er jeden Menschen als grundsätzlich gut ansieht und der Mensch nur durch die Lebensumstände schlecht wird (Ungelichheit). (Insofern dürfte es ja in kommunistischen Gesellschaften keine Kriminalität mehr geben).
Wenn du dir aber mal den Hegel ansiehst, dann wirst du feststellen, dass dessen Gedankengut von den Konservativen des 19. Jahrhunderts aufgegriffen wurde. Welche in ihrem Weltbild behaupteten, der Mensch wäre von Haus aus schlecht (mit dem sie den starken Staat als Drosselungsmittel anführten).
Ich glaube, wir sind uns einig, dass es so einfach dann auch nicht ist.
Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte... die Welt kennt kein Weiss und kein Schwarz, nur verschieden dunkle Grautöne.

Thod
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Mo 12. Nov 2001, 23:00 - Beitrag #14

ich denke, die Wahrheit kann man da durchaus herausfinden.
In Bezug auf Hegel habe ich mich auf das Geschichtsverständnis berufen, welches nicht zwangsläufig auf den Kommunismus herausläuft. Die Entwicklung der Menscheit würde bei Marx quasi genetische Veränderungen erfordern. Man kann nicht einfach von der Beobachtung der Gesellschaften und dem Wachsen der Technik und der Philosophie etc. darauf schließen, der Mensch könne altruistisch werden.
Lassen wir das Gut-Böse einfach mal weg. Sagen wir: der kommunistische Mensch sieht seine Handlungsmotivation im Wohle der Gesellschaft. Fakt ist, daß dafür eine abstrakte gedankliche Leistung erforderlich ist: Das Gesellschaftswohl muß als Eigenwohl erkannt werden. Das tut der Mensch aber nicht von vorn herein. Er handelt Motivationsgebunden, und d.h. in der Masse folgt er der einfachsten Motivation, der direkten Bedürfnisbefriedigung. Das ist nicht schlecht, es kommt halt darauf an, wie die Gesellschaft diesem Bedürfnis nachkommt.
Zum altruistisch Handelnden bräuchte es aber (auf die Masse angewendet) eine ensprechende biologische Disposition.

Gruß,
Orald

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Mo 12. Nov 2001, 23:52 - Beitrag #15

OK, dagegen kann ich fast nix einwenden... ;)
Inwiefern der Mensch in seiner heutigen Evolutionsstufe bereit ist, Gemeinwohl auch als Eigenwohl zu verstehen, da könnte man wohl ewig philosophieren...
aber heute nicht mehr, ist schon so spät... ;)

Borlas
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Di 13. Nov 2001, 00:00 - Beitrag #16

Original geschrieben von Krautwiggerl

Du schreibst, dass der Kommunismus jegliche Menschliche Grunderfahrungen ignoriert. Tut er in der Tat, und zwar insofern, dass er jeden Menschen als grundsätzlich gut ansieht und der Mensch nur durch die Lebensumstände schlecht wird (Ungelichheit). (Insofern dürfte es ja in kommunistischen Gesellschaften keine Kriminalität mehr geben).

Ich glaube, hier verwechselst du Marx und Rousseau (das war der mit dem edlen Wilden). Bei Marx findet sich nur, daß "das Sein das Bewußtsein" bestimmt, der Mensch also seine Weltanschauung durch seine konkrete soziale Situation definiert, in der er sich befindet. Gesetzt der Fall, es gebe tatsächlich einmal eine kommunistische Gesellschaft, die den Kapitalismus und die Wirrungen des Sozialismus überwunden hat, sollte es in dieser tatsächlich keine Kriminalität mehr geben.
Allerdings bin ich kein orthodoxer Marxist, ich halte Marx für einen guten Analysten des Kapitalismus, aber für einen schlechten Propheten einer zukünftigen Gesellschaft. Den Marx'schen Geschichtsdeterminismus, daß die Geschichte eine Geschichte der Klassenkämpe sei und zwangsläufig zum Kommunismus führe, lehne ich eher ab.

Traitor
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Di 13. Nov 2001, 17:08 - Beitrag #17

@Borlas: Hmm... Man könnte also zusammenfassen:
Der Kommunismus macht den Menschen perfekt.
Aber um den Kommunismus zu gründen, muss der Mensch bereits perfekt sein.
Perfekt kann er aber nur durch eine perfekte Regierung, also den Kommunismus werden.
--> Dickes Problem!!!
Ich denke hier liegt das Grunddilemma, es funktioniert nur mit Kreiselschlüssen.


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