NRW-Landtagswahl 2010

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Traitor
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So 9. Mai 2010, 18:06 - Beitrag #1

NRW-Landtagswahl 2010

Jetzt wird es spannend. Erste Prognosen:
CDU 34,5%
SPD 34,5%
Grüne 12,5%
FDP 6,5%
Linke 6%

Damit könnte es sogar bei Einzug der Linken für Rot-Grün reichen, mit genau einem Sitz Mehrheit. Aber in dieser Form wird das Ergebnis wohl kaum den Abend überdauern. Die traditionelle Tendenz, dass Rot-Grün im Laufe des Abends gegenüber Schwarz-Gelb noch steigt, macht mir Hoffnung, aber eigentlich ist diese Prognose weit linker als irgendwie im Vorfeld zu erwarten war, und niedrige Wahlbeteiligung spricht traditionell auch eher gegen die SPD. Also mal abwarten.

Lykurg
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So 9. Mai 2010, 18:37 - Beitrag #2

Mist - ich habe derartiges erwartet - und bin entsprechend wütend auf die Bundesregierung, im wesentlichen die FDP. Man hat sich nicht getraut, notwendige Dinge (oder auch nur irgendetwas nennenswertes) vor dieser dämlichen Wahl zu unternehmen, und jetzt kann man es nicht mehr. Für jemanden, der tatsächlich etwas wie eine Liberalisierung erhofft hätte, sind es also vier verschenkte Jahre, und mindestens acht, wenn es im Bund anschließend nicht zu einer großen Koalition kommt (schwarz-gelb wird logischerweise wohl kaum nochmal reichen, es sei denn, es geschähe ein Wunder, was bei derzeitigem Trauerspiel eigentlich nicht zu wünschen und auch völlig unverdient wäre). Bild
Für ein Land, in dem wirklich vieles anzupacken wäre, desaströs. InnerNRWisches kann ich kaum beurteilen.

Traitor
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So 9. Mai 2010, 19:28 - Beitrag #3

Verdient ist der Absturz von Schwarz-Gelb auf jeden Fall. Der geführte Wahlkampf war ausgesprochen erbärmlich. Eine Regierungspartei, deren Slogan "Unser Land muss stabil bleiben" lautet, hat eigentlich schon von Anfang an verloren. Und ich kann mich von der CDU an kein einziges Plakat mit Inhalten erinnern, das war fast ausschließlich Sache von Grünen und Linken, ein wenig noch von SPD und FDP.

Der große Einfluss von Bundes- und Europapolitik dagegen ist wie bei jeder Landtagswahl bedenklich. Die Schuld komplett darauf abzuschieben, wie es Rüttgers versucht, ist aber aus oben genanntem Grund zu einfach für ihn. Außerdem ist dieser Bereich bei dieser speziellen Wahl tatsächlich mal äußerst relevant, da der Einfluss NRWs als Bundesratskipper auf die Bundespolitik wohl fast größer ist als der eigentliche Gestaltungsspielraum der Landesregierung. Insofern kann ich ausnahmsweise den "Missbrauch" der Landtagswahl durch Opposition, Medien und Wähler recht gut verstehen.

Hauptsächlich in der Bundesperspektive bin ich daher auch so zufrieden mit dem Ergebnis - ja, in diesem Land muss vieles angepackt werden, aber 3 Jahre Stillstand sind dafür immer noch besser als mehrere massive Maßnahmen in die falsche Richtung. Steuersenkungen, Kopfpauschale und Co würden die Probleme nur verschärfen, gut, dass sie nun voraussichtlich verhindert werden. In Sachen Euro-Stabilität und Haushaltsrettung dagegen hoffe ich auf die Vernunft der SPD. Ihre eigenen Ansichten in diesen Bereichen entsprechen ja denen der CDU, sodass sie hoffentlich mithilft, anstatt hier Fundamentalopposition zu betreiben.

Landespolitisch bin ich dagegen entgegen meines üblichen Lagerdenkens dieses Mal recht zwiegespalten. Rüttgers' Führungsstil war unmöglich und seine Abwahl somit gut, auch in der Hochschul- und Energiepolitik erwarte ich große Verbesserungen. Im sehr wichtigen Bereich der Schulpolitik dagegen graust es mir davor, dass Rot-Grün Tempo beim Einheitsbreiprojekt geben könnte, für mich der ganz große Irrglauben der linken Parteien.

Lykurg
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So 9. Mai 2010, 22:44 - Beitrag #4

Faszinierend fand ich, wie vollständig sich Pinkwart (in der Runde in der Tagesschau) weigerte, die Verantwortung für ein relativ schlechtes Abschneiden der FDP Westerwelle anzulasten. So unrecht er damit vermutlich hat, ein ungewöhnlich faires Verhalten.

Mit den Slogans wirst du sicher Recht haben, allerdings ist es auch generell für eine Regierungspartei schwieriger, Veränderungssprüche auf ihre Wahlplakate zu setzen - "Wählen Sie uns wieder, dann wird diesmal alles anders" klingt irgendwie nicht so gut wie das Original. ;)

Den logischen Anschluß deines "Außerdem" im zweiten Absatz verstehe ich nicht so recht, vielleicht ist er auch unbeabsichtigt. ich sehe in dieser Wahl jedenfalls, wie du in der zweiten Absatzhälfte, die Relevanz für den Bund und daraus resultierende Wechselwirkung als Selbstverständlichkeit.

Sehr ärgerlich bis erschreckend ist die geringe Wahlbeteiligung. Meint der Bürger, daß in der derzeitigen Situation nicht so wichtig ist, was im Bundesrat passiert? Zugegebenermaßen hat man nicht so richtig den Eindruck, daß Lösungen angeboten würden, aber nun ja... von nichts kommt auch nichts.

Hinsichtlich Schulpolitik sprichst du mir aus der Seele, und die Vollständigkeit, mit der sich Ole von Beust den entsprechenden grünen Unfug in Hamburg zu Eigen gemacht hat, bereitet mir ein unheimliches Bauchgrimmen (und wenn das doch der einzige Punkt wäre... Bild )

Steuersenkungen hatte sich die FDP inzwischen abgeschminkt, das hätten sie nicht durchbekommen; theoretisch wäre also ein Schritt zu bilanzieller Vernunft denkbar gewesen. Und - das vergrößert noch meine Wut - vor einem Vierteljahr hätte es im Volk ja sogar noch eine Reformstimmung gegeben, die Einschnitte hingenommen, Steuersenkungen abgelehnt und vielleicht eine längerfristige Sanierung der Staatsfinanzen (oder wenigstens Schuldenwachstumsratensenkung) ermöglicht hätte. Aber natürlich nicht, wenn man sich stattdessen mit Hotels, Klientelpolitik und Außenministereien demontiert. Bah!

Ipsissimus
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Mo 10. Mai 2010, 10:08 - Beitrag #5

tja, es scheint so zu sein, dass ein nicht unerheblicher Teil der Wählerschaft trotz aller wohlfeilen Rhetorik neoliberaler Politik nicht gewillt ist, zu kleinen "eigenverantwortlichen" Ich-AGs und sonstigen Phantasmagorien neoliberaler Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu verkommen. Hätte Herr Rüttgers statt den Einflüsterungen der FDP zu lauschen, den Leuten zugehört, hätte er sich und seiner Partei diesen Abend vielleicht ersparen können.

Auf vielen, vielen Bürgern liegt mittlerweile ein erheblicher Leidensdruck ... hmm, "Anreize zur Eigenverantwortlichkeit", wie es im politischen Dummdeutsch heißt. Solange Politiker nicht geneigt sind, das zur Kenntnis zu nehmen und im Sinne der Leute - also entgegengesetzt zu: im Sinne neoliberaler Wirtschaftsauffassungen - dagegen zu reagieren, sind die Wahlbeteiligungen immer noch viel zu hoch.

In NRW wird eine große Koalition so tun, als sei nichts passiert. Deutschland ist also noch mal gerettet^^

Lykurg
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Mo 10. Mai 2010, 13:12 - Beitrag #6

Auch wenn nach der Verschiebung der Ergebnisse (wann gibt es eigentlich mal wieder eine Wahl mit klaren Siegern und stabilen Mehrheiten?) alles wieder leicht anders aussieht, glaube ich noch nicht so recht an die große Koalition. Die werden es sehr schwer haben, sich auf einen gemeinsamen Ministerpräsidenten (und Landtagspräsidenten) zu einigen, wenn die Fraktionen gleichstark sind. Höchstwahrscheinlich würde die Partei, die ersteren stellt, dafür insgesamt weniger Minister bekommen. Ein Kommentator im Dradio erwog schon die israelische Lösung - geteilte Amtszeit mit wechselnder Führung. Aber das ist in unserem System schwerer zu bewerkstelligen und auch keine wirklich glückliche Lösung.

Alles in allem halte ich rot-rot-grün für einen nicht unwahrscheinlichen Ausgang aus der derzeitigen Situation. Nicht, daß ich dem irgendetwas Positives abgewinnen könnte, außer vielleicht klaren Fronten.
Was mir aber in gewissem Maße Hoffnung gibt, ist, daß Rüttgers' Linkskurs in der CDU so deutlich abgewatscht wurde. Es ist ein bitterer Rückschlag insgesamt, aber vielleicht erwächst daraus auch eine Chance, sich neu zu profilieren und so dem Einheitsbrei, der letztlich alle Parteien zerstört, zu entkommen.

Und es bleibt dabei: Wer nicht wählen geht, ist selbst schuld, wenn es in die Grütze geht und seine Ziele nicht erreicht werden.

Ipsissimus
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Mo 10. Mai 2010, 14:43 - Beitrag #7

wann gibt es eigentlich mal wieder eine Wahl mit klaren Siegern und stabilen Mehrheiten?


sobald es wieder wählbare Parteien gibt? Heutzutage wählen doch die meisten nur noch das, was sie für das kleinere Übel halten. Dass von Politikern etwas zugunsten der Bürger zu erwarten ist, glauben doch nur noch politische Kreise selbst, und selbst da nur in der PR

Alles in allem halte ich rot-rot-grün für einen nicht unwahrscheinlichen Ausgang


eine neue, wie hieß sie noch, Ypsilanti? Ich weiß nicht, ob die Kraft so dumm ist

Und es bleibt dabei: Wer nicht wählen geht, ist selbst schuld, wenn es in die Grütze geht und seine Ziele nicht erreicht werden


und es bleibt dabei, wer gewählt hat, verantwortet den Dreck mit, den die Regierungen abliefern. Und der Wegfall der Nichtwählerstimmen ist eine undemokratische Lücke im deutschen Grundgesetz

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Mo 10. Mai 2010, 16:01 - Beitrag #8

eine neue, wie hieß sie noch, Ypsilanti? Ich weiß nicht, ob die Kraft so dumm ist
Immerhin hat Frau Kraft sich als 'klare Siegerin' gefeiert und feiern lassen, was eher in Maßen für sie spricht angesichts des schlechtesten NRW-Ergebnisses seit 50 Jahren, Verfehlung des Ziels der stärksten Partei und der weiter gesunkenen Wahlbeteiligung - ähnliche Hybris herrschte auch in Hessen. Da würden mich weitere Y-Schritte nicht wundern.
und es bleibt dabei, wer gewählt hat, verantwortet den Dreck mit, den die Regierungen abliefern. Und der Wegfall der Nichtwählerstimmen ist eine undemokratische Lücke im deutschen Grundgesetz
Auch wer Piratenpartei, NPD, BSU oder MLPD gewählt hat? Und wie ist es mit denen, die ihr Wahlrecht nicht ausgeübt haben, sind sie etwa nicht verantwortlich? Ich weiß, daß du es so siehst; du weißt, daß ich es nicht so sehe. Zum Glück sind Verfassungsgericht und wohl auch eine Bevölkerungsmehrheit auf meiner Seite, andernfalls wäre es Zeit für eine Petition bzw. ein Volksbegehren. Und wer sich dann der Stimme enthält, ist offensichtlich zu faul oder zu gleichgültig, um die politische Mündigkeit zu verdienen.

Traitor
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Mo 10. Mai 2010, 22:45 - Beitrag #9

Die Argumente zur Nichtwählerdebatte sind ja bekannt und ausgetauscht. Für's Protokoll möchte ich nur anmerken, dass der Ungültig-Anteil, den ich einzig als "ich lehne die zur Wahl stehenden Parteien allesamt" in begrenztem Umfang akzeptiere, bei gerade einmal 1,64% lag.

Lykurg, gerade eine Regierungspartei, die von sich behauptet, die letzten 5 Jahre doch "inhaltlich gut gearbeitet zu haben", sollte doch in der Lage sein, statt Slogans der einen oder anderen Art einfach auf Inhalte zu setzen.

Das "Außerdem" war so gemeint, dass sowohl die Ablehnung eines reinen Rausredens seitens Rüttgers als auch das Aufzeigen einer tatsächlichen bundespolitischen Relevanz eine Relativierung meiner Bedenken den externen Einflüssen gegenüber darstellen.

Eine Wahl mit klaren Mehrheiten gab es doch zuletzt im Bund. Aber auch ich fühlte mich zu Vier-Parteien-Zeiten deutlich wohler. Eine große Chance wären vielleicht statt starren Koalitionen wechselnde Mehrheiten mit Fokus auf den Themen selbst. Aber dafür müssten erstmal Grüne und insbesondere FDP die Lager aufbrechen.

Ipsissimus, Kraft ist sicher realpolitischer ausgerichtet als Ypsilanti, und in diesem Sinne auch weniger "dumm". Aber die Gefahr eines analogen Scheitern sehe ich genauso wie Lykurg (wenn es für jeden wohl auch eher eine Hoffnung ist), zu ähnlich sind die Vorzeichen. Vor allem frage ich mich, warum die Politiker nach 2002, 2005 und Hessen nicht endlich gelernt haben, sich mit Jubel, Koalitionsfestlegungen und Beleidigungen zurückzuhalten, bis das vorläufige Endergebnis feststeht, oder zumindest, bis sich die Prognosen eingependelt haben. Mit ihrem Vorpreschen um Punkt 18h verderben sie sich doch regelmäßig alles.

Lykurg
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Di 11. Mai 2010, 14:42 - Beitrag #10

Ja, aber wie packt man Inhalte auf Plakate? Reduziert auf einen Begriff - "Sicherheit", "Wirtschaft", "Bildung" oder wai, auch als kurzer Satz, geht das sicher (wie gesehen bei der letzten Bundestagswahl), aber wesentlich mehr wert als ein Stabilitätsslogan ist das auch nicht. Und der richtete sich ja immerhin ziemlich genau gegen das, was jetzt eingetreten ist, war also gewissermaßen hellsichtig. Bild

Ja, Themenfokussierung wäre mal was neues. Allerdings läßt sich damit auch schwieriger längerfristige Politik gestalten, es sei denn, man handelte eine Art Wechselkoalitionsverträge aus.

Und nein, ich hoffe nicht auf ein Wiederzuschnappen der Y-Falle. Erstens glaube ich nicht, daß das funktioniert, da die Mehrheit groß genug ist, denn so viele Abweichler werden sich kaum finden; zweitens war die Koalitionsaussage mE nicht so klar wie in Hessen, drittens sehe ich in Situationen wie der in Hessen auch einen Schaden für das politische Klima des Landes. Wenn die SPD sich für Rotrotgrün entscheidet, wird es vermutlich auch dazu kommen, selbst wenn die tatsächliche Arbeit vielleicht eher die einer geduldeten Minderheitsregierung wäre.

e-noon
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Di 11. Mai 2010, 16:13 - Beitrag #11

Ich hätte euch gleich sagen können, dass die SPD gewinnt, und kann auch mit 99%er Wahrscheinlichkeit sagen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden, da es bisher immer so war, dass, sobald ich die Uni verließ, die Studiengebühren abgeschafft wurden (s. Hessen).

"Studiengebühren abschaffen" ist doch themenfokussiert...

Lykurg
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Di 11. Mai 2010, 16:46 - Beitrag #12

e-noon, mit Themenfokussierung meinte ich den von Traitor angesprochenen Punkt wechselnder Mehrheiten, die jeweils einzelne Gesetzesvorhaben gemeinsam durchführen - also eine wechselnd tolerierte Minderheitsregierung.


OT
Möchtest du nicht noch an ein paar Unis studieren, e-noon? Nicht, daß ich prinzipiell etwas gegen Gebühren hätte, aber ich finde den Effekt doch bemerkenswert. Vielleicht mal ein Semester in Harvard? Bild
(Vielleicht trifft man da auch Bekannte...)

Eindrucksvoll fand ich den skizzierten Lebenslauf eines Studentenparlamentariers hier (dreimal dürft ihr raten, welcher Richtung), der neulich per Flyer zur Vorstellung seiner Memoiren einlud - "seit den 60ern Mitglied verschiedener deutscher Universitäten"...

/OT

e-noon
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Di 11. Mai 2010, 17:26 - Beitrag #13

Ich kaufe ein I und möchte lösen: Links! :D

Ich meinte eigentlich deinen Punkt "Inhalte auf Plakate" und habe das dann irreführend als Themenfokusierung (der Plakate nämlich) bezeichnet :D

Ich finde den Effekt recht ärgerlich. Es ist nämlich auch so, dass, sobald ich an eine Uni gehe, dort Studiengebühren eingeführt werden. Vielleicht also doch lieber den Radius kleinhalten ^^ Mit Erasmus fallen jetzt jedenfalls die Studiengebühren weg... allerdings nicht in Köln! Hm... also liegt die Wahrscheinlichkeit vielleicht doch nur bei 95%, und es wird sich herausstellen, ob meine Einschreibung oder meine persönliche Anwesenheit der ausschlaggebende Faktor für Studiengebühren sind.

Malte279
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Di 11. Mai 2010, 22:25 - Beitrag #14

Was Plakate angeht, so hatte ich bei dieser Wahl sehr stark den Eindruck, dass die "kleineren" Parteien sich wesentlich mehr um Inhalte bemüht hatten, während CDU und SPD meistens eher mit Monumentalgemälden ihrer Führer und allenfalls noch einem Schlagwort daher kamen. Da habe ich dann schon bei den textreicheren Plakaten der Grünen, der Piratenpartei, der Linken und (meinem subjektivem Empfinden nach in geringerem Maße) der FDP mehr konkrete Bezüge zu politischen Themen gefunden. Beinahe komisch waren da Plakate der Linken in denen unter einem Hauptschlagwort wie "Raus aus Afghanistan" ein langer erklärender Text folgte der aber so klein geschrieben war, dass man schon nah hätte herangehen müssen um ihn zu entziffern. Demenstprechend ungünstig waren diese Plakate hier in der Nähe auf dem Mittelstreifen einer vielbefahrenen Schnellstraße platziert.

blobbfish
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Mi 12. Mai 2010, 23:05 - Beitrag #15

Spontan finde ich es interessant, dass "andere Parteien" zusammen 3.5% Zuwachs verzeichnen konnten. Sich aber Wahlsiegerin mit 2,6% zu bezeichnen finde ich schon sehr merkwürdig. Mit so einer vermittelten Kurzsichtigkeit wird es mit der SPD wohl nicht wirklich besser werden.

Naja, im Moment versucht man ja mit der Linkspartei zu zwitschern. Damit sind dann ja schon drei Parteien dem Wortbruch verfallen. Schade, schade.

Was die Verknüpfung der Landtagswahl mit der Bundespolitik angeht, so finde ich das überaus fragwürdig, und zeigt mir jedenfalls, dass das Interesse am Richtigen & Guten eher gering zu sein scheint.

Mich wundert es ja, dass die CSU nicht auf der FDP rumhackt. Die könnte doch den gelben jetzt reindrücken, dass sie im Spätsommer wegen den klugen CSUlern in Bayern soviel Prozente hatte. Leider leider fehlen die in NRW und das was man da sieht ist das eigentliche Ergebnis des Sommers. :crazy:

Lykurg
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Mo 17. Mai 2010, 17:32 - Beitrag #16

Malte279, das beschränkt sich nicht auf NRW - war in Hamburg bei Bürgerschafts- und Bundestagswahl genauso, die Linke stellt gern Plakate mit langen, kleingedruckten Texten auf, und auch hier bevorzugt auf dem Mittelstreifen. Auch einige der Sonstigen tun das, für größere Parteien ist es eigentlich eher untypisch, vielleicht weil ihre Vertreter nicht ganz zu Unrecht meinen, das Volk werde auch so schon erfahren, was sie ungefähr vorhaben. Die Mittelstreifenaufstellung verhindert dabei natürlich auch recht wirkungsvoll, daß man sich tatsächlich mit dem Inhalt auseinandersetzt, vielleicht geht es nur darum, zu signalisieren, daß man einen hat.

blobbfish, die CSU hackte eventuell deswegen nicht, weil sie die FDP nicht in rotgrüne Arme treiben wollte, vermute ich. Das wäre ja auch nicht so praktisch, wenn man die Aussichten bei der nächsten Wahl betrachtet.

Sigmar Gabriel hat meine Prognose allerdings übertroffen mit der direkten Forderung, daß auch in einer großen Koalition die SPD die Ministerpräsidentin zu stellen habe. Vielleicht wären Neuwahlen hilfreich, um ihm das Ergebnis etwas deutlicher zu machen?

Ipsissimus
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Di 18. Mai 2010, 16:05 - Beitrag #17

Zitat von blobbfish:... und zeigt mir jedenfalls, dass das Interesse am Richtigen & Guten eher gering zu sein scheint ...
und was war das noch mal genau, das Richtige und Gute? Oder wie Brecht sagte, erst kommt das Fressen, dann die Moral^^


Zitat von Lykurg:Vielleicht wären Neuwahlen hilfreich, um ihm das Ergebnis etwas deutlicher zu machen?
Neuwahlen solange, bis das Ergebnis staatstragend genug ist? Und dann von Legitimität sprechen? Oder vielleicht doch eher mal - ganz neuartig - zur Kenntnis nehmen, was der Souverän zum Ausdruck bringen wollte und ein bisschen drüber nachdenken?

Für mich ist es jedenfalls offensichtlich, dass in einer Zeit, in der das Lebensgefühl sehr vieler Menschen um existentielle Bedrohtheit kreist, der Unterschied zwischen Bundes- und Landtagswahlen marginalisiert wird

Lykurg
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Di 18. Mai 2010, 23:23 - Beitrag #18

Nun gut, der Souverän wollte also, daß die beiden großen Parteien, die man gewohnheitsmäßig noch als Volksparteien bezeichnet, fast genau gleichstark sind, weder allein noch gemeinsam mit einem der kleineren Partner regieren können und sich nach Möglichkeit selbst und gegenseitig blockieren und zerfleischen. Außerdem wollte der Souverän, daß die jeweiligen Spitzenkandidaten ihre Wahlversprechen verraten und mit den Linken koalieren, eine Ampel oder sonst irgendwas ausprobieren. Und der Souverän wollte also, daß eine Partei, die mit deutlichem Verlust in Stimmenanteil und um so mehr in Absolutstimmenzahl eingefahren hat, sich in Ermangelung einer noch einschneidenderen Niederlage als Sieger hochstilisiert? Ein Trauerspiel.

Alles, was ich meinte, war: Wenn Sigmar Gabriel auf stur schaltet, dann sind möglicherweise Neuwahlen die bessere Alternative. Ich meine auch, daß man darüber nachdenken sollte, was der Souverän wollte. Man könnte ihn sogar danach fragen. Nur hat der Souverän manchmal unappetitliche Vorstellungen, die man dabei auch hören könnte.

Ipsissimus
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Mi 19. Mai 2010, 11:06 - Beitrag #19

ich hegte schon länger die Vermutung, oh Lykurge, dass es sich bei deiner Liebe zur Demokratie um eine äußerst differenziert gestaltete Angelegenheit handelt^^ allerdings sehe ich nicht wirklich, dass unser Gesellschaftssystem sachlich so weit von der Experten-Oligarchie entfernt liegt, von der ich abermals mutmaße, dass sie deine präferierte Gesellschaftsform darstellt. Natürlich gibt es immer noch dieses Skandalon von Wahlen für alle, anstatt nur für die Experten, alle vier Jahre, aber möglicherweise schaffen es FDP und CDU-Unternehmerkreise ja doch irgendwann noch zu deinen Lebzeiten, dieses Skandalon durch qualifiziertere Methoden der Machterhaltung zu ersetzen^^ sieh nur zu, dass du dann zu den relevanten Experten zählst, falls dir am Wählen gelegen ist^^ nicht dass Wählerwille heute noch wirklich wichtig wäre, da man ihn per Koalition zu allem und nichts umbiegen kann, aber es wäre sicher trotzdem schön, diesen Umstand auch moralphilosophisch statt nur machtfaktisch abzusichern^^

andererseits ist es eigentlich relativ simpel, was der Souverän will^^ Politiker, die sein Wohlergehen im Sinn haben, anstelle von Politikern, die das Wohl ihres Lobbyisten-Klientels im Sinn haben (oder, was aber durch die Blume aufs selbe hinausläuft, die meinen, das Wohl des Lobbyisten-Klientels führe geradewegs zum Wohl für die Wähler). Da es solche Politiker nicht gibt, ärgert man halt alle, wie sie gerade daher klüngeln, mit einem skandalösen, nicht-Experten-gerechten Wahlverhalten. Vielleicht taucht ja doch irgendwann mal eine/r auf, der/die sich seinen/ihren Wählern verpflichtet fühlt ... doch halt, sorry^^ ich gerate ins Träumen^^

Lykurg
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Mi 19. Mai 2010, 13:37 - Beitrag #20

forsan quomodocumque, mi care Ipsissime, stark differenziert sicherlich, im Moment ist jedenfalls mein Vertrauen in die langfristige Einsichtsfähigkeit sowohl des Volkes als auch der Politik nachhaltig erschüttert, eine Ansicht, die etwa in den letzten fünfzehn Jahren, also entsprechend dem Prozeß meiner Meinungsbildung, herangereift ist. Ich halte beide für fähig, in gewissem (oft auch übersteigertem) Maße auf aktuelle Zustände zu reagieren und auf Zeiträume von etwa zwei oder drei Jahren zu planen, wenn nichts Unerwartetes eintritt (und zuletzt trat regelmäßig Unerwartetes ein) - es ist dementsprechend folgerichtig und angemessen, auch in ungefähr einem solchen Zeitrahmen dem Volk das Wort zu erteilen und die Karten neu zu mischen.

Ansätze zur Bewältigung längerfristiger Veränderungen und die dafür erforderliche Reflektionstiefe sehe ich allerdings nur in sehr geringem Maße und habe nicht den Eindruck, daß sie bei Wahlentscheidungen und in der Tagespolitik eine wirkliche Rolle spielen. Überlegungen, wie sie auch von dir kommen, etwa zur Notwendigkeit einer entsprechend großen gesamtweltgesellschaftlichen Aufgabe, wie sie etwa ein Raumkolonisierungsprogramm böte; Ressourcenfragen, aber auch nur eine nichtemotionale Abwägung unserer gegenwärtigen Lebensumstände auf der Erde, z.B. Priorisierung von Wasserversorgung statt Klimawandel; Eintreten für freie Forschung in Energie- und Gentechnologie etc. statt Desinformation und Panikmache finden nicht oder eben nur im Kreis einiger weniger Experten statt. Daraus folgere ich keineswegs, daß man eben den Experten auch die Macht einräumen sollte, ich will keine Neuauflage der Politeia, halte auch Salazar nicht gerade für das beste denkbare Vorbild.

Die Kleinigkeiten an sozialem Umverteilungsgezerre, mit denen wir uns im Moment noch beschäftigen, sind - angesichts der geopolitischen und demographischen Entwicklungen ebenso wie angesichts der ökonomischen Kipplage und der heraufziehenden Ressourcenknappheit bzw. des drohenden hausgemachten energiepolitischen Kollapses - vernachlässigbar, anzunehmen ist aber in jedem Fall, daß, egal ob aus deiner (meiner Meinung nach Über-)bewertung der gegenwärtigen Nöte des Volkes oder aus einem von außen kommenden Umbruch heraus, eine massive Veränderung auch der politischen Verhältnisse noch innerhalb meiner Lebenszeit bevorsteht, in welcher Gestalt auch immer diese sich äußern mag. Das kann zu einer Denationalisierung in einem europäischen Bundesstaat führen, der supranationale Kompetenzen an sich zieht und durchsetzt, ohne die Bevölkerung der einzelnen Mitgliedsländer groß zu fragen; das kann auch, etwa nach einem ökonomischen Zusammenbruch, in einer Wiederaufbauwirtschaft mit entsprechend streng gestrickten Wirtschaftsplänen münden. Ich halte aber - zu meinem großen Bedauern - die Tage unserer Demokratie in ihrer gegenwärtigen Form für gezählt, wenn sich nicht innerhalb eines sehr engen Zeitfensters von höchstens einem Jahrzehnt maßgebliches ändert, etwa durch Heranreifung einer neuen Generation von verantwortungsvollen Machtträgern, die es schaffen, notwendige Veränderungen so allgemein zu vermitteln, daß sich dafür auch im Volk klare Mehrheiten finden. Ob allerdings eine solche Entwicklung wirklich das Fortbestehen unserer Demokratie in derzeitiger Form implizieren würde, hängt von der individuellen Bewertung des gegenwärtigen Zustands und seiner konstitutiven Komponenten ab. Bild

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