Oh du mein lieber Köhler ...

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Do 27. Mai 2010, 13:11 - Beitrag #1

Oh du mein lieber Köhler ...

"Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg." http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,696982,00.html


ich meine, es ist ja schön, wenn mal jemand aus der "Elite" klar Text redet, deutlich zum Ausdruck bringt, worum es wirklich geht. Aber sooo deutlich? Das könnte man schon als politischen Selbstmord deuten, weil so deutlich will das niemand hören^^ ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf hyperventilierende Dementi und interpretative Höchstleistungen, genauso wie auf die paar Stimmen, die den Mut Köhlers, das Notwendige zu sagen, bewundern^^

sehr schön^^ wenn er klug genug wäre, könnte man fast von einer Eulenspiegelei sprechen. Ich befürchte aber, er hat sich einfach nur in einem schwachen Moment verplappert

siehe auch http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehreinsaetze-koehler-wirtschaftsinteressen-militaerisch-durchsetzen-1.950594

Lykurg
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Do 27. Mai 2010, 15:42 - Beitrag #2

Ja, eine sehr ungewöhnliche Aussage, und kein Wunder, daß die Linkspartei jubelt. Daß Kriegsführung, auch wenn der Einsatz unter humanitären Gesichtspunkten beschlossen wird, schon dadurch auch unseren Interessen entspricht oder wenigstens entsprechen sollte, steht wohl außer Frage. Diese Interessen sind zwangsläufig auch sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Natur, die Verknüpfung dieser Bereiche nicht zu sehen, wäre naiv. Allerdings entspricht es offensichtlich nicht dem politischen Takt, derartiges offen anzusprechen, und entsprechend empört fallen die Reaktionen aus.

Köhler hat sich ja bereits des Öfteren in politischen Fragen unkonventionell geäußert und damit erhebliche Irritationen ausgelöst. Vielleicht liegt hierin eine generelle, jedenfalls eine recht verbreitete Differenz im Auftreten zwischen Personen des öffentlichen Lebens, die der Politik bzw. der Wirtschaft entstammen. Die Aussagen ersterer sind naturgemäß sehr viel stärker auf Flexibilität und konsensuale öffentliche Wirkung gerichtet, letztere vertreten unangenehme Positionen, auch wenn dies öffentliche Empörung zur Folge hat.

Die weitgehende mentale Abkoppelung unserer Gesellschaft von der Wirtschaft (meinetwegen auch als wechselseitiger Prozeß gesehen), bei einer gleichzeitigen faktischen Durchdringung, wie es sie vielleicht nie zuvor gegeben hat, ist eine ungesunde Entwicklung.

Padreic
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Do 27. Mai 2010, 17:24 - Beitrag #3

Ich sehe nichts schockierendes an dem Zitat an sich und auch nichts verwerfliches. Wirklich verwerflich wird es nur, wenn die eigenen Handelsinteressen die alleinigen Kriterien für militärischen Agieren sind. Davon, dass sie das primäre Kriterium sind, hat er aber nichts gesagt. Dass sie auch eine Rolle spielen, ist klar - niemand kann von einem Land erwarten, dass es sich wie ein Heiliger aufführt. Die wirtschaftlichen Gesichtspunkte sind ja z. B. ganz klar beim Einsatz vor Somalia. Dass er als jemand, der aus der Wirtschafts- und Finanzpolitik kommt, sich auf diese Aspekte besonders konzentriert in seiner Rede, insbesondere, weil sie sonst eher unter den Teppich gekehrt werden, ist wohl verständlich. Ich glaube nicht, dass die Gründe, aus denen die Bundesrepublik in Afghanistan Krieg führt primär spezifisch wirtschaftliche sind und ich glaube auch nicht, dass Köhler wirklich da einen Kurswechsel will - hoffentlich.

009
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Do 27. Mai 2010, 18:55 - Beitrag #4

Da Köhler in seiner 2. Amtszeit ist, kann ihm nichts mehr passieren, weitere Wiederwahl ausgeschlossen, das aber nur nebenbei.

Zur Empörung einiger Kritikers bzw. eines Kritikers und wie der selber diese Farge früher sah, find ich den Tageschau-Blog dazu sehr interessant.

Ipsissimus
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Fr 28. Mai 2010, 11:01 - Beitrag #5

Padreic, das ist ein bisschen wie mit political correctness. Jeder weiß, dass die Realität sich einen Dreck um die schönen Fabulierungen und Formulierungen kümmert, aber es hängen bestimmte, als unverzichtbar empfundene Illusionen an diesen Formulierungen. Und deswegen darf es nicht öffentlich gesagt werden, nicht weil die Sache den wichtigen Leuten unklar wäre, sondern weil es die Illusionen der Ruhiggestellten brechen würde. Wie bei des Kaisers neuen Kleidern^^

In solchen Momenten, in denen Politiker kurz vergessen, die Maske zu tragen und frei heraus sagen, was sie denken, zeigt sich immer wieder die Berechtigung der Paranoia^^

Maglor
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Mo 31. Mai 2010, 17:59 - Beitrag #6

Man muss dem Horst schon hoch anrechnen, dass er die Führung von Wirtschaftskriegen als Staatsaufgabe sieht und damit dem Zeitgeist der Privatisierung des Krieges hinterherhinkt. :crazy:

BEN2506
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Di 1. Jun 2010, 00:36 - Beitrag #7

Die Wahrheit will wohl keiner hören. Wer hätte schon gedacht das wir aufgrund wirtschaftlicher Interessen Krieg führen/werden? Nein nein, es geht doch um humanitäre Hilfe. :rolleyes:

Maglor
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Mi 2. Jun 2010, 18:55 - Beitrag #8

Mittlerweile ist auch klar, woher Horst Köhler seine merkwürdigen Ansicht hatte.
Nämlich aus dem Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr 2006. Es soll die Grundlagen der deutschen Verteidigungs- und Sicherheitspoltik klarstellen. Eine Veröffentlichung des Verteidigungsministerium noch aus Zeiten der Großen Koaltion und noch immer aktuell!
Zitat von Weißbuch der Bundeswehr:Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von den Werten des Grundgesetzes und dem Ziel geleitet, die Interessen unseres Landes zu wahren, insbesondere: Recht und Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Wohlfahrt für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu bewahren und sie vor Gefährdungen zu schützen, die Souveränität und die Unversehrtheit des deutschen Staatsgebietes zu sichern, regionalen Krisen und Konflikten, die Deutschlands Sicherheit beeinträchtigen können, wenn möglich vorzubeugen und zur Krisenbewältigung beizutragen, globalen Herausforderungen, vor allem der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, zu begegnen, zur Achtung der Menschenrechte und Stärkung der internationalen Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts beizutragen, den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern und dabei die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen überwinden zu helfen.

Der Präsident gab nur das offizielle Bundeswehr-Programm wieder.
Aber wenn interessiert schon ein noch das Weißbuch, wenn es noch das Präsidenten-Geschwätz von gestern gibt. ;)

Traitor
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So 6. Jun 2010, 20:51 - Beitrag #9

Beide Formulierungen, die Köhlers und die des ominösen Weißbuches, kann man wohlwollend interpretieren: bei den "freien Handelswege" und dem "freien und ungehinderten Welthandel" käme es auf die Aspekte "Wege" und "Welt-" an, es seien also nur Missionen wie die gegen die somalischen Piraten gemeint, bei denen der Handel zwischen Staaten geschützt wird, nicht Eingriffe in die Staaten selbst. So hat sich ja auch Köhler herauszureden versucht.
Man muss das aber keinesfalls so lesen. In unmittelbarem Zusammenhang redet das Buch von "regionalen Krisen und Konflikten", Köhler von "regionalen Instabilitäten". Beides legt nahe, dass es hier um Angriffskriege, pardon Interventionen, in bewohnten Gebieten geht, und nicht nur um internationale Handelswege. Die Instabilitäten/Krisen/Konflikte selbst sind hier eigentlich einigermaßen ausreichende Einsatzbegründungen, denn man hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, Länder im Zweifel zu ihrem eigenen Vorteil, aber gegen ihren Willen zu befrieden, und regionale Instabilitäten können nunmal auch globale Effekte haben, das kann man leider nicht leugnen.
Hierfür merkantile Interessen heranzuziehen, ist aber so eindeutig ein niederer Beweggrund, dass die Politik hier meines Erachtens dringend derartige Formulierungen aus offiziellen Dokumenten beseitigen sollte. Tut sie es nicht, wird gezeigt, dass man dies tatsächlich so meint, und somit gegen so einige Grundprinzipien verstößt.

Natürlich habe ich keine Illusionen, dass durch das Tilgen derartiger Passagen irgendein militärisches Unternehmen nicht durchgeführt wird. Man kann jedes äquivalent auch mit den anderen Kriterien begründen. Aber korrekte und legale Begründungen sind eben nicht nur Augenwischerei und Phrasenmanipulation, sondern eine wesentliche Verfahrensgrundlage eines Rechtsstaats, und daher haben sie ihre Bedeutung und sollten eingehalten werden.

Padreic
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So 6. Jun 2010, 23:53 - Beitrag #10

Man sollte bedenken, dass eventuelle niedere Beweggründe nicht nur bei Politikern, sondern auch bei Bürgern zu finden sind: "Warum sollen unsere Soldaten dafür sterben, dass woanders dafür Frieden ist?" - Selbst wenn es in einem Krieg nicht wirklich um Handelinteressen gehen sollte, so kann es trotzdem unter Umständen gut sein, solche Argumente zu nennen, um ihn den Bürgern zu verkaufen.

Ganz davon abgesehen, will ich nochmal einen Punkt wiederholen, den ich weiter oben schon anriss: es gibt an vielen Punkten in der Erde immer wieder humanitäre Gründe, dort Soldaten hinzuschicken. Es wäre zu viel von einem Staat wie Deutschland erwartet, wenn man fordert, dass er dort überall wirklich Soldaten hinschickt. Ist es denn wirklich so verwerflich, wenn ein Teil der Auswahlkriterien blanker Eigennutz sind? Das ist genau wie mit Entwicklungshilfe, internationaler Handelspolitik etc.: es sollte nicht nur Eigennutz dabei sein, sondern auch die Interessen anderer berücksichtigt werden; aber zumindest in der Auswahl der Weise, wie man dies tut, ist es durchaus legitim, eigene Interessen zu berücksichtigen.

Und der Einsatz bei Somalia ist ganz klar ein wirtschaftlich begründeter Einsatz. Legitimer Weise.

Ipsissimus
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Mo 7. Jun 2010, 10:20 - Beitrag #11

und siehe, es gab noch nie einen illegitimen Krieg, wenn er denn nur gewonnen wurde

Padreic
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Mo 7. Jun 2010, 12:26 - Beitrag #12

blablablubb...

Ipsissimus
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Mo 7. Jun 2010, 12:56 - Beitrag #13

für die Arroganz der Macht blubbert es überall

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Mo 7. Jun 2010, 17:16 - Beitrag #14

Dass man für jeden Krieg Gründe finden kann, die ihn rechtfertigen, insbesondere, wenn man in einer dominanten Position ist, ist allgemein bekannt. Das heißt nicht, dass es nicht manche Gründe gibt, die besser sind und manche, die schlechter sind. Es ist Macht, die einem die Möglichkeit bietet, Kriege zu führen oder zumindest Soldaten irgendwo hinzuschicken. Es ist noch nicht arrogant, wenn man tatsächlich überlegt, das zu tun. Es versteht sich von selbst, dass Machthabene dazu tendieren, häufig arrogant zu sein, und ihre eigenen Interessen und ihre eigenen Ansichten für sakrosankt zu halten. Dass bei jeder Diskussion, wo es Machtausübung irgendeiner Art geht, einzuwerfen, ist irgendwann nichts mehr als eine Phrase, die eine Diskussion, wie man Macht sinvoller Weise ausüben kann, stört. Und sag mir nicht, dass Macht etwas generell bösartiges ist. Selbst wenn: die Tatsache, dass es auf jeden Fall Leute gibt, die Macht in bösartiger Weise ausüben, macht es leicht verantwortungslos auf die Ausübung eigener Macht zu verzichten.

Und nein, ich will nicht bestreiten, dass auch ich Züge trage, die man als Arroganz der Macht bezeichnen; der Macht Deutschlands als Industriestaat; der Macht meiner eigenen "privilegierten Schicht". Ich bin mir dessen im Prinzip bewusst und versuche mich normalerweise in Diskussionen von diesen Zügen nicht leiten zu lassen. Tue ich es doch, so mag man mich gern in concreto darauf hinweisen; dann bin ich bereit, mich dieser Diskussion zu stellen. Allgemeinplätze gibt es hingegen schon genug auf dieser Welt. Reiner Zynismus in ironisch-spöttischer Form ist einfach (zumindest darzustellen). Konkrete Argumente sind schwieriger.

Maglor
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Mo 7. Jun 2010, 17:43 - Beitrag #15

Ich würde an der Stelle lieber nach den niederen Beweggründen der Köhler-Kritiker, insbesondere aus den Reihen der SPD, suchen. Immerhin bezeichnen sie ja jenen Bundeswehr-Fahrplan als pervers, den sie selbst in großer Koalition beschlossen.
Und wo waren denn die Stimmen, die Köhler in Schutz nehmen sollten, darauf verweisen müssten, dass die vielfältig verunglimpfte Köhler-Rede, als das bezeichnet was sie eben ist, nämlich das offizielle Bundeswehr-Progamm der Regierung, teilweise im Wortlaut übereinstimmend!

Dass es in Afghanistan auf um "deutsche Interessen" geht, wurde nie geleugt. Frühere Verteidigungsminister schufen bekanntlich das Konstrukt, Deutschland würde am Hindukusch verteidigt. Eben die regionale Instabilität Afghanistans würde Deutschland, wenn nicht die ganze Welt gefährden. Mal davon ab, dass die westliche Intervention nachweislich den Opium-Anbau zur neuen Blüte verhalf. :crazy:

Traitor
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Mo 7. Jun 2010, 21:40 - Beitrag #16

@Padreic: Auch diesen Gedankengang mag es in der Bevölkerung geben. Ich gehe aber davon aus, dass die Ablehnung eines aus wirtschaftlichen Motiven geführten Krieges sehr viel eher Mehrheitsmeinung ist - zumindest deuten darauf alle mir bekannten Stimmungsbarometer und die Reaktionen auf Köhler hin.

Dass eigennützige Kriterien zur Auswahl zwischen mehreren humanitär-geopolitisch gebotenen Interventionsmöglichkeiten (Relativierung für Ipsi: falls es solche überhaupt gibt ;)) legitim sind, sehe ich durchaus ähnlich wie du. Nicht weil das gut so ist, sondern als schlechtes, aber verantwortbares Handeln in einer nicht ideal lösbaren Zwangssituation. Aber dass es sich um ein rein sekundäres Kriterium handeln soll, kann ich aus beiden Formulierungen nicht erkennen. Außerdem böten sich hier immer noch zuerst die Abwägung der jeweiligen Gefahr einer regionalen Aufschaukelung oder die (vermutete) Verstrickung in internationale Konflikte (inkl. Terrorismus) anstatt wirtschaftlicher Argumente an.

Somalia ist auch für mich ein Positivbeispiel. Nicht gerade in Sachen Effektivität oder Angemessenheit zur Problemstellung und insbesondere der Ursachenbehebung, aber zumindest an formeller wie inhaltlicher Legitimität.

@Maglor: Das militärische Erbe der Schröder- und Große-Koalitions-Jahre ist neben den Sozialreformen wohl eine der größten unbewältigten Lasten der SPD. Eine Aufarbeitung, was davon man nach wie vor vertritt, was man als damals korrekt entschieden, aber inzwischen überholt, ansieht, und wovon man sich klar distanziert, lässt leider auf sich warten.

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Di 8. Jun 2010, 11:47 - Beitrag #17

Gründe, auch humanitäre Gründe, sind gefährlich. Vielleicht sind sogar gerade humanitäre Gründe gefährlich, weil sie bewirken, mit gutem Gewissen Krieg zu führen, also auch noch die letzten Restzweifel an der überlegenen Richtigkeit der eigenen Position nehmen. Gründe sind für die Strategen das, was Parolen und patriotisches Geschrei für´s Kanonenfutter sind. Gründe setzen die eigene Prämissenbasis sakrosankt. Und "verantwortbar" war noch immer alles Nützliche und Erwünschte. Selbst wenn es mit Tod erkauft wird, solange es nicht der Tod der "Verantwortungs"träger ist.

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Mo 14. Jun 2010, 13:04 - Beitrag #18

und selbstverständlich hat es mit der Sache auch gar nichts zu tun, wenn jetzt(?) in Afghanstan riesige Rohstoffvorkommen gefunden wurden (-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,700503,00.html)

Kupfer, Lithium, Eisen, Gold: Die USA haben wertvolle Bodenschätze in Afghanistan entdeckt. Die Mineralvorkommen sind nach ersten Schätzungen fast eine Billion Dollar wert. US-Militärs schwärmen schon vom Aufschwung in dem zerrütteten Land - sie brauchen dringend gute Nachrichten von der Front.

Washington - Das karge Afghanistan ist reich an Bodenschätzen. Erst investierte in den achtziger Jahren die Sowjetunion massiv, dann spekulierten die Taliban auf die Ausbeutung - nun brüsten sich die USA mit einer Sensationsmeldung: US-Geologen hätten einer Untersuchung zufolge riesige Mineralvorkommen entdeckt. Schätzwert: fast eine Billion Dollar.

Die Funde böten "atemberaubende Möglichkeiten", schwärmt General David Petraeus, US-Kommandeur für die Weltregion.


das US-Militär schwärmt ... wahrscheinlich bin ich mal wieder zu böse, wenn ich das für bemerkenswert erachte, leider auf die falsche Weise bemerkenswert.

Und eine Formulierung wie "US-Kommandeur für die Weltregion" muss man sich wirklich erst mal auf der Zunge zergehen lassen.

Lykurg
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Mo 14. Jun 2010, 16:31 - Beitrag #19

Hmm, ich halte nicht für allzu wahrscheinlich, daß Deutschland daraus direkt profitieren sollte, allerhöchstens vielleicht dadurch, daß so längerfristig gemeinsame deutsche Entwicklungsprojekte in Afghanistan möglich würden, die nicht ausschließlich von deutscher Seite aus finanziert werden - aber ein Ressourcenkrieg, so wie sich manche den Irakkrieg vorgestellt haben, ist es deswegen noch nicht. Allerhöchstens insofern, und das ist schon faszinierend und gut genug, daß die Vorkommen nicht oder wenigstens nicht systematisch von den Taliban ausgebeutet werden. Und möglicherweise läßt sich auf dieser Grundlage eben doch auf lange Sicht ein prowestliches korruptes Regime installieren und nicht ein islamistisches korruptes Regime. Da kann man schon ins Schwärmen kommen... Zudem ein guter Grund, sich jetzt nicht zurückzuziehen - insofern in der Tat die benötigte Nachricht zur höchsten Zeit.

Ipsissimus
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Mo 14. Jun 2010, 17:02 - Beitrag #20

ich denke auch nicht - hmm, denke ich das wirklich nicht, wenigstens ein klein bisschen?^^ - dass Deutschland direkt wegen dieser Vorkommen in den Krieg gezogen ist. Allerdings kann mensch wohl getrost davon ausgehen, dass diese Untersuchungsergebnisse der roten Armee nicht streng nur nichtdeutschen Firmen und Politikern bekannt waren

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