Wikileaks und die US-Depeschen

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Noriko
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Mo 29. Nov 2010, 22:59 - Beitrag #1

Wikileaks und die US-Depeschen

bzw generell wikileaks.

Sosehr wie die öffentlichkeit vielleicht wirklich die Warheit über den Irakkrig erfahren wollte und musste, wie sehr das veröffentlciht video über den Hubschrauber angriff gesehen werden musste, so unwichtig scheint mir die Veröffentlichung dieser Diplomatischen Depeschen.

Alles was ich daran sehe, ist das es die Internationalen Diplomatischen Beziehungen belastet, aber einen tatsächlichen Erkenntnisgewinn sehe ich nicht.

Was interessiert die Öffentlichkeit was Diplomaten und Politiker voneinander halten?
Wenn irgendwer davon profitiert dann die betroffenen Politiker, die jetzt wissen was die USA von ihnen halten, aber warum sollte Wikileaks für diese Dienste leisten? Sollte es nicht die Aufgabe einer solchen Plattform sein, der Öffentlichkeit Enthüllungen zu bieten, als erzwungene Transparenz sozusagen?
Es gibt Dinge die können und sollen wirklich geheim bleiben, weil sie die Öffentlichkeit nicht interessieren.

Dirki
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Mo 29. Nov 2010, 23:05 - Beitrag #2

Ich bin da anderer Meinung. Es ist doch schön zu wissen, dass die Amis genau so wenig von unseren Politikernhalten wie wir. Abgesehen davon habe ich einfach Spaß an meiner Schadensfreude. Erstmal die Watschen in Richtung der Politiker und außerdem noch ein paar amerikanische Diplomaten, die sich in Grund und Boden schämen.

Also ich habe schon lange nicht mehr so vel Spaß an Nachrichten gehabt. Bild

Edit:
Oh! Ich habe heute mein 4-jähriges! Bild

Noriko
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Mo 29. Nov 2010, 23:16 - Beitrag #3

a) gratz
b) Aber hast du wirklich etwas erfahren was du nciht schon irgendwie wusstest?
Westerwelle inkopmetent, merkel unkreativ? klar weiss ich schon.
Ich fidne es sind keine wirklichen Informationen dabei rumgekommen, die derartigen Geheimnissverrat rechtfertigen, es sind ein paar sachen dabei, die gut zu wissen sind, aber das Problem ist: nun weiss es jeder.
Z.b. das die Anreiner Irans, wllen das die USA da militärisch intervenieren, und damit potentielle Verbündete für so einen Militärschlag sind. Gut zu wissen das die Arabischen Länder auch Bammel for Amadenidschad haben, aber nun steht das öffentlich, und derartige Aussagen sind nicht mehr belastbar.

Nur weil etwas schön zu wissen ist, ist es noch lange nicht wert Jedes Risiko aufzunehmen

janw
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Mo 29. Nov 2010, 23:26 - Beitrag #4

Ich verstehe nicht wirklich, warum so darauf reagiert wird, nichts kommentieren, nichts dementieren und back to work...aber gut, da könnten einige von der Queen lernen.

Die Nervosität ist etwas, das mich verwundert, was mag da vielleicht sein, daß wirklich ums Verrecken nicht das Licht...?
Bilderberg als faktische Regierungszentrale? Iran als Geheimbetrieb des CIA, um dessen Existenz zu sichern...?

blobbfish
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Di 30. Nov 2010, 00:15 - Beitrag #5

Bei der Zeit wurde berichtet, dass etwa einige Länder am Orient gerne den Irak entwaffnet sehen und generell den wohl nicht mögen, anders als sie es öffentlich behaupten, insofern schon ein Mehrwert gegenüber den Jagdgewohnheiten Putins. Die Lästereien dürften sich, denke ich, einigermaßen schnell verlaufen, jedenfalls in unserem westl. Kulturkreis, wo wir nicht sonderlich sensibel oder nachtragend sind.

Was den Rest betrifft, also tatsächlich politisch Relevantes ist das schon schwieriger. Viele Wahrheiten führen zu Unangenehmen folgen, diese scheiden sich, nämlich in einfach nur Unangenehm und ohne weitreichende Folgen und eben jene, wo eine Offenlegung insbes. für Dritte von massivem Nachteil ist. Bei letzterem ist dann eine Abwegung unumgänglich und leider ist es nunmal so, dass einige Dinge auf eine ordentliche Weise nicht wirklich zu erledigen sind.
Inwieweit eine Offenlegung aber später realisiert werden kann ist auch wieder eine Frage.

Wikileaks provoziert ziemlich klar, was aber letztlich alles publik wird ist eine andere Frage. Womöglich wird es nur ein Medienhype wie die Irak & Afghanistan-sachen auch schon, da habe ich kaum etwas mitbekommen, auch nicht an Konsequenzen.

Lykurg
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Di 30. Nov 2010, 00:29 - Beitrag #6

Hinsichtlich Greueltaten etwa im Irak ist derartiges eventuell sinnvoll, wenn auch brandgefährlich, weil es die bestehenden Konflikte dort kurz- und mittelfristig verschärft (indem es etwa das Verhältnis auch zwischen zivilen Aufbauhelfern und der Bevölkerung restlos zerstören kann, wenn die allgemeine Bedrohungssituation weiter zunimmt), möglicherweise aber längerfristig zu humaneren Verhaltensweisen beitragen kann (ob es das aber wirklich tut, oder nur die künftige Geheimhaltung verschärft, sehe ich noch nicht als selbstverständlich an).

Bezogen auf diplomatische Depeschen finde ich es aber viel schwieriger. Mit diesen Bewertungen ist wirklich niemandem gedient; daß Analysten kritisch über jemanden denken, kann man sich gut selbst ausmalen, es aber offen geschrieben zu sehen, bedeutet einen Ansehensverlust und führt dazu, daß Vertrauen verlorengeht. Die direkte Folge für die Personen im Westen dürfte, wie von blobbfish angedeutet, nicht allzu groß sein (wenn nicht irgendwelche größeren Affären aufgedeckt werden sollten), der Effekt auf den zwischenmenschlichen Kontakt aber deutlich größer. Das kann dazu führen, daß Verhandlungen weniger Ergebnisse bringen, weil die Gesprächspartner einander nicht mehr vertrauen mögen (wer weiß, was von dem Gespräch später an die Öffentlichkeit dringen könnte?). Es führt auch dazu, daß selbst im innerbehördlichen Verkehr keine offene Sprache, sondern der Tonfall von Beurteilungen verwendet wird (stets bemüht^^) - eventuell aber auch einfach weniger Informationen zusammengetragen werden. Der Schutz vor solchen PR-GAUs dürfte extrem aufwendig werden, zu einer Verschärfung interner Ermittlungsverfahren und vermutlich auch schärferer Strafverfolgung von Geheimnisverratdelikten führen.

Ipsissimus
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Di 30. Nov 2010, 11:38 - Beitrag #7

also, zunächst würde ich die Diskussion ganz gerne mal vom Kopf auf die Füße stellen^^ die Welt der Diplomatie und der Geheimdienste und von Teilen der Politik ist eine schmutzige, verlogene, eine Welt der Respektlosigkeit, der öffentlichen Täuschung, des Tricksens und Täuschens, der standardisierten Bösartigkeiten. Man enthalte sich doch bitte der mittelalterlichen Haltung, der zufolge der Überbringer der schlechten Nachricht geköpft wird, nicht etwa die Verursacher. Das Schlimme liegt nicht darin begründet, dass Wikileaks über diese Dinge berichtet. Das Schlimme liegt darin, dass diese Dinge passieren. Und verschärft, darin, dass sie im Verborgenen passieren.

Oder ist es das Anliegen, diese Welt der Verlogenheit gegen Offenlegung zu immunisieren?

"Wir haben uns die Welt nunmal so eingerichtet, dass unter der Oberfläche überall ein Hauen und ein Stechen ist, aber für die Oberfläche wollen wir den schönen Schein, die Schafe sind dann besser zu kontrollieren. Wie kannst du es wagen, die Oberfläche anzukratzen, wie kannst du es wagen, nachzuweisen, dass da ein Hauen und Stechen ist, wo ein Hauen uns Stechen ist? Stirb, Schurke!"

Ich denke, dass der nichttriviale Teil dieser Enthüllungen, alles was über die völlig uninteressanten persönlichen Befindlichkeiten von Diplomaten hinaus geht, von allergrößtem Belang und Interesse für die Öffentlichkeit ist. Allein schon die Informationen über die Allianz der Emirate, Saudi-Arabiens und Israels gegen den Iran dürfte einigen Arabern die Augen öffnen, selbst wenn die Tränen laufen sollten, und dem Bild von der "arabischen Nation" und der "islamischen Einheit" eine eigene, möglicherweise sogar heilsame Facette hinzufügen. Oder das Erstaunen der amerikanischen Öffentlichkeit angesichts des - offiziell entsprechend heftig geleugneten - flächendeckenden Shiftings ihrer Diplomaten zu Spionen - nicht mit Gold aufzuwiegen.

Wenn man es wollte, wenn denn der politische Wille dazu bestünde, könnte man jetzt die Karten neu verteilen und die Politik der Welt auf eine etwas weniger verlogene, etwas weniger ehrenrüchige Basis stellen. Das bleibt ein unvergänglicher Verdienst von Wikileaks, selbst wenn es nicht dazu kommen wird. Und so oder so, es wird nicht mehr viel geleugnet werden können. Was viele schon immer wussten oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermuteten, jetzt ist es bewiesen, und auch dafür ewiger Dank an Wikileaks und ihre Informanten (und insbesondere tiefes Bedauern über das absehbare Schicksal von Bradley Manning).

Amy
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Di 30. Nov 2010, 13:06 - Beitrag #8

Zitat von Dirki:Ich bin da anderer Meinung. Es ist doch schön zu wissen, dass die Amis genau so wenig von unseren Politikernhalten wie wir. Abgesehen davon habe ich einfach Spaß an meiner Schadensfreude. Erstmal die Watschen in Richtung der Politiker und außerdem noch ein paar amerikanische Diplomaten, die sich in Grund und Boden schämen.

Also ich habe schon lange nicht mehr so vel Spaß an Nachrichten gehabt. Bild


Dem kann ich mich nur anschließen ;)
Die Amerikaner teilen scheinbar die Meinung vieler Deutschen. Vielleicht fühlen sich Teflon-Merkel & Co ja jetzt dazu gezwungen, etwas an ihrem Verhalten zu ändern.

Maglor
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Di 30. Nov 2010, 20:09 - Beitrag #9

Ich finde es schon bezeichned, dass sich die Presse zuerst auf den trivialen Teil stürtzte. US-Außenministerium disst Westerwelle und Merkel. Tatsächlic sind die Beschreibungen ausgesprochen scharf und wahrhaftig, frei von etwa von rassistischem oder gar homophobem Beigeschmack. Ich kann daher keine geheimen Beleidigungen erkennen, sondern muss nur mit Entsetzen feststellen, dass sie ausländische Politiker recht sachlich einschätzen. Die Flachheit solcher Aussagen, wie die USA mag Merkel, Sarkozy ja sogar Gaddafi nicht, gehört eigentlich eigentlich nicht in den Politik-Teil sondern auf die Klatsch-Seite.

Interessanter finde ich auch eher, die Information das saudische Königshaus würde die USA zum Krieg gegen den Iran drängen, um die "Schlange" zu beseitigen. Da kann man sich ja mal bei Gelegenheit am Kopf kratzen und fragen welchen heiligen Krieg die USA eigentlich gegen den Iran anzetteln.

Für mich als aufmerksamer Beobachter war aber ohnehin schon lange klar, dass das Aufeinanderprallen von schiitischen und sunnitischen Jihadisten die eigentliche Zeitbombe im Nahen und Mittleren Osten ist. Den "Arabern" wird dies allerdings kaum die Augen öffnen, viel mehr scheint diese Information kurzzeitig an die Oberfläche der hiesigen Medienlandschaft gelangt zu sein.
Es ist eine Tatsache, dass der Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten im Irak weit mehr Opfer fordert, als z. B. der Kampf zwischen US-Besatzern und den Irakern als ganzes. Ebenso scheint die schiitische Hisbollah eine ebenso große Gefahr für die Sicherheit, Frieden und Einheit im Libanon zu sein wie der Nachbar Israel. Die schwersten Kriegsverbrechen in Afghanistan richteten sich gegen schiitische Minderheiten, ebenso bezeichnen der führende talibanesische Warlord Hektamar schon vor ein paar den Krieg gegen die schiitische Konfession als ebenso so heilig wie den gegen die USA und ihre Verbündeten.
Eine islamische Einheit gibt es nicht. Die Bekämpfung der "Partei Alis" spästens seit der Revlution im Iran das wichtigste Ziel des sunnitischen Jihads.
Im Osten nichts neues. ;)

Der wesentlich interessantere Aspekt, ist die Herkunft der Daten. Gern wird auf die Presse oder das böse Internet verwiesen, tatsächlich sind es aer undichte Stellen in den Behörden. Einzelne die sensible Datensätze in digitaler Form einfach weiterreichen. Das ganze hat sehr wohl mit Geheimnisverrat zu tun. Im der westlichen Welt scheint es nämlich keine Geheimnisse mehr zu geben.
Vorstellbae Reaktion hierauf wäre eine zunehmende Überwachung der Aktivitäten der entsprechenden Beamten oder der Ausstieg aus der digitalen Welt. Nicht digitale Daten sind nicht so einfach und schnell zu kopieren und verbreiten.

janw
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Di 30. Nov 2010, 21:54 - Beitrag #10

Ipsi, hinsichtlich der öffentlichen Belanghaftigkeit der nichttrivialen Inhalte stimme ich Dir im Grunde zu, allerdings haben wir dann das Problem, daß dann auch jene davon erfahren, die mit ihren eigenen Informationen aber sowas von hinterm Himalaya halten, und daß die Araber, deren Augen geöffnet werden könnten, nicht erreicht werden können.

Das Verhältnis der arabischen Staaten zu Iran war nach meinem Eindruck schon länger nicht umwerfend freundlich, Iraner sind noch nie Araber gewesen, und die Atompolitik hat nie begeistert.
Das jetzt schwarz auf weiß zu lesen ist sicher interessant, aber diejenigen, die es wissen sollten, die Menschen in den arabischen Staaten, werden es eher kaum erfahren bei 70%Analphabetismus, geschweige denn englische Sprachkenntnis. wikileaks wird auch sicher zu den vorrangig geblockten Adressen zählen.
Wen es sonst betreffen könnte...in Putinstan wird man sicher das meiste schon gewusst haben.
Bleibt China, aus dem selbst nichts herausdringt, was nicht explizit heraus soll.

Oder war das jetzt erst ein Vorgeschmack auf die ganz wilden stories, das CIA als Finanzier der Mauer in Israel, die Hamas als Werkzeug des Mossad?^^

Oder einfach nur ein Problem der Amis, die feststellen, daß sie nicht mehr Nabel sind?

Ipsissimus
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Mi 1. Dez 2010, 10:27 - Beitrag #11

Maglor, dass es die arabische und islamische Einheit nicht gibt, ist, glaub ich mal, jedem klar, der da auch nur einen unvoreingenommenen Blick hinwirft. Nur ist die Proklamation dieser Einheit - und mehr als eine Proklamation war es nie - jetzt noch nicht mal mehr in der Propaganda zu gebrauchen.

Jan, aus meiner Sicht gibt es in der skizzierten Welt der Politik, Geheimdienste und Diplomaten keine Guten, deren Geheimnisse per se als solche bewahrenswert wären, weil es darin um die gute Sache ginge, die es auch nicht gibt. Es gibt lediglich mehr oder weniger erfolgreiche Haie, und deren Geheimhaltungsbedürfnisse haben nichts, aber auch gar nichts mit Menschenfreundlichkeit zu tun.

janw
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Mi 1. Dez 2010, 13:44 - Beitrag #12

Ipsi, ich stimme Dir eigentlich zu, nur...was, wenn durch solche Veröffentlichungen wirklich eine wichtige positive Entwicklung gehemmt würde?
Ich lese heute, daß einige Chinesen doch recht locker plaudern, ihre Leute trauen sich nicht, Nordkorea zu sagen, was zu sagen wäre.
Vielleicht ein Glück, daß China nicht seinen kleinen Nachbarn mehr zur Räson bringen will - und auch drüber geredet hätte?

Was mich auf jeden Fall...wundert es mich noch?^^ daß die hiesige Berichterstattung hauptsächlich um die persönlichen Behakelungen der Akteure kreist.

Ipsissimus
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Mi 1. Dez 2010, 15:01 - Beitrag #13

bedürfen positive Entwicklungen wirklich der Geheimhaltung, Jan?
Und muss wegen dieser - im übrigen mit der Lupe zu suchenden - Möglichkeit Wikileaks dazu gezwungen werden, alle anderen Blicke hinter die Kulissen zu unterlassen?

Mag sein, beides hat seine Berechtigung, wenn man die Axiome dieser Schattenwelt akzeptiert. Das tue ich nicht.

janw
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Mi 1. Dez 2010, 16:46 - Beitrag #14

Nein, wikileaks muss zu gar nichts gezwungen werden, und ich bin auch sehr froh, daß es da ein paar Leute gibt, die diesen ganzen scheinheiligen Diplomatenzirkus entlarven, wie jetzt geschehen.
Ich suche eigentlich nur nach den Grenzen, gibt es sie, und wo wären sie zu denken? Welche Informationen sollten wirklich geheim bleiben, gibt es solche?

Und wie sieht es mit der Relevanz aus? Ist Bilderberg nur ein Mythos, oder so top secret, daß es wirklich nicht in externe Reichweite kommt?

blobbfish
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Sa 4. Dez 2010, 16:00 - Beitrag #15

Sehr interessant finde ich jetzt auch den Umgang mit Wikileaks, und das auch nicht nur in Amerika. Vor allem aber die Gründe, etwa wird argumentiert, dass gegen die AGB verstoßen werde, als ob das vorher nicht bekannt war, es ist ja nicht so, dass Wikileaks bis dato so Unbekannt gewesen ist, und dass der Diebstahl von Informationen strafbar ist, muss denke ich auch nicht groß diskutiert werden.
Ich täte ja vermuten, man versucht da jetzt einerseits den Fokus der Medien umzulenken, bis sich ein Desinteresse einstellt, oder sogar Wikileaks weitestgehend zu isolieren, so dass ein Zugriff kaum mehr möglich ist. Wie Maglor ja schon schön bemerkte, dass sich Pressen auf die Lapalien stürzten, sonst aber eher wenig durchsickern lassen, zeigt ja, dass die Idee die Dokumente einmal genauer zu sichten, nicht verfolgt wird. Man könnte ja vermuten, das Veröffentliche waren genau nur die Informationen, die als Ankündigung den Medien zugespielt wurden. Wirklich Skandale wird man also selber suchen müssen, was haben hat man dann allerdings auch nichts von.

Maglor
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Sa 4. Dez 2010, 16:19 - Beitrag #16

Nach Offenbarung solch trivialer Geheimnisse können die beliebten Antiamerikanismen und Verschwörungstherorien vor die Wand gefahren werden. Naja, aber Beweise und Argumente haben dabei ja ohnehin nie eine Rolle gespielt, da geht es um Ängste und Hass - beides unerschütterlich.

Auf der Skandal um FDP-Maulwurf Helmut Metzner bleibt oberflächlich. Metzner ist nicht mehr länger Geschäftsführer, seit bekannt wurde, dass er triviale Geheimnisse der Koalitionverhandlung an den US-Botschafter verriet. In anderen Ländern werden ja Verräter nicht einfach in Rente geschickt. Möglich das es einigen Maulwürfen in weniger zivilisierten Ländern jetzt an den Kragen geht.
Interessant wäre ja zu wissen, was sich Metzner von seinen Spitzel-Diensten versprach.

Ansonsten halte ich die Debatte für ziemlich verflacht und am Kern der Sache vorbeigehend. Triviale Sex & Crime um Wikileaks-Gründer Assange überdecken eine möglicherweise politische Brisanz.

Ansonsten müssten dort ja durchaus interessante Daten aus dem US-Ministeriumdabei sein.
Ich würde ja gern wissen, was hinter der Sache mit Deutschland und dem Irak-Krieg steckt. Wie ernst waren da Schröders Wahlversprechen, Merkel angeblich geheimen Ränke, George W. Bushs Version in den Memoiren, oder auch die antideutsche und antifranzösische Kampagne.

Lykurg
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Sa 4. Dez 2010, 16:56 - Beitrag #17

Naja, höchstwahrscheinlich haben staatliche Stellen Amazon und Paypal darauf hingewiesen, sie sollten ihre AGB nutzen, um nicht wegen Beihilfe belangt zu werden. Wäre dann zwar interessant, warum das nicht bereits bei den Irak-Dossiers passierte, andererseits könnte dahinter auch (vorausgesetzt, der geneigte Leser ist bereit, den USA auch mal etwas ethisch nicht abgrundtiefböses zuzutrauen) der Gedanke stecken, daß diese Enthüllung irgendwo moralisch richtig war (der ungeneigte Leser könnte darin auch eine rationale Erwägung zur Öffentlichkeitswirkung eines solchen Handelns zum damaligen und zum jetzigen Zeitpunkt sehen).

Die Metzner-Geschichte halte ich für selbsterklärend - in den Berichten wurde er als "ein aufstrebendes junges FDP-Mitglied" bezeichnet, da können gute Kontakte nicht schaden. Und Niebel kommentierte die Personalie nun, Metzner habe eigentlich nur seine Aufgaben als Auslandsreferent erfüllt. Außerdem habe er im Wesentlichen die Wahlkampfaussagen der FDP weitergegeben (u.a. Forderung des US-Atomwaffenabzugs aus D), dies sei kein allzu großer Vertrauensbruch. Bild

janw
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So 5. Dez 2010, 14:57 - Beitrag #18

Tja, das mutet bald wie eine Hexenjagd an, Assange wegen einer Vergewaltigung gesucht und krampfhafte Versuche, die Geldbeschaffungswege abzuschnüren. Hat man je gehört, daß PayPal al Kaida abgewürgt hätte?

Und ich kann nicht oft genug sagen, daß mir die ständige Wiederholung der Plattitüden à la Teflon-Merkel so vorkommt, als ob da wirklich wichtige Sachen verdeckt werden sollen durch Ausbreiten der Spaßdecke.
Die Bilder von den spaßeshalber umgenieteten Zivilisten wären doch auch ganz spannend, wo doch 2003 sendungsfüllend Bilder aus [s]Bergwerken[/s] irakischen Massenvernichtungswaffen-Depots gezeigt wurden.

Oder soll das ein versteckter Hinweis sein, selber auf die Suche zu gehen, was die Leute selbst finden, wirkt tiefer, als wenn Nachrichten es ihnen erzählen? Subversive Tendenzen im öffrechtlichen Fernsehen?^^

Maglor
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So 5. Dez 2010, 16:59 - Beitrag #19

Och, wieso an den üblichen Stellen kommen auch relevante Enthüllungen auf die Tagesordnung.

Hier etwa Panorama mit entdeckten Geheimnissen um die Entführung des Deutsch-Libanesen al-Masri, der 2003 von US-Geheimdienstlern nach Afghanistan verschleppt und dort gefoltert wurde.
Offenbart wurde die Korrespondenz zwischen Deutschland und den USA. Demnach habe die Bundesregierung trotz des internationalen Haftsbefehl gegen die Entführer die USA nicht zur Auslieferung der Schlapphüte aufgefordert, weil die USA dmit gedroht hat, dass sie dann nicht mehr unser Freund sein wollen.
Schon fast niedlich, diese unerschütterliche Freundschaft. :crazy:

Ipsissimus
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Mo 6. Dez 2010, 14:42 - Beitrag #20

na ja, Sensationen kommen und gehen; in unserer medialen Bilder- und Informationswelt ist doch alles nur noch Grundrauschen, nur noch "Event", das auf seine Ablösung durch das nächste wartet. Insofern darf die politische Welt als relativ immun gegenüber Einflüssen derartiger Events gelten; ein klitzeklein bisschen Durchhaltevermögen, zwei bis drei Dementis mehr als die Medien auf die Schnelle widerlegen wollen, und die Aufregung legt sich auch wieder, mit der Ausnahme, wenn jemand abgeschossen werden soll.

Die eigentliche Gefahr, die von Wikleaks ausgeht, besteht nicht in der Aufklärung der Öffentlichkeit, sondern im Abgleich der Daten auch zwischen solchen Geheimdiensten, die diesen Abgleich normalerweise nicht miteinander betreiben^^

und selbst dazu gibt es schon ganz tolle Gegenstrategien, hat man doch gestern im Iran bereits messerscharf erkannt, dass die Wikileaks-Dokumente von den USA lanciert wurden, um die arabische Welt zu spalten^^

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