Traitor schrieb:
@Jan: Wie Ipsissimus schon sagt, machst du den Fehler, von "dem Islam" zu reden. Du vergleichst den Koranauslegungs- und Dschihadverkündungsalleinanspruch der Kairoer Universität mit dem Bibelauslegungsalleinanspruch der katholischen Glaubenskongregation. Letzterer gilt jedoch, auch, wenn Ratzi selbst anderer Meinung sein mag, nur innerhalb der katholischen Kirche, nicht in Russland und nicht in einer imaginären Heiligen Bruderschaft des Kreuzzugs gegen die Ungläubigen. Und ebenso gilt deine Darlegung zur "Rechtmäßigkeit" eines Dschihads nur innerhalb der Hauptströmungen, die zur Universität Kairo stehen. (Sofern das mit Kairo überhaupt stimmt, habe es nicht nachgeprüft, aber vertraue dir da mal).
Al-Qaida und andere Splitter- und Terrorgruppen haben ihren eigenen Islam, und in diesem Weltanschauungssystem mag der Dschihad rechtmäßig sein. Fraglich ist dabei natürlich, inwiefern sie Dschihad führen, weil es ihre Weltanschauung so vorschreibt, oder ob ihre Weltanschauung dergestalt ist, dass sie es vorschreibt, weil sie gerne Dschihad führen wollen.
Ich muss da doch nochmal was zu loswerden...
Wie gesagt, habe ich einen Hauptstrom dargestellt, einen Kern, ohne den die Vielfalt an sich in mehr oder weniger weit greifenden Detailfragen hochziehenden Strömungen und Splittergruppen nicht verständlich wäre - didaktische Reduktion, wenn man so will^^
Es gibt zahlreiche Gruppierungen unterschiedlicher traditioneller Tiefe. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob man diesen wirklich nachsagen kann, sie würden jeweils einen "eigenen Islam" haben. Man müßte mal einen Schiiten, einen Sunniten und einen Sufi danach befragen, hab nur leider kein Sortiment zur Hand...
Eher sehe ich eine Art kultureller Idiosynkrasie zwischen den jeweiligen Regionalkulturen und den kulturellen Normen des Islam.
Wenn in einer Kultur die Frauen schon immer bedeckt herumgelaufen sind und die Eltern die Bräute "an den Mann gebracht haben", und eine Religion wird herangebracht, die dieses als 
Möglichkeit zuläßt, dann kann dieser unbedingte (dh. als verbindliche Norm fest verankerte) Brauch mit der religiösen Möglichkeitsnorm dahingehend verschmelzen, daß die Tatsache einer religiösen positiven Aussage den hergebrachten Brauch stärkt, zugleich die bloße Möglichkeitsaussage der Religion im Bewußtsein verblaßt. 
So kann das, was hierzulande in manchen türkischen Gemeinschaften vorkommt, Zwangsverheiratung, Mord an "unverheiratbaren" Töchtern,... im Grunde als anatolischer Kulturbestandteil gesehen werden, der mit dem Islam so viel zu tun hat wie die Genitalverstümmelung von Frauen in Afrika.
In gleicher Weise sehen manche Kommentatoren eine ähnliche Beziehung bei den Taliban in Afghanistan, indem sie in ihren Auffassungen die Auffassungen einer extrem konservativen Landbevölkerung verwirklicht sehen. 
In jedem Falle haben die Taliban diese Auffassungen erheblich verschärft, auf ein Maß, das in keiner Weise mehr lebensnah ist. Wenn dem denn in dem Falle überhaupt so ist.
Allerdings könnte man daran doch das Tun der Terroristen "verstehen".
Was macht es für einen Sinn, einen Bus mit Zivilisten zu sprengen, danach während der Rettungsarbeiten eine weitere Bombe zu zünden und dann nochmal vor dem Krankenhaus, in dem die Verletzten liegen?
Terror um des Terrors willen? Oder Terror, um den Boden zu bereiten für einen fundamentalistischen "Gottesstaat"? Die Beseitigung Israels als weiteres Ziel anbei.
Immerhin, die Beseitigung Israels wäre ein Ziel mit Tradition. Das haben nämlich schon jene verfolgt, welche die RAFler ausgebildet haben. Aber so weit reicht das politische Gedächtnis der Politiker nicht...