Wo fängt "übersteigerter Hass" an?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lord Stiordio
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Do 8. Sep 2005, 12:47 - Beitrag #21

wenn ich richtig informiert bin - was hiermit gefragt wird - erlaubt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht nur das staatliche Gewaltmonopol brechende Gewalt seitens der Bürger, es fordert diese sogar explizit ein, wobei als Bedingung hierfür der Widerstand gegen ein Unrechtsregime formuliert ist.


Artikel 20/4 des Grundgesetzes mag sich vielleicht so anhören, läßt sich aber absolut nicht auf diese Situation beziehen. Im Gegenteil, dieser Artikel hätte vielmehr ein Vorgehen der Zivilbevölkerung gegen die RAF erlaubt, wäre die staatliche Gewalt mit dem Kampf gegen sie überfordert gewesen, dh. hätte es keine andere Möglichkeit gegeben. Die Regierung dagegen als verfassungsgemäßes Organ agierte zu keinem Zeitpunkt gegen die gesetzmäßige Ordnung. Und hätte sie es getan, so wäre der einzige legitime Weg, der dem Bürger offengestanden hätte, der Rechtsweg gewesen. Alles andere wäre kein "Freiheitskampf", sondern Willkür und Selbstjustiz im großen Stil gewesen.

Ipsissimus
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Do 8. Sep 2005, 13:12 - Beitrag #22

das ist genau die Frage, die eigentlich nicht seitens der in Frage stehenden Kontrahenten beantwortet werden kann; in deiner Darlegung ist genau die Vorentscheidung - die RAFler sind keine "Politischen" - enthalten, die tatsächlich erst mal von unabhängiger Seite geklärt werden müßte.

Lord Stiordio
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Do 8. Sep 2005, 14:33 - Beitrag #23

Es geht im Kern der Sache gar nicht darum, ob die RAF nun "politisch" war oder nicht, was auch immer man darunter nun verstehen mag. Es ist mein Recht als Bürger, zu entscheiden, wer mein legitimer Vertreter sein soll. Die Gesamtheit der Bürger bestimmt eine Regierung, damit delegiert sie die Gewaltausübung an diese und verleiht ihr so Legitimität. Die Regierung zu Zeiten der RAF war durch Mehrheitsbeschluß gewählt und somit legitim. Mit ihrer Wahl befürwortete die Mehrheit der Menschen damit indirekt auch die Verfassung, die die Wahl zum Mittel der politischen Richtungsfindung erhebt. Dieser Verfassung nach ist aber die Regierung die einzig rechtmäßige Kraft, die Gewalt ausüben darf. Nicht nur, dass die RAF in keinster Weise irgendwie "gewählt" wurde, es kommt noch hinzu, dass mit ihrer Wahl die Menschen dem demokratischen Prinzip zustimmten und so ausschlossen, irgendeine Aufgabe im Bereich der Formung der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten in irgendeiner Form an die RAF zu delegieren.

Maglor
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Do 8. Sep 2005, 15:02 - Beitrag #24

Gerade beim von mir aufgezeigten Kaufhaus-Brandanschlag ging es keineswegs um Widerstand gegen ein Unrechts-Regime. Das Anzünden eines bundesdeutschen Kaufhauses sollte den Bundesbürgern die Zustände in Vietnam näherbringen. :crazy:
RAF-Info

Gewalt wird hier, ganz im Sinne Robespierres, als Mittel der Volkserziehung gesehen. Das hat mit Demokratie im Sinne der Bundesrepublik rein gar nichts zu tun!

MfG Maglor

Ipsissimus
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Do 8. Sep 2005, 15:08 - Beitrag #25

Die Regierung zu Zeiten der RAF war durch Mehrheitsbeschluß gewählt und somit legitim


das war eine andere Regierung etwas früher auch

über den juristischen Usus besteht imo kein großartiger Dissens; anhand der Praxis bundesdeutscher Rechtssprechung gibt es da wenn überhaupt nur sehr wenig zu klären.

Hinsichtlich des Kaufhausanschlages wäre anzumerken, daß nach Auffassung der RAF die Welt damals schon "global" war, daß also die Unterstützung von Unrechtsregimen auf die unterstützende Regierung zurückfällt.

Maglor
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Do 8. Sep 2005, 15:15 - Beitrag #26

Ipse, wenn du natürlich meinst die Regierung Adolf Hitler sei als zumindest 1933 gewählte Regierung mit sämtlichen gewählten Regierungen gleichzusetzen, kann dir jetzt auch keiner helfen.

Es gibt allerdings klare und deutliche Unterschiede zwischen beiden Regierungen, die gerade ein Recht auf gewaltsamen Widerstand tangieren:
Die damaligen bundesrepublikanischen Regierungen versuchten im Gegensatz zu "den Nazis" nicht ihre Macht mit Verfassungsbrüchen, Repression etc für die nächsten tausend Jahre zu sichern, ganz davon abzusehen, dass sie weder Angriffkrieg, ethnische Säuberungen etc geplant oder durchgeführt haben, was ja durchaus ein Anlass zum gewaltsamen Widerstand gewesen wäre.
Das Grundfrage ist, wenn hätte die RAF mit Terror retten können? (Naja, gegen Ende ganz klar die inhaftierten Mitverschwörer.)

MfG Maglor

Ipsissimus
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Do 8. Sep 2005, 15:18 - Beitrag #27

das Argument, das mir entgegengehalten wurde, Maglor, lautete, daß die Regierung mit Mehrheitsbeschluss gewählt wurde, und deswegen legitim sei. Ich habe dafür lediglich ein anderes historisches Beispiel herangezogen.

Lord Stiordio
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Do 8. Sep 2005, 15:19 - Beitrag #28

das war eine andere Regierung etwas früher auch

Ein dezent unzulässiger Vergleich imho. Aber auch wenn man sich darauf einläßt gilt: Diese Regierung verstieß vielfach gegen die Verfassung und setzte sich über kritische Richtersprüche hinweg. In diesem Fall gab es ab einem bestimmten Punkt kein funktionierendes Rechtssystem mehr. In der BRD gab es dies zu jeder Zeit und solange dies der Fall ist, ist solch eine willkürliche Selbstjustiz in keinem Falle auch nur ansatzweise gerechtfertigt.
Davon abgesehen war die nationalsozialistische Regierung nach Ablauf ihrer ersten eigentlichen Amtszeit nicht mehr legitim, weil nicht gewählt. Die Maßnahmen, die sie ergriffen hatten um ihre vorangegangenen Verfassungänderungen durchzusetzen waren ebenfalls auf gar keinen Fall verfassungsgemäß, man denke beispielsweise an die grundlose Verhaftung von Politikern der KPD, um diese daran zu hindern, zur Abstimmung zu erscheinen.

Nazi-Deutschland und die BRD in ihrer heutigen wie in ihrer damaligen Form sind absolut nicht zu vergleichen.

Lykurg
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Do 8. Sep 2005, 16:20 - Beitrag #29

Zitat von Kommune I (zitiert nach rafinfo.de):Ein brennendes Kaufhaus mit brennenden Menschen vermittelte zum erstenmal in einer europäischen Grossstadt jenes knisternde Vietnamgefühl (dabeizusein und mitzubrennen), das wir in Berlin bislang noch missen müssen.
Es ist hochinteressant, finde ich, wie das Flugblatt, aus dem diese Äußerungen stammen, heute gesehen wird.

Beim Brüsseler Kaufhausbrand kamen eine Unzahl von Menschen ums Leben. Die ARD spricht von über 400 Toten und äußert sich nicht zu Tätern, der wikipedia-assoziierte Arthistoryclub, dem manche vielleicht mehr Glauben schenken, immer noch von 323. Wohlgemerkt, Menschen, die dort einkaufen wollten, und die eine Ausstellung amerikanischer Produkte ansahen. Die vermutlich mit ihrem Leben dafür bezahlen mußten, daß in den Augen von anderen ihr Konsum eine Unterstützung und Befürwortung des Vietnamkriegs sei. Es soll hier nicht um die Täterschaft in Brüssel, sondern einfach um diese unsäglich zynische Reaktion der RAF-Vorgängergruppierung Kommune I (siehe Link von Maglor).

Unter Glasnost läßt sich die gespaltene Wahrnehmung recht gut betrachten. Dort heißt es erst, daß das Flugblatt von der K I an der FU Berlin verteilt wurde]es handle sich dabei um eine Fälschung[/b]. Der Tonfall, in dem dieses Flugblatt, das übrigens von 200 Opfern spricht, diese verhöhnt, ist einfach nur grausig. Und die Tatsache, daß die RAF in den folgenden Jahren in Deutschland nach Brüsseler Muster verschiedene Brandanschläge auf Kaufhäuser durchführte, bei denen es zum Glück keine Toten gab, spricht ein Übriges. Der Fälschungsvorwurf jedenfalls ist in diesem Zusammenhang reichlich atemberaubend. Wie verblendet müssen Menschen sein, um solche Anschläge durchzuführen - und erst, um sie dann gutzuheißen? Was für ein Bild vom Menschen spricht aus so einer Tat?

Ipsissimus
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Fr 9. Sep 2005, 11:33 - Beitrag #30

nach wie vor habe ich das Gefühl, daß in die Urteile zur RAF Vor-Urteile einfließen.

Als allerwenigstes halte ich es für wünschenswert, daß ein Phänomen wie die RAF in seinem politischen und gesellschaftlichen Kontext erfaßt wird, und daß das, was die Protagonisten und Antagonisten zu sagen haben, auf gleicher Augenhöhe behandelt wird.

Eine Behauptung ist nicht allein deswegen angemessener, weil sie von einem Bundesstaatsanwalt und von Amts wegen vertreten wird, und ist nicht schon deswegen falsch, weil sie von einem angeblichen Staatsfeind kommt; dies gilt natürlich auch umgekehrt.

Maglor
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Fr 9. Sep 2005, 13:45 - Beitrag #31

Terroristen sind Terroristen. Ja, auch ich habe Vorurteile der übelsten Art. :cool:
MfG Maglor

Ipsissimus
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Fr 9. Sep 2005, 15:50 - Beitrag #32

Terroristen sind Terroristen
und Juden sind Juden, oder wie?

Lord Stiordio
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Fr 9. Sep 2005, 16:13 - Beitrag #33

und Juden sind Juden

In der Tat, so wie Deutsche Deutsche sind und Katholiken Katholiken.
Hier sehe ich offen gesagt den Punkt nicht, an dem diese Aussage falsch sein könnte. Man könnte zwar bösartige Gleichmacherei "hineininterpretieren", eine Missachtung der unumstößlich' Einzigartigkeit jedes Menschen wittern, muss man aber nicht.

Alle Katholiken teilen ein gemeinsames Merkmal, Juden ebenfalls, Deutsche ebenso und Terroristen auch.

Lykurg
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Fr 9. Sep 2005, 16:20 - Beitrag #34

"Juden sind Juden"? Aber Ipsissimus! :shock: ;)

Ja, gegen Vorurteile kann sich niemand wehren. (Eines meiner vielen pauschalen Vorurteile.)

Die beste Hilfe besteht im Versuch, sich möglichst umfassend und in verschiedenen Richtungen zu informieren. Man sollte nicht alles glauben, vielleicht aber auch nicht alles anzweifeln. Die These, daß die allgemein zugänglichen Informationen zweifelhaft sind, hat ja auch irgendjemand dir gegenüber aufgestellt. Oder du bist selbst darauf gekommen, aber auf Basis von Daten, denen du ebenfalls nicht vollständig vertrauen kannst?

Ein Modell muß nicht in sich vollkommen schlüssig sein, um ansatzweise brauchbar zu sein. Vielleicht wäre das sogar eher ein Grund, an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Etwa die Ansicht, wenn die Mehrheit der Menschen nach ihrem individuellen Besten strebe, werde das Ergebnis ein kollektives Schlechtes sein, ist mE ein solches Modell, das dazu verführt, sich ihm zu überlassen und irgendwann die Reflektion einzustellen.

Übersteigerter Haß fängt vermutlich dort an: Wenn etwa politische oder religiöse Gruppierungen niemandem mehr Glauben schenken, der nicht ihnen selbst angehört. Wenn Gespräche keinen Sinn mehr haben, weil sie nur wie parallele Monologe ablaufen, ohne ein Echo zu finden; wenn einem Außenstehenden nicht mehr zugehört wird, weil er automatisch als dumm, blind oder böswillig nichtsehend dargestellt wird. Weil Haß und Furcht sehr eng zusammenliegen - Furcht vor dem Unbekannten, dem Neuen, dem Fremden.

Ipsissimus
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Fr 9. Sep 2005, 18:07 - Beitrag #35

ganz urspünglich mal lautete der Satz "Ein Film ist ein Film ist ein Film" und stammt von Chaplin. In diesem Kontext ist das auch relativ sinnvoll.

"Terroristen sind Terroristen" oder "Juden sind Juden" behauptet in Analogie dazu eine wesenhafte (essentielle) "Terroristenhaftigkeit" oder "Judenhaftigkeit", die einem derart betitulierten Menschen angeblich anhaftet. Dagegen verwahre ich mich.

e-noon
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Fr 9. Sep 2005, 20:05 - Beitrag #36

"Juden sind Juden" impliziert meiner Meinung nach nicht (notwendig) "alle Juden sind gleich". Ebenso wenig wie "Christen sind Christen"; natürlich kann es so sein, aber die Aussage kann auch lediglich sein "Menschen, die getauft sind, sind Menschen, die getauft sind"; oder "Menschen, die Christus nachfolgen, sind Menschen, die Christus nachfolgen". Vorurteile entstehen imo erst dann, wenn die eine Eigenschaft mit der anderen verknüpft erscheint, also "Menschen, die getauft sind, sind Menschen, die Christus nachfolgen"; das liegt aber dann eher an der doppelten bzw. ungenauen Definition.

Saint-Just
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Fr 9. Sep 2005, 21:52 - Beitrag #37

Lykurg, so sehr ich dich zweifelsohne auch schätze, gleicht in meinen Augen eine Aussage wie: "Ich bewundere Gandhi zwar, aber seine Methoden konnten nur gegen eine so zivilisierte Macht wie Großbritannien erfolgreich sein" blankem Zynismus.

1919 wurde in der indischen Stadt Amritsar von englischen Soldaten ein Massaker an Sikhs und Hindus verübt, die für die Unabhängigkeit Indiens protestierten, bei dem 379 gewaltlose Demonstraten getötet, 1200 verletzt wurden.
Kolonialherrschaft ist nie, in Worten: Niemals!, zivilisiert...denn das definiert sie, da sie überaus selten von Einhörnern, Elfen und Honigblumen gesäumt wird. Unterdrückte beinahe zu beglückwünschen, daß sie eben von einer etwas weniger grausamen Macht beherrscht werden, entspricht nicht meinem Rechtsbewusstsein.

Ipsissimus
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Fr 9. Sep 2005, 21:55 - Beitrag #38

e-noon, formal vorhandene oder nicht vorhandene Implikationen ändern nichts daran, daß Sprache zur Diffamierung benutzt wird, und oft genug diffamierend gemeint ist, auch wenn formal nichts Schlimmes gesagt wurde

Lykurg
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Fr 9. Sep 2005, 23:32 - Beitrag #39

Saint-Just, Ipsissimus, dem kann ich nichts entgegensetzen. Ich bitte um Entschuldigung für meine - mangels besseren Wissens - erfolgten Äußerungen. Das Massaker von Amritsar ist - ebenso wie etwa die Greueltaten während des Burenkrieges - ein bitterer Schandfleck auf der britischen Ehre.

Der zweite Absatz in Posting #11, aus dem du zitiertest, ist so nicht aufrecht zu erhalten. Ich würde ihn gerne ändern zu folgender Position:

"Ich bewundere Gandhi für seinen unermüdlichen gewaltlosen Kampf für Freiheit und Frieden in Indien. Daß dieser sich zuletzt wenigstens teilweise durchsetzen konnte, - trotz schwerster Repressionen gegen seine Person und seine Bewegung - lag zum größten Teil an seinem eisernen Willen. Insofern war Gandhi aber keine "Propagandalüge", Ipsissimus, sondern ein sicherlich nicht jedem Menschen mögliches Erfolgsmodell. Der Weg der Gewaltlosigkeit ist, gerade gegen ein brutales Herrschaftssystem, sehr langwierig und verlustreich. Mit ihm ist man aber auf der sicheren Seite, was die Legitimation angeht.

Tyrannenmord und gewaltsamer Umsturz bedeuten eine gewaltige Verantwortung vor der Geschichte. Was spätere Zeiten als rechtens und sogar befreiend anerkennen mögen, läßt sich aus der "Froschperspektive" des Zeitgenossen nicht immer beurteilen. Auch die Deutungshoheit der Sieger über die Vergangenheit mag dazu beitragen, daß die nachträgliche Sicht in manchen Fällen wesentlich klarer die Tat rechtfertigt. Die dafür notwendigen Gründe müssen aber ein exzeptionelles Gewicht haben. Ich halte gewaltsame Vorgehensweisen gegen eine demokratisch gewählte Zentralmacht für völlig ungeeignet. Anders liegt der Fall bei rechten und linken Diktaturen, wenn diese Bevölkerungsgruppen verfolgen, deportieren und ermorden. Ich glaube nicht, daß Gandhi in China, Stalins Sowjetunion oder dem 3. Reich lange genug gelebt hätte, um eine Verbesserung oder ein Ende des Regimes zu erleben."

Damit ist auch mein Posting #13 stark korrekturbedürftig. Zu den ersten Sätzen (bis "Phasen.") sowie zum kompletten dritten Absatz stehe ich weiterhin. Der Rest des ersten und der zweite Absatz sind so nicht zu halten. Ich hatte mich dabei in eine grundfalsche Richtung verrannt, sie dienten nur dazu, eine ungeeignete Position auszubauen. Durch die Tilgung der Kolonialismus-Thematik, die ja auch eigentlich im Thread wenig zu suchen hat, und einer letzten Entschuldigung meinerseits bei euch beiden und allen anderen, die ich damit verletzt oder verärgert habe, ist die Sache hoffentlich erledigt.

Lykurg

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Sa 10. Sep 2005, 00:21 - Beitrag #40

Lykurg, du hast mich nicht im geringsten verärgert^^ Diskussionen sind dazu da, unterschiedliche Standpunkte gegeneinander aufzuwiegen - gelegentlich^^

ich denke allerdings, daß in der ganzen Thematik die Versuchung zu doppelter Moral unermeßlich ist. Wir bewundern an einem Georg Elser, was wir an anderen verurteilen, weil UNSERE Differenzierungen - womöglich noch aus eigener Betroffenheit - dies verlangen. Wenn du von der sicheren Seite hinsichtlich der Legitimation sprichst - who cares? Ein Elser, ein Stauffenberg, sie waren nicht legitimiert^^ sie haben lediglich das Wohlwollen der Nachwelt auf ihrer Seite.

Und ein Ghandi wurde ermordet, weil er eben NICHT die Stimme seines Volkes war, sondern dessen schlechtes Gewissen - das genau bis zu seinem Tode trug und die Parias nicht erlöste, nur die Pandits^^

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