Die Berufung auf die Tradition führt nicht sehr weit, da die katholische Kirche für sich in Anspruch nimmt, den Willen Jesu Christi quasi zu perpetuieren in ihrer Praxis, indem sie ihre Handlungen auf seine Äußerungen und die einiger primärer Exegeten (Paulus z.B.) zurückführt. Gerade was die Priesterehe betrifft steht sie eben in krassem Widerspruch dazu.
Zitat von Padreic:Die Zurückführung auf Jesus Christen und seine "primären Exegeten" ist meines Wissens nur bei Dogmen notwendig. Das Zölibat wird ja eher als praktische Regel empfunden. Für die es durchaus auch Gründe gibt. Übrigens ist nicht gesagt, dass ein zölibatärer Priester nicht vor Beginn seines Zölibats durchaus eine Beziehung gehabt haben kann. Es dürfte sogar die Regel sein.
Deine Darlegung der historischen Entstehung des Zölibats ist übrigens keinesfalls ein zwingender Grund für dessen Abschaffung (der berühmte Unterschied zwischen Genesis und Geltung..). Sonst müssten wir einige Arbeitnehmerrechte auch abschaffen, nur weil sie von den Nazis aus etwas zwielichtigen Gründen eingeführt wurden.
Nun, das Zölibat wird als Regel hoch gehalten, gleich hoch wie Regeln die aus der Bibel abgeleitet werden.
Ich wollte mit meiner Beleuchtung des geschichtlichen Hintergrundes darauf hunaus, daß das Zölibat gar nicht mal so alt ist und nicht eingeführt wurde, weil man plötzlich meinte, zölibatäre Priester wären die besseren Priester, sondern aus schlichten materiellen Gründen.
Gründen, die heute nicht mehr bestehen. Wobei heute eindeutig zu sehen ist, daß die Möglichkeit einer Partnerschaft wichtig ist für jeden Menschen und eigentlich erst befähigt, andere Menschen in Beziehungen in ihren beziehungsmäßigen Problemen zu verstehen.
Wenn Priester vorher in Beziehungen gelebt haben und diese für die Priesterweihe aufgeben müssen - was ist das für ein brutales und menschenfeindliches System? Inkonsequent dazu...
Beziehung heißt für mich auch sexuelle Beziehung, wäre nach katholischer Vorstellung vor der Ehe allerdings problematisch. Wäre es eine Ehe, so wäre diese nach katholischem Recht nicht scheidbar, der Priester trüge also einen Unrechtsmakel mit sich herum.
Nicht wegen seines etwas zwielichtigen Einführungshintergrundes, sondern wegen seiner Schädlichkeit (in meinen Augen) sollte das Zölibat abgeschafft werden IMHO.
Zitat von Padreic:Ich finde es übrigens allgemein interessant, wie sehr sich Nicht-Katholiken an katholischen Richtlinien stoßen. Es steht den Leuten frei, die Konfession zu wechseln und evangelischer Pastor statt katholischer Priester zu wechseln, wenn ihnen die Leitlinien für den Priesterberuf und damit auch wesentliche Teile ihrer Konfession nicht gefallen.
Für den Kleingartenverein Frohe Zukunft mag das vielleicht angehen, daß er nur Männer in seinen Vorstand wählt.
Die katholische Kirche nimmt aber für sich ein recht großes Mitspracherecht hinsichtlich der Gestaltung des Gemeinwesens in Anspruch, sie stellt z.B. Lehrkräfte für katholischen Religionsunterricht, wirkt an der Gestaltung der Lehrmittel mit, gibt engagiert ihre Meinung zu Gesetzentwürfen wie der Schwangerschaftskonfliktberatung etc., daß man auch aus nicht katholischer Sicht sehr wohl einen kritischen Blick auf diese seltsame Gemeinschaft werfen darf.
Nein, um mal direkt zu werden, diese Kritik lasse ich mir auch als Nicht-Katholiken nicht verbieten.
Man muß einfach erkennen, daß es gezielt bewußtseinsbildende Wirkung hat, wenn junge Mädchen in ihrer Kirche nie eine Frau in verantwortlicher Funktion zu sehen bekommen, der Kommunionunterricht nur vom eben immer nur männlichen Priester gegeben wird, Frauen nur so als dienendes Beiwerk auftreten.
Und eine solche Beeinflussung, die das Gefühl von Gleichberechtigung in kirchlich geprägten Regionen (und die gibt es immer noch) bei den Mädchen gar nicht erst aufkommen läßt bzw. erst nach deren bewußter Abwendung von diesem "Verein", diese läuft den Bestrebungen dieses Staates entgegen, Gleichberechtigung zu schaffen und überhaupt die Fähigkeit junger Menschen, sich als gleichberechtigt zu begreifen.