Israel greift den Libanon an

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Do 20. Jul 2006, 23:12 - Beitrag #21

janw, ab und zu geht da aber ein bißchen was durch, scheint mir... :rolleyes:

Was bitte sollten die US-Truppen im Libanon unternehmen? An der Seite von Terroristen die Israelis angreifen? Sich in einen ohnehin schon reichlich unübersichtlichen Kriegsschauplatz einmischen? Du scheinst vergessen zu haben, was für ein extrem explosives Süppchen in diesem Land brodelt, mit all den ehemaligen Bürgerkriegsmilizionären, egal ob radikalislamisch, christlich-fundamentalistisch oder faschistisch. An Stelle der Amerikaner wäre ich jedenfalls heilsfroh, sobald die eigenen Zivilisten in Sicherheit gebracht sind, und würde mich auf keinen Fall in einen (übrigens ebenfalls nicht völkerrechtsgemäßen) Gegenangriff verwickeln lassen.

Übrigens gibt es mE bis jetzt keinerlei Kampfhandlungen zwischen libanesischen und israelischen Truppen - mag sein, daß ich mich täusche, aber heute hat doch der libanesische Staatschef seine völlige Machtlosigkeit gegen die Hisbollah offen eingestanden - da ist nicht viel andere Möglichkeit zur Zeit.

janw
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Fr 21. Jul 2006, 00:51 - Beitrag #22

Es fällt mir schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, ich weiß^^
Gut, die paar Marines sind vielleicht etwas wenige, mag sein, aber Du willst nicht ernsthaft behaupten, die größte Supermacht könne nichts tun?
Nichts, außer sich offen mit Israel abzusprechen, daß die israelische Armee eine weitere Woche frei bomben und massakrieren kann, bis zu erwartender Weise eh nichts mehr zu zerstören sein wird zwischen Beirut und Libanons Südgrenze?
Natürlich bin ich alles andere als für die Hisbollah, aber man darf sie nicht überdramatisieren - bitte, was hat sie gemacht? 5-10 Israelis sind wohl umgekommen, 5-10 zu viele, aber nichts im Vergleich zu den Hunderten Libanesen und den Tausenden, die alles verloren haben.

Die libanesische Armee hätte keine Chancen, denke ich, nicht die geringsten - wobei natürlich die Hisbollah im Falle des Einsatzes der Armee endgültig ihrer Verantwortung als Regierungsmitglieder gerecht werden müßte und schon aus Staatsräson die gefangenen Soldaten herausgeben müßte.
Möge dem Präsidenten der Gedanke kommen...

Ich würde aber jenseits davon durchaus einen Weg zur möglichen Entschärfung sehen, nämlich eine Übergabe der Gefangenen an Dritte, sei es die UNO, die EU oder wen nichtarabisches auch immer.
Das würde der Hisbollah den Gesichtsverlust ersparen und die Gefangenen in Sicherheit bringen.
Mag sein, daß ich dabei irgendetwas übersehe oder zu idealistisch bin - ich sehe es aber so, daß jeder Versuch, der den Hauch einer Chance zur Entspannung birgt, aber nicht genutzt wird, eine vertane Chance ist...es gibt nichts Gutes, außer man versucht es.

Zitat von Malte 279:Bei allem Verständniss für die Palästinenser halte ich doch die Anerkennung des Existenzrechts Israels für eine Voraussetzung auf die Israel bei Verhandlungen auf keinen Fall verzichten kann.

D´accord. Genauso aber der Bezug der Anerkennung auf Israel in den Grenzen von 1967. Dann Rückgabe der besetzten Gebiete und möglichst auch die Auszahlung von Pachtgebühren für die widerrechtliche Nutzung darüber hinaus reichender Flächen, für die Vertreibung palästinensischer Bauern, die Zerstörung ihrer Felder,... (ich sah neulich in meiner Zeitung ein Bild, wo israelische Siedler den Olivenhain einer Palästinenserin abgehackt hatten - das muss natürlich geahndet und entschädigt werden!)

Lykurg
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Fr 21. Jul 2006, 06:29 - Beitrag #23

Gestern wurde in der Tagesschau erwähnt, warum die Amerikaner 1984 den Libanon verließen: Ein Hisbollah-Anschlag auf die US-Truppen forderte damals 240 Todesopfer. Unter solchen Umständen würde es sich sicherlich sehr anbieten, sich gewissermaßen als Friedenstruppe ohne Mandat dazwischenzustellen - die Hisbollah würden sich über das zusätzliche Ziel freuen, da kann man die Waffen viel effizienter einsetzen.
Natürlich bin ich alles andere als für die Hisbollah, aber man darf sie nicht überdramatisieren - bitte, was hat sie gemacht? 5-10 Israelis sind wohl umgekommen
Sag mir bitte, bitte, daß du das nicht ernst meinst. :shock:

Ach ja, ich hatte ganz vergessen, Malte279 meine Zustimmung auszusprechen. ;)

Entschädigungszahlungen - ja, aber nur bei Stop sämtlicher terroristischer Aktionen. Denn du kannst wohl kaum irgendjemandem in Israel erklären, warum er Geld nach Palästina schicken soll, wenn im Land ständig die Bomben in den Cafés und Bussen explodieren. Es wäre den Terrororganisationen dank reicher Alimentierung etwa durch die Saudis übrigens vermutlich leicht möglich, dafür Entschädigungen zu zahlen, forderst du das dann auch von ihnen, janw? :P

janw
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Fr 21. Jul 2006, 09:14 - Beitrag #24

Lykurg, tja, sicher darf man Opfer nicht gegen Opfer aufrechnen.
Aber andererseits, schau Dir die Sache an, was machen denn die Katjuschas im Vergleich zu den Bomben? Die Wirkungen vergleichend zu betrachten, ist IMHO schon erlaubt... Vielleicht habe ich mich aber etwas mißverständlich ausgedrückt, so als wollte ich die Katjuschas rechtfertigen o.ä. Wenn dem so ist, mea culpa, das war definitiv jenseits aller Intention.
Gut, jetzt könnte man sagen, Pech, wenn es in Libanon nicht so viele Schutzräume gibt wie in Israel - nur, selbst Schutzräume für alle helfen nicht, wenn bunkerbrechende Bomben eingesetzt werden.
Und eben da wird es kritisch - wenn Terroristen sich unter Zivilisten mischen, ist das furchtbar, aber darf man dann so dagegen vorgehen mit einem Flächenbombardement gegen die Zivilisten? Gegen Frauen, Kinder,...?
Da hat Israel jedes angemessene Maß überschritten.
Das ist so, als wenn die RAF sich in den 70ern in Amsterdam einquartiert und von dort Anschläge in Deutschland koordiniert hätte - hätte daraufhin Deutschland Amsterdam bombardiert?
Ein Staat darf in meinen Augen unter gar keinen Umständen einen anderen Staat angreifen.
Wenn, wie in Libanon, eine terroristische Organisation mit in der Regierung sitzt, ist das natürlich ein Problem - und Herr Siniora macht da IMHO keine gute Figur, wenn er dies nicht als Teil des Problems erkennt und Lösungen dafür findet, z.B. durch ein Ende der Koalition, durch Forderungen an den Koalitionspartner, seinen Teil zur Entschärfung der Lage zu tun, notfalls durch einen Hilferuf an die UNO, innenpolitisch handlungsunfähig zu sein.
(Käme überhaupt der Wirklichkeit vielleicht recht nahe - ist vielleicht der Libanon von Syrien und Iran bereits unterwandert? Überhaupt noch ein souveräner Staat im Sinne eigenständiger Handlungsfähigkeit?)

Möge es Frieden geben, auf beiden Seiten.

Natürlich wäre das gut, wenn die Saudis auch für die Terroropfer aufkommen würden.

Ipsissimus
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Fr 21. Jul 2006, 10:19 - Beitrag #25

die Gewalt zwischen israelischer und arabischer Seite ist eine Henne-oder-Ei-Frage. Der historische Beginn dieser Frage verliert sich in den Tiefen der Zeit, hat aberwahrscheinlich schon mit der Vernichtung der phönizischen Urbevölkerung des "gelobten Landes" (Amalekiter usw.) durch die jüdischen Invasoren anlässlich ihrer Flucht aus Ägypten zu tun. Die - gelinde gesagt - unglückliche Art, wie Völkerbund und später UNO gegenüber Israel und Palästina agierten, trug dann 3000 Jahre später nicht gerade dazu bei, die Anglegenheit in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen.

Beide Seiten haben gute bis sehr gute Gründe, das Handeln der jeweils anderen Seite als "terroristisch" aufzufassen - also liegt wie so oft auch noch ein Kampf um die Interpretationsmacht vor.

Die Gültigkeit des Aspektes der "Staatlichkeit versus privatem Terrorismus" hängt dabei ganz elementar von der Interpretation ab. Wenn Privatleute per se im Falle oragnisierter Gewalt als Terroristen zu gelten haben, gibt es keinen legitimen privaten Widerstand gegen das gewalttätige Vorgehen eines anderen Staates - wenn das so gesehen werden soll, dann aber bitte auch im Falle des deutschen Widerstands, der französischen Resistance und in tausend anderen Fällen, in denen unsere Medien wohlwollend von Widerstandskämpfern statt von Terroristen sprechen. Wenn es subtiler betrachtet werden soll, warum verweigert man der Hisbollah diese subtile Betrachtungsweise?

Was Israel tut und was die arabischen Widerstandsorganisationen tun - beides ist vor allem eines: entsetzlich dumm. Dabei sitzt allerdings derzeit Israel durch die Unterstützung der USA am längeren Hebel, und das wird solange bleiben, bis es den Arabern gelingt, sich politisch zu solidarisieren und eine der NATO vergleichbare Organisation auf die Beine zu stellen. Danach werden die Würfel neu gerollt, so in 200 oder 300 Jahren.

janw
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Fr 21. Jul 2006, 11:25 - Beitrag #26

Alle organisierten, gegen eine Staat gewalttätigen Gruppen als Widerstandsgruppen zu bezeichnen, auf den ersten Blick sicher ein Gedanke...aber sind da nicht doch qualitative Unterschiede in den Methoden zu erkennen? Die Resistance, verübte sie nicht eher gezielte Sabotage gegen staatliche Einrichtungen und Organe, anstatt gezielt die einfachen Menschen anzugreifen?
Gut, das mag auch mentalitätsbedingt sein oder in den lokalen Gegebenheiten begründet...Mag auch sein, daß ich ein unvollständiges Bild von der Resistance habe. Der deutsche Widerstand hat jedenfalls sehr lange darüber gestritten, ob Gewalt gegen Menschen, ein Attentat auf Hitler ein moralisch zulässiges Mittel ist.

Was die Dummheit des Vorgehens betrifft, stimme ich Dir aber uneingeschränkt zu.

Gäbe es andere Alternativen? Ziviler Ungehorsam. Aber der erfordert, daß die betreffende Gruppe Teil des Landes ist, und sich die Konsequenzen des Ungehorsams leisten kann, z.B. Einkommensverluste.
Mal so betrachtet...der israelische Bewässerungsfeldbau ist eigentlich unheimlich anfällig für Sabotage...ich sag nur E 605 oder Roundup. :rolleyes:

Eine Solidarisierung der Araber gab es ja mal, in der Arabischen Liga. Aber letztlich verfolgen IMHO die Staaten alle vorrangig ihre eigenen Interessen, gemeinsam ist ihnen, daß die meisten von ihnen Öl verkaufen müssen, um überhaupt Einnahmen zu erzielen, und daß ihnen Israel nicht recht behagt. Ich fürchte, daß einigen, wie Syrien, Iran und vielleicht auch Saudi-Arabien ein Verschwinden Israels aber auch nicht wirklich behagen würde, weil der gemeinsame Feind ein wunderbares Mittel zur innenpolitischen Stabilisierung des eigenen brüchigen Regimes ist.

Ipsissimus
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Fr 21. Jul 2006, 12:42 - Beitrag #27

der deutsche Widerstand hat praktisch ausschließlich darüber gestritten, ob es mit der Ehre von Offizieren vereinbar ist, den auf Hitler geleisteten Treueeid zu brechen^^ eine geringfügige Schwerpunktverlagerung^^ die gleichen Offiziere hatten keine Bedenken, "an der Front" tödliche Gewalt gegen Menschen auszuüben

"qualitative Unterschiede in den Methoden" - sprach ich nicht vom Kampf der Interpretationen? Wer stellt denn die Unterschiede fest und bewertet sie? Zenmeister-Teams? Wohl kaum, und damit hast du Voreingenommenheit als wesentliches Entscheidungskriterium, egal auf welcher Seite.

Ziviler Ungehorsam funktionierte in 2 historischen Situationen, Unabhängigkeit Indiens und der Aufstand in der CSSR gegen die Sowjetunion (wobei in der letzteren Situation die Geschichte doch noch kippte, als die Regierung abgesetzt und die Unterstützung des zivilen Ungehorsams ausblieb). Damit sowas funktioniert, brauchst du extreme charismatische Führungspersönlichkeiten, was Gandhi und Dubcek zweifelsohne waren, plus eine geeinigte Bevölkerung, plus den geeigneten historischen Augenblick. Von daher würde ich in Bezug auf den Vorderen Orient sagen: Vergiß es.

Wegen deines letzten Absatzes sagte ich ja auch "so in 200 bis 300 Jahren"^^

Maurice
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Fr 21. Jul 2006, 13:33 - Beitrag #28

Ich stimme Ipsi zu (wenn ich ihn richtig verstanden habe) dass es eine Sache der Perspektive ist, ob jemand ein "Terrorist" oder ein "Befreihungskämpfer" ist. Je nachdem auf welcher Seite man steht. Als einen neutralen Ausdruck erscheint mir "Widerstandskämpfer", da ich mir vorstellen kann, dass dieser Ausdruck von beiden Seiten benutzt werden könnte. Ich würde also sagen, dass es an sich nur Widerstandskämpfer gibt und erst der persönliche Standpunkt diese zu "Terroristen" oder zu "Befreiungskämpfer" macht. Zum persönlichen Standpunkt gehört auch, welche Mittel des Widerstandes man als legitim ansieht. An sich gibt es eine solche Einteilung imo nicht.

@jan:
Natürlich bin ich alles andere als für die Hisbollah, aber man darf sie nicht überdramatisieren - bitte, was hat sie gemacht? 5-10 Israelis sind wohl umgekommen, 5-10 zu viele, aber nichts im Vergleich zu den Hunderten Libanesen und den Tausenden, die alles verloren haben.

Lykurg, tja, sicher darf man Opfer nicht gegen Opfer aufrechnen.

Mir fällt es schwer, in dem zuerst zitierten Absatz keine wie auch immer geartete Aufrechnung von Menschenleben zu sehen. Ich selbst finde das auch nicht schlimm, wundere mich nur etwas, dass das von dir kommt, als jemand der dem Leben eines Menschen einen absoluten intrinsischen Wert unterstellt. ;)

Die Maschine
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Fr 21. Jul 2006, 18:56 - Beitrag #29

Was mich an dem ganzen Krieg sauer macht, ist die Tatsache, dass es ein Krieg wie jeder ist, der auf den Schultern armer Menschen ausgetragen wird.
Israel hat gesagt, dass sie eine Bodenoffensive im Südlibanon plant, man bittet alle Anwohner in den Norden zu reisen...
Ich muss in aller Deutlichkeit kritisieren, dass die Tatsache, dass es ältere Leute gibt, denen es schwer fällt in den Norden zu reisen, weil sie keine ausreichenden Transportmöglichkeiten haben, nicht im Mindesten beachtet wird.
Frei gemäß dem Motto: "Wir geben euch bis da und da hin Zeit; wenn ihr dann nicht weg seid -> euer Problem."

Unglaublich sowas.

Malte279
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Fr 21. Jul 2006, 19:33 - Beitrag #30

Ich will auf keinen Fall das "Vorgehen" Israels schönreden oder irgendetwas an Deiner vollkommen berechtigten Feststellung in Frage stellen dass nicht alle Bewohner der Gebiete die wohl angegriffen werden die Möglichkeit haben zu fliehen. Aber würden wir es für besser halten wenn Israel angreifen würde ohne den Zivilisten die dazu in der Lage sind die Möglichkeit zu geben zu fliehen?
Ich möchte wirklich nichts schönreden, aber es gibt durchaus Militärführer die der Ansicht sind, dass der Aufruf ein bestimmtes Gebiet bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verlassen höhere Verluste auf Seiten der Angreifer verursachen kann, da der "Gegner" weiß wann und wo der Angriff erfolgen wird.
Es gibt so vieles am Vorgehen Israels auszusetzen dass ich es für unnötig halte sich jetzt auf die Aktionen einzuschießen die zumindest der Versuch sein sollen die Verluste bei der libanesischen Bevölkerung (und damit natürlich auch den Imageschaden Israels) zu beschränken.

Die Maschine
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Fr 21. Jul 2006, 19:51 - Beitrag #31

Ja stimmt schon...

und den Rest, der da bleibt/bleiben muss und umkommt, bezeichnet man dann als "Kollateral-Schaden"...

Ach Mensch... so ein Pazifist wie ich es bin hat in der heutigen Welt keine Zukunft mit seiner Meinung.

janw
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Fr 21. Jul 2006, 20:53 - Beitrag #32

Ipsi, das mit der Ehre der Offiziere war mir entfallen, danke für die Zurechtrückung^^

Wenn Zenmeister in die Politik gingen, gäbe es dann weniger Voreingenommenheit? Oder schlicht weniger Zenmeister?^^


Maurice, die Aufrechnung machen andere, mir ging es nur darum, deren Unverhältnismäßigkeit bei der Wahl der Mittel und in den Folgen zu kritisieren.
Weil ich dabei selbst mißverstanden werden konnte, habe ich die Aussage danach entsprechend zurechtgerückt.

Lykurg
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Fr 21. Jul 2006, 22:43 - Beitrag #33

Die Maschine, das sehe ich anders; Pazifisten können durchaus noch hoffen, auch wenn der Terrorismus die Sache nicht eben leichter macht. Wie Malte279 sehr einleuchtend darstellte, ist die Vorankündigung des Angriffs eine eher ungewöhnlich zivilistenschonende Maßnahme. Sie wird bedauerlicherweise voraussichtlich viele israelische Soldaten das Leben kosten. Dementsprechend wird wohl längerfristig die Forschung in Richtung intelligenter Waffen, die bei möglichst geringen zivilen Opfern militärische Ziele aus der Ferne punktgenau zerstören können, verstärkt werden, um auf beiden Seiten Opfer so weitestgehend wie möglich zu vermeiden.

Was auch auf längere Sicht nicht zu erwarten ist, ist der totale Frieden - dafür sind die Menschen offensichtlich noch nicht reif. Es gilt stattdessen, einen möglichst friedlichen Zustand zu erreichen: in einem möglichst großen Teil der Welt Frieden und lebenswerte Zustände zu schaffen, und diese Zone überall dorthin auszudehnen, wo man nicht mit Waffengewalt daran gehindert wird. Die Sehnsucht nach wahrem Frieden 'von innen heraus' wird auch in einer solchen Welt sicherlich nicht abnehmen, insofern hat deine Meinung wohl noch ziemlich viel Zukunft vor sich. :(

Und ja, die Bezeichnung 'Kollateralschaden' hat sich eingebürgert, insofern ist nicht auszuschließen, daß sie auch hier wieder verwendet wird. Ich habe sie allerdings in den letzten Jahren weit seltener gehört als im Kosovokrieg.
Ich sehe aber auch nicht genau, was deine lapidare Feststellung bezweckt - denn daß es zivile Opfer gibt und geben wird, ist bekannt; und diese furchtbare Gewißheit wird durch die Bezeichnung als 'Kollateralschaden' um keinen Deut besser oder schlimmer. Man könnte auch ein anderes Wort dafür einsetzen - was auch geschieht, um diejenigen zu besänftigen, die sich an diesem Wort stören, um dann auf ein anderes hereinzufallen.

janw, fraglich ist doch auch, worauf man den Angriff Israels bezieht. Als Reaktion auf die Geiselnahme dreier Soldaten ist er überzogen. Verständlich ist er nur aus der seit vielen Jahren unverändert gezeigten Entschlossenheit der Hisbollah, Israel zu vernichten und soviele Israelis wie möglich zu töten (und zwar ohne Rücksicht auf Frauen und Kinder). Der jetzige Versuch, der Organisation möglichst schweren Schaden zuzufügen, ist die frustrierte Folge jahrzehntelanger, immer wieder von schweren Anschlägen unterbrochener Verhandlungen, in denen die Bereitschaft zum Entgegenkommen quasi gleich null war. Ich meine nicht, daß dieser Feldzug sonderlich erfolgsversprechend im Kampf gegen eine solche Hydra sein könne, und finde die gewählten Mittel ziemlich fragwürdig. Aber ich habe viel Verständnis für die Situation, aus der heraus der Entschluß dazu fiel.

janw
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Sa 22. Jul 2006, 00:29 - Beitrag #34

Zitat von Lykurg:Verständlich ist er nur aus der seit vielen Jahren unverändert gezeigten Entschlossenheit der Hisbollah, Israel zu vernichten und soviele Israelis wie möglich zu töten (und zwar ohne Rücksicht auf Frauen und Kinder). Der jetzige Versuch, der Organisation möglichst schweren Schaden zuzufügen, ist die frustrierte Folge jahrzehntelanger, immer wieder von schweren Anschlägen unterbrochener Verhandlungen, in denen die Bereitschaft zum Entgegenkommen quasi gleich null war.

Naja, die Gründung Israels war von vorneherein nicht auf gute Nachbarschaft ausgerichtet, von anfang an wurde der ortsansässigen Bevölkerung das Land gestohlen, ihre Felder und Gärten verwüstet, sie vertrieben. Letztlich ist auch der Hass der Palästinenser vor diesem Hintergrund nur allzu verständlich. Mit Ipsi kann man die Reihe noch weiter fortsetzen, bis zur Landnahme durch Mose.

Ich weiß es nicht so recht, ging es Israel je - abgesehen unter Rabin - darum, wirklich einen Frieden für ein bekömmliches Auskommen beider Seiten zu erzielen, ging es nicht immer darum, als Starker Ruhe mit den umgebenden Schwachen zu haben?
Gut, nach ähnlich einseitigen Interessen könnte man auch bei den Umgebenden fragen...
Ich frage dies bewußt, weil ich mir nicht sicher bin.

Letztlich ist der Konflikt jetzt aber von starker Instrumentalisierung gekennzeichnet - ich bin mir ziemlich sicher, daß der Iran oder Syrien sich weniger um die Palästinenser kümmern würden, wenn die nicht so geeignet wären, von den eigenen Problemen abzulenken.

Übrigens, eins sollte auch mal gesagt werden...amnesty hat die Palästinenser scharf kritisert, weil die auch Kinder als Waffenkuriere einsetzen oder zumindest eingesetzt haben. Barbaren sind doch überall... :o

Lykurg
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Sa 22. Jul 2006, 00:53 - Beitrag #35

Die Frage, wem das Land 'gehört', halte ich schon längst nicht mehr für lösbar. An dieser Stelle ließe sich höchstens überlegen, wer es besser nutzen kann - und wie Frieden am besten zu gewährleisten ist.

Und wenn wir schon beim gegenseitigen Einlenken sind^^:
Ich fand es absolut indiskutabel und hätte es mir auch so nicht vorstellen können, daß der israelische UN-Botschafter die Hisbollah als "Tiere" bezeichnete (in einer Pressekonferenz, die vorgestern in der Tagesschau gezeigt wurde). :boah:

Ich bin überzeugt davon, daß es Israel die meiste Zeit tatsächlich um Frieden ging, allerdings schon deshalb um einen Frieden der Stärke, weil bis in die 80er das Verhältnis zu sämtlichen Nachbarländern extrem feindschaftlich war und der Frieden daher bei Anzeichen der Schwäche nicht überdauert hätte.

janw
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Sa 22. Jul 2006, 10:20 - Beitrag #36

"Tiere", ja, so weit musste es kommen. :(

Mir dämmert irgendwo, daß die zionistischen Siedler 1949, einige ja auch schon davor, teilweise ein recht ähnliches Bild hatten von den Menschen, die dort lebten - sicher nicht alle, aber einige kamen wohl mit dem Gedanken "Jetzt kommen wir, und die andern...müssen sehen, wo sie verhungern"...
da gab es mal einen Bericht über die zionistischen Gründer im Deutschlandfunk vor einiger Zeit, in dem es etwa so ausgedrückt wurde.
Aber gut...die Umgebung hat nicht gerade dazu beigetragen, andere Kräfte zu fördern.

Ich brauch mal wieder was zu lachen, werd mir mal den Blaumilchkanal besorgen^^

Elbereth
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So 23. Jul 2006, 09:41 - Beitrag #37

Ich finde das Vorgehen von Israel genauso unangemessen wie janw, da entführt eine politische Gruppierung einige Soldaten, und da werden direkt zivili Ziele bombardiert. Und jetzt sind die auch noch mit Panzern da einmarschiert :boah: Wenn das kein Angriffskrieg ist :rolleyes: Aber das stört anscheinend keinen... Es bringt irgendwie nicht so viel, ganz allgemein Frieden zu fordern, ohne dabei konkrete Forderung an bestimmte Regierungen aufzustellen oder irgendwie deutlicher und resoluter seine Meinung zeigen, aber dazu scheinen in Europa nicht so viele Politiker imstande zu sein...

Zum Thema angemessener Gegenschlag:
Insgesamt sind dem Konflikt schon mehr als 370 Libanesen und etwa 35 Israelis zum Opfer gefallen.

:rolleyes:

janw
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So 23. Jul 2006, 11:38 - Beitrag #38

Zitat von Lykurg:Die Frage, wem das Land 'gehört', halte ich schon längst nicht mehr für lösbar. An dieser Stelle ließe sich höchstens überlegen, wer es besser nutzen kann

Letzteres klang ein paar Male bei Dir an...siehst Du in der Landnutzung durch effizienten Bewässerungsfeldbau gegenüber der Landnutzung durch Kleinbauern und Wanderhirten ein das Landbesitzrecht beeinflussendes Kriterium?

Könnte es sein, daß alle Einlassungen bezüglich Menschen, Recht und Freiheit nur vergebliche Mühe sind, tauglich allein zur medialen Verpackung und Verschleierung dessen, daß der ganze Konflikt nur Teil eines großen Spiels ist, das sich um Macht und die Mehrung von Reichtum dreht?
Weapons make the world go round, round, round :crazy:

Lykurg
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So 23. Jul 2006, 12:36 - Beitrag #39

Nun, wir haben dortzulande ziemlich viele Menschen, die sich um das Land streiten. Es erscheint mir tatsächlich sinnvoll, darüber nachzudenken, wie man es so vergeben kann, daß möglichst viele Menschen vom Produkt dieses Landes ernährt werden können. Mir ist dabei klar, daß die vorwiegend israelische Bewässerungswirtschaft gegenüber der Kleinbauern- und Wanderhirtenschaft der Palästinenser großenteil finanzielle Gründe hat. Das liegt aber zu einem erheblichen Teil auch darin begründet, daß die üppigen Zahlungen der arabischen Länder, aber auch der EU und anderer westlicher Bündnisse an Palästinenserorganisationen im Wesentlichen in Waffenkäufen und im allgegenwärtigen Korruptionssumpf (bzw. den Privatkassen von irgendwelchen Clans) versickern, statt zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen zu führen. Und das Land ist zu wertvoll, um es quasi ungenutzt liegenzulassen.

Und ja, natürlich geht es in diesem Krieg, wie in jedem, um Reichtum. In diesem Fall insbesondere um den Luxus eines Lebens in Sicherheit - Sicherheit vor dem wöchentlichen Selbstmordanschlag im Café, vor den täglich fliegenden Raketen, den stündlich geworfenen Steinen.

Außerdem geht es bei den zu den Golanhöhen gerechneten 'Sheeba-Farmen', die die Hisbollah für den Libanon beansprucht, auch um die Wasserversorgung der oben erwähnten Landwirtschaft. Dieser Aspekt ist aus der Kalkulation selbstverständlich nicht auszuschließen. Zugleich geht es aber auch für Hamas und Hisbollah ums Ganze, insbesondere um ihr Bild in der arabischen Welt, von dem eben auch ihre Finanzierung abhängt. Ein Krieg, in dem es nicht auch ums Geld ginge? Mir fällt keiner ein. Aber ist das allgegenwärtige Streben nach Reichtum wirklich dazu imstande, das Faktum des Krieges auch nur marginal schlimmer zu machen? :|

sony
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So 23. Jul 2006, 13:52 - Beitrag #40

Aso meiner Meinung nach ist die Reaktion Israels auf die Geiselentführung auch etwas deftig ausgefallen. Nur, was wissen wir was da sonst noch abgeht. Interessant ist, dass diese Eskalation nach der Fussball-WM angefangen hat... Die Situation Israels, umgeben von Staaten die Israel am liebsten weg habem möchten kommt der ganzen Sach einen zusätzlichen Kick zu. Die Vorstellung, dass Deutschland umgeben wäre mit Nachbarn die nur eins im Kopf haben nämlich die Zerstörung, kann die Handlung von Israel mehr verständlich machen.
Wegen Israel wird ein 3. Weltkrieg stattfinden. Ich kauf schon mal Konservedosen ein.

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