Arbeitslosengeld nach Alter/Beitragsjahren?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Yanāpaw
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Mi 29. Nov 2006, 22:11 - Beitrag #21

Ipsissimus,

selbstverständlich herrscht in der BRD Lobbyismus, jede Demokratie mit freier oder sozialer MArktwirtschaft weist einen unterschiedlich ausgeprägten Lobbyismus auf, das liegt zum einen in der NAtur der Sache, zum anderen in der Natur des Menschen. Aber wenn nicht intelligente Menschen, wie du aufbegehren, wer dann? Von der absoluten Mehrheit, der Bevölkerung, den Bild-Magazin Lesern, erwarte ich keine konstruktive Kritik, keinen Widerstand gegen Ungerechtigkeit und von den intelligenten Mächtigen auch nicht, sie sind ja die Nutznießer der Ungerechtigkeit, aber von intelligenten Menschen, die nicht Teil der Ausbeutungs- und Betrugsmaschinerie sind, von denen erwarte ich, dass sie aufbegehren, dass sie ihre Pflichten als mündiger Staatsbüger wahrnehmen.
Was ich jetzt sage ist sehr frech und ich hoffe du verzeihst es mir, es ist auch nicht meine Art über Menschen zu urteilen, aber es liegt imo in der Natur des Zynismus als Lebenseinstellung, dass er Selbstschutz ist, dass er Kompensation der Resignation ist. Ich kann nicht aktzeptieren, dass intelligente Menschen resignieren und sich hinter dem Vorwand unbesiegbarer Feinde verkriechen, wenn nicht sie kämpfen sollen, wer dann? Kampf bedeutet ja nicht Demonstration, obschon das nicht schlecht wäre, es kann auch Warenboykott sein, nationale Arbeitsniederlegung, Abwählen der "Volksparteien", Diskussion und Aufklärung von Mitmenschen, nicht alles sind Kampfesformen die großen finanziellen Aufwand erfordern, oder große Opfer. Und wenn das alles zu viel ist, dann wenigstens die Bereitschaft zum offenen Dialog.


Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.
Alles was es zum Sieg des Bösen braucht, ist Resignation des Guten.
Auch der weiteste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.


P.S. Ich bin mir der Ironie sehr wohl bewusst, dass ich dir etwas vom Leben erzählen will und dass du dem kaum mehr als ein Schmunzeln abgewinnen wirst, aber es besteht die Möglichkeit, dass du anfängst zu argumentieren und diese Möglichkeit legitimiert den Versuch ^^

Ipsissimus
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Mo 4. Dez 2006, 14:51 - Beitrag #22

es möge kämpfen, wem nach Kämpfen zumute ist

Yanāpaw
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Di 5. Dez 2006, 01:05 - Beitrag #23

Mir wäre nach diskutieren zumute nicht unbedingt nach kämpfen, aber entweder sind alle meiner Meinung oder aus Zeitgründen zieht sich das noch.

Ipsissimus
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Di 5. Dez 2006, 12:24 - Beitrag #24

wahrscheinlich weder noch^^ aber Debatten dieser Art können nutzbringend imo nur von Menschen mit ähnlicher weltanschaulicher Basis miteinander geführt werden, etwa von Liberalen unter sich, von Alt-68ern unter sich, von CDUlern unter sich usw. Dann geht es nämlich nur noch darum, die Details zu klären, und deine logisch-axiomatische, also rationale Vorgehensweise ist gruppenimmanent gewahrt und kann der Verwirklichung der jeweiligen Gruppenziele dienen.

Sprechen aber Menschen unterschiedlicher weltanschaulicher Basis miteinander, ist´s nicht mehr gar so einfach. Die Huis des einen Weltbildes sind die Pfuis des anderen, und wie wir sehen, können wir uns ja noch nicht mal drüber einigen, in welchem Kontext wir über die zur Debatte stehenden Fragen diskutieren. Du willst aus meiner Sicht der Dinge eine "technische" Diskussion, die für mich nicht in Frage kommt, weil ich das für die falsche Art von Zynismus halte (ganz ähnlich, wie ein Sklavenhalter ganz sachlich über die Probleme der technischen Durchführung des Sklavenhaltens referieren kann, aber ich würde mich trotzdem nicht zu einer Diskussion auf dieser Ebene des Zynismus herablassen).

Die Lage der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern ist Folge des Umstandes, daß in diesen Ländern die Belange der Industrie unendlich viel mehr gelten als die Belange der Bevölkerung. Die vielleicht zu irgendeinem vergangenen Zeitpunkt mal gültige Gleichung "gut für die Wirtschaft = gut für die Bevölkerung" gilt schon lange nicht mehr, "gut für die Wirtschaft" ist Privileg und Selbstzweck der Shareholder geworden. Dies konsequent als "axiomatische Basis" zu akzeptieren und davon ausgehend "rational" über die Verteilung der verbliebenen Almosen zu diskutieren - und dazu die Diskussion noch zu einer Beschimpfung der "anmaßenden" Almosenempfänger, jener Species von "Sozialmissbrauch betreibenden Parasiten" also, zu nutzen - ist mir entschieden zuviel des falschen Zynismus.

Yanāpaw
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Di 5. Dez 2006, 18:46 - Beitrag #25

Ipsissimus,

diese Sichtweise, die du vorträgst ist einer der maßgeblichen Gründe, warum es auf der Welt niemals Konfliktfreiheit geben wird, warum der Terror nie im Dialog bekämpft werden wird, warum er schlechthin nie besiegt werden wird und warum durch Dialog selten Fortschritte erzielt werden, weil niemand bereit ist sein Definitionssystem zu verlassen. Glaubst du einen Hisbollah-Krieger interessiert deine Einstellung zu Menschrechten der Juden? Glaubst du einen israelischen Soldaten interessiert deine Einstellung zur Menschrechte der Palästinenser? Wenn du ncht in der Lage bist, außerhalb deines Normen und Wertesystems zu argumentieren verschließt du dich 95% jeglicher Diskussion, zumal du dein Definitionssystem nicht nur vom Rahmen her absteckst sondern präzise ausdefinierst, so präzise, dass die Menschen, die dein Wertesystem adaptieren, deine Meinung gleich mit adaptieren. Wozu dann diskutieren, wenn alle gleicher Meinung sind? Eine Diskussion wird durch grundsätzlich verschiedene Definitionssysteme verhindert, wenn keine Seite ihres verlässt, oder man sich auf eines einigt. Selbstverständlich können Konservative mit Liberalen über Wirtschaftspolitik diskutieren, sofern sie eine Basis der Diskussion finden, das sollte die Realität sein.

Ich verurteile Sklavenhaltung und kann dennoch über Vor-und Nachteile diskutieren, ich verurteile Terrorismus, aber ich kann trotzdem im Definitionssystem eines Terroristen nach logischer Inkonsistenz suchen, egal ob ich Atheist oder Polytheist bin, ich kann dennoch ein anthropomorphes Gottesbild diskutieren, das kann ich auch als Christ. Diese Fähigkeit nicht zu besitzen ist sehr schade und sich einer Diskussion im Vorneherein zu verschließen, nur weil ein anderes Wertesystem zugrunde gelegt wird, das ist imo sehr, sehr arm. Zumal du ein Definitionssystem skizzierst, dass weder praktikabel noch realistisch ist. Was alles so schön wäre, wenn was wie wäre, interessiert bei der jetztigen Arbeits- und Wirtschaftspolitik gar nicht, überhaupt gar nicht. Sich vor jeder Frage zu verschließen, die irgendwas mit irgendwelchen Menschrechtsverstößen zu tun hat, da kannst du natürlich über sehr viel sprechen. Warum diskutierst du über Epikur? Das war ein Kinderschänder, ein Sklavenhändler und ein Selbstdarsteller. Glaubst du Diogenes hat nie mit kleinen Knaben gespielt, trotzdem liest du 10 Bücher von ihm. Die Liste ist endlos lang, komisch, dass du da keine Probleme hast. Warum kannst du die Lehre Epikurs von Epikur losgelöst diskutieren, aber Politik nicht von der dadurch bereits verursachten Ungerechtigkeit losgelöst?

Ipsissimus
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Mi 6. Dez 2006, 13:46 - Beitrag #26

Yanāpaw

es ist nicht meine Sichtweise, die dazu führen wird, denn diese "Sichtweise" schildert nur ein Phänomen, liegt diesem aber nicht zugrunde.

zu deiner Kritik in deinem zweiten Absatz: es wäre überzeugender, du könntest bei aller Verurteilung des Terrorismus im Definitionssystem des Terroristen nach logischer Konsistenz suchen, statt nach Inkonsistenz. An dieser Stelle verrät der kleine Freudsche Fehler, daß du dort, wo es dir wirklich wichtig ist, auch nicht bereit bist, wertneutral zu diskutieren. Unterstützt durch den Umstand, daß du an anderer Stelle auch die wertneutrale Diskussion der Vor- und Nachteile des Nationalsozialismus zurückgewiesen hast. Dies läßt den Schluss zu, daß du wertneutral nur deswegen über Sklavenhaltung diskutieren kannst, weil diese erstens historisch zu weit zurückliegt, um dich emotional noch zu erreichen, und du zweitens nicht davon überzeugt bist, daß es heute noch reale Sklavenhaltung gibt. Und auch die Bösartigkeit unserer Sozialpolitik scheint nicht wirklich dein Anliegen zu sein.

Ich wäre daher an deiner Stelle auch vorsichtig damit, anderen geistige Armut zu unterstellen, wo diesen anderen ihre Empathie einfach nur verbietet, in das Geheul der Wölfe einzustimmen.

Und was weißt du bitte von der Komplexität meiner Urteilsfindung, davon, welcher intellektuelle Aufwand dahinter steht, ehe ich sage, dies ist nicht satisfaktionsfähig, jenes gerade noch, und solches bedarf keiner Satisfaktion? Ziemlich genau nichts.

e-noon
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Mi 6. Dez 2006, 18:42 - Beitrag #27

es wäre überzeugender, du könntest bei aller Verurteilung des Terrorismus im Definitionssystem des Terroristen nach logischer Konsistenz suchen, statt nach Inkonsistenz. An dieser Stelle verrät der kleine Freudsche Fehler, daß du dort, wo es dir wirklich wichtig ist, auch nicht bereit bist, wertneutral zu diskutieren.


Ich denke, es lässt sich im Idealfall wertneutral diskutieren, ohne dem Inhalt der Diskussion wertneutral gegenüber zu stehen. In diesem Kontext ist das (vermutlich nicht Freudisch verfälschte) Suchen nach der Inkonsistenz im Axiomensystem des Gegenüber auch sinnvoll, zuweilen das einzig sinnvolle.

Natürlich kann man dem Gegenüber mitteilen, dass seine Meinung nach dem eigenen Wertesystem falsch ist, aber da der Gesprächspartner ein anderes Wertesystem hat, wird ihn das wenig interessieren. Daher ist es erfolgversprechender, die "Überlegenheit" der eigenen Meinung im Wertesystem des Gegenübers zu begründen, wenn das möglich ist.
Es geht also darum, mit einer aus dem eigenen System entnommenen Zielsetzung zu diskutieren, dabei aber nicht das eigene System als Diskussionsgrundlage zu nehmen. Die logische Inkonsistenz zwischen Grundlagen und Meinungen des Gegenübers aufzuzeigen, so sich eine findet, oder (bei einem Politiker) die logische Inkonsistenz zwischen seiner Meinung und den angeblichen Gründen dafür, ist dabei schon ein Teilerfolg.



Dies konsequent als "axiomatische Basis" zu akzeptieren und davon ausgehend "rational" über die Verteilung der verbliebenen Almosen zu diskutieren - und dazu die Diskussion noch zu einer Beschimpfung der "anmaßenden" Almosenempfänger, jener Species von "Sozialmissbrauch betreibenden Parasiten" also, zu nutzen - ist mir entschieden zuviel des falschen Zynismus.
Wenn die Alternative ist, die Sache auszuschweigen und damit die Chance zu vertun, wenigstens die "Almosen" an die wirklich Bedürftigen weiterzuleiten, scheint mir dieser Zynismus immer noch die weniger schlechte Wahl. Es ist schade, dass wenige sich auf Kosten vieler bereichern, und es kann nicht oft genug betont werden; dennoch sollte man imo versuchen, die verbliebenen Mittel so zu verteilen, dass sie den höchsten Nutzen (an Glück für Menschen) erzielen. Ein Weg dahin kann sein, die zu verurteilen, die sich ohne Not an den Sozialleistungen bereichern, auch wenn sie nicht zu den Verwerflichen gehören, die ihre Zahnbürste vergolden lassen können und ihre Konten in der Schweiz haben.

janw
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Mi 6. Dez 2006, 22:01 - Beitrag #28

Mie fehlt gerade leider immer noch die Zeit, hier grundsätzlich einzusteigen, aber eins kann ich mir gerade nicht verkneifen.

Nach meiner Beobachtung, d.h. Beobachtung an von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen, der damit befassten Verwaltung und der diese letztlich zu verantworten habenden Politik komme ich zu dem Schluss, daß möglicherweise niemand ernsthaft beabsichtigt, Arbeitslose in wirklich relevantem Umfang wieder in Arbeit zu bringen, selbst Arbeitsvermittler, die sich ihren Beruf zur Aufgabe machen, werden schnell eines besseren belehrt.^^
Selbst, wenn ernsthafte Absicht bestünde, ist das System so gestaltet, daß dieses Ziel de facto nicht erreicht werden kann. Politik weiß das offenbar und handelt erwartungsgemäß so, daß diese Mißstände kaschiert werden: sie delegiert die Verantwortung auf die Betroffenen, indem sie diesen pauschalen Arbeitsunwillen, Leistungsmißbrauch u.ä. unterstellt.
Ich weiß nicht, ob Bosheit hierfür nicht ein zu milder Ausdruck ist...

Yanāpaw
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Mi 6. Dez 2006, 22:07 - Beitrag #29

Ipsissimus,

zu deiner Kritik in deinem zweiten Absatz: es wäre überzeugender, du könntest bei aller Verurteilung des Terrorismus im Definitionssystem des Terroristen nach logischer Konsistenz suchen, statt nach Inkonsistenz. An dieser Stelle verrät der kleine Freudsche Fehler, daß du dort, wo es dir wirklich wichtig ist, auch nicht bereit bist, wertneutral zu diskutieren.


Ich habe mich ausführlich mit der Thematik beschäftigt, mir eigens dafür eine Übersetzung des Koran erworben und mich in die Hadith eingelesen und bereits an mehrere Stellen Inkonsistenz in dem Definitionssystem des Terrorismus gefunden, nach Konsistenz brauche ich daher nicht mehr zu suchen, denn die wird durch eine inkonsistente These bereits verhindert. Ich bin sehr wohl bereit wertneutral über jedes Thema zu diskutieren, sofern sich eine Diskussionsbasis findet und ich schließe auch den NS nicht aus, ich weigere mich nur, über die Moral des NS zu diskutieren, weil ich dieses Definitionssystem nicht adaptieren kann.



Dies läßt den Schluss zu, daß du wertneutral nur deswegen über Sklavenhaltung diskutieren kannst, weil diese erstens historisch zu weit zurückliegt, um dich emotional noch zu erreichen, und du zweitens nicht davon überzeugt bist, daß es heute noch reale Sklavenhaltung gibt. Und auch die Bösartigkeit unserer Sozialpolitik scheint nicht wirklich dein Anliegen zu sein.


Dieser Schluss ist möglich, aber nicht richtig. Ich weiß um die faktische Sklavenhaltung in vielen Ländern dieser Erde. Die Bösartigkeit der Sozialpolitik ist derart vielschichtig, das pauschale Schuldzuweisungen in Richtung von Wirtschaft und Politik zum einen faktisch falsch sind und zum anderen an der Komplexität der MAterie scheitern.



Ich wäre daher an deiner Stelle auch vorsichtig damit, anderen geistige Armut zu unterstellen, wo diesen anderen ihre Empathie einfach nur verbietet, in das Geheul der Wölfe einzustimmen.


Ich habe mit arm nicht geistige Armut und auch nicht dich als Mensch sondern diesen speziellen Zug an dir gemeint und das ist keine Unterstellung sondern eine Meinung, sich einer Diskussion gänzlich zu verschließen ist imo genauso falsch (arm) wie nicht wählen zu gehen, insbesondere wenn es nicht aus Faulheit sondern aus Resignation geschieht.


Und was weißt du bitte von der Komplexität meiner Urteilsfindung, davon, welcher intellektuelle Aufwand dahinter steht, ehe ich sage, dies ist nicht satisfaktionsfähig, jenes gerade noch, und solches bedarf keiner Satisfaktion? Ziemlich genau nichts.


Du scheinst mich bewusst falsch verstehen zu wollen. Je präziser einer Definitionssystem ausgestaltet ist, je mehr Regularien und Restriktionen es enthält, desto geringer ist die mögliche Divergenz zwischen zulässigen varianten Meinungen. Das ist nicht wertend sondern logisch. Wenn du da eine Beleidigung hineininterpretieren willst, tu das. Ich werde mich nicht für etwas rechtfertigen oder entschuldigen, was ich nicht gesagt habe.


Edit:

janw,

Was ist denn das für eine Diskussionsgrundlage? Das ist imo Schwarz-Weiß-Sehen sondersgleichen, sozialer Missbrauch ist kein Mythos sondern ein Faktum und einen gegenteiligen Fall als Grundlage zur Beurteilung eines Systems heranzzuziehen kann wohl kaum ernst gemeint sein.

janw
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So 7. Jan 2007, 04:09 - Beitrag #30

Neues Jahr, neue Sau im Dorf^^

Was ist davon zu halten, daß Geringverdiener bzw. Hartz IV-Empfänger mit geringfügigem Einkommen durch eine Steuer-Gutschrift die Sozialversicherungsbeiträge erstattet bekommen sollen?

Ich bin geteilter Meinung.
Zum einen ist es sicher so, daß im Bereich der unregelmäßigen Beschäftigungsverhältnisse die Sozialversicherungsbeiträge mit ihren Mindestbeträgen extrem zu Buche schlagen, so daß den Menschen hinterher praktisch nichts von ihrem Einkommen bleibt, womöglich sogar noch ihr Zuwendungsbetrag gekürzt wird, so daß sie sich schlechter stehen, als wenn sie nicht gearbeitet hätten.
Zum anderen bin ich mit der gewählten Methode nicht ganz zufrieden.
Steuergutschriften kommen immer nur denen zugute, die überhaupt ein zu versteuerndes Einkommen erzielen. Besonders bei zusammen veranlagten arbeitslosen Partnerschaften, möglichst mit Kindern, dürfte sehr oft das steuerfreie Existenzminimum auf das Jahr bezogen nicht erreicht oder nur wenig überschritten werden, so daß für diese Menschen das Modell zum Nullsummenspiel wird.
Besser wäre es IMHO in diesem Zusammenhang, den Sozialversicherungsbeitrag in bar zu erstatten oder das Mindesteinkommen für die Beitragserhebung anzuheben.
Das liefe aber in jedem Falle darauf hinaus, daß entweder die Beitragsbasis der Sozialversicherung noch schmaler würde, als sie jetzt schon ist, oder der Einstieg geschafft würde in die Steuerfinanzierung der Sozialversicherung - in der Krankenversicherung ja gerade ein heißes Eisen zwischen SPD und CDU.
Aber was denkt Ihr?

Lykurg
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So 7. Jan 2007, 13:26 - Beitrag #31

Der Weg, den Beitrag in bar zu erstatten, finde ich äußerst unbefriedigend, schließlich wird dabei überflüssigerweise hin- und herverschoben, was zusätzliche Kosten verursacht; da der Staat mit Geld bekanntlich nicht umgehen kann, ist davon abzuraten. Der Beitrag muß doch ohnehin individuell errechnet werden, vermutlich nach einem äußerst komplizierten Schlüssel? Dann sollte es doch eine Kleinigkeit sein, dem eine Klausel beizufügen, die die niedrigsten Sätze entfallen läßt?

So oder so ist das aber alles Stückwerk. Die Steuerreform, die mir vorschwebt, würde mit jeglichen Mikro-Sozialleistungen und jeglichen Abschreibungsmöglichkeiten Schluß machen, stattdessen an einer fundamental wirkenden Stelle einen sozialen Ausgleich bewirken, der einen menschenwürdigen, an Faktoren wie Lebensarbeitszeit und bestimmte Härtefallregelungen gekoppelten Lebensunterhalt sichert. Das Entfallen der Abstufungen (in fast allen Bereichen der Fiskalpolitik) gegenüber einem zentralen Umverteilungsschlüssel würde massive Einsparungen und faktisch ein massives Mehr an Gerechtigkeit bringen, allein schon weil der ganze Wust an Möglichkeiten, vor dem auch Experten verzweifeln, der den wirklich Bedürftigen zuwenig und verschlagenen Schmarotzern an beiden Extremen zuviel gibt, verschwände.

janw
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So 7. Jan 2007, 14:31 - Beitrag #32

Zitat von Lykurg:Der Beitrag muß doch ohnehin individuell errechnet werden, vermutlich nach einem äußerst komplizierten Schlüssel? Dann sollte es doch eine Kleinigkeit sein, dem eine Klausel beizufügen, die die niedrigsten Sätze entfallen läßt?

Der Beitrag ergibt sich recht einfach, als kassenspezifischer Prozentwert (zwischen 12 und 14 % etwa) des zu versteuernden Einkommens, wenn dieses über der Beitragbemessungsrenze (sowas um 3375 Euro) liegt, bei Einkommen darunter sind es eben 12-14% von 3375 Euro.
Das Problem ist, daß dieses Geld tatsächlich gebraucht wird, es muss also von irgendwo herkommen. Die niedrigsten Sätze entfallen zu lassen, hieße, daß dieses Geld dann fehlen würde. Bei den Geringverdienern frisst der Betrag praktisch das sauer verdiente Geld wieder auf, bestreitet man ihn automatisch aus dem Steuersäckel, landet man bei der Steuerfinanzierung, die gerade zwischen SPD und CDU heiß umkämpft ist - Stichwort Kopfpauschale...

Sicher wäre das Stückwerk, und mir deshalb auch nur als Notlösung akzeptabel.
Was Dir vorschwebt, klingt nach dem Bürgergeld-Modell der FDP - in meinen Augen neben der Initialfunktion in der Umweltpolitik anfang der 70er das einzig verwertbare, das diese Partei zuwege gebracht hat.
Letztlich wird aber auch dies scheitern, wenn es nicht gelingt, zum einen zu sparen, was gespart werden kann und zum anderen die Leistungsfähigen nach ihrem Leistungsvermögen heranzuziehen. Solidarität geht alle an, und das muss sich auch in Starnberg herumsprechen...

Ipsissimus
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Mi 10. Jan 2007, 12:54 - Beitrag #33

Ich denke, es lässt sich im Idealfall wertneutral diskutieren, ohne dem Inhalt der Diskussion wertneutral gegenüber zu stehen. In diesem Kontext ist das (vermutlich nicht Freudisch verfälschte) Suchen nach der Inkonsistenz im Axiomensystem des Gegenüber auch sinnvoll, zuweilen das einzig sinnvolle.


eine wertneutrale Diskussion muss zumindest prinzipiell der Möglichkeit gegenüber offen sein, im gegnerischen Axiomensystem Konsistenz und Stringenz zu finden. Eine Diskussion, die darauf fußt, daß ich von vorn herein nur nach Inkonsistenz suche, ist nicht wertneutral

e-noon
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Mi 10. Jan 2007, 22:25 - Beitrag #34

Wieso? Die Intention ist es nicht, da man natürlich seine eigenen Werte voraussetzt und den "Gegner" (im schlimmsten Fall) von der eigenen Meinung überzeugen will. Dennoch muss die Diskussionsgrundlage nicht das eigene Wertesystem sein, sondern man kann allein auf den Gegner eingehen und ihn auf Irrtümer oder zu große Sicherheiten in dessen Konzept hinweisen, um so das eigene Ziel zu erreichen.

Und warum schließt "nach Inkonsistenz suchen" und "Offenheit gegenüber möglicher Konsistenz" einander aus? Man muss ja nicht gleich alles ausblenden oder verwerfen, was der eigenen Intention entgegensteht; damit würde man wohl auch nicht weit kommen.

janw
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Mi 10. Jan 2007, 23:47 - Beitrag #35

e-noon, es macht einen Unterschied, ob Du nach Inkonsistenz suchst oder schlicht die Argumente und das Axiomensystem auf Konsistenz prüfst - mit welchem Ergebnis auch immer.

Ipsi, was die Illusion von der Veränderbarkeit der Verhältnisse betrifft, gebe ich Dir ja an sich recht, aber kann wissendes Mensch sehenden Auges von seinem Hügel aus die Verhältnisse sich verschlimmern lassen?
Will sagen...ohne das "viele kleine Leute..." der 70er und 80er wäre doch vieles positive nicht erreicht worden. Ist nicht eine gewisse Zweigleisigkeit des Denkens - einerseits um die wahren Hintergründe und ihre notwendigen Folgen wissen, andererseits sich auf die dem zugrundeliegenden systematischen Niederungen einlassen und die gegebenen Möglichkeiten nutzen, diese offen zu legen?

Lykurg, was das "jede zumutbare Arbeit annehmen" betrifft...
Es ist allgemein bekannt, daß die Aufnahme einer weit unter dem Bisherigen angesiedelten Beschäftigung der sicherste Weg ist, weiterhin arbeitslos zu bleiben. Und außerdem sicher zu verarmen, weil der nächste Leistungsanspruch nach dem letzten, eben niedrigeren Einkommen berechnet wird. Ich habe diese Entwicklung in der Familie hautnah miterlebt, und kann nur sagen, daß Politik entweder bereits so weltfremd ist, daß sie davon nichts weiß, oder sie ignoriert es geflissentlich. Das beständige Insistieren von Wertpapierbesitzerverbänden, zuvorderst von dem Wirtschaftswachstum profitieren zu sollen (lieber Dividenden rauf als Löhne), bringt mich dazu, letzteres anzunehmen.

Lykurg
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Do 11. Jan 2007, 01:14 - Beitrag #36

janw, grundsätzlich trifft mich die Frage natürlich schon, aber welchem meiner Beiträge entstammte das Zitat?

janw
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Do 11. Jan 2007, 02:41 - Beitrag #37

Lykurg, sinngemäß z.B. in Beitrag Nr. 9
Das "jede zumutbare Arbeit" hast Du nicht explizit so formuliert, aber mir klang etwas Sinnverwandtes daraus hervor.
Ich würde es nicht als Sabotage bezeichnen, weil ich keine schädigende Absicht dahinter vermute. Dennoch ist sein Verhalten für die Gesellschaft schädlich, und ich für mein Teil halte es für sehr viel ehrenrühriger, über längere Zeit unnötigerweise das soziale Netz zu belasten, als eine Beschäftigung auszuüben, für die derjenige überqualifiziert ist. Die emotionale Belastung, die eine solche Beschäftigung für denjenigen bedeuten kann, ist der schleichenden Verwahrlosng durch Langzeitarbeitslosigkeit gegenüberzustellen.

In dem von mir miterlebten Falle war das Erlebnis, als der arme Idiot behandelt zu werden, der jeden halbwegs schwimfähig scheinenden Strohhalm ergreifen muss - bis dahin, daß "Idiot" seinen unfähigen, aber schon länger in der Firma tätigen Mitarbeiter soweit ertüchtigen soll, daß er seine Stelle einnehmen kann, wenn er selbst wieder herauskomplimentiert wird - , dieses "wir haben hier so einen Typen, mit dem wir alles machen können, und das machen wir auch", fast schlimmer als das sich selbst einen Sinn in der Arbeitslosigkeit geben, das sich der Verwahrlosung entgegenstellen.

Ipsissimus
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Do 11. Jan 2007, 10:59 - Beitrag #38

da man natürlich seine eigenen Werte voraussetzt und den "Gegner" (im schlimmsten Fall) von der eigenen Meinung überzeugen will.


nur, was sollte den "Gegner" dazu bewegen, die Welt mit unseren statt mit seinen Augen zu sehen, oder überhaupt nur mit uns über sein Wertesystem zu sprechen, wenn in dieser Diskussion unser Wertesystem nicht genauso Gegenstand der Hinterfragung sein soll wie seines?

aber kann wissendes Mensch sehenden Auges von seinem Hügel aus die Verhältnisse sich verschlimmern lassen?


ja^^

oder siehst du irgendetwas auf der Welt, was dich zu der Annahme veranlasst, es sei in einem erwähnenswerten Umfang anders? Es ist ja weithin sogar noch viel krasser - die Verschlimmerung der Verhältnisse wird nicht nur hingenommen, sondern sehenden Auges herbeigeführt und/oder als Waffe benutzt. Oder meinst du mit "wissendes Mensch" unsereins? Willst du in die Politik oder Wirtschaftsfunktionär werden, um was zu ändern? Viel Spaß^^

janw
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Do 11. Jan 2007, 13:30 - Beitrag #39

Unsereins^^
Ich glaube einfach noch zu sehr an das "viele kleine Leute..." und an die Kraft des Wassertropfens...^^

Ipsissimus
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Do 11. Jan 2007, 13:37 - Beitrag #40

die Hoffnung stirbt zuletzt und tut am längsten weh^^

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