Wie die Regierungen unsere Zukunft verspielen

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Mo 26. Feb 2007, 11:57 - Beitrag #21

Der Störfall von Harrisburg wurde am Tag selbst noch bekannt. Und unser "Glück" liegt in der überlegenen Sicherheit der wassermoderierten gegenüber graphitmoderierten Reaktoren. Tschernobyl war eine Kombination aus technischem, vor allem bauartlich bedingtem, und menschlichem Versagen, das seinerseits durch technische Mängel verstärkt wurde. Mit dem "Ort in Norditalien" meinst du Seveso - immerhin wurde dort relativ schnell gehandelt, und innerhalb weniger Jahre die Verschmutzung beseitigt. Der "Export" von Verschmutzungen nach Indien konnte geschehen, weil dort niemand die Lebensumstände der Paria der Rede wert fand und dementsprechend notwendige Regelungen nicht erlassen wurden. Aufschlußreich finde ich etwa die vom unabhängigen Blacksmith Institute aufgestellte Liste der meistverschmutzten Orte der Erde... Eine Überlegenheit sozialistischer Umweltbemühungen kann ich daraus jedenfalls nicht ablesen.^^
Ich habe nichts gegen das Engagement der Ölmultis, nur dagegen, daß Politik so lange diejenigen verspottet hat, die vorher dafür eintraten, bis eben die Industrie das getan hat, was schon längst hätte passieren müssen. Diese Unehrlichkeit ist es, die mich ärgert...und daß wir mit Herrn Glos wieder einen Lobbyisten in der Regierung haben.
Wirtschaftsunternehmen handeln, wenn ihre Lenker erkennen, daß sich Handeln in einer bestimmten Richtung lohnen kann. Sie versuchen daher, Trends vorauszusehen und ihnen so zu entsprechen, daß sie ein Produkt oder eine Leistung bereits fertig anbieten können, wenn der Markt sie verlangt. Dabei geschehen selbstverständlich auch Irrtümer und Fehlkalkulationen, die der Markt entsprechend bestraft. Viele Politiker neigen dagegen eher dazu, den Wählern Dinge zu versprechen, wenn sie hören, daß die Wähler einmal danach verlangten.^^ Das Konzept geht für sie auf, weil die Konkurrenz geringer ist: Die Gegner der Populisten vertreten Dinge, die dem Volk unangenehm scheinen. - Ohnehin werden breite Massen bei der Stimmabgabe doch nur von (teilweise geschickt gelenkten) persönlichen Sympathien beeinflußt. :rolleyes:

Ipsissimus, was die Leute schockt, verkauft sich auch. Von der totalitarismustypischen Unterdrückung von Nachrichten "zum Segen des Ganzen" sind wir weit entfernt. Und eine funktionierende, d.h. umfassende Internetzensur halte ich derzeit für unwahrscheinlich - wenn auch vor allem aus technischen Gründen.

Ipsissimus
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Mo 26. Feb 2007, 13:19 - Beitrag #22

Und eine funktionierende, d.h. umfassende Internetzensur halte ich derzeit für unwahrscheinlich - wenn auch vor allem aus technischen Gründen


siehe das Beispiel Google - China^^

Der "Export" von Verschmutzungen nach Indien konnte geschehen, weil dort niemand die Lebensumstände der Paria der Rede wert fand und dementsprechend notwendige Regelungen nicht erlassen wurden


nein^^ er erfolgte nicht, weil dort die Regelungen fehlen, sondern weil hier es sich Leute anmaßen, alles tun zu können, solange sie nicht durch einen formalen Akt daran gehindert werden. Daß dort Menschen an unserem Müll krepieren, kann man auch wissen, wenn man kein Regierungsdokument in den Händen hält

Yanāpaw
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Mo 26. Feb 2007, 19:14 - Beitrag #23

Ipsissimus,

das Internet ist nicht zensierbar, was die chinesischen Bevölkerungsschutzorgane durchführten, war die Kreation eines nationalen Intranet, dadurch können Suchergebnisse, anzeigbare Seiten et cetera zensiert werden, das wäre im gewöhnlichen Internet nur bei vollständiger Kontrolle aller Provider möglich, oder durch gezielte Filter in der Software (bsp. IE).

Was meine Karriere bei der Weltbank angeht, da sehe ich schwarz, so sehr dich das verwundern wird, ich bin nicht gegen Hilfeleistungen und unökonomisches Verhalten, ich bin gegen schwachsinniges unökonomisches Verhalten, einzig des dahinterstehenden Ideals wegen. Und ich kenne kein einziges Entwicklungshilfeprojekt, das ich als sinnvoll einstufen würde, weil sie alle den gleichen Denkfehler machen, sie versuchen Fertigungsprozesse, Bildungsinhalte, oder demokratische Gedanken in Systeme zu implementieren, die dafür aufgrund verschiedenster Faktoren ungeignet sind.
(Und da nehme ich die hunderte von Projekte der Melinda und Bill Stiftung nicht aus, die lösen keine Probleme sie bekämpfen Symptome)
Davon halte ich nichts. Und - das wird deinen Eindruck jetzt wieder bestätigen - so lange Entwicklungshilfe dummes, blindes und kurzsichtiges Geldrausschmeißen zum gewissen beruhigen ist, so lange bin ich dagegen.
Und hundert Menschen zu speisen und ihren Hungertod zu verhindern ist schwachsinnig, wenn ich keine Auflagen mache, denn diese hundert Menschen werden dann eben weitere Pest, Ebola, HIV oder Machetenträger.
Wenn gewisse Menschen nicht bereit sind sich von ethischen Grundsätzen, oder mMn Fehlverhalten zu distanzieren, dann verdienen sie keine Hilfe, ganz gleich wie groß historische und gegenwärtige Verfehlungen sein mögen.

Der Grund dafür ist so simpel, wie grausam, es ist besser für sie, zu verhungern, als in noch mehr Abhängigkeit zu geraten und ihrer Gesellschaft noch mehr zu schaden und es ist besser für uns Geld nicht zu verbrennen sondern sinnvoll zu investieren.



Lykurg,

ich entschuldige mich dafür dich sinnverfremdend wiedergegeben zu haben.

henryN
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Mo 26. Feb 2007, 19:59 - Beitrag #24

na dann sollte man aber auch gleich noch Sozialhilfe, Rente, Kindererziehung, Schule und Beziehungen abschaffen........ :D :crazy:

Yanāpaw
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Mo 26. Feb 2007, 21:15 - Beitrag #25

Ist das so bezug- und sinnlos wie es sich liest, oder blieb mir nur der Sinn verborgen? Mir fehlt Zeit und Lust in dieses Aufzählungs-halbsatz-Konstrukt einen Sinn zu interpretieren, möglicherweise wäre ja eine Argumentation in verständlicher Sprache zumutbar...

Lykurg
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Mo 26. Feb 2007, 22:53 - Beitrag #26

henryN, dir dürfte selbst klar sein, daß die ersten beiden von den letzten drei Punkten unabhängig sind...

Sozialhilfe und Rentensystem sind in ihrer heutigen Form nicht dauerhaft tragbar. Beides wurde unter völlig anderen Rahmenbedingungen geschaffen und ungeachtet der Entwicklungen kontinuierlich ausgebaut, der Karren fast an die Wand gefahren. Das Rifkin-Interview im "Es wird nicht mehr Arbeit für alle geben"-Thread zeigt deutlich, daß die Veränderungen sich noch massiv beschleunigen und verstärken werden. Unter den von ihm geschilderten Bedingungen unser Sozialsystem unangepaßt beizubehalten, ist illusorisch. Daß das Rentensystem angesichts der demographischen Entwicklung eine Verschiebung hin zu einem rücklagenbasierten Prinzip nahelegt, scheint mir auch offensichtlich.

Unser Schulwesen hängt in den Seilen - das stellt die Schule an sich aber nicht infrage. Auch eine schlechte Schule gibt meist mehr Anregungen, als die Eltern allein ihrem Kind mit vertretbarem Aufwand vermitteln könnten. Und private Kooperation mehrerer Eltern zur gemeinsamen Erziehung wäre ja auch eine Form von Schule.

Kindererziehung endet, wenn es keine Kinder mehr gibt,
zwischenmenschliche Beziehungen eine Generation später.^^

Ipsissimus
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Di 27. Feb 2007, 11:16 - Beitrag #27

was die chinesischen Bevölkerungsschutzorgane durchführten, war die Kreation eines nationalen Intranet, dadurch können Suchergebnisse, anzeigbare Seiten et cetera zensiert werden, das wäre im gewöhnlichen Internet nur bei vollständiger Kontrolle aller Provider möglich, oder durch gezielte Filter in der Software


ich bin selbstverständlich absolut sicher, daß das technisch vollkommen unmöglich, durch mindestens 10 Naturgesetze verboten und im übrigen vollkommen unvereinbar mit dem Charakter unserer Spezies ist, sowas zu können^^ wenn der größte aller Internetanbieter schon durch die Intervention eines einzigen Staates in die Knie gezwungen wird, ist das selbstverständlich ein Nichtmachbarkeitsbeweis^^


Lykurg, ich stimme dir zu und trotzdem stehen du und ich im Dissens^^ das, worauf der Rifkin-Beitrag hinausläuft, ist eben nicht nur das Ende der staatlichen Renten- und Sozialpolitik, sondern auch das der privaten Vorsorgemaßnahmen^^ gut, im Moment sind wir in einer Übergangszeit, weil noch genug von den Alten genug viel Geld verdient haben, um sich einigermaßen wohlversorgt ins Grab retten zu können. Das wird bald nicht mehr der Fall sein, und dann werden die Leute einfach kein Geld mehr für irgendetwas haben, wobei "irgendetwas" auch die privaten Vorsorgemaßnahmen einschließt. Klar, für die auserkorene Klasse stimmt das nicht, und vielleicht auch für die Beamten nicht, die es dann noch geben wird - Polizei, Justiz udn Militär sind ja unumgänglich, wer soll den Pöbel schließlich davon abhalten, sich widerrechtlich anzueignen, was ihm formalkorrekt aus den Taschen gezogen wurde - leider aber für den gesamten Rest.

Das heißt, beim Umbau des Sozialsystems kann es nicht darum gehen, den Staat zu entlasten und alles auf die Schulter der privaten Vorsorge abzuwälzen. Umbau des Sozialsystems heißt auch Umbau des Staates, derart, daß unter den Bedingungen von Nichtmehrverfügbarkeit von Geld für die große Mehrheit der Leute diese trotzdem leben können. Das Motiv hierfür ist zwar nicht Freundlichkeit, sondern nur, zu verhindern, daß sie aufmucken. So dämlich sind nämlich selbst Deutsche nicht auf Dauer, als daß sie mit Dauerhunger im Bauch und komplett ungewissen Lebensperspektiven auf Dauer reibungslos regierbar wären.

henryN
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Di 27. Feb 2007, 19:37 - Beitrag #28

...wollte eigentlich nur das Thema Abhängigkeit weiterspinnend provozieren... Kinder sind abhängig von Eltern und Schule, Arbeitslose von Sozialhilfe, Rentner von der Rente, (abhängige)Entwicklungsländer von ökonomischer Unterstützung.....

mE ist es nicht hilfreich wegen Abhängigkeit den betreffenden einfach sich selbst zu überlassen.... mehr wollte ich eigentlich nicht damit sagen... :|

Lykurg
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Di 27. Feb 2007, 20:01 - Beitrag #29

Das stimmt zwar, henryN, wichtig ist es aber auch, das Entstehen von Abhängigkeiten zu vermeiden und den Beteiligten zu helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Eltern, die ihre Kinder nie erwachsen werden lassen, erweisen ihnen damit keinen Dienst... Gewährte Hilfe, die nicht benötigt wird, schadet.

janw
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Di 27. Feb 2007, 21:52 - Beitrag #30

Zitat von Lykurg:Aufschlußreich finde ich etwa die vom unabhängigen Blacksmith Institute aufgestellte Liste der meistverschmutzten Orte der Erde... Eine Überlegenheit sozialistischer Umweltbemühungen kann ich daraus jedenfalls nicht ablesen.^^

Die habe ich auch nie behauptet^^ Dennoch ist die in der Blacksmith-Liste hervortretende Dominanz von Altlasten in den Staaten des ehem. Ostblocks ein Eindruck, der trügt. Weil dabei nämlich zum einen verschwiegen wird, daß es bis in die 80er Jahre im Westen nicht besser lief - bis dann mit öffentlichen Geldern (!) aufgeräumt wurde. Ich erinnere an Georgswerder, iirc auch die Affinerie und an unzählige andere Altlasten im Lande. Die privaten Verursacher waren über alle Berge, die Gewinne privatisiert, nun wurden die Verluste aka Altlasten sozialisiert.
Im Ausland läuft dagegen alles wie gehabt, der Müll in der Elfenbeinküste war nicht der erste Fall und wird der letzte nicht gewesen sein. Privatwirtschaftliche Tanker und Frachter werden nicht in Deutschland, Japan oder Korea entsorgt, sondern unter least cost-Gesichtspunkten in Indien. Mein Vater hat mir mal über einen Besuch in einer metallverarbeitenden Firma in Taiwan, im "guten" China also, berichtet, auch für ihn als kostenorientierten Einkäufer ein eindrucksvolles Erlebnis :rolleyes:
Der Abbau von Schwermetallen in Irian Jaya durch ein extrem verzweigtes Konsortium westlicher Firmen läuft auch sehr ökosozial verträglich ab - die Menschen werden durch firmeneigene Sicherheitsleute von ihrem Land vertrieben, ihr Land verwüstet ohne Entschädigung, der Abraum samt hochtoxischen Chemikalien zur Erzaufbereitung in einen Fluß geschüttet, der die Masse zu einem über 100 km langen und 12 m hohen Schwemmfächer bis an die Küste ausschwemmt.
Klar, durch Schmierung einiger Regierungsleute bleibt das alles formalkorrekt...

Zum anderen müsste die Liste auch die Irische See umfassen und den Englischen Kanal, welche seit Jahrzehnten mit den radioaktiven Abwässern von Sellafield und La Hague verschmutzt werden, beides Anlagen mit einer durchaus nicht lupenreinen Geschichte.
Ein Kandidat wäre IMHO auch die Katanga-Region in Zaire, aber die war für die Blacksmiths vielleicht nicht so zugänglich... Wie viele "unserer" Sauereien.

Zitat von Yanapaw:Davon halte ich nichts. Und - das wird deinen Eindruck jetzt wieder bestätigen - so lange Entwicklungshilfe dummes, blindes und kurzsichtiges Geldrausschmeißen zum gewissen beruhigen ist, so lange bin ich dagegen.
Und hundert Menschen zu speisen und ihren Hungertod zu verhindern ist schwachsinnig, wenn ich keine Auflagen mache, denn diese hundert Menschen werden dann eben weitere Pest, Ebola, HIV oder Machetenträger.

Mit der Gewissensberuhigung hab ich's auch nicht so^^
Klar, mir wäre es deutlich lieber, dieser steuerbegünstigte Sündenpredigerverein würde nicht hierzulande von Gebärmaschinen schwadronieren, sondern es erlauben, daß alle Frauen erfahren dürfen, wie das mit den Bienchen funktioniert und wie sie sich gegen ungewolltes schwanger werden schützen können.

Was den Zugang zu unverfälschter Information betrifft, sehe ich das Internet nur bedingt als Alternative an zu den sonstigen Medien - weil die Informationen nun wirklich sehr weit verstreut sind und es doch nicht ganz leicht ist, Wahrheitsanstrebende von Intentional verfälschter Information zu unterscheiden und das Ausmaß der Differenz abzuschätzen.
Für die breite Masse wird hier eine Aufbereitung immer nötig sein - die Herausforderung liegt darin, daß diese Aufbereitung nicht zur intentionalen Verfälschung und Selektion gerät. Bislang hatte ich bei der ARD immer noch ein akzeptables Gefühl - bis jetzt ein Sportkommentator ein lausiges Fußballspiel mit einer Philosophievorlesung verglich, die ja auch "langweilig, ereignislos und ohne Höhepunkte" sei. :o

Yanāpaw
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Mi 28. Feb 2007, 13:16 - Beitrag #31

janw,

War es eine Lesung von Kants "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten", denn dann hat der Mensch durchaus Recht. ^^

Ich stimme dir zu, was du zur Informationsfilterung sagst, da fällt mir dieses lustige Zitat ein. "We are the media we send news, we don't make them, that's the governments job" Nichts desto weniger könnten unsere Auffassungen von moralischen Verpflichtungen zur Hilfeleistung nicht unterschiedlicher sein, aber das zu diskutieren würde hier wohl den Rahmen sprengen.


Lykurg schrieb:
Sozialhilfe und Rentensystem sind in ihrer heutigen Form nicht dauerhaft tragbar. Beides wurde unter völlig anderen Rahmenbedingungen geschaffen und ungeachtet der Entwicklungen kontinuierlich ausgebaut, der Karren fast an die Wand gefahren.



Das Rentensystem war von seiner ersten Sekunde an zum Scheitern verurteilt und der Populist, welcher es so großspurig kundtat, wurde darüber auch unterrichtet. Zweckentfremdede Mittel, Querfinanzierungen , Arbeitslosigkeit, staatliche Misswirtschaft und stagnierendes Wirtschaftswachstum haben die Probleme nicht verursacht sondern den unabwendbaren Niedergang eines schwachsinnigen Systems beschleunigt. Demographie ist ja nicht erst seit den 90ern ein Begriff...

Lykurg
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Mi 28. Feb 2007, 15:19 - Beitrag #32

Yanāpaw, du irrst insofern, als es erst Adenauers Ablehnung der Vorschläge Schreibers war, die das Scheitern besiegelte. Wilfrid Schreiber wollte Kinderlose ab dem 35. Lebensjahr mit doppelten Beiträgen belasten, die Rentenhöhe auf nur 50% des Arbeitseinkommens festsetzen, jegliche Frühverrentung ausschließen und den erwarteten Lebenszeitanstieg durch Verschiebung des Rentenalters kompensieren.
Zum Ausgleich äußerte er sich klar abweisend zu staatlichen Zuschüssen: "Es ist ersichtlich sinnlos, dem Steuerzahler zunächst Einkommensteile in Form von Steuern abzunehmen und sie ihm dann mit der Geste des Wohltäters zurückzugeben. Machen wir Schluß mit diesem Gaukelspiel, das nur der falschen Optik der Staatsomnipotenz Vorschub leistet."
Ein solches System hätte funktionieren können. Adenauer entschied unter Zugrundelegung der Bedingungen seiner Zeit, ohne mögliche Veränderungen zur Kenntnis zu nehmen - mit schwerwiegenden Folgen.

Yanāpaw
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Mi 28. Feb 2007, 15:57 - Beitrag #33

Dessen war ich mir bewusst, daher verwies ich darauf, dass Adenauer vom Scheitern unterrichtet wurde. Allerdings wäre auch mit den von Schreiber vorgeschlagenen Modifikationen kein dauerhaft finanzierbares Voll-Rentensystem möglich gewesen, weil es so etwas nicht gibt, der Kollaps wäre allenfalls verzögert worden. Die Demographische Entwicklung macht es unmöglich eine vollstaatliche Altersicherung auf dem Prinzip der Solidarität und Umverteilung aufzubauen, das ist Fakt. Selbst wenn sämtliche Vorschläge Schreibers angewendet worden wären, hätten sich - in Auszahlunsschwachen Zeiten - nur nur größere Rücklagen ergeben, aber kein tragfähiges System in Anbetracht der jetzigen Bevölkerungspyramide und diese war so antizipierbar.
Die Lebensarbeitszeit kann nicht exakt analog zur steigenden Lebenserwartung erhöht werden, das sollte eigentlich klar sein (oder glaubst du allen Ernstes ein Rentenbeginnalter von 75 wäre in Deutschland durchsetzbar?)

Es geht nicht um marginale Anpassungen des Systems, der Grundgedanke des Systems ist fundamental falsch, ein solches System kann und wird nie funktionieren.

henryN
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Mi 28. Feb 2007, 20:58 - Beitrag #34

Zitat von Lykurg:wichtig ist es aber auch, das Entstehen von Abhängigkeiten zu vermeiden und den Beteiligten zu helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Eltern, die ihre Kinder nie erwachsen werden lassen, erweisen ihnen damit keinen Dienst... Gewährte Hilfe, die nicht benötigt wird, schadet.


da gebe ich Dir Recht. Aber um zu verdeutlichen, was ich eigentlich meine ff. Bsp. "Ich bin abhängig davon, das es einen Laden gibt, in dem ich meine Lebensmittel kaufen kann"
Auch wenn mir der Vorwurf gemagt werden könnte, ich sei unkonkret....
"Individualistische Selbstversorgung" wäre mE der Tod von Gesellschaft und Ökonomie, da gerade die Vernetzung der Austauschprozesse Komplexität stabilisiert. Leider kann ich aus der "Dekonstruktion" und Kritik nichts anderes herauslesen. Was sind die Alternativen?
Politik im heutigen Sinne, kann, wird und will diese Probleme nicht lösen.

janw
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Mi 28. Feb 2007, 23:23 - Beitrag #35

Henry, ich hoffe Du bist bald wieder da, denn Deine Gedanken zur gesellschaftsstabilisierenden Komplexität sollten wir unbedingt vertiefen. Kann man dergleichen vielleicht an einem Orchester beschreiben oder untersuchen?

@Yanapaw und Lykurg:
Der grundsätzliche Denkfehler der Befürworter einer privat finanzierten Eigenvorsorge ist aber ebenso offensichtlich wie die systemimmanenten Probleme des derzeitigen Systems: Sie funktionieren nur, so lange jemand ein Einkommen hat, von dem er die Beiträge bezahlen kann. Übrigens ein riesiges Problem für all die Ich-AGs...alle Lasten entstehen sofort, die Erträge dauern aber.
Wobei zusätzlich gilt, daß diejenigen tendenziell am wenigsten verdienen, die am meisten Leistungen brauchen, z.B. Kranke und Behinderte. Da ist ein solidarisches System schon ein Vorteil. Das Problem ist nur, daß keiner daran denkt, Maschinenarbeit gleich zu behandeln wie menschliche Arbeit, so daß die Mechanisierung sogar subventioniert wird. Entlaste menschliche Arbeit von der Mehrwertsteuer, ziehe kapitalgewinne zur Sozialversicherung heran, belaste auch Maschinengewinne mit Sozialbeiträgen, und es wird mehr Arbeit geben und eine gesicherte Grundsicherung. Über die Details kann man sicher streiten...

Yanāpaw
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Sa 3. Mär 2007, 02:36 - Beitrag #36

janw

Zunächst befürworte ich keine allein private Vorsorge, ich bin für eine staatliche Grundabsicherung, in Kombination mit der Verpflichtung zu privater Vorsorge. Das ganz einfach aus dem Grund, dass die gesetzliche Rentenversicherung eine Kapitalvernichtungsmaschinierie ist, Solidarprinzip hin oder her, es ist inaktzeptabel, dass ich für 1 Euro Rente mehr als 200 Euro Beitrag einzahle.
[Exkurs]
Davon abgesehen ist das Sozialprinzip in Deutschland de facto ein Leistungsbestrafungsprinzip, zusätzlich muss man sich vergegenwärtigen, dass der Staat über verschiedene Wege zwischen 40 und 75% jedes Bruttoeinkommens erhält und selbst damit sind diese Menschen nicht in der Lage einen ausgeglichenen Haushalt zu produzieren, es liegt nicht an fehlenden Einnahmen, sondern an absolut schwachsinniger Ausgabepolitik.
[/Exkurs]

Selbstverständlich muss ein Mensch Geld verdienen um sich absichern zu können, aber wenn eine Grundsicherung besteht, dann werden Erwerbslose ja davon aufgefangen und die Erwerbstätigen sichern sich privat ab, das wäre schonmal ein enormer Fortschritt.

Maschinen werden nebenbei in den seltensten Fällen - entgegen der linken Propaganda (wobei ich dich damit absolut nicht klassifizieren will) - als äquivalenter Ersatz von Arbeitskräften angeschafft sondern, weil sie eine Verbesserung hinsichtlich der Produktivität im Fertigungsprozess darstellen. Manche Arbeiten können von Maschinen besser, schneller oder zuverlässiger erledigt werden. In manchen Bereichen sind Maschine und Mensch gleichauf, dann kommen andere Faktoren zum Tragen:

-> Investitionen in Anlagegüter werden durch Abschreibungspolitik subventioniert => Maschinen senken den Gewinn

-> Maschinen können in 24/7/365er Schichten arbeiten, sind nie krank (und wenn können sie sehr zügig gewartet werden), brauchen keinen Urlaub, wollen nie mehr Geld, streiken nie, brauchen keine Kindertagesstätten, werden nicht schwanger, nicht sexuell belästigt, oder diskriminiert, solidarisieren sich nicht et cetera sind also viel weniger problematisch.


-> Maschinen kosten auf das einzelne Produkt umgeschlagen viel weniger Geld.

-> Maschinen unterliegen nicht irgendwelchen Kündigungsschutzbestimmungen, weil sie zu alt sind, zu lange zum Betrieb gehören oder Kinder haben.


Also ganz so einfach, wie du es darstellst ist der Sachverhalt mit zunehmender Maschinisierung im sekundären Sektor nun wirklich nicht.
Und die Forderung an Unternehmen, deren Zielsetzung in der Gewinnmaximierung liegt, eben jene zu vergessen und bewusst unrentabel zu arbeiten ist absolut realitätsfremd. Vielmehr müsste menschliche Arbeit wieder günstiger werden. VW baut den Touareg in Slowenien (oder wo auch immer) für 80% weniger Personalkosten und zahlt keine Steuern und hat viel weniger Auflagen zu befolgen und das Produkt hat die exakt gleiche Qualität, das sollte uns zu denken geben. Natürlich sind die Lebenshaltungskosten hier auch sehr hoch, aber dass das eine zwangsläufige Folge, der extrem hohen Löhne ist muss ich wohl kaum erwähnen. Und um das vorwegzunehmen, ich weiß, dass die Reallöhne sich seit 20 Jahren kaum erhöht haben, aber die Vorstandsgehälter enorm et cetera.

Es gibt immer zwei mögliche Sichtweisen und demzufolge Ansatzpunkte, den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber.

janw
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Sa 3. Mär 2007, 14:22 - Beitrag #37

Zitat von Yanapaw:Zunächst befürworte ich keine allein private Vorsorge, ich bin für eine staatliche Grundabsicherung, in Kombination mit der Verpflichtung zu privater Vorsorge. Das ganz einfach aus dem Grund, dass die gesetzliche Rentenversicherung eine Kapitalvernichtungsmaschinierie ist, Solidarprinzip hin oder her, es ist inaktzeptabel, dass ich für 1 Euro Rente mehr als 200 Euro Beitrag einzahle.
[Exkurs]
Davon abgesehen ist das Sozialprinzip in Deutschland de facto ein Leistungsbestrafungsprinzip, zusätzlich muss man sich vergegenwärtigen, dass der Staat über verschiedene Wege zwischen 40 und 75% jedes Bruttoeinkommens erhält und selbst damit sind diese Menschen nicht in der Lage einen ausgeglichenen Haushalt zu produzieren, es liegt nicht an fehlenden Einnahmen, sondern an absolut schwachsinniger Ausgabepolitik.
[/Exkurs]

Staatliche Grundabsicherung gibt es bereits in Form von Hartz IV, und ich halte das nicht für eine flächendeckende Lösung für all jene, die allein schon wegen der Gesundheitsfragen keine bezahlbaren Tarife bei privaten Krankenversicherern bekommen und keine Einkommensbiographie haben, bei der sie fortlaufend eine private Rentenversicherung bedienen können.
Daß die gesetzliche Rentenversicherung aus den Fugen ist - keine Frage, aber IMHO sollte man versuchen, sie eben auf eine gesündere Basis zu stellen, als sie generell in Frage zu stellen. Z.B. indem man nicht nur Einkünfte heranzieht, die durch Arbeit erworben wurden, sondern auch - mit Freigrenzen - Kapitaleinkünfte.
Indem man irgendwie auch die Arbeit von Kollege Roboter heranzieht, damit der nicht so konkurrenzlos günstig Menschen von der Werkbank verdrängen kann.
Leistungsbestrafungsprinzip, das empfinde ich insofern als einen schwierigen Ausdruck, als sehr viele Menschen gerne etwas leisten würden in diesem Land, man sie aber nicht lässt.
Außerdem...der Mensch ist ein soziales Tier, und nur durch seine Fähigkeit zum sozialen Handeln und zur Empathie konnte er überhaupt so erfolgreich sein, wie er ist, in ökologischen Maßstäben.
Wenn Du die Einnahmen "des Staates" geißelst, musst du auch ansehen, wofür diese verwendet werden. Z.b. dafür, daß auf deutschen Autobahnen gefahrlos mit jedem automobilen Tempo und jeder noch so minimalen Bodenfreiheit gefahren werden kann, letzteres auch auf anderen Straßen.
Auch dafür, daß fast jeder Einfamilienhausbauer staatlich dafür gefördert wurde - trotz Wohnraumüberhangs, trotz zunehmenden Landschaftsverbrauchs, trotz immer mehr Transportwegen durch das "Wohnen im Grünen".
Für ein Bildungssystem, das für alle zugänglich ist, ein System öffentlicher Sicherheit, um das uns viele Länder mit Demokratisierungsbedarf beneiden.
All das hat seinen Preis...
Natürlich ist die Altersversorgung der Beamten ein Manko, aber das könnte geändert werden.

Also ganz so einfach, wie du es darstellst ist der Sachverhalt mit zunehmender Maschinisierung im sekundären Sektor nun wirklich nicht.
Und die Forderung an Unternehmen, deren Zielsetzung in der Gewinnmaximierung liegt, eben jene zu vergessen und bewusst unrentabel zu arbeiten ist absolut realitätsfremd. Vielmehr müsste menschliche Arbeit wieder günstiger werden. VW baut den Touareg in Slowenien (oder wo auch immer) für 80% weniger Personalkosten und zahlt keine Steuern und hat viel weniger Auflagen zu befolgen und das Produkt hat die exakt gleiche Qualität, das sollte uns zu denken geben.

Nun, wenn aber, wie Ipsi - für mich glaubwürdig - berichtet, daß menschliche Arbeit hierzulande, und ich vermute letztlich auch global, aktiv als Auslaufmodell gesehen wird, dann hat das nichts mehr damit zu tun, daß Menschen von wirklich schlimmer und gefährlicher Arbeit erlöst werden, sondern es bedeutet den flächendeckenden Verlust der Möglichkeit, Leistung zu erbringen und mit dieser seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bei gleichzeitig unveränderten Möglichkeiten der Maschinenbesitzer, ihren Unterhalt bequem zu erzielen.
Wenn seitens der Arbeitgeber immer wieder betont worden ist, daß die Wirtschaft gemeinnützig sei, weil sie den Umlauf des Geldes bewirkt und Menschen geld in die Hand gibt, um damit zu leben und zu konsumieren, dann muss man diese Arbeitgeber auch jetzt beim Wort nehmen - und gleichzeitig politisch die Rahmenbedingungen entsprechend anpassen.

So, und wenn der Touareg in Slowenien steuerfrei produziert werden kann, dann ist das was? Eine Subvention, die IMHO (iirc ein EU-Land) bei der europäischen Kommission angezeigt werden müsste.
Geringere Auflagen...prima, wenn dort die Abwässer ungeklärt entsorgt werden können. :rolleyes:
Was brauchen wir da noch die Elfenbeinküste? :boah:
Es wird Zeit, daß Autos samt Ökobilanz verkauft werden müssen, am besten gleich mit den toten Fischen auf dem Sitz, die der Produktion zum Opfer wurden.

Yanāpaw
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Mo 5. Mär 2007, 17:24 - Beitrag #38

janw,

bitte verzeih mir, dass ich deinen post jetzt etwas zerpflücke, aber das ist einfach übersichtlicher und einfacher für mich. ^^

Staatliche Grundabsicherung gibt es bereits in Form von Hartz IV, und ich halte das nicht für eine flächendeckende Lösung für all jene, die allein schon wegen der Gesundheitsfragen keine bezahlbaren Tarife bei privaten Krankenversicherern bekommen und keine Einkommensbiographie haben, bei der sie fortlaufend eine private Rentenversicherung bedienen können.


Also der Grundgedanke ist ja, dass man entweder von der Grundsicherung aufgefangen wird, wobei Hartz IV da noch erheblich reformbedürftig ist, oder in der Lage ist private Vorsorge zu treffen. Komisch, dass so viele Menschen zu wenig Geld für private Vorsorge haben, aber ausreichend um sich BMWs, Audis und sonstige Mittelklassewägen zu finanzieren, zu rauchen, exzessiv Alkohol konsumieren et cetera, es handelt sich hier mMn um einen Vorwand. Die Prioritätslegung verhindert die private Vorsorge, nicht die tatsächlichen Mittel.


Daß die gesetzliche Rentenversicherung aus den Fugen ist - keine Frage, aber IMHO sollte man versuchen, sie eben auf eine gesündere Basis zu stellen, als sie generell in Frage zu stellen. Z.B. indem man nicht nur Einkünfte heranzieht, die durch Arbeit erworben wurden, sondern auch - mit Freigrenzen - Kapitaleinkünfte.
Indem man irgendwie auch die Arbeit von Kollege Roboter heranzieht, damit der nicht so konkurrenzlos günstig Menschen von der Werkbank verdrängen kann.


Die GSV ist ein Solidarpakt, diese Form der Absicherung ist der Theorie nach durchaus sinnvoll, aber auf Dauer einfach nicht finanzierbar, das sollte eigentlich klar sein, sei es nun GRV, GPV oder GAV. Das Prinzip funktioniert so lange Viele für Wenige aufkommen müssen, bei ständig steigender Zahl der Erwerbsunfähigen, Pflegebedürftigen und Rentenbezieher, in Kombination mit steigender Lebenserwartung und Rückgang der Erwerbspersonen ist ein Solidarpakt schlichtweg nicht finanzierbar, ohne in erheblichem Umfang an die Unternehmen heranzutreten, die jetzt schon zu 50% an obigen Sozialversicherungen beteiligt sind. Unternehmen noch mehr zu belasten hieße, den ohnehin schon unattraktiven Wirtschaftsstandort Deutschland, noch unattraktiver zu machen und die Abwanderungs und Ausgliederungsrate zu erhöhen. Davon abgesehen würde jede zusätzliche Belastung von Unternehmen nicht einfach aktzeptiert sondern kompensiert und zwar mit der Trennung vom schwächsten Glied, dem Arbeitnehmer, solche Maßnahmen wären also absolut kontraproduktiv. Unternehmen wie Opel und Ford, jetzt noch mehr zu belasten wäre absolut kontraproduktiv und grenzte an Schwachsinn, das würde Unmengen an Arbeitsplätzen vernichten.



Außerdem...der Mensch ist ein soziales Tier, und nur durch seine Fähigkeit zum sozialen Handeln und zur Empathie konnte er überhaupt so erfolgreich sein, wie er ist, in ökologischen Maßstäben.


Das ist absolut richtig, spielt aber bei der unternehmensperspektivischen Bewertung der Rentabilität eines Arbeiters im Vergleich zu einer Maschine absolut gar keine Rolle.


Wenn Du die Einnahmen "des Staates" geißelst, musst du auch ansehen, wofür diese verwendet werden.


Genau das meinte ich eigentlich, teilweise wird einfach Geld verschwendet, Beamtenapperat, Diätenhöhe und Spesen, Verwaltungsaufwand, Subventionspolitik bsp. der Kohlengruben, völlig falscher und ineffizienter Strukturaufbau in den neuen Bundesländern uswusf.


Nun, wenn aber, wie Ipsi - für mich glaubwürdig - berichtet, daß menschliche Arbeit hierzulande, und ich vermute letztlich auch global, aktiv als Auslaufmodell gesehen wird, dann hat das nichts mehr damit zu tun, daß Menschen von wirklich schlimmer und gefährlicher Arbeit erlöst werden, sondern es bedeutet den flächendeckenden Verlust der Möglichkeit, Leistung zu erbringen und mit dieser seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bei gleichzeitig unveränderten Möglichkeiten der Maschinenbesitzer, ihren Unterhalt bequem zu erzielen.


Das ist so pauschal nicht richtig, Maschinen (als Arbeitnehmerersatz) werden hauptsächlich im ersten und zweiten Beschäftigungssektor gebraucht, dort geht als die Anzahl der menschlichen Erwerbspersonen zurück, nicht aber im teritären Sektor. Dort werden neue Beschäftigungen geschaffen - wobei ich noch anmerken will, dass der Artikel über den Rückgang der Arbeit hinsichtlich dieser Verlagerung bewusst falsche Aussagen tätigt, wenn nämlich von sinkender Wertschöpfung berichtet wird, ohne von sinkender persönlicher Belastung zu sprechen - die ebenfalls einkommensrelevant sind. Abgesehen davon werden mit zunehmendem Beschäftigungsgrad im teritären Sektor auch zunehmend angeglichene Vergütungen im europäischen Raum erreicht werden, die einzig von der nationalen Steuergesetzgebung abhängig sind.


So, und wenn der Touareg in Slowenien steuerfrei produziert werden kann, dann ist das was? Eine Subvention, die IMHO (iirc ein EU-Land) bei der europäischen Kommission angezeigt werden müsste.


Genau von dort kommt das Geld, also kann man sich die Anzeige sparen. ^^

avenga
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Fr 16. Mär 2007, 01:11 - Beitrag #39

Vor allem bei mir. Ich brauche nämlich dringend wieder Geld. Denn so schnell werde ich wohl nicht wieder arbeiten gehen.

Aber saufen wie andere Hartz-IV-Empfänger tue ich nicht.

Andererseits finde ich es auch ungerecht, dass jetzt die Unternehmen steuerlich zu Lasten des "kleinen Mannes" bevorteilt werden.

janw
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So 18. Mär 2007, 18:40 - Beitrag #40

Zitat von Yanapaw:Also der Grundgedanke ist ja, dass man entweder von der Grundsicherung aufgefangen wird, wobei Hartz IV da noch erheblich reformbedürftig ist, oder in der Lage ist private Vorsorge zu treffen. Komisch, dass so viele Menschen zu wenig Geld für private Vorsorge haben, aber ausreichend um sich BMWs, Audis und sonstige Mittelklassewägen zu finanzieren, zu rauchen, exzessiv Alkohol konsumieren et cetera, es handelt sich hier mMn um einen Vorwand. Die Prioritätslegung verhindert die private Vorsorge, nicht die tatsächlichen Mittel.

Bei den Mittelklassewagen wäre ich vorsichtig, es gibt hier bei mir im ländlichen Raum gerade eine mächtige Zuzugsbewegung von Hartz-IV-Empfängern in die Kreisstadt aus den Dörfern, weil diese sich überhaupt kein Auto mehr leisten können, mit dem sie zur Nervagentur gelangen können - mit dem ÖPNV hier oft eine Tagesreise mit hin und zurück. Wir landen hier praktisch beim Hauptmann...Hartz IV->kein Auto, kein Auto->kein Job, kein Job->weiter Hartz IV... :rolleyes:
Rauchen ist sicher kein billiges Vergnügen, aber 3 Euro pro Tag geben im Jahr auch nur 1095 Euro - davon bekommt man mit 50 Jahren auch keine Altersvorsorge gebacken.
Davon ab - ich bezog mich in meinen beiden letzten Beiträgen nicht unwesentlich auf eine Gruppe von Menschen, die überdurchschnittlich stark von Hartz IV betroffen ist, im Einzelfalle aber tendenziell am wenigsten dafür - und daran ändern - kann. Niedersachsen ist diesbezüglich Perversistan, möge den Blindengeldabschaffern das Augenlicht nie verlöschen. :o

Die GSV ist ein Solidarpakt, diese Form der Absicherung ist der Theorie nach durchaus sinnvoll, aber auf Dauer einfach nicht finanzierbar, das sollte eigentlich klar sein, sei es nun GRV, GPV oder GAV. Das Prinzip funktioniert so lange Viele für Wenige aufkommen müssen, bei ständig steigender Zahl der Erwerbsunfähigen, Pflegebedürftigen und Rentenbezieher, in Kombination mit steigender Lebenserwartung und Rückgang der Erwerbspersonen ist ein Solidarpakt schlichtweg nicht finanzierbar, ohne in erheblichem Umfang an die Unternehmen heranzutreten, die jetzt schon zu 50% an obigen Sozialversicherungen beteiligt sind.[...]

Sicher ist das eine Crux solidarischer Systeme, eine Lösung wird jedoch bereits offen diskutiert: Verbreiterung der Einnahmebasis durch Heranziehung aller Einkommensarten, mit Freigrenzen, versteht sich. Dazu ist eine Umstellung der Beamtenversorgung erforderlich, damit diese auch einzahlen - mit "Hineinwachsen" in die Anspruchsphase. Außerdem darf Rationalisierung nicht im bisherigen Umfang dazu führen, daß die Rationalisierungsgewinne privatisiert, die resultierenden sozialen Lasten aber sozialisiert werden.

Das ist absolut richtig, spielt aber bei der unternehmensperspektivischen Bewertung der Rentabilität eines Arbeiters im Vergleich zu einer Maschine absolut gar keine Rolle.

Das rüttelt aber mächtig an dem von den Unternehmerverbänden aufgebauten Dogma der gesellschaftlichen Nützlichkeit der freien Wirtschaft^^

Genau das meinte ich eigentlich, teilweise wird einfach Geld verschwendet, Beamtenapperat, Diätenhöhe und Spesen, Verwaltungsaufwand, Subventionspolitik bsp. der Kohlengruben, völlig falscher und ineffizienter Strukturaufbau in den neuen Bundesländern uswusf.

Naja, da hat sich aber schon einiges getan...
Man muss zu den Kohlesubventionen konzedieren, daß sie auch ganz massive Technologieförderung bedeutet haben - wodurch die BRD ein wichtiger Lieferant von sicherer Bergbautechnologie ist und daß ohne sie der Wandel im Ruhrgebiet deutlich weniger sozial abgefedert worden wäre, mit deutlich schlechterer Nachnutzung der Industriebrachen usw.
Parlaments-Diäten sind so ne Sache^^ - zum einen ist es Ausdruck des Parlamentarismus, daß die Abgeordneten selbst darüber entscheiden dürfen, zum anderen müssen die Diäten auch dem Vergleich mit anderen Führungskräfteeinkünften standhalten, wenn Parlamentarier als Führungskräfte anzusehen sein sollen. Trotzdem, da ist einiges im Argen.

Das ist so pauschal nicht richtig, Maschinen (als Arbeitnehmerersatz) werden hauptsächlich im ersten und zweiten Beschäftigungssektor gebraucht, dort geht als die Anzahl der menschlichen Erwerbspersonen zurück, nicht aber im teritären Sektor.[...]

Nun, das war bisher so, und dadurch sind die ersten beiden Sektoren so weit reduziert, daß eher praktisch veranlagte Menschen zunehmend schlechte berufliche Chancen haben. Mit der Einführung von Kassenautomaten in Supermärkten wird sich dies noch verschärfen.
Der Verlagerung in den tertiären Sektor können nicht alle Menschen folgen...

Genau von dort kommt das Geld, also kann man sich die Anzeige sparen. ^^

Das ist idT ärgerlich und passt nicht so ganz zu den sonstigen Bestrebungen um eine Vereinheitlichung von Lebensverhältnissen - find ich zumindest.

avenga, warum wirst Du nicht arbeiten gehen?

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