Sex-Affäre des IWF-Chefs Strauss-Kahn

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Mi 6. Jul 2011, 17:28 - Beitrag #21

Ja, davon hatte ich heute auch gelesen, ein heftiger Fall. Ich würde mir in diesem Fall eine Verurteilung der Täterin mit Feststellung von besonderer Schwere der Schuld sehr wünschen, denn das Höchststrafmaß für Freiheitsberaubung wäre mit fünf Jahren gerade sehr angemessen. Natürlich kann das ihrem Opfer nichts wiedergeben, weder die verlorene Ehre noch die seelischen Leiden und Zerstörung seiner Existenz.

Und ja, stimmt natürlich, auch in Frankreich ist der Blickwinkel logischerweise nicht einheitlich, Lévy gilt als Freund DSKs, andere werden das anders sehen. Aber ja, Vorverurteilung ist bitter, Andreas Türck hat ja auch erfahren dürfen, was das bedeutet (trotz Freispruchs; denn daß er tatsächlich freigesprochen wurde, mußte ich kurz nachlesen, ich hätte es nicht sagen können...)

Traitor
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Mi 6. Jul 2011, 20:42 - Beitrag #22

Die Schwächung der Anklage verstärkt bei mir eine Hoffnung, die ich schon ganz zu Anfang der Affäre leise hatte: dass anhand dieses Falles einer international renommierten Person den USA endlich mal ihre Unrechtsjustiz so richtig um die Ohren fliegt. Dass sich, sofern die Anklage tatsächlich komplett fallen gelassen wird, Strauss-Kahn mit den ihm sicher zur Verfügung stehenden sauteuren Anwälten einiges an Entschädigung erkämpft. Und dass Europa politischen Druck auf die USA macht, Justiz- und Polizeireformen einzuleiten, oder, wenn das lokal nichtmal gewünscht ist, zumindest ausländischen Bürgern eine halbwegs internationalen Rechtsstandards angemessene Behandlung zu garantieren.
Realistisch ist das leider nicht, dafür ist die (Nicht-)Verhandlungsposition der USA nachwievor zu stark. Aber einen so guten Aufhänger wie jetzt hätte man vermutlich auf lange Zeit nicht mehr.

Was DSK dann letztlich seine politische Karriere gekostet hat, wird weniger die Anklage selbst oder was von ihr haften bleibt, sein, sondern der Rest seines wohl wenig moralischen Privatlebens, der in diesem Zusammenhang durch die Medien ging. Wie schon bei einigen anderen Fällen gab es da wohl eine Menge an Informationen, die bisher im Giftschrank der Presse lagen und jetzt ungeniert rausgehauen wurden. Da müsste mal politisch grundsätzlich geklärt werden, was höher eingestuft wird - die Privatsphäre Prominenter oder die Informationspflicht der Medien - und im einen Fall müssten klare Schadensersatzregelungen für unrechtmäßig veröffentlichte ehrrührige Details eingeführt werden, im anderen Falle zumindest Medienrügen für das Zurückhalten.

Anmerken möchte ich noch, dass ich vor ein paar Wochen, als das Thema gerade frisch raus war, einige französische Artikel zu dem Thema überflogen habe. Die Unterstellung, dass Frankreich ein sexistisches Land sei, weil es DSK unterstützt, ist keineswegs nur amerikanische oder deutsche Verleumdung, sondern wurde auch national aufgebracht und heiß diskutiert. Offener, als das hierzulande geschehen würde, aber vermutlich letztlich ergebnislos.

009
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Mi 6. Jul 2011, 22:35 - Beitrag #23

Es wäre schön, wenn es mit DSK und den USA so käme. Aber ich fürchte, es wird nicht so kommen. Beispiele für das (dies aussprechend den eigenen Rücktritt als Justizministerin in D besiegelnd) "lausige" Rechtssystem der USA sind Legion; auch DSK ist nur Bürger seines Landes und in die dortige politische Klasse eingebunden. Ob diese einem maximalfrontalen juristischen Vorgehen gegen die USA unterstützend gegenübersteht scheint mir doch fragelich.

Ipsissimus
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Do 7. Jul 2011, 09:53 - Beitrag #24

ich bin diesbezüglich auch mehr als skeptisch. Für die USA sind die mittlerweile zahllosen belegten Fälle von unschuldig zum Tode verurteilten und hingerichteten Menschen kein Grund, irgendetwas zu ändern, was sollen sie da die Proteste anlässlich der öffentliche Demontage eines Mannes von fragwürdigem Sexualleben scheren?

Traitor
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Do 7. Jul 2011, 20:56 - Beitrag #25

@009: Wenn DSK nun nicht gerade Sozialist wäre, hätte es sich Sarkozy sicher nicht nehmen lassen, den nationalen Rächer zu spielen und die Konfrontation mit den USA zu suchen, die die Franzosen eh lieben. So bekommt es ihm aber natürlich besser, ruhig zu bleiben. Und die Deutschen oder sonstwer werden wohl kaum die Initiative übernehmen.

@Ipsi: Die Hoffnung auf eine Humanisierung der US-Justiz von innen heraus habe ich eh längst aufgegeben, die Mehrheit dort wünscht soetwas offensichtlich nicht. Der einzige verbleibende Schimmer wäre daher Druck von außen.

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Do 7. Jul 2011, 22:27 - Beitrag #26

War es nicht Britney Spears, die, offensicht es ernst meinend und den kruden Widerspruch nicht sehen wollend oder könnend, äußerte, es sei richtig, Mörder zu töten, um den Menschen zu zeigen, das es falsch ist, andere Menschen zu töten. Ich fürchte, sie steht mit der Ansicht in den USA nicht ganz alleine da.

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Do 7. Jul 2011, 23:21 - Beitrag #27

Was die usa betrifft, denke ich, daß es sich dort um eine Gesellschaft handelt, die in einem für uns historischen Wertesystem verhaftet ist.
Im Grunde wäre IMHO aus diesem Grunde zu erwägen, eine Strafverfolgung gegen europäische Bürger bei ihnen nicht anzuerkennen und eine sofortige Auslieferung zu verlangen.

Allerdings würde dies dem juristischen Grundsatz der Gültigkeit des Orts- und Tatzeitrechts zuwiderlaufen.

Leider scheint sich unter den Journalisten der Sinn für die Implikationen unseres Wertesystems und die Wirkung ihres Tuns zu verflüchtigen, daß eben die Vermutung der Unschuld des Angeklagten strikt nicht anzutasten ist und daß die Berichterstattung Macht ausübt, gegen die mit Gegendarstellungen nicht anzukommen ist.

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Fr 8. Jul 2011, 10:04 - Beitrag #28

Allerdings würde dies dem juristischen Grundsatz der Gültigkeit des Orts- und Tatzeitrechts zuwiderlaufen.
Das ist wohl so, leider. Andererseits ist ein juristischer Grundsatz eben doch kein Naturgesetz; vor allem wenn man sieht, dass so ein Grundsatz in bestimmten Situationen fragliche Konsequenzen hat. Und das Orts- und Tatzeitrecht ist schon früher übergangen worden. So war z.B. in Laos Geschlechtsverkehr mit Kindern bis vor wenigen Jahren kein gesetzlich verbotenes Verbrechen; trotzdem sind Sextouristen, die dort nachweislichen Sex mit Kindern hatten, nach ihrer Rückkehr aufgegriffen und gelegentlich auch verurteilt worden.

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Fr 8. Jul 2011, 20:53 - Beitrag #29

Peter Scholl-Latour, den zu fragen wohl immer nahe liegt, wenn es um Ereignisse geht, die weiter weg geschehen, war diesmal Gast einer Talkshow und wurde als Frankreich-Kenner eingeführt.
Was das nun mit DSK zu tun hat? Wie es selbst in der Baseler Zeitung nachzulesen ist, hat er eine, für ihn ungewohnt offen-knackig-saloppe wie simple Erklärung zur Frage der Freiwilligkeit des Oralverkehrs (wie es ihn zwischen DSK und dem Zimmermädchen laut deren Aussage gegen ihren Willen gab):
Er habe erhebliche Zweifel daran, dass der Oralverkehr nicht einvernehmlich stattgefunden habe. Denn schliesslich hätte sich die Frau ja sehr leicht selbst helfen können: «Sie kann ja reinbeissen in das Ding», polterte er. Das tue nämlich verdammt weh, «da ist er dann ganz schnell wieder draussen.»

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Mo 11. Jul 2011, 11:03 - Beitrag #30

der gute alte Scholli^^ ganz der furchtlose Pragmatiker. Man fragt sich ja tasächlich, warum die vielen tausende versklavte Prostituierte, wenn sie zugeritten werden nicht einfach alle mal herzhaft zubeißen. Angst brauchen die ja offenbar nur zu haben, wenn sie schlechte Zähne haben. Machen also alle einvernehmlichen Sex.

Für so einen Kommentar gebühren ihm 10000 Jahre Publikations- und Äußerungsverbot. Und für jede einzelne Prostituierte und vergewaltigte Frau ein Schmerzensgeld aus seinem Privatkonto wegen debiler Beleidigung.

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Mo 10. Okt 2011, 21:27 - Beitrag #31

Nachdem die Vor-Vorwahlen der Sozialisten nun abgeschlossen sind - François Hollande und Martine Aubry haben es in die Stichwahl geschafft - bleibt also festzuhalten, dass Strauss-Kahn auf das Instant-Comeback verzichtet hat. Realistisch wäre so ein Versuch wohl auch nicht gewesen, dazu war trotz Freispruch sein bürgerlicher Ruf zu beschädigt.
Falls der PS-Kandidat entgegen dem aktuellen Trend doch noch gegen Sarkozy unterliegt, könnte man sich einerseits durchaus vorstellen, dass er als gefallener Held wiederbelebt würde, andererseits hat Frankreich ja 7 Jahre als Präsidentenamtsperiode, und mit 69 wäre Strauss-Kahn dann 2018 wohl schon grenzwertig alt, würde bei Erfolg und voller Amtsausübung Chiracs Endalter überbieten. Also ist eher davon auszugehen, dass es das mit dem Spitzenamt jetzt war. Und für bürokratisch orientierte internationale Organisationen dürfte er nach der Affäre zu schillernd sein.

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Do 1. Dez 2011, 14:43 - Beitrag #32

jetzt spricht DSK Bild

"Nichts wäre passiert, wenn ich diese Beziehung nicht eingegangen wäre", sagt Strauss-Kahn zu dem Vorfall in seiner Hotel-Suite, "damit habe ich die Tür zu allen anderen Affären aufgemacht." Nach seiner Darstellung sei Nafissatou Diallo, die Bedienstete des Sofitel, am späten Vormittag in Raum 2806 aufgetaucht, um das Zimmer zu putzen. Sie sei weder überrascht noch schockiert gewesen, ihn nackt aus dem Badezimmer kommen zu sehen; sie habe sich zur Tür gewandt und ihn dabei angesehen. Er habe dies als Einladung verstanden zu einem "vorschnellen sexuellen Akt".
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,800975,00.html

manche merken anscheinend wirklich nicht, wie sehr sie sich disqualifizieren

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Do 1. Dez 2011, 16:34 - Beitrag #33

Er sieht das Problem also gewissermaßen darin, sein bisheriges überaus facettenreiches außereheliches Liebesleben aufgrund einer spontanen Dummheit offengelegt und damit vorerst eingestellt zu haben, und speziell seinen Kunstfehler darin, das Zimmermädchen mißverstanden zu haben. Ich bin voller Mitgefühl. - Zu den Mechanismen dahinter sagt das allerdings noch relativ wenig aus; klar ist, daß es bei seiner Lebensführung und Relevanz wohl nur eine Frage der Zeit war, bis jemand ihn auf solche Weise entblößt.

Ipsissimus
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Fr 26. Jul 2013, 16:36 - Beitrag #34

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/strauss-kahn-wird-wohl-prozess-wegen-zuhaelterei-gemacht-a-913367.html

Anklage gegen Strauss-Kahn und weitere hochrangige Politiker und Funktionäre wegen bandenmäßiger Zuhälterei, man darf gespannt sein

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Fr 26. Jul 2013, 17:33 - Beitrag #35

Die Verteidigungsstrategie, er habe nichts davon gewußt, daß es sich bei den Frauen auf den Sexparties um Prostituierte handelte, ist immerhin konsequent, schließlich entspricht es wohl seinem Selbstbild, daß sich die Frauen darum reißen, mit ihm zu schlafen. So gesehen wäre er möglicherweise sogar im Recht.

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