Arbeitslosengeld nach Alter/Beitragsjahren?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
e-noon
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Do 11. Jan 2007, 22:01 - Beitrag #41

[quote]e-noon, es macht einen Unterschied, ob Du nach Inkonsistenz suchst oder schlicht die Argumente und das Axiomensystem auf Konsistenz prüfst - mit welchem Ergebnis auch immer.[quote] Ich sagte ja auch nicht, dass es dasselbe ist, sondern nur, dass es sich nicht ausschließt, Inkonsistenz zu suchen und Konsistenz wahrzunehmen.

@Ipsi: Ich ging von dem schweren Fall aus, dass der Diskussionspartner gar nicht bereit ist, ein anderes als sein eigenes Wertesystem zur Grundlage zu nehmen. Das meinige zu diskutieren, würde ich schon als Schritt des Entgegenkommens werten ^^

Was den Gegner dazu bewegen könnte, sind vielleicht Zusammenhänge zu zeigen, die ihm nicht klar waren, oder seine Quellen besser zu kennen, als er es tut (ein Beispiel: Ein Fundamentalist stützt sich auf einen Teil der Bibel, der ihm von jemandem empfohlen wurde, und man argumentiert einfach mit einem anderen Teil der Bibel - hat imo mehr Aussicht auf Erfolg als zu sagen "ach, die Bibel hat sich doch nur irgendein Ziegenhirte ausgedacht").

janw
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Fr 12. Jan 2007, 02:59 - Beitrag #42

Per aspera ad astra^^

e-noon, unterschätze nicht den Kenntnisreichtum wahrer Fundamentalisten^^

Ipsissimus
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Fr 12. Jan 2007, 10:04 - Beitrag #43

Ich ging von dem schweren Fall aus, dass der Diskussionspartner gar nicht bereit ist, ein anderes als sein eigenes Wertesystem zur Grundlage zu nehmen.


das heißt, du gingst von dem schweren Fall aus, daß dein Gegner dasselbe tut, wie du selbst^^

ich denke wirklich, daß ein großer Teil des Problems im mangelnden Abstand vieler Menschen zu ihren eigenen Voraussetzungen besteht. Diese eigenen Voraussetzungen scheinen vielen so selbstverständlich und unumstößlich wahr zu sein, daß sie nicht wirklich begreifen, daß andere Menschen die Welt mit ganz anderen Augen, unter ganz anderen Gesichtspunkten sehen. Von daher bin ich dir dankbar, e-noon, daß du das so klipp und klar formuliert hast, daß das Problem unverkennbar ist. Wir finden die Kontur dieses Problems in der Hoch-Tief-Auseinandersetzung unserer Gesellschaft (Elite versus Mitteelschicht versus Bodenschicht) ebenso wieder wie in der Nord-Süd-Problematik, früher der Ost-West-Problematik und neuerdings in der Problematik der Auseinandersetzung zwischen christlichen (USA) und islamischen Fundamentalisten ("Terroristen"). Und an vielen vielen anderen Stellen. Überall sind Gruppen und mit ihnen Menschen gegeneinander abgeschottet, und das Mittel dieser Abschottung ist die Selbstverständlichkeit, mit der die je eigenen Ansichten absolut und unumstößlich "wahr" sind.

janw
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Fr 12. Jan 2007, 17:29 - Beitrag #44

Nur zu wahr...
Nur, was antwortet mensch auf den Einwand, daß diese Erkenntnis nichts an den sachlich bestehenden Problemen löse? Problemen, deren Existenz zumindest unter den am Diskurs Beteiligten konsensual angenommen wird?

Gut, ja, daß dies vielleicht gar nicht die wahren Probleme sind, sondern jene, die wechselseitig geleugnet werden...

e-noon
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Fr 12. Jan 2007, 20:19 - Beitrag #45

@Freut mich, dass dich das freut, Ipsi ^^ aber hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Ich skizziere mal grob an einem Beispiel, was ich meine:

Mensch:------------Fundamentalist---------------------Ich

grundlegende-------Gott existiert----------------Gott existiert wohl nicht
Werte-------------sein Wille steht in der-----------Die Bibel/Tora.. ist ein
-------------------Tora/Bibel/Koran/X----------Erlebnisbericht von Nomaden
-------------------Wille muss befolgt werden-------Wille ist irrelevant
--------------------In der Tora steht,-------------alle Menschen sollten
--------------------man muss töten-------------in Frieden gut leben können

(Das war anstrengend)

Also, ich kann wohl schwerlich davon ausgehen, dass der Fundamentalist mir zuhört, wenn ich anfange mit "Gott existiert nicht". Also gehe ich in sein Wertesystem, und versuche, auf seinen grundlegenden Werten eine Begründung für meine Interessen (keine Akte von Terrorismus) aufzubauen. Das könnte so aussehen, dass ich sage, in der Tora/Bibel/im Koran steht aber auch, man solle nicht töten, oder man sollte erst versuchen, mit jemandem zu reden, oder sonstiges.

Das kann er gerne auch andersherum versuchen (Also versuchen, mich vom Terrorismus zu überzeugen, ohne sich auf Gott oder religiöse Autoritäten zu stützen), kein Problem. Als unumstößlich wahr betrachte ich meine Ansichten dabei nicht, aber als argumentativ vertretbar und als plausibel (sonst wären es ja nicht meine Ansichten). Inwiefern das abschottet oder gar einen Diskurs unmöglich macht, sehe ich jedoch nicht.

janw
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Sa 13. Jan 2007, 19:54 - Beitrag #46

e-noon, Du könntest dem terrorristischen Fundamentalisten auch entgegen halten, daß bei weitem nicht alle seine Glaubensbrüder den Weg der Gewalt gutheißen. Weshalb er?
Dann könnte es sein, daß Du an den tieferen Kern des Terrorismus kommst, der nämlich darum kreist, wie "wir" "sie", sein Volk, seine Glaubensgemeinschaft, behandelt haben und behandeln, wie "sie" sich wahrgenommen fühlen durch "uns", die "wir" als die selbsternannten Herren rüberkommen bei "ihnen".

Aber das ist jetzt ein ziemlich komplexes Beispiel, im Vergleich zu den Glaubensfragen^^, wer wirklich macht, daß Züge fahren, ob Kapital einen anderen intrinsischen Wert hat als Humankapital, und ob ein Mensch, der nur will, auch eine auskömmliche Arbeit bekommt, oder ob dies nicht eher frommes Wunschdenken bzw. gezielte Einlullung ist.
Letztlich die Frage, ob jeder Mensch so freiheitsfähig ist, wie die Neoliberalen es sich denken.

e-noon
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Sa 13. Jan 2007, 20:24 - Beitrag #47

Ja, Jan, dann wäre ich ja schon mal einen Schritt weiter. Wenn alle Fundamentalisten/Terroristen zugeben würden, dass sie sich nicht für den Glauben, sondern für Geld (bzw. aus Gründen von Armut und Unterlegenheit ihrer Glaubensbrüder) in die Luft sprengen, könnte man die hitzigen Diskussionen über die Differenzen im Glauben vllt. in Diskussionen über Hilfemaßnahmen zum Schutz vor Terrorismus wandeln. Wenn man den Schutz vor Terrorismus durch Hilfe für die fundamentalistische Bevölkerung statt durch den gläsernen Menschen etc. gewährleisten kann, wäre das ja auch eine Option.

Lykurg
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So 14. Jan 2007, 01:05 - Beitrag #48

e-noon, dabei übersiehst du aber, daß zumindest bisher ein erheblicher Teil der international operierenden Terroristen eher aus Saudi-Arabien und ähnlich wohlsituierten Ländern stammt, über eine gute Ausbildung verfügt, teilweise auch jahrelang in westlichen Ländern gelebt hat und Ziele wie Armutsbekämpfung wohl kaum besonders im Mittelpunkt seiner Interessen sieht. Der Entwicklung dieser Länder dient Terrorismus ohnehin nicht im Geringsten, aber derartiges festzustellen erfordert offensichtlich mehr Kaltblütigkeit als einen Bombenanschlag durchzuführen.

janw
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So 14. Jan 2007, 03:51 - Beitrag #49

Lykurg, wenn man es auf einen westlichen Entwicklungsbegriff bezieht, der im wesentlichen bedeutet, andere Länder uns ähnlich zu machen, was Wohlstand, politisches System, Freiheitsrechte und geistige Verfasstheit betrifft, dann hast Du recht, dann erscheint der gewalttätig betriebene religiöse Fundamentalismus grundsätzlich widersinnig, ganz unabhängig von seinen konkreten Maßnahmen und Folgen.
Wenn man aber das Problem, den "Mangel" darin sieht, daß diese Entwicklungspolitik eben eine fremde ist, sowohl die Betrachtung der Menschen und Gesellschaften als "zu entwickelnd"(imperativisch) wie auch die Ziele dieser Entwicklung von außen projiziert werden, die Menschen dort es zumindest so wahrnehmen, dann kann der Terrorismus ganz konkret als "lasst uns einfach in Ruhe unseren eigenen Weg gehen und finden, egal, ob der Euch vordergründig nun so gefällt oder nicht!" verstanden werden. Die Tatsache, daß viele der führenden Köpfe im Westen ausgebildet wurden, tut dem nicht unbedingt einen Abbruch - sie kennen dadurch ihren Feind^^ bzw. haben in ihrer Zeit im Westen wahrgenommen, wie "wir" über "sie" bzw. ihre Länder und Völker denken, daß "wir" sie nicht ernst nehmen, nicht gleichrangig behandeln, daß einer von ihnen in unseren Ländern eine Arbeitsstelle haben kann und dennoch keine Wohnung bekommt - und dies nicht erst seit dem 11. September, und daß "wir" ihre Diktatoren aufgebaut haben, als es "uns nützlich schien, nützliche Idioten, die "uns" billige Rohstoffe liefern - um welchen Preis interessierte "uns" nie.
Natürlich ist diese Sache jetzt entgleist, der Krieg ernährt den Krieg und vor allem jene, die auf dem Feuer anderer ihre eigene Suppe kochen.
Daß dies keine Apologie irgendwelcher Gewalt sein soll, ist klar, denke ich...keiner kann behaupten, es hätte nicht auch andere Wege gegeben.

Lykurg
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So 14. Jan 2007, 08:36 - Beitrag #50

Stop, janw - der wir-mit-unserem-Wirtschafts-und-Kulturimperialismus-sind-selbst-schuld-daran-Exkurs geht etwas an der Sache vorbei. Bei e-noon klang an, Terrorismus sei eine Folge der Armut bzw. sozialer Ungleichheiten. Wenn das stimmte, würde es auch deinen Exkurs widerlegen, dann ginge es den Extremisten ja tatsächlich um eine Anpassung an den Westen bzw. darum, sich eine Scheibe von den "ungleich verteilten Reichtümern" abzuschneiden. Aber das ist - wie du ja auch feststellst - überhaupt nicht der Fall! Und rational betrachtet ist Terrorismus sicherlich auch kein Weg, in Ruhe gelassen zu werden, im Gegenteil. Terrorismus ruft dazu auf und zwingt dazu, sich mit dem Anderen zu beschäftigen. Letztlich ist es doch nur ein Schrei nach Liebe... ;)

janw
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So 14. Jan 2007, 13:54 - Beitrag #51

Nun, "in Wirklichkeit" ist sicher von allem etwas dabei, eine Motivationsgemengelage, die sich für jeden Fundamentalisten aus einer individuellen Kombination aus eigener Erfahrung, Wahnehmung, aufgenommener Indoktrination und für richtig gehaltener Interpretation der Glaubensquellen zusammen setzt. So individuell, daß sehr viele sich als den Islam von seiner Basis her glaubend - fundamentalistisch mithin - Ansehende die Gewalt ablehnen oder gerade mal als im Angesicht der Übermacht eines an die Zähne bewaffneten Gegners, der sich selbst alles, aber auch wirklich alles erlaubt, leider Gottes notwendiges Mittel hinnehmen.
Viele auch, die erkennen, daß die Verknüpfung von Gläubigkeit mit dem Imperativ, dafür viele andere umzubringen, eine vergleichsweise neue Strategie ist, die wohl ihre erfolgreiche Bewusstseinsimplantation der Entstehung von Madrasas in den pakistanischen Flüchtlingslagern verdankt - eine Folge dessen, daß Weltgemeinschaft dort nicht selbst für eine Bildungsinfrastruktur gesorgt hat.

Nein, ich wollte dies hier eigentlich gar nicht so tiefgehend auswalzen, es ging mir eigentlich nur darum, zu zeigen, wie stark "unsere" Wahrnehmung dessen, was in der arabischen Welt vor sich geht, davon geprägt ist, was "wir" generell über den Rest der Welt denken, woran wir den Rest der Welt messen, was wir für den Rest der Welt für richtig halten - und daß wir dann das, was "wir" für richtig halten, auch unreflektiert tun, oft genug ohne die Leute dort zu fragen, was sie eigentlich wollen und noch seltener unter Eingehen darauf.

Wobei im gleichen Maße gilt, daß "wir" nicht so homogen sind, wie es "ihnen" erscheint und daß auch bei "uns" nicht alles Gold ist, was glänzt.
(Vielleicht ist das einzig Trennende, daß "wir" uns ein Stück weit der Einflussnahme des Großen Bruders entziehen können - es wird schließlich keiner gezwungen, Mc Doof zu essen, windoof zu benutzen und Fernsehserien von der Stange zu sehen. Und bei "uns" schießt keiner eine Granate ins Haus, wenn wir Gäste haben und fragt hinterher, ob hier vielleicht Leute mit gefährlichen Gedanken in den Köpfen gewesen sind - um dann festzustellen, daß fast nur Frauen und Kinder anwesend waren.)
Die Betrachtung und Einfühlung in die Grundlagen des jeweils anderen fehlt auf beiden Seiten, und das gilt genauso in unserer heimischen Sozialpolitik usw.
Im Osten gab es mal ein Rezept dagegen, das hieß Funktionäre in die Produktion. Hat man aber schnell aufgegeben...

e-noon
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So 14. Jan 2007, 21:31 - Beitrag #52

@Lykurg: Das war keine Behauptung von mir, sondern ich meinte nur, WENN alle Terroristen zum Beispiel Armut als ihren wahren Hauptgrund angeben würden, DANN könnte man leichter an der wahren Ursache ansetzen. Ich persönlich habe keine Ahnung, warum irgendwer auf die Idee kommt, sich mit anderen in den Tod zu stürzen, und möchte es auch nur wissen, wenn mir das hilft, etwas dagegen zu tun.

Auch finde ich es sehr primitiv und grausam, Unschuldige zu ermorden, weil westliche Staatsführer sich gegenüber arabischen oder islamischen Staatsführern oder sonstigem aufspielen.

*sing* "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe,
Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
Du hast nie gelernt, dich zu artikulieren... " Lykurg, hattest du das auch im Kopf?

Lykurg
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So 14. Jan 2007, 23:26 - Beitrag #53

Das freut mich, e-noon - dann hatte ich dein "zugeben" nur irgendwie mißverstanden. ;) Und ja, das Lied hatte ich im Kopf - auch wenn ich es bestimmt nicht häufiger als ein- zweimal gehört habe, fand ich diesen Text damals irgendwie bemerkenswert.^^

Zitat von janw: Nein, ich wollte dies hier eigentlich gar nicht so tiefgehend auswalzen, es ging mir eigentlich nur darum, zu zeigen, wie stark "unsere" Wahrnehmung dessen, was in der arabischen Welt vor sich geht, davon geprägt ist, was "wir" generell über den Rest der Welt denken, woran wir den Rest der Welt messen, was wir für den Rest der Welt für richtig halten - und daß wir dann das, was "wir" für richtig halten, auch unreflektiert tun, oft genug ohne die Leute dort zu fragen, was sie eigentlich wollen und noch seltener unter Eingehen darauf.
Dem stimme ich weitgehend zu, sehe allerdings auch wenig andere Möglichkeiten als die, das Fremde nach den eigenen Maßstäben zu beurteilen. Man kann versuchen, so weit wie möglich fremde Befindlichkeiten zu erkunden, um sich in das Wesen des anderen hineinzudenken, sein Handeln zu antizipieren, bestenfalls lebensfähige Kompromisse zu finden; aber wie du sagst, ist es in unserem vitalen Interesse, den anderen nicht nur nach seinen eigenen Maßstäben zu beurteilen! Täten wir das nicht, bedeutete das im Extremfall unser Ende. Würden die Israelis Ahmadi-Nedschad bis in letzte Konsequenz (die bei ihm ziemlich schnell kommt) "verstehen" und ihre Wahrnehmung der seinen anpassen, könnten sie ihre nun nicht mehr ganz so geheimen Nuklearwaffen auch gleich im eigenen Land hochgehen lassen. An dieser Stelle gebietet es dann doch der Selbsterhaltungstrieb, sein Wertesystem nicht draufzugeben.

Das Äquivalent zu "Funktionäre in die Produktion" wäre hier wohl "Nahostexperten in die Diplomatie". Wenn so 'kluge Köpfe' wie der allseits beliebte Scholl-Latour sich mit iranischen, palästinensischen, israelischen, syrischen und irakischen Verantwortlichen an ein bis drölf Tische setzen würden, wäre die Welt sicherlich binnen kurzer Frist eine bessere...:crazy:

Ipsissimus
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Mo 15. Jan 2007, 01:56 - Beitrag #54

Wenn alle Fundamentalisten/Terroristen zugeben würden, dass sie sich nicht für den Glauben, sondern für Geld (bzw. aus Gründen von Armut und Unterlegenheit ihrer Glaubensbrüder) in die Luft sprengen, könnte man die hitzigen Diskussionen über die Differenzen im Glauben vllt. in Diskussionen über Hilfemaßnahmen zum Schutz vor Terrorismus wandeln.


wenn alle freiheitsliebenden Politiker westlicher Industrienationen zugeben würden, daß ihre Politik ausschließlich auf Privilegiensicherung für eben diese Länder ausgelegt ist, daß die Freiheit, die sie meinen, ausschließlich die Freiheit der Konzerne ist, ungestört auszubeuten und daß sie das Schicksal unterdrückter und verarmter Bevölkerungen und Bevölkerungsschichten einen Scheissdreck interessiert, solange es sich nicht propagandistisch für ihre Zwecke ausnutzen lässt, könnte man vielleicht die hitzigen Diskussionen über die Bösartigkeit des Terrorismus und der Terroristen in Gespräche über mehr Gerechtigkeit in der Welt verwandeln

janw
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Mo 15. Jan 2007, 12:59 - Beitrag #55

Zitat von Lykurg:[..]aber wie du sagst, ist es in unserem vitalen Interesse, den anderen nicht nur nach seinen eigenen Maßstäben zu beurteilen! Täten wir das nicht, bedeutete das im Extremfall unser Ende. Würden die Israelis Ahmadi-Nedschad bis in letzte Konsequenz (die bei ihm ziemlich schnell kommt) "verstehen" und ihre Wahrnehmung der seinen anpassen, könnten sie ihre nun nicht mehr ganz so geheimen Nuklearwaffen auch gleich im eigenen Land hochgehen lassen. An dieser Stelle gebietet es dann doch der Selbsterhaltungstrieb, sein Wertesystem nicht draufzugeben.

Nun, den anderen nach seinen eigenen Maßstäben zu beurteilen...wozu würde das führen? Es wäre vielle rreicht, könnten "wir" "ihren" Blick auf "uns" einnehmen, sehen, wie "wir" rüberkommen. Und dann erkennen, daß "wir" auch in Afrika in Teilen so rüberkommen, die dortige Reaktion aber eher die Selbstzerfleischung ist und das individuelle Versuchen, irgendwie ein Stückchen besser als andere mit der Malaise zurecht zu kommen. Nicht unblutiger, aber wenigstens nicht so in unseren gepflegten Straßen...nur dann und wann eine Leiche am Strand.

Israel hätte sehr wohl eine Alternative, die wäre, sich nun mal wirklich ans Völkerrecht zu halten, das ihm nicht gehörende Gebiet zu räumen - notfalls der UNO als Treuhänder übergeben - und nicht allfällige völkerrechtliche Pflichten zum Teil einer Verhandlungsmasse zu machen.
Das würde dem Islamismus ein mächtiges Argument nehmen...

EDIT: Nun, genau zu letzterem scheint sich etwas zu tun, wie Haaretz berichtet und wie gleich wieder von beiden Seiten dementiert wurde.
Haaretz, einer großen israelischen Zeitung, zufolge gibt es schon seit mehreren Jahren Geheimverhandlungen über eine Rückgabe der Golanhöhen an Syrien. Der Golan soll danach zum Naturpark werden, damit also auch entmilitarisiert, was den israelischen Sicherheitsinteressen entgegen käme, aber weiterhin auch für Israelis zugänglich sein.
Im Gegenzug würde Syrien seine Kooperation mit dem Iran und seine Unterstützung der Hamas beenden.
Kommentar des Journalisten auf die Dementis: Diese wären quasi zu erwarten gewesen - das Problem der Verhandlungen sei, daß sie "Uncle Sam", also usa nicht gefielen.
So heute im Deutschlandfunk zu hören.
Ich staune.

e-noon
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Mo 15. Jan 2007, 21:34 - Beitrag #56

Ja, Ipsi, da stimme ich dir zu, aber die Politiker bringen wenigstens keinen um. Oder, da das in deiner Terminologie wohl nicht so stimmt, sie ermorden wenigstens keine Unschuldigen mit eigener Hand. Und wenn niemand einen anderen mit eigener Hand töten würde, wäre das schon mal eine deutliche Verbesserung. Es ist nur seltsam - wenn es den Terroristen um etwas anderes geht als Gott, um etwas bestimmtes, dann wäre es klüger, jemanden zu erpressen, als sich totzufliegen und zu schauen, ob der Feind denn die Wünsche errät und einem posthum erfüllt, verstehst du? Also z.B.: Wenn ihr nicht langsam mal für Chancengleichheit sorgt, dann greifen wir euch mit Flugzeugen an. Dann wüsste die Weltbevölkerung wenigstens, wofür terrorisiert wird, und müsste nicht gegen den Islam als Ganzes wettern.

Dass jemand, der unschuldige Menschen umbringt, nicht bösartig ist, glaube ich übrigens nicht. Warum nicht mal auf Politiker zielen statt auf Zivilisten, wenn es um diese geht? Das kann man natürlich beiden Seiten vorwerfen ^^

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Mo 15. Jan 2007, 22:45 - Beitrag #57

e-noon, die Politik ist sich ihrer Angreifbarkeit durchaus bewusst...und igelt sich dehalb ein - siehe der kommende G-8-Gipfel.
Letztlich ist sie in Teilen aber selber schon nicht mehr Herr im Haus, seitdem im Zeichen der wirtschaftlichen Liberalisierung und des "Privat geht alles besser" ganze Staaten ihre Wasserversorgung und ihre Medien privatisiert haben - mit Verträgen, die den durchaus zustimmungspflichtigen Parlamenten nicht bekannt wurden, die kaum Ausstiegsmöglichkeiten beinhalten und erst recht keine Möglichkeiten, auf die Pflichten der Privaten auch zu pochen, und wenn es nur um Bezahlbarkeit für alle und um Unterhaltung der Leitungen geht. Mexico City und Manila waren die Vorreiter, mittlerweile werden hierzulande die Stadtwerke verscherbelt. Nett immerhin, daß dann Menschen mit etwas Geld von ihren Banken angeregt werden, doch in diesem Bereich zu investieren - eben weil es so bombensicher ist.
Nur, was tun in dieser Lage? Ein massenhafter Ansturm auf die Politik, mehr Frau Paulis...und alles was e-on, RWE, Nestle und Unilever heißt, links liegen lassen. Gut, das wäre die Antwort 1985 gewesen, heute...ich weiß es nicht...

Der Punkt ist, daß all dieses unerörtert bleibt, wenn "wir" tagtäglich mit den Erwägungen über die Bösartigkeit einiger Terroristen bombardiert werden, sie ist gewissermaßen ein Schutzschild, der die Erörterung der wirklich wichtigen Themen und Zusammenhänge verhindert.

Ich las heute ein älteres Zitat, das da lautet: "England hat keine Freunde und keine Feinde, sondern immer nur Interessen."
Mit dem Zusatz, dieser Satz werde heute als "demokratisch nicht vermittelbar" angesehen.
Das Faktum trifft jedoch weiterhin zu, und auch auf unser Land - vor lauter Demokratie wird es jedoch übersehen.

Ipsissimus
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Do 18. Jan 2007, 11:43 - Beitrag #58

aber die Politiker bringen wenigstens keinen um. ... sie ermorden wenigstens keine Unschuldigen mit eigener Hand.


dieser Argumentation zufolge wäre auch Hitler - der persönlich nie einer Fliege etwas zuleid getan hat - nicht annähernd so anklagenswert wie die vielen deutschen Soldaten, die ehe sie selbst als Kanonenfutter endeten, selbst genügend viele "Feinde" getötet hatten. Es würde auch völlig unverständlich machen, wieso derartige Anstrengungen unternommen werden, um an die Hintermänner des Terrorismus dran zu kommen.

Deine Wertschätzung von Informationsfreiheit in allen Ehren, e-noon, aber wir verfügen über alle wesentlichen Informationen, um abschätzen zu können, was den Terrorismus islamischer Provenienz antreibt. Es ist der Staatsterrorismus westlicher Provenienz, der seit mindestens 150 Jahren das Schicksal vieler, vieler Völker dieser Erde als Mittel für unseren Wohlstand einzusetzen bereit ist. Natürlich gibt es "Hintermanner" mit eigenen Interessen. Aber glaubst du, irgendeiner unserer Soldaten wäre aus eigenem Antrieb in Afganistan wenn er nicht von den "Hintermännern" auf unserer Seite, den Politikern, dorthin geschickt worden wäre? Inklusive des Risikos zu sterben?

Nur, daß WIR - die westlichen Industrienationen - die großen Terroristenstaten sind^^ das dürfen wir nicht sehen. Lieber stürzen wir uns in Verwirrung über die angebliche Unverständlichkeit terroristischer Aktionen, als uns selbst gegenüber mal diese spezielle rosarote Brille auszuziehen.

Ich sage nicht, daß ich Terrorismus in irgendeiner Form gutheiße. Aber ihn unverständlich zu finden, das ist ... gesegnete Blindheit^^

Yanāpaw
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Fr 26. Jan 2007, 01:54 - Beitrag #59

dieser Argumentation zufolge wäre auch Hitler - der persönlich nie einer Fliege etwas zuleid getan hat - nicht annähernd so anklagenswert wie die vielen deutschen Soldaten, die ehe sie selbst als Kanonenfutter endeten, selbst genügend viele "Feinde" getötet hatten.


Sie argumentierte im Konditional. WENN kein anderer Hitlers Befehle befolgt hätte dann wäre niemand gestorben, bestechende Logik wenn man sich die Mühe des Lesens macht.


Es ist der Staatsterrorismus westlicher Provenienz, der seit mindestens 150 Jahren das Schicksal vieler, vieler Völker dieser Erde als Mittel für unseren Wohlstand einzusetzen bereit ist.


Das ist eine Behauptung, die ohne Beispiele und Belege völlig wertlos ist, so wie der Rest deines Posts einzig und allein aus Mutmaßungen besteht.



Aber ihn unverständlich zu finden, das ist ... gesegnete Blindheit


Es gibt andere Formen diplomatischer Einflussnahme und es gibt regulären Krieg als diplomatisches Instrument, Terrorismus ist per definition unverständlich weil immer ungerechtfertigt und nie zielführend.

Ipsissimus
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Fr 26. Jan 2007, 10:17 - Beitrag #60

Das ist eine Behauptung, die ohne Beispiele und Belege völlig wertlos ist, so wie der Rest deines Posts einzig und allein aus Mutmaßungen besteht.


das hier ist ein Diskussionsforum und keine Lehrveranstaltung, Yanāpaw. Wenn dir das nötige Hintergrundwissen fehlt und du Beispiele und Belege benötigst, empfehle ich die Lektüre eines Geschichtsbuches, am besten eines mit Spezialisierung auf Kolonialismus und seine wirtschaftsimperialen Varianten.

Davon ganz abgesehen ist die von dir gerügte Aussage nicht einfach eine Behauptung sondern eine Meinung, was impliziert, daß die "wirkliche Wirklichkeit", auf die sie sich bezieht, in summarischer Form, nur mit einem gewissen Wahrscheinlichkeitswert versehen und zudem in persönlicher Sicht gefärbt dargestellt ist.

und es gibt regulären Krieg als diplomatisches Instrument, Terrorismus ist per definition unverständlich weil immer ungerechtfertigt und nie zielführend.


tja, wenn die Definition das verlangt, dann müssen wir uns natürlich pflichtschuldigst in Unverständnis üben und auf einen regulären Krieg hoffen. In dem ist das Sterben natürlich viel weniger entsetzlich, weil es ja regelgerecht herbei geführt wird. Und ein Schwein, wer zu denken wagt, die Definition sei möglicherweise vorsätzlich so gesetzt, daß sie einer speziellen Gruppe nützt. Falls es dich interessiert, verweise ich übrigens auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22122/1.html wo du eine Ahnung von den Schwierigkeiten bekommen kannst, denen sich die UNO beim Versuch ausgesetzt sieht, Terrorismus tatsächlich zu definieren.

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