(Selbst-)Verteidigungsminister Guttenberg ein Plagiator?

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Roban
gesperrt

Benutzeravatar
 
Beiträge: 175
Registriert: 08.02.2006
So 20. Feb 2011, 17:58 - Beitrag #41

Unkontrollierte Macht, die nicht mal einer Selbstkontrolle unterliegt, macht dumm und schwach. Eigentlich müssen wir nur darauf warten, bis das System zusammenbricht ...

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
So 20. Feb 2011, 18:02 - Beitrag #42

Darauf warteten viele schon vergeblich ^^ Aber das soll dich nicht davon abhalten.

Lustiges Prinzip, Feuerkopf. Das erklärt die Geschehnisse in der Kölner Romanistik...

Feuerkopf
Moderatorin
Moderatorin

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5707
Registriert: 30.12.2000
So 20. Feb 2011, 18:02 - Beitrag #43

Roban,
das "System" führt doch gerade vor, dass es funktioniert. Immerhin ist knapp die Hälfte der Bevölkerung eben nicht bereit, dem Herrn von und zu seine großzügige Auslegung der Zitatregeln durchgehen zu lassen. -->wikiplag z. B.
Außerdem gehe ich jede Wette ein, dass es in beiden C-Parteien Leute, auch an exponierter Stelle, gibt, die sich jetzt ins Fäustchen lachen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mo 21. Feb 2011, 13:10 - Beitrag #44

Ich tippe: 1. Volk, 2. Juristen, 3. Wirtschaft, 4. Medien, 5. Politik
ich tippe: 1: Wirtschaft, Juristen, Medien, Politik 2. nichts


tja, Dr. zu Guttenberg, einerseits, andererseits

ich stimme zu, es darf nicht angehen, mit solch einer Dreistigkeit davon zu kommen. Andererseits, es geht an, durch unzählige Fälle längst bewiesen, dass mit vergleichbarer Dreistigkeit davongekommen wird. Ich könnte hinsichtlich "Erwerb von Doktortiteln und Habilitationen" Sachen erzählen, dass sich die Fußnägel biegen. Und ALLE drumherum wissen und schweigen. Der nette Karl-Theodor hatte nur Pech oder war zu doof zu verhindern, dass seine Sachen an die Öffentlichkeit gelangt sind. Das ist die Todsünde, die ihn unter Seinesgleichen an die Grenze zur Untragbarkeit bringt. Nicht dass er es gemacht hat. Nur dass er sich hat erwischen lassen. Und natürlich, einmal publik gemacht, müssen jetzt auch Seinesgleichen das Lied der wissenschaftlichen Lauterkeit, von dem sie tatsächlich einfach nur furchtbar angeödet sind, mitsingen. Allein schon aus Selbstschutz.

Der Mann ist wissenschaftlich untragbar. Ob wissenschaftliche Tragbarkeit ein relevantes Kriterium für die relevanten Kreise ist, oder ob er für die relevanten Kreise auch ohne wissenschaftliche Tragbarkeit als Politiker weiterhin tragbar bleibt, wird im Wesentlichen davon abhängen, ob er es schafft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen^^ ich würde derzeit weder auf das eine noch auf das andere wetten

degoutant, von vorne bis hinten^^

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 21. Feb 2011, 13:39 - Beitrag #45

Robans Frage nach den Machtverhältnissen im Land verdient wohl einen neuen Thread, auch wenn die Umfrage dazu wohl schwierig wäre. ;)
Die völlige Machtlosigkeit des Volks sehe ich nicht, an erster Stelle wäre es bei mir aber realistisch gesehen wohl auch nicht unbedingt.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 21. Feb 2011, 14:07 - Beitrag #46

Hübechse Machtgedanken, eine Separierung in Extra-Thread ist fein.

Gutenberg sollte durch die anscheinend auch gegebenen groben Amtspflichtverletzungen als Politiker) durch die private Nutzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages auch politisch untragbar sein.

Wie die Äußerungen des FDP-Politikers Kubicki in der Leipziger Volkszeitung zeugen, ist Guttenberg zumindest beim Koalitionspartner inzwischen in Frage gestellt worden.

Aber eigentlich wird Guttenberg, der ja in einem (der von mir gwiss bereits verlinkten) Beiträg sinngemaäß außerte, er wolle nun seine Maßstäbe, die er gegen andere richtet, nun auch gegen sich selber gelten lassen. In Analogie zum Gorch-Fock-Kapitän müßte Guttenberg nun also vorübergehend, zu seinem eigenen Schutz, suspendiert werden.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Mo 21. Feb 2011, 23:02 - Beitrag #47

Guttenbergs denken und handeln bewegt sich aktuell m.E. in die richtige Richtung, doch zu überzeugen mag er mich freilich weiterhin keineswegs.

Aktuell schreibt der Spiegel unter dem Titel "Guttenberg will auf den Doktortitel verzichten"
"Blödsinn", "Peinliches", "gravierende Fehler": Karl-Theodor zu Guttenberg hat auf einer Wahlkampfveranstaltung massive Selbstkritik geübt - und will seinen Doktortitel dauerhaft ruhen lassen. Einen Rücktritt schloss der Minister aber erneut aus.

Kelkheim - Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat am Montagabend Verletzungen des Plagiatverbots beim Verfassen seiner Doktorarbeit eingeräumt und will seinen Doktortitel ruhen lassen - dauerhaft. Das heißt nicht anderes als: Guttenberg verzichtet. "Ich habe gravierende Fehler gemacht", sagte Guttenberg am Montagabend bei einer CDU-Veranstaltung in der Taunusstadt Kelkheim.

Auch "Peinliches" sei beim Schreiben der Arbeit passiert, räumte der Minister ein und verwies auf nicht ausgewiesene Zitate aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in der Einleitung seiner Promotionsarbeit. "In der mir abgesprochenen Demut entschuldige ich mich bei allen, die ich verletzt habe", sagte Guttenberg.

Klar ist: Die endgültige Entscheidung über ein mögliches Ablegen des Doktortitels liegt bei der Universität Bayreuth. Offenbar hat der CSU-Politiker seinen Entschluss noch nicht mit der Universität abgestimmt. Ohnehin wurde Guttenberg aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen zu seiner Doktorarbeit Stellung zu nehmen

Er habe sechs bis sieben Jahre an seiner Promotion geschrieben, sagte der Unions-Politiker und fügte hinzu: "Möglicherweise habe ich an ein oder anderer Stelle den Überblick über die Quellen verloren." Jedoch habe er die Arbeit selbst verfasst. "Daher stehe ich auch zu dem Blödsinn darin", bekräftigte er.


"Werde mein Amt mit aller Kraft ausüben"

Während des zurückliegenden Wochenendes habe er sich konzentriert mit seiner Promotion und den Plagiatvorwürfen beschäftigt. Er werde sich nun aber wieder seiner politischen Funktion zuwenden, sagte Guttenberg und widersprach Rücktrittsspekulationen. "Ich werde mein Amt mit aller Kraft ausüben", kündigte der Minister an.

Die brisante Situation versuchte Guttenberg durch Witz zu überspielen: "Hier steht das Original, kein Plagiat", sagte er vor etwa 900 unionsnahen Zuhörern. "Ich bin nicht als Selbstverteidigungsminister gekommen", so Guttenberg weiter.

Vor der örtlichen Stadthalle forderte ein halbes Dutzend Demonstranten den Rücktritt des Ministers. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stärkte Guttenberg den Rücken. Dieser sei eine der "herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Politik", sagte Bouffier. "Wir wollen, dass das so bleibt."


Finde ich auch nett vom Guttenberg, meine Idee mit dem Selbstverteidigungsministe aufzugreifen.

Blos was will er mit dem nicht führen des Titels sagen? Will er weiter Doktor sein und sich so fühlen, aber darüber schweigen? Oder sieht er tatsächlich vollständig ein, dass seine Dissertation keinen Doktortitel rechtfertigt? Warum geht er dann nicht den m.E. ggf. auch für ihn kleinen Schritt zu verkünden, er habe der Uni mitgeteilt, sich die Untersuchungskommison sparen zu können, sein plagiieren voll umfänglich eingeräumt und dann folgerichtig um die offizielle Aberkennung der Doktorwürden gebeten?

Weil ich die Sache mit dem wissenschaftlichen Dienst noch nicht ausgestanden finde, bleibe ich gespannt, ob&wann er nicht nur nicht als Selbstverteidigungsminister sondern als gar kein Minister vor die Presse tritt.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Di 22. Feb 2011, 00:34 - Beitrag #48

Ist es denn so klar, dass er den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags wirklich missbraucht hat? Er hat ihn ohne Zweifel zweifelhaft gebraucht; aber es ist ja nicht so, dass sein Promotionsthema fernab von jeglicher Relevanz für die Politik ist. Ich habe keine Ahnung, wofür der wissenschaftliche Dienst sonst so konkret gebraucht wird - ehrlich gesagt, war mir bis vor kurzem nicht einmal seine Existenz bekannt.

Während die gesamte Plagiatsgeschichte den Eindruck stützt und verstärkt, den man schon vorher während der bisherigen "Affären" und "Skandale" in Guttenbergs Amt gewonnen hat, finde ich es unnötig, dass er deswegen zurücktritt. Es spricht sicherlich nicht sehr für seinen Charakter oder seine Ehrlichkeit - aber ein Minister wird nicht für seinen Charakter, sondern für seine Arbeit bezahlt. Meines Erachtens sollte ein Minister zurücktreten, wenn er (wiederholt) schlechte Arbeit im Dienst macht oder jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verliert. Zumindest letzteres ist anscheinend noch nicht der Fall, was eben nur zum Teil auf Uninformiertheit beruht (ich kann Lykurgs Analyse da zustimmen).

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Di 22. Feb 2011, 01:10 - Beitrag #49

Leider scheinen die genauen Regeln zu den wissenschaftlichen Diensten nicht online abrufbar, mit dem Spiegel als Sekundärquelle sieht es m.E. aber schon so aus, dass Art und Weise, in der Guttenberg diesen Dienst nutzte, in keiner Weise korrekt waren:
Obwohl Abgeordnete die Wissenschaftlichen Dienste nur im Rahmen ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit nutzen dürfen, fügte Guttenberg die Arbeit in seine Dissertation nahezu vollständig ein.
[...]
Die rund 60 Gutachter der Wissenschaftlichen Dienste sollen die Abgeordneten bei ihrer Arbeit als Abgeordnete unterstützen. "Der Deutsche Bundestag behält sich sämtliche Rechte an den Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste vor. Veröffentlichung und Verbreitung bedürfen grundsätzlich der Zustimmung der Abteilungsleitung", heißt es in den Richtlinien für die Dienste.


Es ist zB auch nichts davon bekannt, dass Guttenberg dieses für ihn erstellte Gutachten zu etwas anderem als zur Verwertung in seiner Dissertation nutzte.

Daher ist von Guttenberg m.E. als Abgeordneter nicht mehr (so leicht) tragbar, so er nicht von sich aus Konsequenzen zieht, muß wohl der Bundestag entscheiden, wie er mit diesem aufgedeckten Verhalten seines Mitgleids umgeht.

Fast schon explorativ verästelnd werden die Überlegungen, wenn man sich klar macht, dass ein Bundesminister nicht auch Abgeordneter des Bundestages sein muss. Insofern läge es je nacheem an der Kanzlerin, ob sie ggf. einen seines Abgeornetenstatusses oder/und diesbezüglich guten Rufes verlustig gegangenen weiter als Minister in ihrem Kabinett haben will.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 22. Feb 2011, 03:23 - Beitrag #50

Ich hatte irgendwo gelesen, ich glaube, es war auf GuttenPlag, daß er eine der beiden (?) Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes im Rahmen einer eigenen Rede zitiert. Wenn er diese Rede tatsächlich gehalten hat (wovon doch auszugehen ist), wäre der in irgendeiner Weise dienstliche Zweck vermutlich näherungsweise erbracht. So oder so, diese Sache ist zwar etwas unappetitlich, ich finde das aber weniger schlimm als z.B. die Dienstwagen- oder Flugbereitschaftsmißbräuche, die unter Abgeordneten an der Tagesordnung sind und waren. Es kostet weniger und ist weniger zweckwidrig als etwa die Fahrt in den Urlaub mit Chauffeur.

Im Kern habe ich aber inzwischen ein bißchen den Eindruck, zu Guttenberg liest die Matrix und folgt 009s Ausführungen (dann kann er sich aber ruhig auch anmelden!)^^ Der Nicht-Selbstverteidigungsminister hat nämlich inzwischen, wie ich im Radio hörte, die Uni Bayreuth gebeten, seinen Doktortitel zurückzunehmen, da er sich "gravierende handwerkliche Fehler" habe zuschulden kommen lassen. Das kommt den Forderungen doch schon weitgehend nach...

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 22. Feb 2011, 03:31 - Beitrag #51

Wenn Guttenberg die Matrix ließt, was können wir ihm denn dann raten? 009 kann sich jedenfalls schon einmal den Verdienst anrechnen, ihn zu einem sehr vernünftigen Schritt bewogen zu haben; das Schuldgeständnis hat er damit hinter sich und den ersten Schritt zur Sühne getan. Möge die Einsicht in die volle Bedeutung dessen, was er getan hat, warum er es getan hat, und was das über ihn als Mensch aussagt, folgen.

Traurig, dass ein vielbeschäftigter Mensch sich, nach eigener Aussage, 6-8 Jahre mit einer Doktorarbeit herumquält, die ihm offensichtlich inhaltlich nicht sehr wichtig war, um einen Titel zu erhalten, der ihm Jahre später den Boden unter den Füßen entzieht. Zu hoffen wäre auch, dass mit der Selbsterkenntnis eine größere Wertschätzung anderer, nicht betitelter Menschen einhergeht; und dass, wenn er im Amt bleibt, sich dies in seinen Entscheidungen wiederspiegelt.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Di 22. Feb 2011, 03:49 - Beitrag #52

Tja, Dummheit und Dummdreistigkeit trifft es wohl am besten, was dem Mann als politisch relevante Verfehlung zur Last zu legen ist.
Nach der Dummheit, sich erwischen zu lassen nun die Dummdreistigkeit, den Titel nicht weiter führen zu wollen - als ob dies denn sachlich möglich sei.
Aber daß diese Dummdreistigkeit bei Teilen des Volkes verfängt, ist IMHO nur die andere Seite dessen, daß Politiker jeglicher Couleur sich gerne wisenschaftlicher Titel bedienen, um damit an Autorität zu gewinnen. Ceaucescus aufgemalte Bücherwand und die Lobeshymnen auf ihn als "genialen Wissenschaftler" und ähnliche Erscheinungen bei anderen Machtmenschen sind IMHO nur das Extrem des Phänomens epidemischer Ehrendoktorwürden an Politiker aller Herren Länder und deren prominente mediale Veröffentlichung.

Seine Fehler in der Arbeit sind IMHO im doppelten Sinne schwerwiegend - sie sind derart prominent, daß sie in meinen Augen die Prüfer selbst sher schlecht darstehen lassen, steht doch möglicherweise der Neuigkeitswert der in der Arbeit geäußerten Gedanken - der wissenschaftliche Kern der Dissertation also - in Frage und damit bereits die Entscheidung, sie anzunehmen, auf tönernen Füßen. Die dann dafür vergebene Bestnote ist in meinen Augen ein trauriges Beispiel, wie es um das Wissenschaftssystem hierzulande bestellt ist.
Die Note als Ausfluss einer Skatrunde in der Promotionskommission - oder was steht da anderes zu befürchten?


Ansonsten, was macht's politisch?
Er steht mit dem Umbau des Ministeriums und der Aufklärung diverser Skandale vor erheblichen Konfrontationen mit Inhabern von Positionen und Beteiligten an den Affären - die verständlicherweise alle Mittel aufbieten werden, ihre Positionen zu verteidigen und ihre Rollen positiv erscheinen zu lassen.
Da wird der Minister eines brauchen, und das ist Glaubwürdigkeit.
In der Kundus-Affäre konnte er sich noch auf seine Neuheit im Amt und auf Illoyalitäten im Ministerium berufen, es wurde ihm geglaubt, auch sein dann erfolgter Wechsel in der Sicht der Dinge, verstärkt durch seine erstmalige Bezeichnung des Krieges als den Krieg, der er ist, wurde ihm abgenommen.
Das wird hinfort nicht mehr so sein, er ist ein Minister ohne Autorität - und damit ohne Macht.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 22. Feb 2011, 03:51 - Beitrag #53

Dass die Arbeit nicht von ihm ist, erhöht doch eher die Wahrscheinlichkeit, dass sie gut ist ^^ zumindest gut formuliert und relevante Kerngedanken enthaltend. Insofern kann man ihm immerhin zugute halten, dass er umfassend recherchiert hat, solange er die Arbeit nicht von jemand anders hat schreiben lassen ^^

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Di 22. Feb 2011, 11:56 - Beitrag #54

@janw: Interessant ist, was Guttenbergs Doktorvater (vor mindestens 6 Tagen) dazu sagte:
Der Vorwurf ist absurd. Die Arbeit ist kein Plagiat. Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert. Herr zu Guttenberg war einer meiner besten Seminaristen und Doktoranden.
Ich selbst kann natürlich die wissenschaftliche Leistung, die in der Doktorarbeit vertreten ist, nicht beurteilen, aber Guttenbergs Doktorvater scheint auch relativ renommiert zu sein. Wie viel jetzt davon politisch/selbstschützend ist davon, ist natürlich unklar, aber das ist es bei den anderen Kommentatoren bzgl. des Politischen auch.... [man sollte z. B. bemerken, dass der ursprünglich anklagende Autor für die 'kritische Justiz' schreibt, die durchaus dem linken Spektrum zuzuordnen ist]
Der Plagiat in einer Doktorarbeit ist ja keinesfalls ein Einzelfall - das wird man bei den meisten Universitäten ab und zu unentdeckt durchgehen lassen. Es ist leider auch in den plagiatsanfälligen Fächern noch nicht üblich, Texte mit google abzugleichen. Das ist kein spezifisches Versäumnis des Doktorvaters. Man kann ihm auch kaum vorwerfen, dass er nicht aus dem Gedächtnis sofort die Übernahme aus einem 1997er Zeitungsartikel bemerkte....
Seine Aussage macht es jedenfalls unwahrscheinlich, dass die Arbeit komplett von einem Ghostwriter verfasst wurde. Teilweise Arbeit eines Ghostwriters ist natürlich aber keinesfalls auszuschließen.

Insgesamt bleibt die Frage, warum Guttenberg so gehandelt hat. Angesichts des wikipedia-Zitats:
Nach zu Guttenbergs eigener Aussage hat die Anfertigung etwa sieben Jahre gedauert[3] und wurde somit etwa im Jahre 2000 – also vor Beginn seiner politischen Karriere (2002) – begonnen.[4] Im Vorwort schreibt der Autor über seine Dissertationsschrift, sie entspringe einer „ungewöhnlichen Verkettung von Glücksfällen“. Aufgrund „freiberuflicher wie später parlamentarischer ,Ablenkung'“ habe er die Fertigstellung versäumt. Durch „sanften, aber unerbittlichen familiären Druck“ sei er getrieben worden, sie zum Abschluss zu bringen.[5][6] Diese Reflexion über den Entstehungsprozess der Arbeit und den „Kairos der Fertigstellung“ wurde auch in der späteren Diskussion über die Arbeit thematisiert.[7]
und der obigen Einschätzung seines Doktorvaters scheint die für ihn günstigste Interpretation die folgende zu sein: der grundsätzliche wissenschaftliche Gehalt ist von ihm entweder selbst erbracht oder zumindest angemessen rezipiert worden; die wörtlichen Übernahmen statt sicherlich üblicherer Quasiparaphrasierung sind Zeitmangel und einer gewissen Unbedarftheit/Dummdreistigkeit bzgl. der Gefahr von Entdecktwerden geschuldet. Er wollte/konnte sich nicht die Zeit nehmen, seine Gedanken komplett selber auszuformulieren und hoffte, dass es nicht auffällt, wenn er seine Zitate nicht alle angibt und so leichter zur Bestnote verhilft. Dies resultierte aus einer halben Zwangslage heraus, mit familiären Druck einerseits und Zeitmangel andererseits. - das wäre wohl die positivst mögliche Interpretation, andere sind natürlich auch denkbar und wohl genauso wahrscheinlich.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 22. Feb 2011, 12:15 - Beitrag #55

ich möchte zu Guttenbergs Gunsten noch einen Aspekt anführen - ganz allgemein: bei vielen trivialen Formulierungen finden sich zahlreiche Belege von Wortgleichheit im Web. Es darf bezweifelt werden, dass die alle auf eine Quelle zurückgehen. Menschen denken über vergleichbare Sachverhalte nach und kommen zu ähnlichen bis identischen Formulierungen. In den Promotionsregeln steht soweit ich weiß nicht, dass in den selbst verfassten Textpassagen kein Text enthalten sein darf, der in dieser Textgestalt jemals schon vorher weltweit aufgetaucht ist. Kann aber gut sein, dass der "negative Google-Beweis" zukünftig Teil der Promotionsordnung wird.

Ob das in Guttenbergs Fall heißt, die Wahrscheinlichkeiten überzustrapazieren, kann ich nicht beurteilen. Allerdings: Cum hoc non est propter hoc.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Di 22. Feb 2011, 12:51 - Beitrag #56

Als Literaturanalyse zum Thema hätte diese sogenannte Dissertation gewiss ihren Charme...
Das ganze zeigt m.E. aber auch, daß die Erreichung der Doktorwürde einen weniger Ansehen und Ehre gewinnen läßt, als man bei einer - beispielsweise eben gerade wegen plagiieren folgenden - Aberkennung dieses akademischen Titels wieder verliert.

Fast schon lästig werden mir die sich meiner Wahrnehmung aufdrängenden weiteren Webfunde zu dieser Affäre, die aber m.E. allesammt reizvolle Gedanken ergänzen.

So widmet sich die FAZ in einem Kommentar der Frage, ob Guttenbergs Dissertation und die Art, wie er sie erstellte, denn so relevant sei, wie viele (incl. mir zB) es proklamieren:
Das führt zur Frage, ob es denn nichts Wichtigeres gibt als Fußnotenschwindel und akademische Unehrlichkeit. Selbstverständlich gibt es Wichtigeres. Es gibt auch Wichtigeres als Steuerhinterziehung, Fahren im angetrunkenen Zustand, das Heraustelefonieren von Lustmädchen aus Untersuchungsgefängnissen durch Ministerpräsidenten, Vulgarität und was nicht noch alles. Soll man darum nicht mehr sagen dürfen, worum es sich handelt? Hier um Täuschung großen Stils, um Unehrlichkeit also. Wer die toten Soldaten in Afghanistan oder die Bundeswehrreform aufbietet, um den Verdacht einer Täuschung mit anschließender Lüge als Petitesse darzustellen, sollte sich mit Vorwürfen, das Plagiat werde politisch instrumentalisiert, zurückhalten. Der Bundestagsabgeordnete Lauterbach (SPD) hat es richtig gesagt: Man kann das Prüfen an den Universitäten einstellen, wenn das Argument, es gebe Wichtigeres, Schule macht. Ein solches Argument ist sogar geeignet, dem Rechtsstaat in die Kniekehlen zu treten.


Robin Meyer-Lucht, Strategieberater, Medienökonom, Autor und einer der Herausgeber des Autorenblogs Carta beschäftigt sich dort unter dem Titel "GuttenPlag: ‘Cognitive Surplus’ bei der Arbeit" mit dem Aspekt der durch die Schwarmintelligenz im Internet veränderten gesellschaftlichen Informationsverarbeitung. Ich glaube, hätte Guttenberg diesen Beitrag gelesen oder/und das GuttenPlag gekannt, hätte er - spätestens wenn er dann nicht nur vollkommen internetferne Berater hat - wohl eher erkannt, dass seine einzige Restchance von sich aus aktive vollkommene ehrlichkeit und demütige Reue gegenüber allen gewesen wäre.
[Ganz sarkastisch gronschnitzig, gewiss auch unsachlich: seit Tatort Internet könnte ihm seine da mitgewirkt habende Frau doch eigentlich erklären, wie "gut" dieses Internet im Sinne von "es sind nur Laien, die performen teils aber besser als das BKA" funktioniert].


Der bemerkenswerte Verlauf der Bundespressekonferenz, während der Guttenberg "ausgewählten Medienvertreter" seine "paar Fehler, lasse Titel vorerst ruhen" Erklärung abgab, ist in Form eines bei youtube abrufbaren Videos des ZDF dokumentiert.
Nicht genau an dieser Stelle, aber generell frage ich mich schon, ob sich gerade im Verteidigunsgministerium schonmal jemand ernsthafter mit Kriesenkommunikation bzw. Krisenmarketing beschäftigt hat. Lohnenswert wäre es wohl gewesen, denn wie (zugegeben artfremde) Beispiele von Mercedes (Elchtect), Coppenrath&Wiese (angeblich verdorbene Ware ausgeliefert) und Lidl (diverse Datenskandale) oder auch Prinz Charles und seiner Berater zeigen, lässt sich, so die Auftraggeber zu Einsicht, Fehler zugeben, Änderungen bereit sind, durchaus dafür sorgen, dass der Ruf von Unternehmen und Personen durch "Probleme" durchaus nicht dauerhaft beeinträchtigt werden muss.


Für einen weiteren, mir auch interessant und relevant erscheinenden Aspekt habe ich bislang nur im Blog Internbet-law vom Fachanwalt für IT-Recht Thomas Stadler einen Beitrag finden können - den Urheberrechtsschutz:
Dass diese Lüge des Ministers mit einer nicht ganz unerheblichen Urheberrechtsverletzung einher geht, ist für die Bundesregierung durchaus pikant. Denn sie wird ansonsten nicht müde zu betonen, dass man den Kampf gegen die Verletzung des geistigen Eigentums, insbesondere im Internet, verschärfen und die Position der Urheber und Rechteinhaber stärken müsse. Diese Bundesregierung muss nun aber mit ansehen, auf welch wackeligen Beinen solche Grundhaltungen stehen, wenn ein Mitglied ihres eigenen Kabinetts das Urheberrecht anderer gezielt verletzt. Guttenberg verschärft damit die Legitimationskrise des Urheberrechts. Denn Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein Raubkopierer.
Für die Universität Bayreuth sieht er als einzig mögliche Konsequenz die Aberkennung der Doktorwürde:
Wenn die Universität Bayreuth diese Konsequenz nicht zieht, dann bestätigt sie den bereits im Raum stehenden Verdacht, dass Dissertationen dort auch nach politischen Kriterien bewertet werden. Dass zwei renommierte Hochschullehrer eine Arbeit, die in ganz erheblichen Teilen aus verschiedensten Texten Dritter zusammengesetzt wurde, mit der Bestnote bewerten, ist ohnehin mehr als erstaunlich. Denn eine solche Dissertation sollte bereits in sprachlicher Hinsicht einen inkonsistenten Eindruck hinterlassen.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 22. Feb 2011, 14:48 - Beitrag #57

Der letzte Eindruck täuscht. Bei mir reichen bereits zwei Monate diskontinuierlichen Schreibens, um stilistisch unterschiedliche Teilstücke hervorzubringen; ich will mir gar nicht vorstellen, wie das bei einem sechs Jahre dauernden Projekt aussieht. Solange die Formulierungen allen den sachlichen Stil einhalten, der für eine Doktorarbeit nötig ist, werden die Prüfer bei 400 Seiten leichte Stilvariationen wohl eher für einen Pluspunkt als eine verdächtige Abweichung halten, häufig wohl auch zu Recht.

009
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 2000
Registriert: 10.07.2009
Di 22. Feb 2011, 16:19 - Beitrag #58

In der Tat, sogesehen ist das kein so deutliches Indiz.

Aktuell gibt es neues von Norbert Lammert, seineszeichens Präsident des Deutschen Bundestages. Laut n-tv aüßerte er sich zum Aspekt wissenschaftliche Dienste so:
Der Bundestagspräsident betonte, dass das Recht an der Verwertung dieser gutachterlichen Stellungnahmen keineswegs an den Abgeordneten übergehe. Wenn er es weiter verwerten wolle, sei eine förmliche Genehmigung nötig. Wenn Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes ohne Quellenangaben genutzt würden, dann, so Lammert wörtlich, "(...) wäre das offenkundig ein doppelter Verstoß sowohl gegenüber den Regelungen des Deutschen Bundestages in der Nutzung des Wissenschaftlichen Dienstes als auch gegenüber den wissenschaftlichen Mindeststandards bei der Verfassung von wissenschaftlichen Arbeiten". Er gehe davon aus, dass sich der Ältestenrat des Bundestages mit dem Vorgang befassen werde.


Somit hat Guttenberg sowohl noch mir der Uni wie dem bundestag zu tun, da beide nicht wirken, als wollten sie nach seinen Erklärungen das ganze auf sich beruhen lassen.

Roban
gesperrt

Benutzeravatar
 
Beiträge: 175
Registriert: 08.02.2006
Di 22. Feb 2011, 16:29 - Beitrag #59

Hi bis huch! :D Habe eben erst gesehen, daß ich hier schon mal was gepostet hatte und Feedbacks gekommen sind mit Interesse an einem Thread über vorherrschende Machtverhältnisse. Mal sehen, ob ich oder andere Zeit haben ...

Ich wollte auf die Ungeheuerlichkeit hinweisen, daß sich unsere Regentschaft hinter den "Selbstverteidigungsminister" ***LACH!*** stellt.

Wenn aalglatte Schnösel offensichtlich schon sehr früh ihre Selbstachtung verlieren, die mit machtvollen Ressourcen ausgestattet, es nicht nötig haben mit etwas zu tricksen, wo andere stolz auf Eigenleistungen werden, sollte man energisch die Bremse ziehen. Wer sich traut, die Doktorwürde zu erlangen, indem er auch noch versucht, ausgefuchste Prüfgremien an der Nase herumzuführen, verdient kein Vertrauen mehr.

Da muß das Rechtsgefühl schon zuvor gelitten haben. Sowas scheint ja oft ein Grund dafür zu sein, Jura zu studieren, nach meinen Erfahrungen ... Aber dann sich als Verantwortlicher für ein Volk hinter so jemanden zu stellen, wo man kaum noch genug Glaubwürdigkeit besitzt, um den sich immer mehr stauenden Volkszorn zu beherrschen, ist dann doch etwas zu mutig, finde ich.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mi 23. Feb 2011, 02:50 - Beitrag #60

Zitat von Ipsissimus:ich möchte zu Guttenbergs Gunsten noch einen Aspekt anführen - ganz allgemein: bei vielen trivialen Formulierungen finden sich zahlreiche Belege von Wortgleichheit im Web. Es darf bezweifelt werden, dass die alle auf eine Quelle zurückgehen. Menschen denken über vergleichbare Sachverhalte nach und kommen zu ähnlichen bis identischen Formulierungen. In den Promotionsregeln steht soweit ich weiß nicht, dass in den selbst verfassten Textpassagen kein Text enthalten sein darf, der in dieser Textgestalt jemals schon vorher weltweit aufgetaucht ist. Kann aber gut sein, dass der "negative Google-Beweis" zukünftig Teil der Promotionsordnung wird.

Ob das in Guttenbergs Fall heißt, die Wahrscheinlichkeiten überzustrapazieren, kann ich nicht beurteilen. Allerdings: Cum hoc non est propter hoc.

Sicher, solche gewissermaßen "goldene Formulierungen" sind denkbar, aber IMHO weniger in der offenbaren Massierung, und letztlich offenbaren sie ja auch eine Gedankengleichheit, die dann in bestimmmten Bereichen mit der geforderten Neu-Konzeption kollidieren würde - bzw. andernfalls wäre die Nichtkenntnis der betreffenden Quelle ggf. als Ausdruck mangelnder Literaturrecherche zu werten - ohne es zu wollen, könnte somit nahezu jede Apologie zu einem neuen Strick geraten.
Um nicht von den ganz offensichtlichen seitenlangen Abschriften in prominenten, nun wirklich eigener Fassung vorbehaltenen Bereichen zu reden...

Ich tue mich nicht leicht damit, den Stab zu brechen, da mir nicht klar ist, was hinter der Aufdeckung steckt, zufällige Rezension der Arbeit zu dieser Zeit, oder gezielter Schuss in als passend erkannter Lage? (Wobei, natürlich, machte es den Fehler ungeschehen, wenn er nicht aufgedeckt würde?) Zudem, was steckt dahinter, daß die Mängel nicht vorher auffielen, wie kommt die Note zu stande? (Ist sie eher Bewertung der Arbeit oder des Rigorosums, oder beides - wie ist die Praxis?)
Indes ist sein Lavieren, das anfängliche Verharmlosen, dann schrittweise Einräumen, "Titel ruhen lassen", die Behinderung der Journalisten, zum Schluss auf einer Wahlkampfveranstaltung das "auf das Führen des Titels verzichten" für mich nicht gerade angetan, ihm in den zu erwartenden Problemen seines Amtes entsprechende Verantwortungszuweisungen zu glauben. Er wird Verantwortliche zu benennen haben in der Feldpost-Affäre, für die Verhältnisse auf der Gorch Fock, damit für den Tod mindestens einer Kadettin, für den offenbar spielerischen Umgang mit Waffen in Teilen der Bundeswehr, mit einem bekannt gewordenen Todesopfer.
Er wird die Reform seines Ministeriums gegen die zu erwartenden Widerstände von Positionsinhabern vertreten müssen und auch die zu erwartenden Mehrkosten, die sich abzeichnen.
Einer, und sei es auch nur mutmaßlichen, Marionette von Mitwissern vergangener Verfehlungen oder bestimmter Medien wird dies nicht möglich sein, werden stets Momentes des Zweifels entgegen gehalten werden.
So gesehen, möge er im Amt bleiben, auf daß die Tage der Bundeswehr gezählt seien?^^

VorherigeNächste

Zurück zu Politik & Geschichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste