Erdbeben in Japan; historischer Wert von 8,9

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Di 15. Mär 2011, 14:38 - Beitrag #41

ich denke, es besteht nur wenig Zweifel daran, dass die derzeitigen deutschen Kernkraftwerke eine veraltete Technik benutzen. Dieses "veraltet" erzeugt im Einzelfall unterschiedliche Zustandsbewertungen, manche der Reaktoren sind einfach nur alt, ohne in ihrer Zuverlässigkeit merklich gelitten zu haben, manchen merkt man ihr Alter an, ohne dass der Zustand deswegen als kritisch einzustufen wäre. Aber allesamt sind sie veraltete Technik, notwendigerweise, da in Deutschland ja nicht mehr an der Weiterentwicklung der Reaktortechnik gearbeitet werden durfte. Wie dem auch sei, daraus resultiert in jedem Fall, dass die zukünftige Energieversorgung Deutschlands nicht auf diesen Reaktoren beruhen kann - was auch schon vor den Katastrophen in Japan klar war, denn auch Laufzeitverlängerungen enden mit Laufzeitende, irgendwann. So oder so hätten diese Reaktoren in den nächsten 20 Jahren durch etwas anderes ersetzt werden müssen.

Die Frage war und ist also, was kommt stattdessen. Und da will es mir nach wie vor so vorkommen, als böten alternative Energieträger keine Antwort auf das Problem der menschlichen Gier, oder höchstens dann, wenn man bereit ist, die Gesellschaft noch weiter auseinander driften zu lassen, unbegrenzt Energie für die finanzstarken upper class people, wo nötig für die Arbeitswelt, und rationierte Energie für den Rest, der dann scheinheilig gefragt wird, warum er sich keine entsprechenden Anlagen, die er nicht bezahlen kann, ins Haus holt, das er nicht hat.

Lykurg
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Di 15. Mär 2011, 14:54 - Beitrag #42

Den Aspekt der Neubewertung sehe ich genauso wie Ipsissimus. Daß die Notstromversorgung der Steuerungstechnik mit Batterien hier in manchen Kraftwerken nur auf zwei Stunden ausgelegt ist, scheint mir zu wenig, da besteht wohl Änderungsbedarf, auch wenn angesichts hiesiger Gegebenheiten wohl auch ein so langer Netzausfall und zugleich Ausfall der Generatoren nicht zu erwarten wäre.

Die nicht absturzsichere Kuppel wäre, wenn, direkt nach dem 11. September ein Abschaltgrund gewesen, sobald klar wurde, daß eine solche Bedrohungslage besteht. Ansonsten eher ein Grund für Flarak in der Nähe des Kraftwerks (so gruslig das ist, unter solchen Umständen wäre auch der Abschuß eines Verkehrsflugzeugs dann eindeutig das kleinere Übel, ich glaube, wir haben es diskutiert). Und das bekannte Vorhandensein solcher Einrichtungen würde das Anschlagsrisiko weiter reduzieren. In der derzeitigen Situation ist das Anschlagsrisiko aber kein Argument, dessen Bewertung sich irgendwie geändert hätte.
Zitat von janw:Vielleicht auch die Frage der Betreiber - dürfen solche Anlagen in den Händen von Privatunternehmen sein?
Lieber in privater Hand mit staatlichen Kontrollen als in staatlicher Hand und ohne Kontrollen... Allerdings hätte staatliche Betreiberschaft einen klaren Vorteil: Der Lobbyismusvorwurf würde entkräftet (oder aus der anderen Perspektive: es gäbe keinen Grund mehr für Lobbyismus). Allerdings wäre dann möglicherweise der Ausstieg abhängig von der aktuellen Lage der Staatsfinanzen, also auch auf lange Sicht nicht zu erwarten, und für Modernisierungen und Wartungen kein Geld mehr da. Vergleicht man das mit dem Management der Landesbanken angesichts der an sie gestellten Erwartungen der Politik (Profitmachen ohne Risikorücklagen), wird mir bei der Möglichkeit schwindlig...

Nur ein Extrakt aus einer Glosse zur Katastrophenstimmung hierzulande]man lese selbst[/url].
Zitat von die Welt:[...] Apokalypsetheorien, die gerade den Zeitgenossen durchs Denken ziehen. Ihr Normalfall kann in jeder Talkshow besichtigt werden, bei all den Zivilisations-, Kultur- und Technikkritikern, denen jetzt vollautomatisch einfällt, dass die Natur den Menschen für seine Hybris, die Natur beherrschen zu können, bestraft, indem sie ihm Erdbeben und Tsunamis schickt.
Ganz offensichtlich kann sich ein bestimmter Teil des menschlichen Gehirns einfach nicht vorstellen, dass der Natur die Menschen völlig egal sind und dass sie keinerlei Absichten damit verbindet, wenn sich tektonische Formationen gegeneinander verschieben und dabei Flutwellen ausgelöst werden. Der Esoteriker im Menschen besteht darauf, höchstpersönlich gemeint zu sein, sowohl als Gattungswesen wie auch in seinem ganz konkreten Alltag.
Noch ein Punkt zur Denkbefreiung, auch immer wieder gehört (Leserbriefe, Talkshows, Telefondiskussionen im Radio etc.): "Frau Merkel als Physikerin muß doch wissen, wie gefährlich das ist! Warum tut sie nichts?" - Vielleicht, weil sie weiß und Risiken rational abwägen kann - im Gegensatz zu einem Großteil der Bevölkerung, der einfach irgendwelche Taten sehen will und beliebig interpoliert?

Das schlimme Gefühl, das sich hier einstellt, ist, daß sich Atomkraftgegner und die Opposition im Moment angesichts einer humanitären Tragödie fast schon die Hände reiben, weil sie ihnen zuspielt, und sich alle Mühe geben, daraus größtmöglich Kapital zu schlagen. Verantwortungsbewußtes Maßhalten sähe anders aus und wäre doch so notwendig, um den öffentlichen Diskurs zu entspannen.

janw
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Di 15. Mär 2011, 16:13 - Beitrag #43

Ipsi, den Eindruck der Veraltetheit habe ich auch, haben die öffentlich auftretenden Kernkraftbefürworter da ein zu positives Bild gezeichnet, auch von der Sicherheit?
Zu Frage dessen, was danach kommen könnte/sollte, wäre es spannend, mal die Leute vom Ökoinstitut oder so hinsichtlich ihrer Ansichten zu betrachten.

Zitat von Lykurg:Das schlimme Gefühl, das sich hier einstellt, ist, daß sich Atomkraftgegner und die Opposition im Moment angesichts einer humanitären Tragödie fast schon die Hände reiben, weil sie ihnen zuspielt, und sich alle Mühe geben, daraus größtmöglich Kapital zu schlagen. Verantwortungsbewußtes Maßhalten sähe anders aus und wäre doch so notwendig, um den öffentlichen Diskurs zu entspannen.

Grundsätzlich Zustimmung, hinsichtlich der Gegner kann ich allerdings ein gewisses Verständnis aufbringen: da sind Leute seit 30 Jahren aktiv, mussten sich jahrelang kriminalisieren lassen, da wurden Telefone abgehört, BI-Büros durchsucht, Genehmigungen wirklich am Recht vorbei erteilt - und nicht zuletzt sind ja z.B. in Krümmel Störfälle wirklich vertuscht worden, und dann hat Merkel noch den Betreibern wirklich eine Geldquelle geschenkt mit der Laufzeitverlängerung; die Leute greifen einfach nach allem, was zumindest den Betrieb der ältesten und aus ihrer Sicht unsichersten Anlagen beenden und das Aufkommen an Atommüll begrenzen kann.
Dabei sind ihnen die Ereignisse und die Menschen in Japan alles andere als egal, der Widerstand hier um Gorleben pflegt z.B intensive Kontakte nach Tschernobyl, das Leid der Menschen durch solche Ereignisse ist für sie eher Triebfeder, sich zu engagieren.
Daß viele dabei dazu neigen, das Kind mit dem Bade auszuschütten, ist sicher ein Problem, aber eben Ausdruck des Engagiertseins und nicht durchgehend guter naturwissenschaftlicher Grundbildung.

Gabriel tut, was ein Oppositionspolitiker eben so tut, wenn die Lage so ist wie sie ist - und was Leute von der Regierungsseite in entsprechenden Lagen auch tun würden, Stichwort 11. September und Sicherheitsdiskussion.

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Transpazifische Wirklichkeit: In Kalifornien stehen Menschen in Schlangen an, um den neuen Flachcomputer von Apple zu erhalten, in Japan, um Lebensmittel und Wasser zu erhalten.

Ipsissimus
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Di 15. Mär 2011, 17:10 - Beitrag #44

da sich die Erdbebenhäufigkeit und sonstige Sicherheitslage in Deutschland seit den 70er Jahren nicht dramatisch geändert hat, denke ich, dass die Sicherheit durchaus gegeben ist, trotz veralteter Technik, "veraltet" != "schlecht". Es geht mittlerweile um einiges besser, das ist alles.

Aber der Zug ist abgefahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Debatte in Deutschland noch mal zu einer sachlichen Ebene zurückfinden wird. Genießen wir also das Energie-Defizit, das Deutschland die nächsten 50 Jahre beherrschen wird, und sehen wir zu, wie nach der Ressource Öl jetzt auch noch die Ressource Gas unserem Wahn geopfert werden wird. Denn DIESE Ressource wird die AKW ersetzen, nicht die alternativen Energien mit ihren paar lächerlichen Kilowattstunden.

Malte279
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Di 15. Mär 2011, 18:21 - Beitrag #45

Ehrlich gesagt finde ich was die Instrumentalisierung angeht tun sich Befürworter und Gegner der Atomkraft nicht viel. Ich sehe auch von Seiten der Befürworter der Kernkraft, vielleicht sogar von Seiten einiger Teilnehmer an dieser Diskussion ein großes Maß an Bereitschaft jedem der sich gegen die Nutzung der Atomkraft auf Grund zu großer Risiken ausspricht vorzuwerfen, dass er oder sie die Opfer in Japan rücksichtslos für die persönliche Agenda zu instrumentalisieren versuche. Wenn dann auch noch die Behauptung aufgestellt wird Gegner der Nutzung der Kernenergie würden sich über die furchtbare Katastrophe in Japan "freuen" dann muss ich schon sagen dass ich mich frage wer hier tatsächlich etwas instrumentalisiert.
Sicherlich lässt sich nicht bestreiten dass sich manch ein Gegner der Kernenergie bestätigt fühlen wird, was auch angesichts der ständigen Behauptungen, dass das was gerade passiert niemals passieren könnte, irgendwie nachvollziehbar ist. Daraus aber "Freude" über diese Katastrophe herzuleiten, jeden der Änderungen in der deutschen Atompolitik fordert (und dies auch schon vor der Katastrophe in Japan getan hat) als blinden Aktionisten darzustellen etc. halte ich für sehr unsachlich. Die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke (gerade der Uraltreaktoren in denen es bereits wiederholt zu Störfällen gekommen ist) sowie der Endlagerungsstätten (v.A. Asse) ist sehr wohl und vollkommen unabhängig von der Katastrophe in Japan ein Thema bei dem Kritik angebracht ist. Gegner der gegenwärtigen Kernpolitik haben sich deswegen nicht bei ihren Befürwortern für die Katastrophe in Japan zu entschuldigen um den Eindruck zu vermeiden sie würden diese furchtbare Katastrophe für sich vereinnahmen wollen :crazy:

Lykurg
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Di 15. Mär 2011, 18:56 - Beitrag #46

Malte279, wie schön, wieder etwas von dir zu lesen! Möchtest du dich auch zu Nordafrika äußern, da hattest du doch besondere Kenntnisse?

Das von dir angesprochene Problem besteht sicherlich, allerdings sind Befürworter der Kernenergie im Moment praktisch nicht mehr zu hören, wenn schon schwarzgelb die Positionen räumt und den Ausstieg nach rotgrünem Muster einleitet. Die von dir mehrfach zitierte "Freude" habe allerdings auch ich nicht beschrieben, du übertreibst da deutlich. Ich sprach von "einem Gefühl", daß einige sich "fast schon die Hände reiben" - meine persönliche Wahrnehmung, nicht mehr und nicht weniger.
Und jedenfalls ist die Tragödie, die sich dort abspielt, nichts, was sich für Kernenergie instrumentalisieren läßt, allenfalls kann ich darum werben, in Jahrzehnten getroffene Beschlüsse, die unsere langfristigen Lebensbedingungen betreffen, nicht in ein paar Tagen über den Haufen zu werfen. Für die Kernenergiedebatte ist auch noch Zeit, wenn wir wissen, was dort wirklich abspielt und abgespielt hat. Insbesondere ist die Furcht vor vergleichbarer Erdbebenzerstörung hiesiger AKWs wirklich an den Haaren herbeigezogen; damit kein sofortiger Ausstiegsgrund gegeben, der nicht schon vorher dagewesen wäre.

Sind wir uns denn darin einig, daß die Vorfälle von manchen Beteiligten genutzt werden, um in der an sich berechtigten und lange geführten Ausstiegsdebatte nun schnell einen Erfolg zu erzielen?
In der Tat ist janws Vergleich mit 9/11 als großer Stunde kontrollwütiger Sicherheitspolitiker angemessen - auch damals wurden längst vorbereitete Konzepte verwirklicht, weil die öffentliche Stimmung dafür bereit war.

@Ipsissimus: Vielleicht deshalb der Schwenk pro Gaddafi? Bild

Ipsissimus
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Di 15. Mär 2011, 21:02 - Beitrag #47

honi soit qui mal y pense, Lykurg

Malte279
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Mi 16. Mär 2011, 14:55 - Beitrag #48

Malte279, wie schön, wieder etwas von dir zu lesen! Möchtest du dich auch zu Nordafrika äußern, da hattest du doch besondere Kenntnisse?

Vielen Dank :)
Ich muss ja zugeben in der Webmatrix die meiste Zeit stiller Beobachter zu sein. Nie wirklich weg, aber meistens verfolge ich die Diskussionen eher als mich selbst zu beteiligen, was vor allem am Mangel an Zeit liegt. Ich bin vor allem in einem anderen Forum aktiv.
Das von dir angesprochene Problem besteht sicherlich, allerdings sind Befürworter der Kernenergie im Moment praktisch nicht mehr zu hören, wenn schon schwarzgelb die Positionen räumt und den Ausstieg nach rotgrünem Muster einleitet. Die von dir mehrfach zitierte "Freude" habe allerdings auch ich nicht beschrieben, du übertreibst da deutlich. Ich sprach von "einem Gefühl", daß einige sich "fast schon die Hände reiben" - meine persönliche Wahrnehmung, nicht mehr und nicht weniger.
Aye, und ich werde keinen Augenblick in Abrede stellen, dass es sicherlich auch Gründe für diese Wahrnehmung gibt. Aber wie ich zuvor schon sagte sehe ich die Instrumentalisierung auch von beiden Seiten indem von Befürwortern der Kernenergie denjenigen die sich in der Sicht bestätigt fühlen, dass die so vielfach beschworene Sicherheit nicht der Realität entspricht, vorgeworfen wird das Unglück der Menschen in Japan schamlos zu instrumentalisieren. Das Angesichts der Mehrheitsmeinung unter dem Eindruck dieser Katastrophe die Befürworter der Kernenergie dabei insgesammt weniger laut auftreten als die Gegner liegt fast schon in der Natur der Sache, da letztere für den Augenblick in öffentlichen Diskussionen einen schwereren Stand haben, selbst wenn ihre Diskussionspartner es vermeiden würden die Ereignisse in Japan anzusprechen.
Ein Beispiel von Instrumentalisierung von Seiten der Kernkraftbefürworter habe ich in einem Interview der letzten Tage gesehen, aber Leider kann ich mich bei der Flut von Interviews der letzten Tage nicht mehr entsinnen wer die Interviewte war und habe auch den wortwörtlichen Inhalt ihrer Aussagen im Kopf. Der Kernpunkt war die Aussage, dass Gegner der Kernkraft die Katastrophe in Japan instrumentalisieren würden. Als "Beweis" hierfür wurde die Demonstration mit Menschenkette zwischen Stuttgart und Neckarwestheim angeführt, die als geschmackloses ausschlachten der Katastrophe in Japan dargetstellt wurde. Die Dame musste daran erinnert werden, dass es sich bei dieser Demo nicht um einen Flashmob sondern eine lange im Vorhinein angekündigte und von den Ereignissen in Japan unabhängig geplante Veranstaltung handelte. In Folge der Ereignisse war das öffentliche Interesse und damit die Teilnehmerzahl weit höher als erwartet, aber muss das den Gegnern der Atomkraft als schamlose Ausnutzung der Tragödie vorgeworfen werden? Sollten im Umkehrschluss Demonstrationen gegen die Nutzung der Kernenergie und politische Debatten zu diesem Thema aus Pietätsgründen immer dann verboten werden wenn solche Ereignisse wie in Japan zeigen, dass es mit der vielbeschworenen Sicherheit der Kernkraft eben doch nicht ganz so weit her ist?
Ob jetzt in Folge der Ereignisse von Schwarz-Gelb tatsächlich wie von Dir vermutet ein Ausstieg nach Rot-Grünem Muster vorbereitet wird bleibt abzuwarten. Im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen muss auf jeden Fall der Eindruck erweckt werden, dass etwas getan wird und ich halte es auch für wahrscheinlich, dass unabhängig vom Ausgang der Wahlen letztendlich ein oder zwei der älteren Kernkraftwerke als Placebo tatsächlich abgeschaltet bleiben werden, da alles andere zu vielen Wählern doch zu schwer im Magen liegen würde. Die Wahrscheinlichkeit für einen Ausstieg nach Rot-Grünem musster halte ich aber dennoch für sehr gering falls nicht durch entsprechende Wahlergebnisse ein solcher Ausstieg auch wieder unter Rot-Grüner Leitung eingeleitet würde um dann beim nächsten Schwarz-Gelben Wahlsieg wieder (soweit das dann noch möglich ist) zurückgenommen zu werden.
Faktisch gesehen hat sich ja durch die Ereignisse in Japan nichts an der Sicherheitslage in Deutschland sondern nur an dem Maß an Aufmerksamkeit geändert, das dem Thema von Seiten der Deutschen Wähler zu Teil wird. Die nun folgenden Sicherheitsberatungen werden nicht zu dem Schluss kommen das Erdbeben der Stufe 9,0 oder Tsunamis auf dem Rhein eine Bedrohung für deutsche Kernkraftwerke darstellen und mit dieser Begründung halte ich auch einen rot-grünen Atomausstieg unter schwarz-gelb für ähnlich unwahrscheinlich wie einen Tsunami auf dem Rhein. Das aber angesichts der Störfälle in deutschen Reaktoren kein Tsunami oder Erdbeben nötig ist um ein Sicherheitsrisiko in den deutschen Reaktoren (und ich stelle nicht in Abrede, dass diese Gefährdung auch nach einem deutschen Ausstieg weiterhin durch die Atommeiler anderer Länder bestehen würde) zu sehen könnte dabei leicht unter den Tisch fallen. Totalle Sicherheit kann es nicht geben und gibt es ja auch bei keiner der anderen Arten elektrischen Strom zu produzieren. Aber im Fall der Atomkraft ist mir persönlich der Einsatz einfach zu hoch und ich finde es sehr schade, dass dies erst durch Katastrophen wie die Aktuelle in Japan in Erinnerung gerufen werden muss, damit diejenigen die vorher auf die Möglichkeit hingewiesen haben nicht mehr als fortschrittsfeindliche Hysteriker sondern als gewissenlose Instrumentalisierer des Leids anderer angesehen werden.
Sind wir uns denn darin einig, daß die Vorfälle von manchen Beteiligten genutzt werden, um in der an sich berechtigten und lange geführten Ausstiegsdebatte nun schnell einen Erfolg zu erzielen?
Davon bin ich überzeugt, aber was sollten politische Gegner der Kernenergie tun um sich nicht diesem Vorwurf ausgesetzt zu sehen?
Ich glaube das es in Bezug auf die Ereignisse in Japan nicht eine einzige mögliche Handlungsweise sowohl für Befürworter als auch für Gegner der Kernenergie gibt, die ihnen von ihren jeweilgen Gegnern nicht zum Vorwurf gemacht würde.
Ähnliches gilt übrigens meines Erachtens nach auch für die vielfach kritisierte Medienberichterstattung. Ich sehe keine Form der Berichterstattung in diesem Zusammenhang die den Medien in diesem Zusammenhang nicht von jemandem zum Vorwurf gemacht werden würde.
In diesem Sinne passt Dein "honi soit qui mal y pense" sehr gut Ipsissimus.

janw
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Mi 16. Mär 2011, 15:16 - Beitrag #49

Als einen Fall des sich engagiert äußernden Kernkraftbefürworters könnte man einen vor allem aus den Kultursendungen der ARD bekannten Journalisten nennen, der bei Anne Will etwas aus der Rolle gefallen ist - er hat den Gegnern die besagte Nutzung des Unglücks für ihre eigenen Zwecke vorgeworfen und dabei in der Situation implizit auch den neben ihm sitzenden Altbischof Huber in die Kritik eingeschlossen. Der hatte vorher die lange Tradition der Ablehnung der Kernenergie durch die Führung der EKD erläutert.

Unabhängig davon ist auch darauf zu verweisen, daß Befürworter und Kritiker schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft verankert sind, was sich natürlich auf die Möglichkeit und Art und Weise der Artikulation auswirkt. Die Spitzen von Wissenschaft und Industrie verfügen über direkten Zugang zu Staatssekretären, Ministern und Kanzler/in, sind in den politischen Mitteln geschult, werden auch direkt von den Redakteuren der Medien konsultiert, während die Bürger nur die Präsenz auf der Straße und in Leserbriefen als Ausdrucksmittel haben, teilweise auch erst im Widerstand gelernt haben, ihre Meinung öffentlich zu bekunden.

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Mi 16. Mär 2011, 21:27 - Beitrag #50

Ich habe die Talkshow von Anne Will nicht gesehen, aber es scheint unterschiedliche Wahrnehmungen gegeben zu haben: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/anne_will_am_atomaren_abgrund/

Darüberhinaus möchte ich anmerken, dass heutzutage (und nicht erst seit Japan) kaum jemand es wagt, eine wirkliche Pro-Atomkraft-Haltung in der Öffentlichkeit kundzutun. Man unterscheidet nur zwischen denen, die sofort abschalten wollen und denen, die erst später abschalten wollen. Welcher Politiker hat denn zuletzt gefordert, neue Atomkraftwerke zu bauen (was sicher auf Dauer für eine Fortführung der Atomenergie empfehlenswert bis notwendig wäre)? In der journalistischen Branche, die letztlich mit die größte Macht über die öffentliche Meinung hat, scheint die Stimmung jedenfalls gegen Atomkraft zu gehen...

Letztlich wird Atomkraft wohl sicherer durch das Unglück in Japan und nicht unsicherer - weil man neue mögliche Probleme kennt. Ein wichtiger Punkt in Japan scheint gewesen zu sein, dass die Kabel der Generatorenwagen nicht an die Anschlüsse des Kraftwerks passen; das ist eindeutig ein vermeidbarer Fehler. Und die Sicherheitsüberprüfungen sind sicherlich sinnvoll. Aber von der Reaktorsicherheit bin ich dann relativ beruhigt. Eine Restrisiko von z. B. einer Kernschmelze bleibt natürlich; aber auch eine Kernschmelze muss keine Riesenkatastrophe sein, wie man hoffentlich gerade sehen wird...

Dass ein mulmiges Gefühl bleibt, kann ich verstehen; auch bei mir bleibt ein mulmiges Gefühl. Letztlich überwiegen aber für mich die Vorteile gegenüber anderweitiger Ressourcenverschwendung....gerade im Hinblick auf die hoffentlich steigende Verbreitung von Elektroautos ist ein reichliches Energieangebot eine sehr feine Sache.

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Mi 16. Mär 2011, 22:50 - Beitrag #51

Wenn es eine Lehre aus Fukushima gibt, dann die, dass man mit Dingen rechnen muss, mit denen man nicht rechnen kann. Jahrzehntelange Laufzeiten der Kraftwerke und jahrhundertelange Lagerung der Abfälle machen das Eintreffen unwahrscheinlicher Ereignisse zwar nicht wahrscheinlicher, geben dem Unstern dieehr Gelegenheit. Das tolle an Risiken ist, dass sie kein Problem sind, so lange sie nicht eintreten. Jeder der mal Sim-City gespielt hat, weiß, was passiert, wenn Erbeben, Flugzeugabsturz, Überschwemmung und Weltrauminvasion gleichzeitig eintreten. Unglücke sind unausweichlich, ob nun alle 20 Jahre oder alle 100, wenn es erstenmal so weit ist, ist die Sache mit dem billigen Atomstrom auf jeden Fall vorbei und die große Rechnung können noch kommende Generationen zahlen.

Ansonsten bleibt wahrscheinlich der Ausfall der Infrastruktur Grundlage für weitere Eskalation. Zerstörte Straßen, Stromrationierungen usw. dürften sowohl Evakurierung als auch Sicherung der Meiler behindern. Hinzu kommt die Strahlung und die Angst davor, die zur einer Art von Ohnmacht führt. Die Japaner scheinen den Wahnsinn des Sowjet-Heldentums noch nicht erreicht zu haben, die tausende Liquidatoren zur Absicherung der Unglücksstelle vorschickten.

janw
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Mi 16. Mär 2011, 23:45 - Beitrag #52

[quote="Padreic"]Aber von der Reaktorsicherheit bin ich dann relativ beruhigt. Eine Restrisiko von z. B. einer Kernschmelze bleibt natürlich]
Mit Glück ist eine Kernschmelze nur eine kleine Katastrophe mit dauerhafter Nichtbesiedelbarkeit und Nichtnutzbarkeit in 10-20 km Umkreis und ein paar 100 bis 1000 Kontaminierten, teilweise mit dazerhafter Inkorporierung radiaktiver Teilchen.

Wir standen übrigens auch mal recht kurz vor soetwas, als in einem der Biblis-Kraftwerke eine Wasserstoffexplosion zahlreiche Leitungen zerstörte und erst mit größerer Verzögerung gemeldet wurde. Erst als die Aufsichtsbehörde auf eine Untersuchung drang, stellte sich heraus, daß dicht neben den zerstörten Leitungen eine unabsperrbare Leitung des Primärkreislaufes verlief, die ebenso hätte betroffen sein können...

Ipsissimus
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Do 17. Mär 2011, 00:20 - Beitrag #53

so unterscheiden sich die Perspektiven. Die einen definieren Sicherheit offenbar so, dass es keinerlei Vorfälle mit dem Potential, die Sicherheit zu gefährden, geben dürfe. Andere definieren Sicherheit so, dass die Sicherheitsvorkehrungen in der Lage sein müssen, alle entsprechenden Vorfälle sicher in den Griff zu bekommen. Und alle, wirklich alle Fachleute, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe, sind der Meinung, dass die bisherigen Störfälle in deutschen Kraftwerken zeigen, dass die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen. Es sei denn, es darf überhaupt keine Vorfälle geben. Das wäre dann aber eine self fullfilling prophecy, noch sind wir an die Naturgesetze gebunden.

Die Einstufung der Vorfälle in Biblis ist auch mehr als umstritten. Für die einen am Rand des Super-Gaus, für die anderen ein Vorfall der Kategorie eins, also gerade eben mal meldepflichtig.

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Do 17. Mär 2011, 00:21 - Beitrag #54

Eine Restrisiko von z. B. einer Kernschmelze bleibt natürlich; aber auch eine Kernschmelze muss keine Riesenkatastrophe sein, wie man hoffentlich gerade sehen wird...
Das bleibt abzuwarten. Ich finde, dass man keine abschließenden Lehren aus Ereignissen ziehen sollte solange sie noch andauern und die Folgen noch gar nicht absehbar sind. Wartet mit sowas doch zumindest ab bis die Reaktoren aufhören zu rauchen. Ich glaube hierrüber wird man in einem Jahr oder einigen Monaten noch mal sprechen müssen. Gibt es für Dich eine Anzahl von Todesopfern oder eine höhe an wirtschaftlichem Schaden ab dem die Katastrophe sich für den Titel "Riesenkatastrophe" qualifizieren würde?
Ich hoffe von ganzem Herzen falsch zu liegen, aber ich glaube doch das hier die Rufe das ja alles halb so wild war viel zu früh einsetzen.

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Do 17. Mär 2011, 01:27 - Beitrag #55

@janw: nein, mit Glück ist der Schaden fast allein wirtschaftlicher Natur. Du kannst gerne auf wikipedia die Fälle ungleich Tschernobyl nachlesen.

@malte: ich habe keine (endgültigen) Lehren daraus gezogen, ich habe eine Hoffnung ausgesprochen. Lehren ziehe ich aus anderen Fällen und meiner (mangelhaften) Kenntnis der technischen Gegebenheiten. Und die besagt, dass eine (teilweise) Kernschmelze durchaus passieren kann, ohne dass die Reaktorhülle durchbricht.

janw
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Do 17. Mär 2011, 02:12 - Beitrag #56

Zitat von Ipsissimus:so unterscheiden sich die Perspektiven. Die einen definieren Sicherheit offenbar so, dass es keinerlei Vorfälle mit dem Potential, die Sicherheit zu gefährden, geben dürfe. Andere definieren Sicherheit so, dass die Sicherheitsvorkehrungen in der Lage sein müssen, alle entsprechenden Vorfälle sicher in den Griff zu bekommen. Und alle, wirklich alle Fachleute, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe, sind der Meinung, dass die bisherigen Störfälle in deutschen Kraftwerken zeigen, dass die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen. Es sei denn, es darf überhaupt keine Vorfälle geben. Das wäre dann aber eine self fullfilling prophecy, noch sind wir an die Naturgesetze gebunden.

Die Einstufung der Vorfälle in Biblis ist auch mehr als umstritten. Für die einen am Rand des Super-Gaus, für die anderen ein Vorfall der Kategorie eins, also gerade eben mal meldepflichtig.

Meine Definition von Sicherheit ist auch eher die zweite.
Du hast natürlich recht, wenn Du implizit anmerkst, daß ich die drei oder vier Notstromaggregate nicht erwähnt habe, aber wenn Betreiber den ersten Vorfall nicht melden, habe ich wenig Vertrauen, daß ein Vorfall mit Zerstörung der Primärkreislauf-Leitung - immerhin mit Freisetzung von Radioaktivität! - gemeldet worden wäre, und ob dann der erste oder erst der letzte Generator angesprungen wäre...wollen wir für die Wartung mal das beste hoffen.

Mag sein, daß die Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr viele Wünsche offen lassen, aber gilt das auch für die Kuppeln?
Oder sollte eher etwas bei den abführenden Stromleitungen getan werden, zum Schutz vor irgendwelchen Wirbelsturmereignissen?

Ipsissimus
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Do 17. Mär 2011, 10:51 - Beitrag #57

das mit dieser Argumentation verbundene Problem, Jan, sehe ich darin, dass immer gefragt werden kann, was wäre, wenn es anders wäre. Und es kann immer befürchtet werden, dass irgendetwas Unvorhergesehenes den Tag versaut. Trotzdem stehen die meisten von uns am Morgen auf und gehen zur Arbeit, wohl wissend, dass sie dabei vielleicht einen tödlichen Autounfall erleiden können.

Hinsichtlich der Kuppeln besteht bei einigen deutschen Kraftwerken Handlungsbedarf, da würden nicht alle den Impakt einer vollbetankten großen Passagiermaschine aushalten. Und wo ziehen wir die Grenze? Vielleicht werden ja nicht nur eine sondern 10 Maschinen entführt und auf dasselbe Kraftwerk gestürzt. Andererseits ist die Einschlagdichte vollgetankter Passagiermaschinen in Kernkraftwerke weltweit nicht gerade dramatisch viel größer als null. Wenn wir diesbezüglich Eventualitäten mit Fakten verwechseln, was werfen wir dann z.B. den Think Tanks amerikanischer Geheimdienste noch vor? Die machen auch nichts anderes als Eventualitäten zu erwägen und mit Faktizität zu verwechseln, mit teilweise abstrusen Ergebnissen und schlimmen Folgen.

Die Japaner haben einen offensichtlichen Fehler begangen, als sie ihre Kraftwerke ans Meer gebaut haben. Ich gehe völlig konform mit dir, dass derartige Fehler nicht passieren dürfen und dass zur Vorbereitungsphase zukünftiger Kernkraftwerke - sollte es sie noch geben - in jedem Fall die Klärung der Standortbedingungen gehört. Allerdings wird es auch dabei keine 100% Lösung geben, ein chaotisch-dynamisches System wie die Plattentektonik erlaubt das nicht. Trotzdem ist es möglich, die Wahrscheinlichkeiten zu minimieren.

das beste wäre es aus meiner Sicht, die Nutzung der Kernkraft komplett neu aufzuziehen, idealerweise weltweit, zumindest aber in Europa. Auf Grundlage von Kugelhaufen-HTR, einer systematischen Erschließung der Standorte und eines Szenarios für den fortwährenden Austausch alter durch neue Technik. Die Lösung des Endlager-Problems ist in der Nutzung von HTR-Reaktoren implizit enthalten, und wenn wir über unseren Schatten springen und europaweit zusätzlich fünf große Brüter bauen, auch das Brennstoff-Problem. Parallel dazu müssten auch Konzepte für eine vernünftige Informationspolitik entwickelt werden. Beschwichtigen bewirkt das genaue Gegenteil. Außerdem wäre dann auch für alternative Energien Zeit gewonnen, sie zu einem vernünftigen Entwicklungsgrad zu führen, der sie zwar nicht im industriellen, aber vielleicht doch privaten Umfeld zu einer echten Alternative werden lässt.

Traitor
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Do 17. Mär 2011, 22:02 - Beitrag #58

Ein Erdbeben der Stärke 8-9, das unsere Kraftwerke killt, ist auch in Deutschland durchaus denkbar - aber erstens mit gegenüber Japan verschwindend geringer Wahrscheinlichkeit, und zweitens hätten wir dann ganz andere Sorgen als die paar kleinen GAUs, denn dann wäre die Eifel explodiert und wir müssten nicht nur das Kölner Stadtarchiv, sondern ganz Köln und den Rest Westdeutschlands ausgraben...

Direkte Vergleiche aus der Situation zu ziehen, ist somit hochgradig unseriös. Andererseits sehe ich nichts falsches darin, aus einem falschen Anlass eine richtige Entscheidung zu treffen, nachdem bisher trotz richtigem Anlass die falschen Entscheidungen getroffen wurden. Völlig unabhängig von einem imaginären erdbebeninduzierten Gau-Risiko gibt es gute Gründe für die Abschaltung zumindest der alten AKWs, sie sind gesamtenergiewirtschaftlich verzichtbar und es gibt zahlreiche ziemlich fiese Risiken mit nur geringer Auftretensschwelle.

Inzwischen wäre mir eine ordentlich aufgezogene Kernenergiewirtschaft tatsächlich lieber als ein langes Festhalten an Kohle und Öl. HTR und Brüter wären dafür attraktiver als herkömmliche Reaktoren, die Sicherheitsrisiken werden dabei aber auch nur begrenzt verkleinert, absolute Wundermittel sind das auch nicht. Was für mich Verlängerung oder gar Neuausbau weiterhin ablehnenswert macht, ist, das ein globales oder zumindest überregionales Erneuerbare-Energien-Netz die Anforderungen genauso erfüllen kann, da eine geschickte Verteilung das Grundlastproblem im Wesentlichen beseitigt.

Abe die Atomgrunddebatte sollte hier nicht geführt werden, zurück zu Japan. Tokio scheint ja windtechnisch doch noch glimpflich davonzukommen, aber was an den Reaktoren selbst passiert, scheint nach wie vor niemand zu wissen...

Lykurg
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Fr 18. Mär 2011, 00:29 - Beitrag #59

Traitor, meint "Auftretensschwelle", daß die Ereignisse je nur von wenigen Sicherungen verhindert werden? Der Begriff tritt extrem selten auf. ;)

'Gesamtenergiewirtschaftlich verzichtbar' bedeutet immerhin kurzfristig erhöhte Stromimporte bei Leistungsspitzen, volle Nutzung bisher nur auf Sparflamme köchelnder Öl- und Gaskraftwerke sowie längerfristig, bis 2030, Neubauten von Gaskraftwerken im Bereich von 15 Gigawatt (vorausgesetzt, die EE erfüllen ihre Wachstumsziele, was ohnehin in den Sternen steht). Es wird extrem teuer, außerdem sind dafür Leitungsneubauten erforderlich, gegen die sich seit Jahrzehnten im ganzen Land Bürgerinitiativen starkmachen.
Vielleicht sollte man alle paar Tage ein paar Stunden Netzabschaltungen durchführen, als pädagogische Sparmaßnahme. Bild

BTT: Nach derzeitigem Stand rund 15.000 Tote und Vermißte... ich werde nie wieder auf so frühe Meldungen hören. Bild Außerdem behindert Schnee die Aufräumarbeiten und die Versorgung der Überlebenden, die in nicht heizbaren Sammelunterkünften ausharren, ohne Strom, Wasser und mit schwindenden Nahrungsvorräten. Man kann nur hoffen, daß so schnell wie möglich Hilfsgüter eintreffen. Ich hätte nicht erwartet, daß das so lange dauert, bis wenigstens Nahrungslieferungen eintreffen.

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Fr 18. Mär 2011, 04:17 - Beitrag #60

Ja, mir deucht das manche Hilfsorganisationen oder Staaten mit Hilfszusagen Erwartungen auslösen (z.B., bezgl. ihrer Reaktionszeit), die sie nicht wirklich erfüllen können.
Aber was ich gar nicht verstehen kann: warum haben nicht alle Länder dieser Erde seit erkennen des Umstandes "die brauchen was, um den Reaktor zu kühlen" Japan gern auch schon fast gewalttätig ihre Hilfe mit Anfangs wohl eher Transporthubschraubern/Löschkübekn und danach Wasserwerfern/Monitoren von den Feuerwehren angeboten? Denn die Vermeidung des Austritts von Radioaktivität dürte letztlich im Interesse extrem vieler Menschen und Staaten liegen.

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