Malte279, wie schön, wieder etwas von dir zu lesen! Möchtest du dich auch zu Nordafrika äußern, da hattest du doch besondere Kenntnisse?
Vielen Dank
Ich muss ja zugeben in der Webmatrix die meiste Zeit stiller Beobachter zu sein. Nie wirklich weg, aber meistens verfolge ich die Diskussionen eher als mich selbst zu beteiligen, was vor allem am Mangel an Zeit liegt. Ich bin vor allem in einem anderen Forum aktiv.
Das von dir angesprochene Problem besteht sicherlich, allerdings sind Befürworter der Kernenergie im Moment praktisch nicht mehr zu hören, wenn schon schwarzgelb die Positionen räumt und den Ausstieg nach rotgrünem Muster einleitet. Die von dir mehrfach zitierte "Freude" habe allerdings auch ich nicht beschrieben, du übertreibst da deutlich. Ich sprach von "einem Gefühl", daß einige sich "fast schon die Hände reiben" - meine persönliche Wahrnehmung, nicht mehr und nicht weniger.
Aye, und ich werde keinen Augenblick in Abrede stellen, dass es sicherlich auch Gründe für diese Wahrnehmung gibt. Aber wie ich zuvor schon sagte sehe ich die Instrumentalisierung auch von beiden Seiten indem von Befürwortern der Kernenergie denjenigen die sich in der Sicht bestätigt fühlen, dass die so vielfach beschworene Sicherheit nicht der Realität entspricht, vorgeworfen wird das Unglück der Menschen in Japan schamlos zu instrumentalisieren. Das Angesichts der Mehrheitsmeinung unter dem Eindruck dieser Katastrophe die Befürworter der Kernenergie dabei insgesammt weniger laut auftreten als die Gegner liegt fast schon in der Natur der Sache, da letztere für den Augenblick in öffentlichen Diskussionen einen schwereren Stand haben, selbst wenn ihre Diskussionspartner es vermeiden würden die Ereignisse in Japan anzusprechen.
Ein Beispiel von Instrumentalisierung von Seiten der Kernkraftbefürworter habe ich in einem Interview der letzten Tage gesehen, aber Leider kann ich mich bei der Flut von Interviews der letzten Tage nicht mehr entsinnen wer die Interviewte war und habe auch den wortwörtlichen Inhalt ihrer Aussagen im Kopf. Der Kernpunkt war die Aussage, dass Gegner der Kernkraft die Katastrophe in Japan instrumentalisieren würden. Als "Beweis" hierfür wurde die Demonstration mit Menschenkette zwischen Stuttgart und Neckarwestheim angeführt, die als geschmackloses ausschlachten der Katastrophe in Japan dargetstellt wurde. Die Dame musste daran erinnert werden, dass es sich bei dieser Demo nicht um einen Flashmob sondern eine lange im Vorhinein angekündigte und von den Ereignissen in Japan unabhängig geplante Veranstaltung handelte. In Folge der Ereignisse war das öffentliche Interesse und damit die Teilnehmerzahl weit höher als erwartet, aber muss das den Gegnern der Atomkraft als schamlose Ausnutzung der Tragödie vorgeworfen werden? Sollten im Umkehrschluss Demonstrationen gegen die Nutzung der Kernenergie und politische Debatten zu diesem Thema aus Pietätsgründen immer dann verboten werden wenn solche Ereignisse wie in Japan zeigen, dass es mit der vielbeschworenen Sicherheit der Kernkraft eben doch nicht ganz so weit her ist?
Ob jetzt in Folge der Ereignisse von Schwarz-Gelb tatsächlich wie von Dir vermutet ein Ausstieg nach Rot-Grünem Muster vorbereitet wird bleibt abzuwarten. Im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen muss auf jeden Fall der Eindruck erweckt werden, dass etwas getan wird und ich halte es auch für wahrscheinlich, dass unabhängig vom Ausgang der Wahlen letztendlich ein oder zwei der älteren Kernkraftwerke als Placebo tatsächlich abgeschaltet bleiben werden, da alles andere zu vielen Wählern doch zu schwer im Magen liegen würde. Die Wahrscheinlichkeit für einen Ausstieg nach Rot-Grünem musster halte ich aber dennoch für sehr gering falls nicht durch entsprechende Wahlergebnisse ein solcher Ausstieg auch wieder unter Rot-Grüner Leitung eingeleitet würde um dann beim nächsten Schwarz-Gelben Wahlsieg wieder (soweit das dann noch möglich ist) zurückgenommen zu werden.
Faktisch gesehen hat sich ja durch die Ereignisse in Japan nichts an der Sicherheitslage in Deutschland sondern nur an dem Maß an Aufmerksamkeit geändert, das dem Thema von Seiten der Deutschen Wähler zu Teil wird. Die nun folgenden Sicherheitsberatungen werden nicht zu dem Schluss kommen das Erdbeben der Stufe 9,0 oder Tsunamis auf dem Rhein eine Bedrohung für deutsche Kernkraftwerke darstellen und mit dieser Begründung halte ich auch einen rot-grünen Atomausstieg unter schwarz-gelb für ähnlich unwahrscheinlich wie einen Tsunami auf dem Rhein. Das aber angesichts der Störfälle in deutschen Reaktoren kein Tsunami oder Erdbeben nötig ist um ein Sicherheitsrisiko in den deutschen Reaktoren (und ich stelle nicht in Abrede, dass diese Gefährdung auch nach einem deutschen Ausstieg weiterhin durch die Atommeiler anderer Länder bestehen würde) zu sehen könnte dabei leicht unter den Tisch fallen. Totalle Sicherheit kann es nicht geben und gibt es ja auch bei keiner der anderen Arten elektrischen Strom zu produzieren. Aber im Fall der Atomkraft ist mir persönlich der Einsatz einfach zu hoch und ich finde es sehr schade, dass dies erst durch Katastrophen wie die Aktuelle in Japan in Erinnerung gerufen werden muss, damit diejenigen die vorher auf die Möglichkeit hingewiesen haben nicht mehr als fortschrittsfeindliche Hysteriker sondern als gewissenlose Instrumentalisierer des Leids anderer angesehen werden.
Sind wir uns denn darin einig, daß die Vorfälle von manchen Beteiligten genutzt werden, um in der an sich berechtigten und lange geführten Ausstiegsdebatte nun schnell einen Erfolg zu erzielen?
Davon bin ich überzeugt, aber was sollten politische Gegner der Kernenergie tun um sich nicht diesem Vorwurf ausgesetzt zu sehen?
Ich glaube das es in Bezug auf die Ereignisse in Japan nicht eine einzige mögliche Handlungsweise sowohl für Befürworter als auch für Gegner der Kernenergie gibt, die ihnen von ihren jeweilgen Gegnern nicht zum Vorwurf gemacht würde.
Ähnliches gilt übrigens meines Erachtens nach auch für die vielfach kritisierte Medienberichterstattung. Ich sehe keine Form der Berichterstattung in diesem Zusammenhang die den Medien in diesem Zusammenhang nicht von jemandem zum Vorwurf gemacht werden würde.
In diesem Sinne passt Dein "honi soit qui mal y pense" sehr gut Ipsissimus.