Osama bin Laden und die Al Kaida haben direkt nach dem 11. Sept. 2001 bereits sehr stark an Ansehen verloren, liegt wohl auch daran, dass seine Ziele, wie alle amerikanischen Steuerzahler töten, kaum Konsens finden können. Selten wird der Presse in voller Härte auf den ideologischen Kern der Al-Kaida Bezug genommen. Dass es sich um eine Art Jihad-Sekte handelt mit allenfalls oberflächlichen politischen Forderungen, wird meistens ignoriert. Dürfte in weiten Teilen des islamschen Welt, kaum mehr Anhänger finden als die Aum-Sekte in Japan.
Aus Sicht der Jihad-Sekte dürfte sich mit dem Kopfschuss nur sein Schicksal als Märtyrer erfüllt haben. Eine besondere Grausamkeit liegt ja nicht vor, gerade durch zielgenaue Vorgehen der Navy-Seals. Für Unmut dürften hingegen derzeitige Operationen unbenannter Drohnen in Pakistan sorgen, die ja aufgrund von Gerüchten, es könnten sich hie und da Terroristen, Taliban und andere Teufel aufhalten Häuser und Dörfer bombardieren - entsprechend Kollataralschaden inbegriffen. Um so absurder klingt es, dass sich die Menschen in Europa ausgerechnet an der konventionellen Liquidierung bin Ladens erregen.
Viele Europäer haben bin Laden als Führer der Araber, Muslime, ja wenigstens der Islamisten im Ganzen verstanden, die jeweils Betroffenen sicher nicht. Hier ist noch zu beachten, dass die deutliche Mehrheit der Anschlagsopfer, die im groben Zusammenhang mit der salafitischen Jihad-Sekte stehen und Al Kaida zugeschrieben werden, mehrheitlich selbst Muslime, zu einem großen Teil auch noch Sunniten war - vor allem im Irak.
Man beachte die völlige Skrupellosigkeit und das maßlose Vorgehen: Bei den
Anschlägen auf amerikanische Botschaften in Kenia und Tansania 1998 wurde 224 Menschen ermordet, fast ausschließlich Afrikaner, die nur zufällig in der Nähe waren. So ähnlich funktionieren alle Anschläge.
Bei der Wahl der Ziele wird auf Zivilisten nicht die geringste Rücksicht genommen.
In der Wahl ihrer Verbündeten sind sie nicht gerade wählerlisch: So förderten sie den tschetschenischen Separatismus, unterstützte die UCK im Kosovo - mittlerweile auch bekannt für den Handel mit Menschen, Drogen und Organen sowie antiziganistische Übergriffe - oder spielen mit vollem Körpereinsatz in tribalen Konflikten am Hindukusch mit. Ganz nebenbei sprengen sie mit Vorliebe Busse in die Luft, einfach, weil Amerikaner, Europäer oder andere Kreuzritter einer zionistischen Weltverschwörung drin sitzen.
Das man damit nur bei salafitischen Jihad-Sektierern, gff. noch bei den zweifelhaften Verbündeten in Afghanistan noch Sympathiepunkte sammeln. Deren Loyalität beruht wahrscheinlich auch nicht auf ideologischer Überzeugung oder weil es so toll finden, wenn einzelne sich in die Luft sprengen und eine möglichst große Zahl von Zeitgenossen mitnehmen, sondern aus ihren wilden, ungezähmten Treue, das
Paschtunwali. In 10 und mehr Jahren Krieg sind die Taliban und tribal an sie gebundende Nicht-Islamisten beiderseits des Kyber-Passes durch Blut und Eisen an Al-Kaida gefesselt, es gibt kein zurück mehr und wenn sie alle dabei draufgehen. Wenn sie jubeln oder trauen, dann zeigt das nur, wie verbittert und verzweifelt sie wirklich sind. Bislang unbescholtete Ehrenmänner treiben stete Luftangriffe in die Blutrache und den Untergang, obwohl sie den Tod nicht lieben. Der Kopfschuss bin Ladens hingegen, dürfte für sie alle wie ein gerechter Krieg klingen. An der offensichtlichen Hinrichtung ohne gesetzliche Grundlage, werden Menschen, die sich nicht für einen Rechtsstaat oder Menschenrechte interessiert, kaum Anstoß nehmen.
Ein Showdown wie im Italo-Western ist eben kein Guernica.
Ins Bild passt da natürlich der deutsche Salafiten-Prediger
Pierre Vogel, der mit wenigen Sektierern in Frankfurt eine Art inoffizielles Totengebet abhielt.
Vielleicht noch ein kleiner Nachtrag zu Roys Behauptungen.
Klar hat sie 2001 erkannt, dass George W. Bush einen Krieg der Rache führen würde. Nur hat sie nicht erkannt, dass sch George W. Bushs Rachekrieg in Afghanistan nur im Aufwand und Unnachgibigkeit von dem Rache-Blitzkrieg der Clinton-Regierung 1998 unterschied. Die Clinton-Regierung versuchte eben nur 10 Stunden lang Osama bin Laden zu liquidieren und nicht 10 Jahre lang. Der Paradigmenwechsel war nicht die Rache an sich, sondern der Umstand, dass sie weitgehend ohne Rücksicht auf die Finanzen der USA und das internationale Ansehen geführt wurde. Bush II ist in seiner Rache der große Doppelgänger Clintons.
Osama bin Laden hingegen handelte nicht einfach aus Rache. Die Jihad-Sekte liebt den Tod. Wenn sie nicht mehr gegen die Sowjets kämpfen, dann eben gegen Amerika, Pakistan oder den saudischen König ... sogenannte "Feinde des Islams" finden sich immer und überall. Beachtetswert ist hier bin Ladens Paradigmenwechsel. Er wandte sich erst während des Golfkrieges gegen die USA und das saudische Königreich, nicht aber aus Mitleid mit dem irakischen Volke, nein, weil sein Angebot vom König zurückgewiesen wurde, Saddam Hussein ganz allein mit den Krieger seiner Jihad-Sekte aus Kuwait zu vertreiben, stattdessen baten die Saudis US-Truppen umhilfe. Gewissermaßen aus Neid auf die USA und ihren Status als Weltpolizei, erklärte er dem Konkurrenten den Krieg. Und aus persönlicher Vergeltung für die Zurückweisung erklärte er diesem dem saudischen Königshaus, immerhin das Regime, dass innenpolitisch und theologisch Al-Kaida am nächsten steht, wenn auch der militärische Größenwahn gänzlich fehlt. Vor seiner Kriegserklärung und den Terroranschlägen wurde der Al-Kaida seitens der USA kein Haar gekrümmt.
Nicht die Rache war bin Ladens Triebfeder, sondern Weltschmerz und Welthass, Sehnsucht nach dem Paradies, dem Kalafat usw.
Vielleicht noch als kleine Hommage, folgendes Bild.
Das Gesicht des Pferdes scheint der wesentliche Unterschied. Die Gesicht des unteren Reiters ist aus theologischen Gründen unkenntlich.
Klarer:
![Bild](http://www.isioma.net/mohammed-virgins.jpg)