Vorwürfe gegen Wulff

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Do 5. Jan 2012, 16:15 - Beitrag #41

sie wollen ja angeblich den Inhalt der Mailbox veröffentlichen; bin mal sehr gespannt. Nur wozu sie dafür Wulffs Einverständnis benötigen? Ob da nicht noch ein Deal im Hintergrund abläuft^^

http://www.stern.de/politik/deutschland/bundespraesident-auf-mailbox-bild-will-wulffs-anruf-veroeffentlichen-1770181.html

Lykurg
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Do 5. Jan 2012, 16:58 - Beitrag #42

Für mein Empfinden war es schon heftig, daß sowohl die "Welt am Sonntag" als auch die "Bild" schon im November/Anfang Dezember Drohanrufe von Wulff bekommen haben und sich zwar (ihrer Darstellung zufolge) nicht davon haben einschüchtern lassen, aber damit nicht sofort an die Öffentlichkeit gegangen sind. Meines Erachtens ist das eine Mordsgeschichte, die ich vielleicht kritischer sehe als den Hauskredit - je nachdem, womit er drohte und worum es ihm ging, aber daß die Zeitungen sich entschieden, darüber zu schweigen, kommt mir äußerst bedenklich vor.

Und ansonsten: Bis Wulff zustimmt, muß man sich halt mit dem gestern von mir verlinkten Mitschnitt des WDR begnügen ;)

janw
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Do 5. Jan 2012, 17:16 - Beitrag #43

Maglor, seine Aussagen u.a. zum Islam als Teil von Land und Gesellschaft lassen Wulff für mich auch nicht als gänzlich bedeutungslos erscheinen, aber für eine wirkliche Wertschätzung war für mich doch noch zu viel Schweigen dazwischen.

Ich empfinde das Interview von gestern mittlerweile als ärgerlich, da es im Grunde die bisherige Methode schrittweiser Bekennung zu bekannt gewordenen Grenzverletzungen fortführt.
Springer lügt zwar notorisch, aber aus dem bisher Durchgesickerten ist zu entnehmen, daß Wulff sich in seiner voicemail sehr grundsätzlich gegen die Veröffentlichung gewandt hat, nicht lediglich auf deren Verschiebung gedrungen hat.
Zudem ist bekannt geworden, daß die von Wulff als erfolgt angegebene Umwandlung des Kredits erst nach der entsprechenden Äußerung in die Wege geleitet wurde.

Die Urlaube bei Freunden sehe ich zwiespältig - Gastfreundschaft geht für mich in der Regel mit Kostenlosigkeit einher, wenn nicht Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Was mir bei Wulff aufstößt ist, daß es sich offenbar nicht um Besuche bei Freunden handelte, sondern um Nutzung von Urlaubsdomizilen dieser Freunde in deren Abwesenheit. Das überschreitet für mich den Rahmen des Privatüblichen.

Vielleicht hat die Affäre ja wenigstens ein Gutes, indem sie eine Debatte über die intensiven freundschaftlichen Verflechtungen zwischen Politik und wirtschaftlichen Interessenten auslöst.
Man denke nur auch an die Gebutstagsfeier für Herrn Ackermann im Bundeskanzleramt.

Ipsissimus
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Do 5. Jan 2012, 17:44 - Beitrag #44

Wenn er zu lange mit dem Einverständnis wartet, ist das so gut wie ein Eingeständnis, jedenfalls wird es so kommentiert und gewertet werden.

die Grundannahme hinter meinen Aussagen, Jan, ist ja, dass "Freunde" in diesen Kreisen nichts anderes als bessere Geschäftspartner sind, ohne dass ich das "bessere" allzusehr belasten wollte.

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Do 5. Jan 2012, 19:10 - Beitrag #45


janw
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Fr 6. Jan 2012, 00:18 - Beitrag #46

Vielleicht war das Gesagte qua Affekt anders ausgedrückt als gemeint...aber dann hätte er es sicher hinterher mit einem Zweitanruf gerade gerückt.

Die Veröffentlichung des Anrufes dürfte im Falle eines von seiner Darstellung abweichenden Inhalts IMHO das Ende für Wulff bedeuten.
Wer kommt dann dran? Wie wäre es mit Frau Birthler? Ähnliches Profil wie Gauck, und eine Frau.
Ich denke aber, Springer wird den Anruf für sich behalten, weil mit Wulffs Abgang das System Merkel wackeln würde.

Ipsi, ich sehe es im Grunde ähnlich, aber ich bin bereit zu konzedieren, daß jedes Politiker auch ein Leben vor der Politik hat, in dem es Freunde gewonnen haben kann. Das Problem ist für mich dann, daß es diese auch später noch als Freunde betrachtet, während diese das Politiker nunmehr als Partner im Geschäft des Machtgunsterwerbs betrachten und nutzen. Dummheit, die für sich schon disqualifizieren müsste.
Frau Nahles meinte heute aber im deutschlandfunk, diese Beziehungsgeflechte seien aus ihrer Sicht nicht der Normalfall, Wulff habe hier auch dem Ruf der Politiker geschadet.

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Fr 6. Jan 2012, 01:45 - Beitrag #47

Wirkliche Freunde ... sagen einem, dass man den Scheiß bleiben lassen soll. Ich weiß nicht, ob Wulff zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens die eigene Hinterfragung je wertzuschätzen imstande war, bezweifele es aber.


ich habe das Nahles-Interview auch gehört. Na ja. Soll sie sich halt ärgern über den Generalverdacht, dem ihre Kaste mittlerweile unterliegt. Verärgerung heißt immer, dass man irgendetwas noch nicht sieht oder sehen will. Nicht dass ich das in ihrem Fall glaube, dass sie sich ärgert, meine ich. Sie ist einfach nur Profi, und sagt, was sie sagen muss, um die Fassade zu erhalten.

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Fr 6. Jan 2012, 10:10 - Beitrag #48

Einerseits um die Fassade zu erhalten, andererseits, um für ihre Partei den größtmöglichen Vorteil herauszuhandeln, beides ist nunmal ihre Aufgabe.

Ausgerechnet Hape Kerkeling ist Wulff zur Seite gesprungen, die ganze Diskussion sei eigentlich unwürdig - und mit einer ähnlichen Argumentation ein weiterer eher überraschender 'Unterstützer'^^:
Zitat von taz:Das Interview selbst hatte, als Fernsehformat betrachtet, durchaus Unterhaltungswert. Wulffs Taktik, die Phalanx von Vorwürfen und Forderungen durch Trivia der privaten Lebensführung zu kontern ("zusammen zu kochen, zu frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen", "benutzte Bettwäsche"), wird dem Niveau, auf dem die Diskussion angekommen ist, völlig gerecht. Insofern ist die Beschwerde der Privatsender, die von dem Gespräch ausgeschlossen waren, berechtigt, weil hier deren Kerngeschäft verhandelt wurde. Konsequent wäre es gewesen, Wulffs Geschichte, die Lebenshilfe (Schausten: "Was spricht dagegen zu sagen, ich gebe euch mal 150 Euro pro Nacht?") und Erziehungsfragen ("Ich will natürlich besonnen … agieren") betrifft, auf RTL erzählen zu lassen - von Peter Zwegat ("Raus aus den Schulden") und der reaktivierten Super Nanny.

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So 8. Jan 2012, 15:25 - Beitrag #49

http://www.stern.de/politik/deutschland/schnauze-wessi-ihr-koennt-ihn-behalten-1770648.html

Seid Ihr jetzt endlich fertig mit Eurem Präsidenten? Dem scheinheiligen Getue um Pressefreiheit, oder Anschein von Pressefreiheit? Mit der "Würde eines Amtes", die sowieso keiner mehr würdigt, außer sein Inhaber? Glaubt Ihr wirklich noch, unter Gleichen seien alle gleich und ausgerechnet Westdeutsche gegen Geiz, Gier und etwas Glamour immun? Wir nicht. Bis auf Joachim Gauck und vielleicht ein paar hoffnungslose AWD-Bausparer regt die Debatte um Christian Wulff deshalb im Osten Deutschlands auch keinen groß auf. Egalität - dass man Euch das erklären muss! - kommt von egal. Zinsen, Freunde, Fernsehshow; ein bisschen drohen, schnorren und schwindeln - da führt ein armer Familienvater aus Niedersachsen mal vor, wie das System funktioniert, und ihr stellt sofort Euer Selbstbild in Frage? DAS ist kleinlich.

und das im Stern, wow^^ er wird sogar noch deutlicher^^

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Mo 9. Jan 2012, 11:01 - Beitrag #50

Kaum lügt die Bild-Zeitung mal nicht, gerät die Republik aus den Fugen.
http://www.stilstand.de/paradox/

ThreeOfFour
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Mo 9. Jan 2012, 11:37 - Beitrag #51

Bild Auch eine Blinde Zeitung findet mal ein Korn. Oder wird davon angerufen und bedroht.

Meint ihr die Amis leihen uns den Time Square Ball jetzt wo sie ihn 300 Tage nichtmehr brauchen? So als Countdown für seinen Rücktritt?

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Mo 9. Jan 2012, 14:32 - Beitrag #52

Naja, da Bild erst das eine und dann das andere behauptet hat, ist immerhin eine Lüge offensichtlich, vermutlich aber beides falsch. Möglicherweise hat er gar nicht bei Diekmann angerufen, sondern bei Diekmanns Frau?^^

Wulff meint, er bleibe im Amt, bis Ende 2012 würde die ganze Geschichte vergessen sein, und dieses "Stahlgewitter" wäre bald vorbei. Er hat wirklich ein Talent dazu, sich ungeschickt zu äußern...

Lykurg
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Di 14. Feb 2012, 12:13 - Beitrag #53

Daß er immer noch im Amt ist, finde ich inzwischen mehr als beschämend, es ist ein Trauerspiel und erinnert schon fast ein bißchen an die Personalie Sauerland. Leider ist die Abberufung per Volksbegehren für den Bundespräsidenten nicht vorgesehen...

Dieser Artikel hier ist ein Beispiel dafür, in welchem Maße die Affäre seinen Alltag bestimmt. Das gibt dann natürlich auch ein tolles Bild im Ausland ab...
Zitat von Welt:Bettina Wulff wiederum strahlt über das ganze Gesicht. Sie tut dies auch noch, als ein Reporter ihren Ehemann fragt, ob er nur aus „Angst vor Mittellosigkeit“ nicht zurücktrete. Es sei schließlich strittig ob ihm im Fall des Falles der Ehrensold zustehe, hält er dem Bundespräsidenten vor. Es ist ein verbaler Schlag in die Magengrube.
Schon als die Diskussion um bezahlte Übernachtungen, vorgeschossene Hotelzimmer und was auch immer losging, wurde es unglaublich peinlich. Wo sind wir inzwischen? Auflistungen des benutzten Toilettenpapiers? Ein völlig unwürdiges Spektakel, nicht nur für dieses Amt, auch einem Bürgermeisteramt würde man das nicht zumuten wollen.

janw
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Di 14. Feb 2012, 15:11 - Beitrag #54

Wobei ich aber unwürdiges und entwürdigendes Verhalten sowohl auf seiner Seite wie auch auf der der Journaille sehe, und letzteres scheint mir zumindest schlicht darauf angelegt, ihn loszuwerden, und das nicht unbedingt aus sachlichen Gründen.
An Anfang stand die Geschichte um Wulffs Hauskredit und die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage in seiner Zeit als Ministerpräsident.
Die Antwort auf die parlamentarische Anfrage war sachlich auf der Grenze zu falsch, ihre rechtliche Bewertung ist noch im Gang.
Im Laufe der Geschichte ist teilweise zu erkennen, daß neue Veröffentlichungen durch Springer zeitlich gesteuert wurden, z.B. hätte die Veröffentlichung während seiner Reise auch vorher oder kurz danach erfolgen können, und danach wurde der Anruf gezielt an andere Redaktionen lanciert. Wulffs Reaktion darauf war grundfalsch - aber ist das der springende Punkt, oder ist nicht gravierender, mit welchem Mangel an Achtung, mit welcher kalten Berechnung hier mit dem Bundespräsidenten und auch mit dem Menschen dahinter umgegangen wird? Und in meinen Augen offensichtlich vorrangig aus sehr eigenen oder eigennützigen Motiven der Zeitung.

Wulff hat in seiner Zeit als Ministerpräsident die nötige Distanz zu wirtschaftlichen Interessenverfolgern unterschritten. Das ist ärgerlich, aber war in der Zeit letztlich gang und gäbe, es sei nur an Schröder erinnert und an Kurt Biedenkopf in Sachsen, und die Journaille hat selbst durch homestories, Einladungen zu Empfängen, Einbettung in Aktionen wie "Du bist Deutschland", Multiplikation von herabsetzenden Ansichten über Teile der Gesellschaft und ähnliches ebenso die Distanz zu Macht und Reichtum nicht gewahrt, Nähe gesucht und von den Kontakten profitiert.
Wulff war als Ministerpräsident Mittelmaß und ist als Bundespräsident nicht souverän mit der an ihn gerichteten Kritik umgegangen.
Wenn nun "Bild" und die restliche Springer-Presse jetzt versuchen, Wulff aus dem Amt zu schreiben, tun sie das in meinen Augen nicht aufgrund von Wulffs Verfehlungen, sondern aus eigenen Motiven - weil Wulff nicht "ihr" Bundespräsident ist, er sich von der Springer-Presse ferngehalten hat, nicht ihre Agenden verfolgt.
Wulffs Aussage zum Islam in Deutschland z.B. könnte in meinen Augen einigen bei "Bild" auf den Magen geschlagen sein.

Wenn nun "Bild" mit ihrer Kampagne erfolgreich wäre, wäre das nicht ein Erfolg der Bösartigen, ein Lohn für Bösartigkeit?
Würden "Bild" und Springer nicht damit eine Macht bekommen, die ihnen nicht zukommt, die sie nie erhalten sollten?

Fragen wie jene dieses Journalisten empfinde ich als unter die Gürtellinie zielend, das ist nachtreten.

Ein seltener Fall, daß ich etwas für einen Konservativen in die Waagschale lege...
Ich empfinde die Affäre auch als unwürdig, allerdings liegt der Beginn der Unwürdigkeit für mich in den Umständen seiner Wahl. Ein Bundespräsident muss in meinen Augen von seiner Herkunft her über den Instanzen stehen können, und das wird erschwert, wenn er als Ministerpräsident von der Bundeskanzlerin ins Rennen geschickt und dann erst nach Gezerre gewählt wird.
Wulff hat danach für mich zu viel geschwiegen, was er gesagt hat, seine Äußerungen zur Stellung de Islam in Deutschland, halte ich aber für gut und richtig.
In dieser Richtung sollte er weiter wirken können in meinen Augen.

Kein Fußbreit für Springer!

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Di 14. Feb 2012, 15:50 - Beitrag #55

Ich weiß, ich weiß. Ich habe die Kampagnenhaftigkeit davon ebenfalls beklagt, und würde Wulff an die Öffentlichkeit treten und sagen: "Ich habe mich falsch verhalten, ich entschuldige mich dafür und stelle mein Amt zur Verfügung, da ich offenbar nicht imstande bin, es würdig auszufüllen. Allerdings bin ich das Opfer einer beispiellosen Schmutzkampagne geworden und rufe daher alle anständigen Menschen im Land dazu auf, "Bild" zu boykottieren. Meiner Meinung nach wäre es besser für unser Land, wenn diese Zeitung nicht mehr existierte.", hätte er meine volle Zustimmung und viel Sympathie zurückgewonnen. Er könnte dann gern mit Verleumdungsklagen, dem ganzen viel zu schwachen Instrumentarium der Presseratsbeschwerde und mit öffentlichen Aufrufen versuchen, etwas gegen diesen verdammten Sumpf zu tun.

Leider ist er dafür aber nicht integer genug und verfügt über zu wenig Rückgrat. Im Moment würde ich ihm kein Stück weit trauen, das er nicht nur aus Eigeninteresse handelte - und das ist für einen Präsidenten nun einmal ein Armutszeugnis. Aus dieser Position heraus kann er auch nicht mehr für die die Ziele eintreten, die ihn in deinen Augen sympathisch machen. Das würde allgemein nur als Ablenkmanöver verstanden, und in jedem Fall würde er den Spott nicht mehr los, ob er sich davon Gratisdöner oder Gebrauchtwagen erhofft.

Unabhängig davon, inwieweit diese Vorwürfe und Stück für Stück eingeräumten Gefälligkeiten auf wirklich läppischer Schnäppchenjägermanier in sich schwerwiegend genug sind, ist die ganze Geschichte und ihr Umgang damit eine Schande. Es geht ja hier nicht um Korruption, das behauptet zumindest keiner, bei diesem Ausmaß an kleinen Fällen, es ist 'nur' fehlende Integrität, aber strikte Korrektheit ist nun einmal wesentlich in dem Amt. Ja, Schröder war ebenfalls ein Schmutzfink bzw. ist es vor allem nach dem Ende seiner Regierung geworden, aber zwischen einem Ex-Kanzler und einem amtierenden Präsidenten besteht in der Hinsicht noch ein deutlicher Unterschied.

Er sollte den Platz einem besseren freimachen bzw. hätte das längst tun müssen. Übrigens stimmt nicht unbedingt, daß er nicht 'ihr' Präsident gewesen wäre, zu Anfang seiner Amtszeit hatte er durchaus gute Verbindungen zur Boulevardpresse und eine sehr 'freundliche' Berichterstattung. Die Kälte, mit der Journalisten mit ihm umspringen*, entspringt auch der schieren Wut darüber, daß der Bundespräsident persönlich Chefredakteure anrief, um die Veröffentlichung von Geschichten über ihn zu verhindern - meines Erachtens eine Ungeheuerlichkeit, die für sich genommen den sofortigen Rücktritt hätte erzwingen müssen. Ich sehe nicht recht ein, wieso er danach noch irgendeine Schonung verdient hätte, es sei denn, man stufte ihn als psychisch labil ein - aber auch dann wäre er in dem Amt eindeutig nicht richtig aufgehoben, und sollte zu seinem eigenen Besten daraus entfernt werden.

_____
* und die ich wie offensichtlich auch der Artikelschreiber in der zitierten Passage in diesem Fall auch zu heftig fand

Maglor
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Di 14. Feb 2012, 21:20 - Beitrag #56

Wulff mag ja die Salami-Taktik anwenden so lange wie er möchte, so lange er mit austauschbaren Scheinskandalen nach dem Schema "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast." belastet wird. Was sind das für Nachrichten? Gesichtswurst: Emotion statt Fleischeinlage.
Es fehlt der großen Wurf. Eine Belanglosigkeit wird an die andere geheftet, sogar mit Günther Oettinger hatte Wulff etwas zu tun.

Ein Blick zurück

So wie ich das sehe, hat Christian Wulff als Ministerpräsident das Erbe Schröders Hannoveraner Amigo angetreten. Er übernahm die merkwürdige Clique um Maschmeyer, Rürup, Piëch und Co. Oh, halt da gab es ja noch ein paar Ministerpräsidenten dazwische, z. B. Glogowski
Focus Nachricht aus einem anderem Jahrhundert: Niedersachsen. Ein Amigo geht unter.
1999: Nach dubiosen Geschichte um Urlaube, Flugreisen, Geburtagsfeiern, Eigenheimbauten etc. musste der niedersächsische Ministerpräsident Glogowski (SPD) nach nur 13 Monaten das Handtuch werfen.
Im Unterschied zu Wulff hatte dieser aber auch die eigene Partei gegen sich.

blobbfish
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Fr 17. Feb 2012, 13:07 - Beitrag #57

Oh, jetzt isser weg, wie schade. Das geht bestimmt zu lasten der Aktionärsdividenden der Besitzer entsprechender Verlegeraktien. Oder so ähnlich.

Die Frage ist ja nun, darf er sein Haus behalten, wie sieht seine weitere finanzielle Situation aus und welchen Hampelmann man da jetzt rein setzt. Nach den Eklats der jüngeren Zeit kann ich mir kaum vorstellen, dass man da einen wirklich freiwilligen findet.

Lykurg
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Fr 17. Feb 2012, 13:19 - Beitrag #58

Titanic schlug gestern schon Sauerland vor, der wäre ja jetzt frei, die nötige Standfestigkeit hat er jedenfalls.

Und naja, besser als Wulff kann es so manch einer machen, zeigt nur, daß Politiker für das Amt eher wenig geeignet sind, da Westenreinheit nicht zu erwarten ist. Entsprechend absurd sind die ventilierten Vorschläge de Maizière (immerhin eine nette DDR-Parallele^^), von der Leyen, Schäuble (!). Nein, man hätte es damals Gauck machen lassen müssen, ist die Frage, ob er jetzt bereit wäre.

Übrigens geht er offensichtlich aufgrund der Ermittlungen, nicht wegen der Pressekampagne, janw.

Ipsissimus
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Fr 17. Feb 2012, 13:24 - Beitrag #59

Lafontaine for president^^

oder, Gott bewahre, vielleicht mal gar keinen Präsidenten mehr? Einfach mal zusehen, wie die Lücke das Amt vollinhaltlich ersetzt^^

janw
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Fr 17. Feb 2012, 13:50 - Beitrag #60

Lykurg, ich hatte durchaus Sympathien für Deine Argumentation, diese sich offenbarende Vorteile-ergattern und sich Reichen-und-Hochmögenden-anbiedern - Mentalität ist mir auch ein Graus gewesen, auch für einen Ministerpräsidenten. Aber irgendwie wog für mich das "gegen Springer heißt es widerstehen" ein kleines bischen schwerer.

Nun war der Rücktritt aber wirklich notwendig, oder um es mit Merkel zu sagen, "alternativlos".

Ipsi, eine gewisse Rolle spielt der Bundespräsident ja schon, ohne seine Unterschrift keine Gesetze, auch keine guten.

Wer soll es nun werden? Ipsi, Du würdest wohl nicht wollen, oder?

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