Hussein zum Tode verurteilt

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Mi 28. Mär 2007, 14:15 - Beitrag #61

Zitat von Ipsissimus:ich glaube mittlerweile überhaupt nicht mehr
:confused:
Wie immer Ansichtssache.

Bloß daß "die paar unwichtigen Prozesse" die Köpfe der ehemaligen Führung eines Landes rollen lassen - was zumindest in der Neuzeit nicht allzu viele Vorbilder hat. Das läßt etwa für Simbabwe hoffen...

Yanāpaw
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Mi 28. Mär 2007, 14:43 - Beitrag #62

Zum einen stimme ich Lykurg zu (sofern ich ihn richtig verstehe, andernfalls stimme ich mir zu), dass die Prozesse hinsichtlich ihrer Grundgedanken ein beispielhaftes procedere sind, die Verfehlungen Verantwortlicher nicht einfach zu ignorieren oder zu vergessen.

Ferner frage ich mich, ob es nicht vermessen ist, in nationalen Prozessen gegen Volksmörder u.A. eine Aufarbeitung westlicher Außenpolitik zu erwarten...
Nein eigentlich frage ich mich nicht, ich weiß, dass es vermessen ist, weil das zu keinem Zeitpunkt auch nur im entferntesten das Anliegen dieser Prozesse oder auch der Anklage war...

Ipsissimus
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Mi 28. Mär 2007, 16:37 - Beitrag #63

Bloß daß "die paar unwichtigen Prozesse" die Köpfe der ehemaligen Führung eines Landes rollen lassen


nöö, das war eine Invasion zur Sicherung des Ressourcenzugriffs, die das ermöglicht hat, die Prozesse dienen nur zur Verschleierung dieses Sachverhaltes, zu ein bißchen Rache und zur Aufheizung der innenpolitischen Situation im Irak

Lykurg
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Mi 28. Mär 2007, 16:59 - Beitrag #64

Nur daß die "beabsichtigte" Aufheizung der innenpolitischen Lage gegen die Interessen der "Besatzungsmacht" war, die sich aufgrund dieses Drucks vermutlich wird zurückziehen müssen - unter desaströser Entwicklung des Ölpreises, versteht sich. Wäre das ihre Absicht gewesen, eine denkbar irrationale Handlungsweise. Die größten Profiteure sind eher Russen.

janw
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Mi 28. Mär 2007, 21:41 - Beitrag #65

Hm...wenn das mit dem Ressourcenzugriff man nicht noch zu optimistisch gedacht ist...
Bush und Konsorten haben alle beste Verbindungen und Interessen bei Firmen für Ölförder-Infrastruktur, welche jetzt beste Chancen auf gute Aufräge haben.
Die ganze Aktion ein Privatkrieg? Ehrlich, mir scheint nicht unmöglich heutzutage.

Lykurg
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Mi 28. Mär 2007, 22:33 - Beitrag #66

welche jetzt beste Chancen auf gute Aufräge haben.
Klar, während direkt nebenan die Bomben explodieren. Pipelines sind ja auch völlig sicher vor Anschlägen aller Art, vor allem wenn sie von "Besatzern" gebaut und betrieben, äh, "ausgebeutet" werden. Sicher alles Absicht, und alles läuft bestens für diese Bösewichter aus Washington bzw. Texas. :crazy:

janw
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Mi 28. Mär 2007, 22:59 - Beitrag #67

Naja, ist sicher nicht ganz so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt haben - aber das muss ja nicht endlos so weiter gehen...irgendwann werden die Terroristen neue Betätigungsfelder finden oder bekommen. Zwischendurch konnte man vielleicht schon von einigen Kurssprüngen der Firmen profitieren.

Nicht daß Du denkst, ich glaubte, daß es so gewesen ist, ich zweifle nur stark an den gängigen Darstellungen oder ihrer ausschließlichen Richtigkeit und überlege, wie es auch oder andernfalls gewesen sein könnte.

Yanāpaw
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Mi 28. Mär 2007, 23:39 - Beitrag #68

Nicht daß Du denkst, ich glaubte, daß es so gewesen ist, ich zweifle nur stark an den gängigen Darstellungen oder ihrer ausschließlichen Richtigkeit und überlege, wie es auch oder andernfalls gewesen sein könnte.


Zweifeln und Überlegen bezeichnet überlicherweise das Abwägen von Argumenten, was daran ersichtlich ist, dass auf vorgebrachte Argumente eingegangen wird, davon kann zumindest im öffentlichen Teil dieser Diskussion - sowie vieler anderer - nicht die Rede sein.

Das

<<nöö, das war eine Invasion zur Sicherung des Ressourcenzugriffs, die das ermöglicht hat, die Prozesse dienen nur zur Verschleierung dieses Sachverhaltes, zu ein bißchen Rache und zur Aufheizung der innenpolitischen Situation im Irak>>

und Das

<<Bush und Konsorten haben alle beste Verbindungen und Interessen bei Firmen für Ölförder-Infrastruktur, welche jetzt beste Chancen auf gute Aufräge haben.>>


[size=84]sollte man treffender als "wilde Spekulationen als Fakten dargestellt" bezeichnen.

[/size]

Lykurg
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Do 29. Mär 2007, 00:42 - Beitrag #69

Durch den Irakkrieg verursachte Kurssprünge? Danach müßte man wohl ziemlich lange suchen... Üblicherweise ist für den Handel Frieden gut - das ist ungefähr das Gegenteil von dem, was da passiert.

Und zumindest Ipsissimus scheint ja der Meinung zu sein, daß die derzeitige Entwicklung ungefähr beabsichtigt war, wenn er von "Rache und Aufheizung der innenpolitischen Situation des Irak" spricht...

Daß "die" offizielle Darstellung nicht vollständig der Wahrheit entspricht, vor allem nicht die ganze Wahrheit abbildet, sei vorausgesetzt - aber sich die unwahrscheinlichste Alternative zu suchen, erscheint mir nicht als tragfähiges Konzept.

Nein, wirtschaftlich gesehen wäre es sicherlich weit geschickter gewesen, sich mit Saddam zu arrangieren - hätte man bei den Menschenrechten beide Augen zugedrückt, hätte er sicherlich Rabatte angeboten. Meint ihr wirklich, daß die Verantwortlichen nicht rechnen können?

Ipsissimus
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Do 29. Mär 2007, 09:48 - Beitrag #70

Yanapaw, wenn du ernsthaft bezweifelst, daß der 2te Golfkrieg eine Invasion zur Sicherung des Ressourcenzugriffs war, dann kann ich dich nur noch zu der glücklichen Welt beglückwünschen in der du lebst. Wenn du die - gelinde gesagt - Verbindungen von Bush und Co zu amerikanischen Ölfirmen bestreitest, solltest du dich besser informieren.

Das "kaufmännische Argument", wonach Frieden besser sei als Krieg, ist leider durch die gesamte Menschheitsgeschichte widerlegt. Es wurde noch nie, oder doch nur in den allerseltensten Fällen gezögert, in einen Krieg zu ziehen, selbst wenn der kurzfristig mit Verlusten behaftet ist, wenn dieser Krieg langfristig verbesserte Geschäfte versprach. Politische Destabilisierung ist zwar keine US-amerikanische Erfindung, aber durchaus ein von ihnen geschätztes Mittel, um ihre Einflussspäre zu sichern, dadurch, daß sie verschiedene Parteien gegeneinander ausspielen, zumindest solange, bis abzusehen ist, daß der Sieger Amerika-genehme Vorstellungen pflegt.

Was den Rache- und Vershcleierungscharakter der Prozesse anbelangt, meinte ich weniger, daß die Amis noch ein großartiges Interesse daran haben, nachdem ihre Ziele mehr oder weniger auf dem Weg sind. Aber die Prozesse sind ein probates Mittel, um zu verschleiern, daß es derzeit im Irak keine "Guten" gibt, daß die verschiedenen innerirakischen Machtgruppen allesamt Dreck am Stecken haben und daß die täglichen Terroraktionen von den bösen Sunniten und den guten Schiiten und Kurden gleichermaßen durchgeführt werden. Da tut es dann gut, sich gelegentlich im Nimbus des Gerechten sonnen und einen der alten Verbrecher hinrichten zu können.

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Do 29. Mär 2007, 10:53 - Beitrag #71

Das sehe ich anders. Mit wenigen historischen Ausnahmen wurden "gewollte" Kriege meist von Machtpolitikern angezettelt, die die Verbindung zur Kaufmannschaft nie hatten oder längst verloren hatten. Eroberungsträume von Kolonialreichen sind - insbesondere heute - weltferner Größenwahn, und wer etwas von Wirtschaft versteht, läßt die Finger davon. Insbesondere Destabilisierung als Mittel verträgt sich so überhaupt nicht mit den wirtschaftlichen Interessen, daß dieser Widerspruch in deiner Argumentation geradezu schmerzhaft in die Augen sticht. Und ein echter Erfolg einer solchen "Destabilisierungspolitik" in den letzten 40 Jahren würde mich doch sehr interessieren. Angenommen es säßen tatsächlich wirtschaftlich verantwortungsvoll denkende Personen am Ruder, wäre doch auch anzunehmen, daß sie, sagen wir mal, eine geringfügige Gewinnerwartung haben?

Ganz klar, eigentlich ist es dasselbe, ob Saddam einen Iraki hinrichten läßt oder die Irakis Saddam: Am Ende ist ein Mensch tot. :rolleyes:

Ipsissimus
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Do 29. Mär 2007, 12:06 - Beitrag #72

und wer finanziert die Kriege der Machtpolitiker? Wer finanzierte z.B. Hitler nicht nur sondern lancierte ihn in die Machtspitze? Wessen Börsenkurse gingen hoch wie Raketen, als Bush seinen Privatkrieg gegen Hussein begann?

Und Destabilisierung ist kein Widerspruch zu wirtschaftlichen Interessen, wenn die politische Situation in einer Region so ist, daß ein paar Haie meinen, sie würden nicht genug dort verdienen, oder ihr Verdienst sei nicht sicher genug oder würde nicht genügend stark wachsen. Natürlich wird nach der Stabilisierung wieder die Konsolidierung versucht, vorzugsweise mit "starken" Regimen, solange die USA-freundlich sind (ersetz meinetwegen "USA-freundlich" mit "Russland-freundlich" oder "x-beliebige Großmacht-freundlich", daß die USA die Bösartigkeit gepachtet hätten, habe ich nie gesagt, sie sind derzeit nur am erfolgreichsten darin).

Was Hussein angeht, haben wir alle Positionen auch bereits abgesteckt, ich bin nach wie vor der Ansicht, es hätte nur kleiner Zufälligkeiten bedurft, und Hussein wäre von den USA in alle Ewigkeit unterstützt worden wie Pinochet auch. Und daß er gestürzt wurde hat nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen Menschenrechtsverletzungen zu tun. Die Amis wissen noch nicht mal, was das überhaupt ist.

Yanāpaw
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Do 29. Mär 2007, 12:15 - Beitrag #73

Yanapaw, wenn du ernsthaft bezweifelst, daß der 2te Golfkrieg eine Invasion zur Sicherung des Ressourcenzugriffs war, dann kann ich dich nur noch zu der glücklichen Welt beglückwünschen in der du lebst. Wenn du die - gelinde gesagt - Verbindungen von Bush und Co zu amerikanischen Ölfirmen bestreitest, solltest du dich besser informieren.


Mich beglückwünschen solltest du eher dazu, dass mein Denken nicht Propaganda-induzierten Stereotypen von per se bösen Kapitalisten und Opferlämmern unterworfen ist. Ich bin sogar exzellent informiert, über den 2ten Irakkrieg, weil Kriegsmotivation und Kriegsführung eines meiner Interessensgebiete ist, von daher kann ich über das Mc-Moore Gewächs vom Ölkrieg nur milde lächeln... Aber ich will ja nicht nur behaupten, sondern argumentieren:

Vorm Krieg, war die wirtschaftliche Situation angespannt, die politische Situation war diffizil, man hatte 2 Feinde, die sich gegenseitig in etwa ausglichen und die Gefahr einer Solidarisierung war minimal. Die Unterstützung Irans war eingestellt worden, wegen Wegfalls der Ayatollah-Subventionierung und man war sich des iranischen Gefahrenpotentials absolut bewusst. Israel diente als ein Prellbock, Irak als der Andere, zudem hatte man mit Irak einen stabilisierenden Einfluss, der mit drakonischer Unterdrückung für Stabilität in der Region sorgte, der Ölpreis blieb stabil und Investitionen in dem Gebiet waren gesichert, wie sich an russischen und französischen Firmen zeigte.

Aber der amerikanische Anteil an diesem Kuchen war zu gering, den galt es zu vergrößern, ist es also wahrscheinlich, dass man Stabilität in Instabilität verwandeln wollte, die per se schlechter für alle wirtschaftlichen Prozesse, außer der Rüstungsindustrie ist? Wenn man Waffen hätte exportieren wollen, dann wäre der Plan aufgegangen, aber US-amerikanische Waffen sind nicht die Mordutensilien der Wahl in Nahost, das sind russische Fabrikate, das kann also nicht die Motivation gewesen sein. Der Krieg wurde ja angeblich wegen dem Öl geführt, für Öl ist Stabilität aber unerlässlich, erst dann wenn man das Öl in Besitz genommen hat, dann sorgt man für Instabilität, um den Profit zu maximieren, das liegt auf der Hand. Den Stabilitätsgarant Hussein gegen eine mehrheitlich nicht aktzeptierte Marionettenregierung einzutauschen, kann keine wirtschaftliche Zielsetzung gewesen sein. Hinzu kommt die absolute Vorhersehbarkeit dieser Entwicklungen, das schnelle Ende der konventionellen Kriegsführung war ebenso absehbar, wie der Fall in den Bürgerkrieg nach der Beseitigung des charismatischen Führers und dessen Schergen. Welchen konkreten Ntuzen also hatte das alles? Wirtschaftswachstum ja das durchaus, aber Wirtschaftswachstum durch Aufträge, die nicht ausgeführt werden können, weil die politische Situation es nicht zulässt, innenpolitische Stimmenverluste, die eine Wiederwahl sehr unwahrscheinlich machten, außenpolitischer breiter Ansehensverlust, breite Opposition von asiatischen Staaten und vom alten Gegner des kalten Krieges, nicht zu vergessen exorbitant hohe Staatsausgaben und Verschuldung und das alles nur für größtenteils gefaktes Wirtschaftswachstum und potentiellen Zugriff auf Ressourcen? Das zu glauben, heißt die Komplexität der Situation nicht einmal im Ansatz verstanden zu haben...

Die Menschenverachtung und Skrupellosigkeit, die ein solches Unterfangen voraussetzt, könnten wesentlich sinnvoller und profitabler in anderen Szenarien eingesetzt werden (z.B. Iranisch-Irakischer Krieg, amerikanische und israelische Unterstützung des Irak unter dem Vorwand chemischer und nuklearer Waffen, bei der konventionellen Zerstörung des Iran, Iran wird irakisches Protektorat zur Stabilisierung der Region, die Ressourcen werden brüderlich geteilt und Hussein verpflichtet sich zum Verzicht auf Trägerraketen, das hätte weniger Spannungen, weniger Kosten und hundertmal mehr Profite eingebracht und wäre wesentlich einfacher durchführbar gewesen, ohne Besetzungsproblematik, ohne terrorismus, ohne Chaos, die eleganteste Lösung mit einer amerikansich-israelischen Insel im Iran, zum Schutz der kulturellen Gebiete (Ölfelder))

Im 2ten Golfkrieg vornehmlich wirtschaftliche Interessen wahrzunehmen, heißt nicht nur, die Situation zu verkennen, es heißt auch die Planer und Strategen auf amerikansicher Seite zu Schwachköpfen abzuqualifizieren, die wirtschaftlichen Prozesse völlig falsch oder bestenfalls nicht zu verstehen und langfristige Kosten-Nutzen Erwägungen völlig zu ignorieren, steigende Aktienkurse, dafür aber stetigfallenden Dollar als Wirtschaftswachtum zu sehen, dazu allerdings an dieser Stelle meine herzlichsten Glückwünsche, wenn wir gerade so am zicken sind...

Ipsissimus
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Do 29. Mär 2007, 12:53 - Beitrag #74

na gut, dann gehe ich jetzt eine Runde weinen, weil ich diese amerikanischen Gutmenschen so völlig falsch und ungerechtfertigt darstelle.

Was du allerdings zu übersehen scheinst: fast alle deine Gegenargumente - gegen einen Wirtschaftskrieg - sind auch Argumente gegen einen Krieg aus Menschenfreundlichkeit, denn auch in diesem Fall waren alle bislang aufgetretenen Konsequenzen vorhersehbar, und es war auch vorhersehbar, daß die Konsequnezen dieses Krieges seine hehren Motive komplett desavouieren würden. Die langfristige Destabilisierung der Region aus Menschenfreundlichkeit wird uns noch viele viele aufregende Meldungen in den Abendnachrichten bescheren.

Was geheimdienstliche und militärische Planer und "Think Tank Bewohner" angeht, muss ich dir allerdings recht geben, ihre von mir unterstellte tendentielle paranoische Schizophrenie passt bestens zu politisch-merkantiler Hybris und macht Entscheidungen die auf Grundlage der Kombination von beidem gefällt werden, zu ner brisanten Sache.

Lykurg
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Do 29. Mär 2007, 13:31 - Beitrag #75

@OT: Hitlers Geldgeber aus den Reihen der Großindustriellen hatten Angst und schätzten die Lage falsch ein - viele von ihnen glaubten, die Nationalsozialisten würden nicht lange an der Macht bleiben können (ein Irrtum, der sich lange hielt, siehe Brecht im Exil: "Warum für vier Tage vorsorgen, / du kehrst morgen zurück"), aber mit den ihnen bedrohlicher erscheinenden Kommunisten "aufräumen". Wie der zweite Weltkrieg finanziert wurde (etwa als Bankraub im internationalen Maßstab) sollte eigentlich bekannt sein; daß die ohnehin unter erheblichem staatlichen Druck stehenden Firmenchefs im Krieg versuchten, aus der Lage das beste zu machen und kriegsbedingte Totalverluste durch Produktion kriegswichtiger Güter teilweise zu kompensieren, sollte nicht überraschen. Die wenigsten Unternehmer dürften den Krieg tatsächlich "gewollt" haben, und einer noch geringeren Zahl hat er genützt.

Ipsissimus, ein mißglückter Krieg aus 'Menschenfreundlichkeit' ist sehr viel wahrscheinlicher als ein mißglückter Krieg aus wirtschaftlichem Kalkül. Erstere, ein "weicher" Beweggrund, kann von Gruppierungen eingefordert werden, die sich um den tatsächlichen Nutzen der Handlungen anderer keinen Gedanken machen müssen. Wer aus Gewinnstreben einen Krieg beabsichtigt, wird es sich dreimal überlegt haben - das Ergebnis betrifft ihn ja sehr viel direkter selbst. Insofern kann ich - ohne alle Ironie - deinem Ausblick auf die Abendnachrichten, die wir dem Krieg aus 'Menschenfreundlichkeit' (noch) verdanken (werden), nur zustimmen.

Machtpolitische Erwägungen und innenpolitische Ursachen sehe ich - aber als "Wirtschaftskrieg" wäre es eine Narretei.

Yanāpaw
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Do 29. Mär 2007, 14:52 - Beitrag #76

Ich stimme Lykurg absolut zu und gehe sogar noch einen Schritt weiter indem ich sage, dass die letztliche Konsequenz und die Vorhersehbarkeit bei der Kriegsführung aus vermeintlicher moralischer Verpflichtung oder ideologischer Überzeugung eben keine Kosten-Nutzen-Rechnung gemacht wird, die findet in diesen Fällen stets im Nachhinein statt, zur Zeit wundervoll in den USA beobachtbar. Ein Krieg aus ökonomischem Kalkül setzt diese Überlegung aber per defintionem vor die Aktion. Alle Argumente, die ich anführte sprachen gegen die Nützlichkeit eines Golf-Kriegs an sich, aber ein ideologisch motivierter Krieg ist nicht nutzenorientiert, dafür gibt es Beispiele zu Genüge.

Im Gegenzug könnten die Unterschiede zwischen dem 2ten Golfkrieg und historischen Angriffskriegen oder Besatzungen aus ökonomischem Kalkül kaum deutlicher sein. (Als Beispiel Spanien, Holland, Frankreich, GB zu Zeiten des Kolonialsimus)

Mal eine Frage, wo wäre das Problem gewesen, den Irak anzugreifen, eine Besatzung zu installieren mit safe-zones und den Rest sich selbst zu überlassen, die Ressourcen zu sichern und gut ist, der Sicherheit halber den Roten Drachen mit eingebunden, was hätte da passieren sollen?

Ipsissimus
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Do 29. Mär 2007, 15:56 - Beitrag #77

der Sicherheit halber den Roten Drachen mit eingebunden, was hätte da passieren sollen?


das gleiche, was schon mal in Vietnam passierte - nebenbei, allzuweit vom Debakel entfernt sind die USA derzeit auch nicht mehr

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Do 29. Mär 2007, 16:33 - Beitrag #78

das gleiche, was schon mal in Vietnam passierte - nebenbei, allzuweit vom Debakel entfernt sind die USA derzeit auch nicht mehr
Das bestreite ich nicht - auch wenn die Umstände sehr anders sind. Dagegen erscheint mir zumindest die erste Strategie - zusammen mit einem "gezähmten" Irak gegen den Iran - nachträglich erfolgversprechender als der derzeitige Ansatz. Eine wirklich wirtschaftsorientierte und wirtschaftsgeleitete Kriegsführung hätte, wenn überhaupt, vielleicht einen solchen Weg geführt.
Aber warum bombardieren, was man auch kaufen kann? Zumindest langfristig (und auch bei diesen Nationbuilding-Projekten geht es ja um Jahrzehnte) dürften sich Handelsfreiheiten und Staatsunternehmen auch restriktiver Diktaturen Stück für Stück kaufen lassen, wenn man die richtigen Leute besticht. Darum geht es hier offensichtlich nicht.

Ipsissimus
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Fr 30. Mär 2007, 10:02 - Beitrag #79

Lykurg, es ist zwar eher eine Frage der Weltanschauung, aber ich denke tatsächlich, du überschätzt das Ausmaß der "kühlen" Rationalität bei Wirtschaftsbossen. Mag sein, auf der mittleren bis gehobenen Management-Ebene findet sich so etwas; auf der Ebene der Besitzer geht es neben Geld auch um Macht. Lobbyismus ist keine deutsche Erfindung, und wenn eine Firma oder ein Kartell ihren Einfluss nutzt, um einen Krieg zu bekommen, bei dem sie im Gewinnfall die Gewinne privatisieren und im Verlierensfall die Verluste sozialisieren kann - wer würde denn da noch zögern? Die Exxons und Chevrons und wie sie alle heißen sicher nicht.

Yanāpaw
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Fr 30. Mär 2007, 12:06 - Beitrag #80

[quote]
[...]auf der Ebene der Besitzer geht es neben Geld auch um Macht.[...][/quote

Exxon Mobil Corporation Public hat sehr viele Besitzer, denn es handelt sich um das US-Amerikanische Pendant zu einer Aktiengesellschaft. Um dem Argument vorzugreifen, weder eine Investorengruppe noch ein Einzelner Mensch hält auch nur annähernd eine Anteilsmehrheit (meines Wissens hält sogar die größte Investorengruppe weniger als 10%, was bei der Bilanzsumme auch nicht weiter verwundert). Ähnlich verhält es sich bei Chevron(&Texaco), auch beides Aktiengesellschaften, jetzt eine. Die Meinung der Besitzer ist also nur einmal im Jahr, bei der Hautpversammlung relevant, während der Rechnungsperioden werden die Geschäfte vom Board of Directors und dem CEO geleitet, der chairman tritt hauptsächlich in der Außenwirkung auf, ist aber auch Mitglied des Board. Da müssten schon sehr viele Kontrollinstanzen innerhalb Exxon Kalkül vergessen und ratio über Bord werfen, um was eigentlich genau zu tun? Bei Unternehmen in Privatbesitz, oder Anteilseignern von Mehrheitspaketen, könnte ich die Überlegung nachvollziehen, aber bei Weltunternehmen nicht.

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