Nun, Ihr Verfechter einer gesetzlichen Regelung zum Abschuss entführter Flieger, dann stellt Euch mal folgende ganz realistische Konstellation vor:
Gesetz regelt, unter welchen Umständen eine Entführung mit Bedrohung Weiterer lethal zu beenden ist, eine wesentliche Bedingung sei ein bestimmtes Zahlenverhältnis Entführter zu weiteren Gefährdeten.
Ganz davon ab, daß sich dies real nicht in der geforderten Zeit klären ließe: Was unterscheidet den Menschen, der einen zu viel oder zu wenig auf der einen oder anderen Seite macht, zum Zünglein...am Abzug? Was würdet Ihr tun, wenn Ihr als Handlungsbevollmächtigte mit der Situation konfrontiert wäret, wegen eines Entführten zu wenig nicht schießen zu
dürfen oder wegen eines zu viel schießen zu
müssen?
Ich kann es nur immer wieder sagen, daß jede für mich denkbare gesetzliche Regelung dem Grundrecht
jedes Einzelnen Menschen auf Würde, Leben und körperliche Unversehrtheit - unbeschadet jeder wie auch immer gearteten Gruppenzugehörigkeit - existentiell zuwider liefe.
Daß zudem die gesetzliche Fixierung auf einen finalen Eingriff alle alternativen Lösungsansätze aus dem Bewußtsein und damit aus dem Rahmen des Denkbaren befördern würde, hingegen der als
ultima ratio auch aus meiner Sicht sicher in manchen Fällen unvermeidbare lethale Eingriff nicht mehr allerletztes Mittel
nach Erfolglosigkeit aller anderen Lösungsversuche, sondern
Mittel der Wahl würde - zumindest wäre der Weg dorthin nicht weit.
Amerikanische Soldaten greifen nach wie vor Flüchtlingstreks an und fragen erst danach, ob dort Zivilisten waren.
Polizeipsychologen werden schon jetzt in unserer Polizei belächelt und Schlimmeres.
Aber mal ins Detail...
Zitat von Maurice:Und Notwehr sollte imo gesetzlich erlaubt sein.
Notwehr ist gesetzlich erlaubt.
Wenn er nicht aus mein Haus zusteuert, bedroht er mich zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar, da sein Verhalten auch auf mich negative Konsequenzen hat. Ich will, dass es gesetzlich erlaubt ist, dass Menschen das Leben anderer Menschen schützen dürfen. Und Frau Müller und Herrr Schmitt haben nicht die Ausrüstung, das Flugzeug abzuschießen, um sich zu schützen, weshalb sie dem Staat diese Aufgabe übertragen.
"Negative Konsequenzen" zählt nicht. Menschen sollen und dürfen jetzt schon das Lebe anderer schützen. Dabei aber nicht das Leben anderer gefährden oder drangeben, von ultima ratio-Fällen abgesehen (Bus durchbricht die Mittelleitplanke und rast auf anderen Bus zu, Fahrer steuert deshalb die Böschung rauf mit 8 Toten statt sonst 20. Natürlich ist rechtlich dann relevant, warum er überhaupt von der Bahn abgekommen ist.)
Auch für den Staat ist ein lethaler Eingriff das allerletzte Mittel - und muss es IMHO bleiben.
... die so oder so sterben werden... und ich rette dabei noch jede Menge unschuldige Menschen, die du sterben lassen würdest. Du nimmst also den Tod vieler Unschuldiger im Kauf, nur um keine Verantwortung übernehmen zu müssen.
Nun, wenn dem so wäre, würde man mir die Verantwortung für ihren Tod zuweisen, und es würde mir schwer werden, die Verantwortung für den Tod jedes Einzelnen von ihnen von mir zu weisen, wenn ich ihn hätte verhindern können. Wie gesagt, ich würde in solche einem Falle
alle erdenklichen Mittel nutzen, angefangen von Verhandlungen, psychologischer Einwirkung, situationsangemessenen Kaperversuchen etc. Erst wenn all das ausgereizt wäre, würde ich zusammen mit dem Stab sehen...was passiert in welchem Falle und welche Handlung ist da jetzt für mich die angemessenere - Selektion der Menschen in einer Gruppe gegenüber denen in der anderen, oder erfordert das zu erwartende Übel dies geradezu, und gibt es noch etwas dazwischen? Und danach handeln, wenn ich nicht schon beim Druck auf den Knopf in Ohnmacht falle.
Ob der Tod der einzelnen Menschen damit legitimiert wäre...IMHO nicht. Ich würde ihn immer als Folge eines Versagens ansehen, meines Versagens, soweit ich die Geschehnisse selbst maßgeblich beeinflussen konnte. Weil das Ziel von anfang an gewesen sein müsste, die Sache ohne Opfer zu beenden.
Diese aber jetzt gegebene Handlungsfreiheit bis zuletzt, die Möglichkeit flexibel auf das Geschehen einzuwirken und das gleichwertige Leben jedes Einzelnen zu verteidigen, ohne daß ein durch politische Kungelei entstandenes Gesetz oder ein profilierungssüchtiger Politiker in situationsunangemessener Weise bestimmtes Vorgehen erzwingt, die gilt es IMHO zu verteidigen. Wenn wir nicht bald hilflos vor einer allgemeinen Erosion der Grundwerte unserer Verfassung stehen wollen.
Das hätte ich auch als Normalbürger getan, wenn ich versucht hätte, sie zu überzeugen. Ich gehe aber nicht aus, dass ich ausreichend viele überzeugen hätte können. Ich schaffe es hier ja nicht mal mit einem. ^^
Als Politiker hätte ich mir aber zweimal überlegt, wem ich alles unterstellt hätte, dass seine Präferenzlage inkonsistent ist. Ich glaube, das führt in vielen Fällen eher zur Verschlechterung der politischen Verhältnisse - da muss man, wenn man jemanden friedlich auf seine Seite bringen möchte, eher mit finanziellen oder machtpolitischen Vorteilen ködern.
Nicht dass du mich hier auch falsch verstanden hast: Ich wollte mit dem Abschnitt nicht sagen, dass friedliche Interventionsversuche von Realitätsverlust zeugen, sondern dass ich den Glauben, alle für den Frieden zu bewegen, indem man sie davon überzeugen kann, dass ein pazifistisches Verhalten das beste Mittel für ihre Präferenzen ist, in höchsten Maße realitätsinadequat halte.
Nun, vielen ist denke ich nicht klar, welches Wohl ihnen selbst langfristig (jede Diktatur hat mal ein Ende...) und welches öffentliche Wohl ihren Völkern entgeht durch den Ressourcenverbrauch des Militärisch-Industriellen Komplexes, für Europa lohnt hier ein Blick in die Zeit des 30jährigen Krieges und seine Wirkung auf die Wohlstandsverteilung in Europa.
Anderen ist es sicher schnurz, wie den Militärs in Myanmar. Aber die könnte man mal zu einem Bankett einladen, bei dem es verdorbenen Fisch gibt...und hinterher Handschellen am Krankenbett und gute Genesungswünsche aus Den Haag
Nein, ich sehe sehr wohl, daß der reale Handlungsrahmen der Politik sehr begrenzt ist. Aber ich stoße mich daran, daß Politiker sich diesen Rahmen noch weiter begrenzen. Sei es, weil sie mit dem despotischen Präsidenten einer Großmacht auf seiner Datscha Wodka schlürfen, mit dem dummen einer anderen
en famille grillen oder einer dritten einen unbrauchbaren Hightech-Schnellzug verkaufen wollen.
Und nein, ich sage nur meine Meinung, Du musst sie nicht glauben^^
[...] wobei der Wert von Mensch und Tier ja auch wieder rein relativ zu den Präferenzen des Einzelnen ist... jedenfalls ging es mir bei diesem Satz nicht um die generelle Gleichsetzung von Mensch und Tier, sondern die Argumentationsform des Slippery Slope zu kritisieren. Ich halte es für die völlig falsche Strategie, jede Regelung abzulehnen, von der man sich vorstellen kann, dass sie Regelungen nach sich ziehen, die man nicht haben will. [...]Nur weil es denkbar ist, dass die Erlaubnis des Abschusses zu Regelungen führt, die die Individualrechte der Menschen nach und nach abschaffen, ist es nicht auch gleichzeitig wahrscheinlich, dass dies der Fall ist. Genauso ist es zwar denkbar, dass die Erlaubnis des Schlachten und Verzerrs von Tieren irgendwann Gesetze zur Folge haben, die es erlauben, kleine Kinder zu schlachten und zu essen, aber wie wahrscheinlich ist das?
Nun, auch wenn Tierrechte ins GG aufgenommen werden sollten, werden diese doch immer niederrangiger sein als die in den unveränderlichen ersten Artikeln fixierten Menschenrechte.
Das Problem ist, daß es hier nicht nur um einen zu erwartenden Dammbruch geht, sondern um eine konkrete Kollision mit einem in einem unveränderlichen Artikel des GG fixierten Grundrecht.
Wie sehr aber die Dammbruch-Befürchtungen berechtigt sind, zeigt die Geschichte der Sicherheitsgesetze in der BRD. Was zur Bekämpfung der RAF eingeführt wurde, blieb danach unhinterfragt bestehen, und so wird es auch mit neuen Regeln sein, wenn Al Kaida Geschichte ist.
Im übrigen wird seit einigen 10 000 Jahren gegrillt, aber abgesehen von kultischen Brandopfern keine Kinder.
Das hoffe ich ^^ ...
Nein, ist so, daß Stresshormone das Handeln maßgeblich beeinflussen, und zwar in unvorhersehbarer Weise.
Ich glaube, damit nichts neues mehr zu dem Thema beizutragen, aber nachdem ich teilweise doch etwas missverstanden wurde, war das jetzt ein Versuch, ein paar in meinen Augen wichtige Aspekte nochmal etwas sachlicher zu formulieren. An der Überzeugungskraft wird das wahrscheinlich aber nichts ändern. *schulterzuck*
Soll es hier ums Überzeugen gehen? Für mich wird vor allem die Spannung klar in dem Raum, der zwischen unseren Positionen steht, die
Differänz, wenn man so will, und das finde ich sehr spannend.
Zitat von Lykurg:janw, die Diskussion der Ursachen des 11.9. sollten wir hier wohl lieber nicht weiterführen]alles[/i] legitim.
Sicher, das wäre ein eigenes Thema. Vielleicht nur noch kurz, Armut, Perspektivlosigkeit sind IMHO der Boden, auf dem mit dem Dünger Heilsversprechen die Saat der Ideologie aufgehen kann.
Zitat von e-noon:Aydee macht aus Prinzip gar nichts gewalttätiges, auch wenn der Preis die Menschheit ist,
Wenn ich sie richtig verstehe, stellt sie nur fest, daß sie keine aktive Gewalt anwenden könnte.
Der gehabte Raum, dein Entführer sagt die Wahrheit. Frag dich nicht warum, ist einfach so. Du sitzt auf einem Sessel, rot, plüschig, sehr bequem. Das Zimmer ist sehr klein, sagen wir zwei Quadratmeter. Auf dem einen Quadratmeter steht dein Sessel, der andere ist gefließt, mit einer großen weißen Fliese und einer genauso großen schwarzen Fliese. Der Entführer berichtet dir folgendes (wahrheitsgemäß!):
Hey Aydee, siehst du die Fließen? Wenn du dich auf die weiße Fliese stellst, stirbt eine dir unbekannte Gruppe von 10 Menschen. Wenn du dich auf die weiße Fliese stellst, stirbt eine dir unbekannte Gruppe von 15 Menschen. Wenn du aber einfach auf deinem bequemen Sessel sitzen bleibst, sterben alle 25 Menschen. Was würdest Du tun?
Ich würde den Terroristen nach seinen Motiven fragen, Auswege suchen und mir notfalls eine dritte, "neutrale" Fliese suchen.
Neue Situation.
Zitat von Maurice:Dann solltest du dein Passwort mal ändern, da allen Anschein nach jemand dein Account geknackt hat und unter deinen Namen Posts schreibt. Oder wie erklärst du mir dann so Aussagen wie: "die ewige Hoffnung der Gewalttätigen" (26.09.2007, 16:44) - womit du mich zu dieser Personengruppe zuzuordnen wollen scheintest. Irgendwo verglich jemand meine Meinung noch mit denen von Militaristen - weiß aber nicht mehr, ob die Aussage von dir oder jemand anderes kam (konnte ich auf die Schnelle nicht finden). Auf jeden Fall ist es ein genetisches Argument ("wenn X P behauptet, ist P voraussichtlich falsch")
Moooment, Maurice. Du hast mir geschrieben:
Wenn ich dich und alle die zu dir gehören abschieße, wird niemand mehr von diner Sorte kommen, um mich mit stärkeren Waffen bedrohen.
Ich gehe jetzt mal von einem Lyrischen Ich bei Dir aus, und gleichermaßen lese ich aus Ipsis Beitrag.
Deine Kritik an einem möglichen Gesetz ist nicht von der Hand zu weisen und ich will nicht behaupten, dass wir ohne weiteres ein perfektes Gesetz auf die Beine stellen könnten - aber lieber ein unvollkommenes Gesetz als gar kein Gesetz für einen extrem wichtigen Fall, der in meinen Augen unbedingt ein Gesetz verlangt.
In meinen Augen benötigen wir kein Gesetz für diese Sache, und gerade bei in die Rechte der Menschen eingreifenen Gesetzen bin ich gegen Unvollkommenheiten sehr allergisch - außer daß sie den Ansatz bieten, die Gesetze aus der Welt zu schaffen.