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Recht auf freie Meiungsäußerung? / Totalitäre Wesenszüge in Deutschland?

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 19:16
von Maurice
Deutschland behauptet ja von sich ein Land zu sein, in dem jeder seine Meinung äußern kann. Ausnahme natürlich sie verletzt die Würde eines anderen Menschens. Soweit so gut. Auch was politische Dinge angeht, so kann man seine Meinung frei äußern... angeblich. Das man nichts gegen die Grundordnung des deutschen Staatswesen sagen soll, ist natürlich nachvollziehbar, aber sind das nicht Züge wie in totalitären Systemen? Man darf seine Meinung, solange sie keine andere ist, als die die der Staat vorgibt. Kann man das Meinungsfreiheit nennen?
Vor allem Beamte, die auf die Verfassung eingeschworen sind, ist untersagt nicht-verfassungskonforme Dinge von sich zu geben. Für sowas kann man seinen Job verlieren. Aber selbst das akzeptieren der Grundwerte ist nicht unproblematisch, betrachtet man den Begriff "Demokratie". Laut Verfassung ist Deutschland ein demokratisches Land, aber ist der Begriff Demokratie an sich facettenreich. Was ist alles Demokratie? Wir haben eine palamentarische Demokratie, es gibt aber auch Rätedemokratien, wenn also jemand der Meinung ist, eine Rätedemokratie sei eine bessere Staatform kann er dann als Beamter deshalb schon Ärger bekommen? Und was heißt Demokratie in der Praxis? Aus unserer gesellscahftlichen Schicht ist die BRD eine Demokratie, die UdSSR dagegen keine, aus der Sicht der UdSSR war diese aber eine Demokratie. Wer hat also recht? Hat einer von beiden den universellen Ansprucht auf den Begriff "Demokratie"? Wenn das jeweilige System den Bürgern befiehlt ihre Demokratievorstellung, als die einzig richtige zu sehen, hat das dann noch was mit Meinungsfreiheit zu tun?
Das Thema verbindet thematisch ja mehrere Sektions (Politik, Beruf und Bildung, Philosophie), weshalb es mir auch schwer fiel zu entscheiden in welche Sektion ich den Thread posten sollte. Da es ja allgemein um die Frage von Meinungsfreiheit über und in politischen Systemen, auch in Bezug auf den Beamtenberuf, mit Deutschland als Aufhängepunkt, geht habe ichs doch noch etwas mehr als eine allgemein staatsphilosophische Frage bewertet. Wie gesagt ich war und bin mir sehr unsicher wo der Thread am besten reinpasst, wenn ihr ihn also anderswo besser plaziert haltet, verschiebt ihn ruig.

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 19:31
von Noriko
Ich würde sagen die Meinungsfreiheit ist hier schon sehr allumfassend, von ein paar dingen abgesehen die Verfassungstechnisch verboten sind, vor allem deutsche Vergangenheit betreffend.
Die Meinungsfreiheit in einem Staat sollte nicht weiter gehen als "nötig".
Das klingt natürlich sehr hart, weswegen ich es erläutern will:
Ein Staat sollte jede Meinung tolerieren und es erlauben äußern zu lassen, jedoch nicht solche Meinungen die die Stabilität des Systems, oder schlimmer, die Grundrechte der Menschen auf äußerste gefährden.
Demnach darf man bei uns sagen, das eine Rätedemokratie besser währe, WEIL es ja immer noch eine Demokratie ist, aber auch, das man meint das ein Monarch besser währe um die Stabilität zu waren.
Auch finde ich es Korrekt das Jemand der eigentlich die Verfassung schützen und "praktizieren" soll, sich nicht gegen diese aussprechen darf, ich finde gar, er sollte keine nicht-verfassungsmäßigen Ideen haben, denn er ist dann im falschen Beruf.
Meinungs- und Handlungsfreiheit

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 20:01
von Maurice
Du meinst also, dass z.B. ein Lehrer allein weil er eine andere Ideologie hat, obwohl er sie für sich behält gefeuert werden sollte, wenn bekannt wird, dass er das System nicht für das beste hält? Hallo was du da forderst ist nicht nur eine Einschränkung der Meinungs- sondern der Denkensfreiheit! Und sojemand spricht sich in einem anderen Thread gegen 1984 aus

....
Ich bin der Meinung, dass ein System natürlich seine Vorstellungen verteidigen und sichern muss, aber nicht auf Kosten der Meinungsfreiheit, dass andere Meinungen verboten sind. Mein staatsphilosophisches Ideal lautet hier: Jeder darf denken, was er will, aber nicht machen, was er will.
Damit ist das Problem hier natürlich auch nicht gelöst, denn Sprechen ist ja auch eine Handlung, aber eine andere als ein Putsch.
Die freie Nation, die sich gerade im Einfluß auf den öffentlichen Diskurs selber beschränkt, rutscht ab in die Despotie. Der freie Diskurs ist das Zeichen für eine Demokratie. Demnach ist mit Freiheit der Gedanken bei mir auch die Freiheit der Meinungsäußerung gemeint. Nur weil jemand eine Meinung hat, die nicht dem Staatsideal entspricht bedeutet das, dass er ein Gefahr für das System darstellt. Die realexistierende BRD ist auch nicht mein Staatsideal, was nicht heißt, dass ich anti-demokratisch eingestimmt bin. Imo sollte jeder das Recht haben frei zu sagen, was er für eine Meinung hat, selbst wenn diese nicht mit der staatlichen Ordnung übereinstimmt, solange er nicht agressiv gegen den Staat vorgeht.

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 21:10
von janw
Ich sehe es ähnlich wie Maurice: Ein Beamter darf sehr wohl kritische Gedanken gegenüber unserem System hegen, nur muß er in seinem Amtshandeln sysemkonform sein. Ein mit dem Nazitum sympathisierender Polizist muß also eine die Reichskriegsflagge schwingende und das Horst-Wessel-Lied von sich gebende Neonazigruppe ebenso auf ihr unrechtmäßiges Tun aufmerksam machen und es unterbinden wie eine unrechtmäßig handelnde Gruppe eines anderen Lagers, ein Lehrer, der in einer Partei ist, darf seine Schüler nicht in Richtung auf diese Partei beeinflussen, sondern muß, z.B. in Gemeinschaftskunde, neutral über das politische Spektrum aufklären.

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 21:28
von Noriko
Nein, ein lehrer ist kein mensch der die verfassung schüzt, er erzieht Menschen was das ganze aber auch nciht einfacher macht, weswegen ich der Meinung bin das er nur dann seine politische Meinung äussern darf wenn sichergestellt ist das er seine schüler nicht damit "konvertiert".
In dem was du sagt kann ich dir durchaus zustimmen, jeder soltle agen können was er denkt, doch fidne ich es durchaus gerechtfertigt stark Menschenverachtende Meinungen zu verbieten(darunter fallen auch Politische ansichten, z.b. Menschenverachtende systeme, und damit meine ich nciht nur das NS-regime)
@Verfassung
Ich unterscheide systemkritisch und verachtend, wer systemverachtende meinungen hat sollte keine systemrelevanten arbeiten übernehmen dürfen, wer jedoch systemkritisch denkt, denkt nciht sofort an umsturz und ist meines erachtens in der Lage das system zu achten und durchzuführen.
Grenzen der Legalität

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 21:35
von Maurice
Mich als hoffentlich zukünftiger Lehrer betrifft der Sachverhalt natürlich auch. Was ist, wenn ich mit meinen Schülern im Philosophieuntericht das Thema Utopien durchnehmen z.B. BNW und mich fragt jemand was ich persöhnlich von der Utopie halte? Darf ich dann keine Antwort geben oder muss ich den Schülern etwas vorlügen? Wenn ich ehrlich sagen würde, dass ich, wenn ich wählen könnte, lieber in BNW statt in dieser Welt leben würde, könnte mir daraus eienr schon einen Strick drehen, weil ich damit gezeigt habe, dass unsere gesellschaftliche Ordnung für mich kein goldenes Kalb ist?
Natürlich ist es wichtig, dass ein Leher weitgehend neutral bleibt, aber soll man ihn jegliche Meinungsäußerung verbieten, wenn ihn jemand fragt?
Und wann verstößt jemand schon gegen die Verfassung? Reicht es schon, dass jemand rausbekommt, dass der Beamte etwas verfassungsfeindliches in sein Tagebuch schreibt, auch wenn er sich absolut nichts zu schulden hat kommen lassen?
Was wäre das Problem, wenn ein Polizist eine Monarchie für das beste Staatssystem halten würde, aber stets pflichtgemäß seine Aufgaben ausführen würde? Soll ein Staat seinen Mitarbeitern verbieten dürfen, was sie zu denken haben?

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 21:40
von janw
Nun, Noriko, also keine Systemverächter zur Polizei...
Ich weiß nur nicht so ganz, wie man einen Systemverächter erkennt, der mutwillig unbedingt zur Polizei will und sich deshalb relativ bieder gibt.
Wahrscheinlich kann man nur kritisch das Handeln aller Beamter verfolgen und dann im Falle unrechtmäßigen Handelns einschreiten.

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 21:41
von Padreic
Gesellschaften tendieren ganz allgemein dazu, Meinungsäußerungen außerhalb eines gewissen Grundkonsenses zu unterdrücken. Selbst solche, die nicht strafrechtlich geahndet werden, können Gesellschaft bzw. Medien geächtet werden und das kann durchaus schlimmer sein als ein Gerichtsurteil...Wenn allerdings jegliche Meinungsäußerung frei wäre, würde das Stabilität der Gesellschaft gefährden, manche mehr, manche weniger. Sprechen ist auch eine Handlung, wie Maurice sehr richtig bemerkt hat, und jede Handlung zieht weitere nach sich.
Die erste Tat des Aufrührers ist stets Meinungsäußerung. Er hält Reden, verteilt Flugblätter, veranstaltet Demonstrationen etc. Der Bruchteil dieser Demagogen ist wirklich gefährlich, aber wenn manche es schaffen, mehr als ein paar Idioten zu überzeugen und der Staat nichts dagegen macht und nur die Symptome, d.h. die konkret begangenen Straftaten, ahndet, dann kann sich so ein Problem immer weiter ausweiten. Der Staat hat das Recht oder vielmehr die Pflicht, sich selbst zu schützen. Stabilität muss frei nach Hobbes eines seiner Grundprinzipien sein.
Streitsache ist IMHO auch vor allem das konkrete Ausmaß der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die in unserem Strafgesetzbuch festgelegte liegt da, wie ich finde, durchaus noch in einem vernünftigen Rahmen, auch wenn dieser durch den konkreten Strafrichter etwas gedehnt sein mag. Was aber Medien und Gesellschaft ächten, geht aber m. E. teilweise deutlich zu weit, insbesondere bei der rechten Richtung. Man bedenke die Geschichte mit Hohmann. Teilweise geht auch der Verfassungsschutz zu weit, beispiels der von NRW im Falle der Zeitung 'Junge Freiheit', die ich früher ab und zu las und die durchaus rechts zu nennen ist, die aber rechtsextremistischer Tendenzen zu verdächten, wie es der Verfassungschutz tut, ans Absurde grenzt.
Für den einzelnen würde ich aber nie fordern, sich dem gesellschaftlichen Grundkonsens einfach zu fügen. Man muss ihn immer auf's Schärfste hinterfragen! Gesetze sind keine ethischen Normen, sondern bloß faktische Sanktionsverordnung. Sie bestimmen kein Sollen, sondern bloß, welche Strafe man wann zu erwarten hat. Wenn man es für richtig hält, soll man sich also als Einzelperson ruhig über die Repressionen gegenüber bestimmten Meinungsäußerungen hinwegsetzen, wenn man es für richtig hält. Wenn es sich trotz dieser durchsetzt, dann wird es schon richtig gewesen sein. Ein bisschen Fortschritt gibt es trotz der gesellschaftlichen Bemühungen, diesen zurückzuhalten, immer wieder.
Padreic
Differenzierungen zwischen Meinungs- und Handlungsfreiheiten

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 23:05
von Maurice
Du hast mal rechte zeitungen gelesen? Wie jetzt, das musst du mir ein bisschen näher erklären, sonst bekomm ic ham Ende noch ein falsches Bild von dir.
Die erste Tat des Aufrührers ist stets Meinungsäußerung. Er hält Reden, verteilt Flugblätter, veranstaltet Demonstrationen etc.
Hier stimme ich dir mit meinem Verständis von Meinungs- und Handlungsfreiheit nicht mehr überein. Ja Meinungen äußern sit auch eine Handlung, aber diese soll imo als Spezialfall von Handlung gesehen werden. Reden, Flugbältter verteilen und Demonstrationen unterscheiden sich in meinem Verständnis deutlich in ihrer Handlungsart. Ja alles davon sind Formen der Meinungsäußerungen, aber geht die beiden letzteren Punkt für mich deutlich über die einfache Meinungsfreiheit hinaus und stellen Handlungen im klassischen Sinne dar. Seine Meinungen in Wort, Schrift und Bild zu äußern geht für mich alles klar, wenn in einem bestimmten Rahmen abläuft und keine Rebellion anzetteln will. Wenn z.B. ein gewisser Kalif von Köln nur reden würde wie schlecht angeblich die westliche Welt ist und nicht Menschen zu Gewalttaten anstiften würde hätte ich damit keine Probleme.
Ich will auch keine Marktschreier, die einen Systemwechsel predigen, aber wenn diese Personen am Straßenrand stehen und ein Schild in den Händen halten wo z.B. stehen würde "zurück zum Nationalstaat" dann können die das von mir aus gerne machen, äußern sie ihre Meinung ja auf friedliche Weise und drängen sich niemanden auf.
Wenn ein System eine solche Angst vor andersdenkenden hat, dann kann es wohl auch nicht viel Vertrauen in sich haben, denn sonst würde sie darin keine Gefahr sehen.
Ich bin natürlich der Ansicht, dass verfassungsfeindliche Extremisten nicht freie Hand gelassen werden darf, aber solange sie niemanden aufhetzen und ihre Meinung friedlich kundtun, können sie von mir aus denken und sagen was sie wollen.
Um es also nochmal zusammen zu fassen:
Meinungsäußerungen in Wort, Schrift und Bild sind imo kein Problem, solange sie ihre Inhalte auf friedliche Weise äußern, sie niemanden damit bedrängen oder zu Gewalttaten aufrufen.
Also keine Hassprediger, Marktschreier oder Randalierer.
Unter Äußerung in Bild meine ich Bilder malen und keine Plakate an wände kleben oder Grafitti sprühen. Mit Schrift meine ich das Verfassen von Texten, z.B. Bücher schreiben oder Internetseiten erstellen. Was ich mit Wort meine sollte ja klar sein, also jeder darf seine Meinung sagen, egal welche er ist, wenn er die von mir oben genannten Bedingungen erfüllt.
Das ist mein Ideal und ich würde es bedauerliche finden, wenn hier jemand strikt anderer Meinung sein sollte, weil ich davon ausgehe, dass jeder, der hier in der Sektion aktiv ist für freie Meinungsäußerung ist.
Philosphie ist, wenn man trotzdem denkt.

Verfasst:
Sa 3. Jul 2004, 23:08
von Noriko
@Maurice
Bei dir würde ich sagen ja
Allgemein, tendenziell nein, wenn er gefargt wird, soll er antworten, doch würde ich es vorsichtig vormulieren, vorallem in utnerstufen klassen, sonst wie ich sagte: ein lehrer ist ein Bilder, kein systemschützer.
Ein Polizist der die monarchie für besser hält...
hm, ich denke das ist ein Grenzfall, ich erkenne worauf du hinaus wilslt, und komme zu dem schluss, das er es denken darf, denn auch eine Moanrchie bracht ja Polizei für die Ordnung der Gesellschaft.
ABER: Jemand der denkt wir wären in eiern Moanrche ebsserdran ist nciht zwangsläufig systemverachtend.
@JanW
Man erkennt ihn nicht, wenn er es nur denkt, doch sobald er handelt, erkennt man es.
edit an maurice:
danke für den denkanstoss jetz kann ich systemkritisch und verachtend endlich definieren:
Systemkritisch: Sich mit dem System auseinandersetzen und zu einen schluss kommen wie es ebsser seien könnte.
Systemverachtend: Dieses system Konkret und aktiv durch gewalt stürzen wollen (eine friedliche Revulotion ist imho nciht verachtend, da sie nur verbessern will, ohne anarchie)

Verfasst:
So 4. Jul 2004, 00:05
von Padreic
@Maurice
Seine Meinungen in Wort, Schrift und Bild zu äußern geht für mich alles klar, wenn in einem bestimmten Rahmen abläuft und keine Rebellion anzetteln will.
Meinungen a la "Das deutsche Staatssystem ist so defizitiär, dass dessen Beseitigung für das Wohl des Volkes unabdingbar ist." (am besten noch mit konkreten Möglichkeiten, wie das zu schaffen ist) sind schon Aufrufe zur Rebellion, denke ich, genauso wie "Morde an Juden sind legitim." eine indirekte Aufforderung zu einer Straftat sind. Und trotzdem sind es Meinungsäußerungen ohne direkt apellativen Charakter. Willst du bei solchen Sachen dann unterscheiden, ob man sie bloß auf eine Internetseite (oder in Zeitungen) schreibt oder Flugblätter damit verteilt oder sie generell ächten? Wenn letzteres, dann machst du auch Einschränkungen in der Meinungsäußerungen, nicht nur in der Form, sondern auch im Inhalt; somit käme es nur auf das notwendige bzw. empfehlenswerte Ausmaß der Einschränkungen an.
Der Staatsdiener ist IMHO außerhalb seines Amtes zu jeder Meinungsäußerung legitimiert, wozu andere auch legitimiert sind. Nur innerhalb seines Staatsdienstes sollte er den Grundlagen des Staates in seinen Äußerungen nicht widersprechen, insbesondere im Schulbetrieb; denn gerade Kinder und Jugendliche sind doch oft leichter zu beeinflussen als andere.
Padreic

Verfasst:
So 4. Jul 2004, 00:35
von Maurice
Der Staatsdiener ist IMHO außerhalb seines Amtes zu jeder Meinungsäußerung legitimiert
Ich plädiere hier ja auch keinen Falls dafür, dass ein Lehrer Überwältigungscharakter an den tag legen sollen dürfen um die Kinder aktiv von seiner Meinung überzeugen. Aber wenn ein Beamter in seiner Freizeit rechtsextreme Texte verfasst, und das publik wird, dann wird er dafür garantiert Ärger bekommen.
Ich hätte damit kein Problem, solange er seine Ideologie vor dem Schultor ablegt.
Meinungen a la "Das deutsche Staatssystem ist so defizitiär, dass dessen Beseitigung für das Wohl des Volkes unabdingbar ist." (am besten noch mit konkreten Möglichkeiten, wie das zu schaffen ist) sind schon Aufrufe zur Rebellion, denke ich, genauso wie "Morde an Juden sind legitim." eine indirekte Aufforderung zu einer Straftat sind.
Die Beispiele die du da nennst sind für mich nicht mehr indirekt, weil sie, wie du ja selbst sagst, offensichtlich zu Gewalttaten ermuntert.
Zwischen Zeitungen rausbringen und Flugblätter verteilen sehe ich auch einen Unterschied. Wenn eine Person eine Zeitung rausbringt, muss sie weder jemand kaufen noch lesen. Ja sogar ein Kiosk-Betreiber braucht die Zeitung nicht anzubieten. Ein Flugblatt ist für mich nur solange in Ordnung, wie diese nicht aufgedrängt werden. In der Fußgängerzone stehen, alla Zeugen Jehovas die ihren Wachturm in den Händen halten und betröppelt in die Gegend schauen halte ich für vollkommen in Ordnung. Sobald die Flugblätter einem aber aufgedrängt werden (z.B. hinter die Scheibenwischer geklemmt) hört für mich die Freiheit auf.
Wer völlig gegensätzliche Ansichten verbietet verhindert damit den freien Diskurs.
In einer mindestens halbwegs aufgeklärten Gesellschaft werden solche indirekten Gewaltaufforderungen e keine Gefahr darstellen. Es liegt also am Staat die Bürger so kritikfähig zu machen, dass sie nicht auf irgendwelche Hassprediger hereinfallen. Aber wenn der Staat den öffentlichen Diskurs unterdrückt, wie soll man da die Bürger zur Mündigkeit erziehen?
Alles muss diskutierbar bleiben, aber sobald das Diskussionsthema die bestehenden Gesetze in Frage stellt, darf es eben nur bei der Diskussion bleiben und keine expliziten gesetzwidrigen Handlungen ausgeführt werden. Darüber hinaus kann der Staat natürlich, wenn er es für richtig hält, weitere Handlungsfreiheiten bezüglich der Meinngsäußerungen erlauben.

Verfasst:
So 4. Jul 2004, 09:43
von janw
Maurice schrieb:
Aber wenn ein Beamter in seiner Freizeit rechtsextreme Texte verfasst, und das publik wird, dann wird er dafür garantiert Ärger bekommen.
Maurice, stimmt! weißt Du auch warum? Weil das deutsche Beamtenrecht den Beamten quasi ständig im Dienst wähnt. Noch so eine preußische Marotte...

Verfasst:
So 4. Jul 2004, 18:23
von Chennyboy
Jeder hat seine freie Meinung, doch nicht viele sprechen sie aus. Viele neue Meinungen werden von der Mehrheit unterdrückt und verschlungen.
Beispiel: Jugendmode. Vor ein paar Jahren waren breite Hosen, wo man nur ziehen braucht, damit sie runterfällt "in". Wer sie nicht trägt ist "out". Also musste ich zwangsläufig auch welche kaufen. Jetzt liegen sie bei mir im Kleiderschrank und beginnen, zu verfaulen.
Beispiel: Sex/Liebe/Partnerschaft der Jugentlichen unter 18. Dieses wurde in L&R mal diskutiert. Ich hatte eine eher konservative Meinung, nämlich, dass Jugentliche unter 18 mehr an das Lernen, Sport und Freundschaft denken muss als an S./L./P. . Natürlich waren alle dagegen und ich wurde über viele Postings hinweg mit Beleidigungen, Aggressionen usw. zugestopft, sodass ich meine Alterslinie immer weiter nach unten setzen musste.
Deshalb: Was nützt uns die freie Meinung, wenn sie nicht frei sein kann?
OT

Verfasst:
So 4. Jul 2004, 18:32
von Maurice
Chenny NIEMAND hat dich dazu gezwungen die besagten Hosen zu kaufen. Du hast dich den Druck der Masse gebeugt, aber du hättest genauso gut standhaft bleiben können und dein eigenes Ding durchziehen. Sag mir jetzt nicht, dass das nicht geht, ich habe das auch geschafft. Ich habe in der Oberstufe meine Haare wuchern lassen und auch wenn die meisten gesagt haben ich solle sie mir wieder kurz schneiden habe ich sie dennoch weiterwachsen lassen. Ich mache das was ich für richtig halte und nicht was jemand anderes denkt!
Aber darum geht es hier gar nicht. Es geht hier nicht darum, ob man als Jugendlicher den Druck von gleichaltrigen ausgesetzt ist, sondern was man alles in Deutschland sagen darf, speziell als Beamter und was nicht und ob es gut ist, so wie es in diesem Staat der Fall ist. Ist man mit der Praxis der Meinungsäußerung nicht völlig einverstanden bedarf es Vorschläge für Alternative.
Halte dich bitte an das Thema des Threads und poste nicht einfach was, was nur entfernt was damit zu tun hat. Vor allem hier in der Philosophie-Sektion ist das sehr wichtig. Wenn ich deinen Post lese kommt es mir nämlich leider so vor, als hättest du die Posts nicht gelesen oder die Thematik nicht verstanden.
Ob nun Missverständnis oder nicht, das gilt es hier jetzt auch nicht weiter zu diskutieren, sondernd das Thema um was es hier geht. Versuche also bitte in Zukunft darauf mehr zu achten. Danke.

Verfasst:
Mo 5. Jul 2004, 13:23
von Traitor
Interessant: Ich hatte die Tage auch schonmal vor, einen Thread über Totalitarismus in Deutschland aufzumachen, wenn auch mit leicht anderer Schwerpunktsetzung...
Ich schließe mich weitgehend Padreic an. Meinungsäußerung, auch die, die du als "friedlich" bezeichnest, kann eine sehr aktive Handlung gegen die gesellschaftlichen Grundlagen sein. Wer ein Buch schreibt, erreicht vermutlich nicht soviele Menschen wie mit Flugblättern oder einer Werbekampagne, aber durch Mundpropaganda kann das Buch durchaus mit der Zeit große Wellen schlagen und ernstzunehmende Gesellschaftsanteile "vergiften".
Deshalb sollte man die Methodengrenze da setzen, wo es zur Veröffentlichung einer Meinung kommt. Jeder darf also jede Meinung zuhause, am Stammtisch oder sonstwo im privaten Rahmen sagen, aber wenn sie allzu sehr staats- , menschen- oder geselschaftsfeindlich wird, darf sie in keiner Weise einer breiteren Öffentlichkeit mitgeteilt werden.
Aber wann ist eine Meinung "verbietbar"? Um das Problem drückst du dich ja auch noch herum, da du ja sicher keinem Vertreter einer "ganz normalen" Meinung Flugblätter verbieten willst und somit auch nicht rein nach den Methoden entscheidest.
Als Kriterium würde ich ansehen, dass jemand aktiv zum Überschreiten der gesellschaftlichen und staatlichen Grundnormen, also der Menschenrechte und einiger elementare Verfassungspunkte, auffordert oder, der schwierigere Fall, diese in einem praktischen Zusammenhang in Frage stellt.
Es muss erlaubt sein, die Menschenrechte im Zusammenhang einer philosophischen oder staatstheoretischen Überlegung in Frage zu stellen oder zu kritisieren. Es sollte auch möglich sein, zu überlegen, ob und inwiefern man dies konkret im Staat ändern sollte. In diesen Fällen ist eine unterschwellige Meinungsmache und Beeinflussung wohl auch auszuschließen. Aber es sollte nicht erlaubt sein, für Dinge zu argumentieren, die sich über diese Grundlagen hinwegsetzen, ohne diese in abstraktem Rahmen zu diskutieren.
Demokratie ist mehr als nur Parteien wählen

Verfasst:
Mo 5. Jul 2004, 17:51
von Maurice
Ihr scheint ja keine Probleme damit zu haben, dass eurer Recht auf Meinungsäußerung deutlich (imo übermäßig) eingeschränkt wird. Warum auch klagen, ihr seid ja mit dem System zufrieden? Hier geht es aber nicht nur um Deutschland, sondern um die Idee eines demokratischen Systems mit Meinungsfreiheit im allgemeinen. Was ihr schreibt klingt für mich ganz nach "jeder darf eine Meinung haben, solange sie keine andere ist". Stell dir mal eienn Augenblick vor, du würdest in einem LAnd wie Nordkorea leben, würdest du dann deinen jetzigen Standpunkt immer noch vertreten, dass du das System nicht in seinem Fundament in frage stellen darfst? Nein das würdest du bestimmt nicht, wenn dir dein Leben lieb ist, denn in Nordkorea würdest du für sowas garantiert ein paar Probleme bekommen.
Wie soll aber ein System jemal friedlich geändert werden, wenn man nicht sein Fundament kritisieren darf? Wenn alle immer brav nachgebetet hätten, was die Führungsebene gesagt hätte, dann hätten wir immer noch eine Monarchie! Und eben weil es da nicht möglich war, durch die Beschneidung der Meinungsfreiheit, eine friedliche Revolution zu bewirken mussten für das Ideal viele Menschen unnötig sterben. Man erinnere sich nur mal an die Gewaltorgien der französischen Revolution.

Verfasst:
Mo 5. Jul 2004, 18:13
von Padreic
Im Kaiserreich war weniger die Beschneidung der Meinungsfreiheit der Grund, warum es zu einer gewaltsamen Revolution kam, (auch wenn diese sicherlich weit übermäßig war und auch dazu beigetragen hat), denke ich. Wie stellst du dir denn eine friedliche Revolution vor? Man macht einem Diskurs der gesamten Bevölkerung ohne jegliche Tabus, arbeitet eine Kompromiss aus, unter den alle ihre Unterschrift setzen und der Kaiser dankt dann freiwillig ab? Ähnlich in der französischen Revolution. Der König wollte nicht abgesetzt werden und er hatte Militär. Das musste zwangsläufig blutig enden, wenn man denn überhaupt den König absetzen wollte. Um die Gewalttaten zu verhindern wäre der Weg eher gewesen, dem König immer zu allem 'ja' zu sagen. Nicht, dass ich das fordern würde, aber das hätte die Gräuel der franz. Revolution verhindert oder zumindest hinausgezögert. Übrigens wär es den Deutschen mit einer Monrachie in den nachfolgen 27 Jahren nach 1918 wohl auch nicht schlechter gegangen....
Ich habe Probleme damit, wenn meine Meinungsfreiheit deutlich eingeschränkt wird. Letztendlich bestimme ich ohnehin selbst, was ich sage und was nicht. Aber ich bin dafür, dass der Staat gegen systemumstürzlerische Tendenzen vorgeht, damit es eben nicht zu Bürgerkriegen und dergleichen kommt. Und der Staat ist auch IMHO dazu verpflichtet, gegen verfassungsfeindliche Tendenzen im Allgemeinen anzugehen, sofern in Aussicht steht, dass diese den Bestand der Verfassung in ihren Grundpunkten gefährden könnten, ist doch die Verfassung die Hauptleitlinie des Staates (dass sie in einzelnen Punkten verändert werden darf, wenn die Motivationen, die die Verfassungsgebenen hatten, keine ausreichende Begründung mehr haben, muss allerdings zugestanden werden). Der Staat muss sich selbst erhalten, sofern er kann. Bürgerkrieg ist stets großes Übel, was nur in Ausnahmefällen notwendig in Kauf zu nehmen ist, aber diese kann nicht der Staat, sondern nur das Volk erkennen (und selbst das oft nicht). Nur einer Mehrheit des Volkes darf der Staat sich beugen (das hätte wohl auch die franz. Revolution verhindert bzw. deren Abgang verändert).
Das Volk bzw. der Einzelne hat durchaus das ethische Recht gegen den Staat zu rebellieren, wenn er es für richtig hält. Er muss dann eben nur notfalls die Konsequenzen tragen.
Wenn du gegen Meinungsfreiheitseinschränkungen wärst, hieße das eben, dass du damit einverstanden wärest, dass Leute Bücher oder sonstwas veröffentlichen, in denen sie klar zum Sturz des Regimes aufrufen.
Padreic
Wertediktaturen

Verfasst:
Mo 5. Jul 2004, 18:53
von Maurice
Zum Sturz des Systems aufrufen? Das System auf friedliche Weise zu ändern wird kaum einen Bürgerkrieg mit sich ziehen. Ich habe schon mehrmals betont, dass systemkritische Gedanken nie Gewalt propagieren dürfen, denn hier ist es notwendig für den Staat einzugreifen.
Friedliche Revolutionen? Die Wiedervereinigung z.B. Der Zusammenschluss von West- und Ostdeutschland sit friedlich von statten gegangen und kann man imo eindeutig als eine Systemrevolution, und mit Blick auf das sozialistische Regime in der DDR, auch als einen friedlichen Systemsturz bezeichnen. Diese Revolution wurde von den Bürgern und den Poltikern, die sich für eine Wiedervereinigung eingesetzt haben, hauptsächlich nicht auf gewaltätigen Wege gelöst, sondern auf Basis von Diskurs und Diplomatie.
Oder schauen wir mal auf die Länder, die die Menschenrechte eingeführt haben, auch ein eindeutiger Fall einer friedlichen Systemrevolution.
Wenn aber nach eurer Logik Reformen, die die Art und Weise des Systems grundlegend verändern, stets zu unterdrücken seien, dann wären oben beschriebene Beispiel unmöglich. Jeder Staat würde auf seinem System beharren und würde jeglichen ideologisch andersartigen Einflus von außen und innen abblocken. Allein wenn jemand von den Menschenrechten, so überzeugt ist, dass er meint, dass jeder Staat diese annehmen sollte, so kann er nicht für das Prinzip sein, dass ihr vertretet.
Staaten wie Deutschland sind so selbstverliebt in ihre eigenen Dogmen, dass sie sich nicht mehr kritisch mit diesen auseinandersetzen. So wie man es selbst macht ist es allein richtig, und wer nicht so denkt mus bekehrt werden. Da man aber selbst absolut sicher ist, alles richtig zu machen braucht man ja nicht mehr über sich selbst nachzudenken. Gott schütze Amerika!

Verfasst:
Di 6. Jul 2004, 11:32
von Noriko
Wir leben in eiern Zeit da sind Friedliche Revolutionen möglich, früher war das anders, es ging irgendwie nicht.
@Nordkorea
Nun ich finde ich brauche mich nicht über das hier zu herrschende System großartig beschweren, ich kann gut leben, habe genug zu essen und ein dach überm Kopf.
In Nordkorea geht es den Menschen schlecht, das system funktioniert so wenig, das die Menschen leiden.
Ich finde das ist ein Grundlegender Unterschied wenn es um Systemkritik geht.
@Topic
Du kennst doch sicher Machiavellis "Il Principe" oder?
Der Staat hat zunächst sich selbst zu schützen, und Stabilität zu gewährleisten, erst dann kommen rechte und Freiheiten der Bürger.
Der Vorteil der heutigen Zeit ist, das es den Menschen nicht mehr so schlecht geht weswegen es einfach ist Staatsstabilität auch mit großen Bürgerfreiheiten zu gewährleisten.
Du hast natürlich recht, das es keine friedliche Revolution geben kann, wenn man das system nicht kritisieren darf, aber reflektierte System Kritik sehe ich nicht als unterdrückenswert an.
Im Gegensatz zu Machiavelli, kommt für mich nicht die eigene Machterhaltung zuerst, sonder Stabilität, wenn der Staat sieht, dass das Volk das system Ändern will, und die Stabilität nun gefährdet ist, und ich nun einen Bürgerkrieg oder offene Revolution riskiere wenn ich auf meiner Macht beharre dann gebe ich lieber nach und lass das System friedlich ändern, aber vorher sollte er versuchen, ebenso möglichst Friedlich, die Macht stabil zu halten, denn somit ist auch größtmögliche Stabilität des Status quo und damit Sicherheit für die Bürger garantiert.
Doch Meinungen welche die Absoluten Grundfesten Menschlichen zusammenleben niederreißen wollen. Menschenverachtende, Faschistische Meinungen sollten unterdrückt werden, denn wenn sich ein System Etabliert in dem die Unterdrückung einer Gruppe herrscht ist eine Stabilität, sowie die Sicherheit aller Bürger, nicht gewährleistet, da eine Minorität leidet.
Gewalttaten sind an er Tages Ordnung, zunächst gegen die Minorität später von der Minorität gegen die Majorität.