Gewissensfreiheit bei der Bundeswehr

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Ipsissimus
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Mi 22. Jun 2005, 13:08 - Beitrag #1

Gewissensfreiheit bei der Bundeswehr

Gewissensfreiheit gilt auch bei Bundeswehr

[size=-1]Die Gewissenfreiheit ist bei Berufssoldaten grundsätzlich höher zu bewerten als die Befolgung eines Befehls. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab heute einem Major Recht, der gegen seine Degradierung wegen angeblicher Befehlsverweigerung im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg in Berufung gegangen war. [/size]
[size=-1]Leipzig - In dem vorliegenden Fall könne das Grundrecht auf Gewissenfreiheit nicht durch einen Befehl verdrängt werden, begründete der 2. Wehrdienstsenat seine Entscheidung. Der Major hatte sich im April 2004 geweigert, an der Entwicklung eines Computerprogramms mitzuarbeiten. Seiner Ansicht nach konnte nicht ausgeschlossen werden, dass mit der Software Kriegshandlungen im Irak unterstützt werden sollen. Außerdem betrachte er den Krieg im Irak als völkerrechtswidrig.
[/size]
Das Truppendienstgericht degradierte den Major daraufhin zum Hauptmann, dagegen war der Soldat wie auch die Bundeswehr in Berufung gegangen. Die Streitkräfte wollten eine Entfernung des Soldaten aus der Truppe erreichen.

Die Leipziger Richter urteilten jetzt, dass die Gewissensfreiheit auch für Personen gelten müsse, die keinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt hätten. Daher stehe auch Berufssoldaten grundsätzlich dieses Grundrecht zu. Die Streitkräfte seien als Teil der vollziehenden Gewalt zu betrachten und daher ausnahmslos an Recht und Gesetz gebunden. Davon könnten sie sich nicht unter der Berufung auf Gesichtspunkte der militärischen Zweckmäßigkeit freistellen.

Der Major habe seine Gewissensentscheidung glaubwürdig dargelegt. "In der konkreten Lage" habe daher der Befehl das Grundrecht der Gewissensfreiheit nicht verdrängen können. Vielmehr habe die Bundeswehr den Soldaten anderweitig einsetzen können und müssen. (AZ: BVerwG 2 WD 12.04)


Artikel in spiegel.de


ich bin doch ein einfach gestrickter Mensch und muß zugeben, daß ich das nicht für möglich gehalten hätte :-) andererseits: das Urteil ist in Ossiland ergangen :-)

Traitor
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Mi 22. Jun 2005, 13:19 - Beitrag #2

An sich ist es natürlich löblich, so zu entscheiden. Im konkreten Fall halte ich es allerdings für absolut lächerlich, da sich für absolut jeden Befehl ein beliebig indirekter Zusammenhang zum Irak-Krieg konstruieren ließe. Dem berühmten "Putzen Sie die Stube" könnte man entgegnen "Dadurch, dass ich sie putze, muss die Bundeswehr keine Putzfrau einstellen, dadurch hat sie mehr Geld zur Verfügung, durch das sie die Bewachung der US-Kasernen in Deutschland stärker übernehmen kann, wodurch die Amerikaner mehr Soldaten frei haben, wodurch der Irak-Krieg unterstützt wird." :crazy:

Auch, wenn man einmal Soldat geworden ist, sollte man noch die Möglichkeit haben, sich der aktiven Kriegsbeteiligung zu verweigern, sicherlich. Allerdings sollte dies a) nur für wirkliche Kriegsbeteiligung gelten und b) derjenige sich dann nicht wundern, wenn er rausfliegt, denn schließlich erfüllt er seinen Dienstvertrag (oder wai der bürokratisch korrekte Ausdruck dafür bei denen lautet) nicht.

LadysSlave
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Mi 22. Jun 2005, 13:21 - Beitrag #3

Das Bundesverwaltungsgericht ist zwar nach Leipzig gezogen. Ist aber ein Gericht, das so alt ist, wie die Bundesrepublik.
Die Bezeichnung Ossiland ist wohl eher humoristisch zu sehen.

Aber über dieses Urteil bin ich denn doch überrascht.
Wenn auch nicht darüber, dass die ach so demokratieschützende Tagespresse darüber den Vorgang totgeschwiegen hat.
Dem Spiegel sei es zu danken, dass wenigstens eine kleine Randnotiz davon zeugt, dass die demokratischen Werte in unsrer Republik noch nicht vollends verschwunden sind.

Was sagt denn der Verteidigungsminister dazu? Ein Sozialdemokrat!
Warum wollte seine Armee diesen Major mit Gewissen und Treue zum Grundgesetz (Die Bundeswehr dient ausschliesslich der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland!) rausschmeissen?

Dennoch eine Minute habe ich die alte Bundesrepublik wieder gesehen. Ich meine die, in der das Grundgesetz gilt und Grundrechte nicht von einem SPD Minister Schily ausser Kraft gesetzt werden.

Traitor
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Mi 22. Jun 2005, 19:50 - Beitrag #4

Ehrlich gesagt ist mir eine Bundesrepublik, in der gesunder Menschenverstand herrscht, wichtiger als eine Bundesrepublik, in der "das Grundgesetz gilt", nach wessen Kriterien auch immer (warum moderne Richtersprüche die Geltung von Verfassungsinhalten haben, ist mir ein Rätsel). Und mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass die Begründung dieses Majors reichlicher Humbug ist.

Malte279
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Mi 22. Jun 2005, 20:27 - Beitrag #5

Um was für ein Computerprogramm hat es sich dabei denn eigentlich gehandelt? Wurde das irgendwo genauer gesagt? Davon denke ich ist stark abhängig wie Begründet die Entscheidung des Majors ist und wenn seine Argumente dem Gericht plausibel erschienen, dann wird das Programm ja wahrscheinlich auch nicht gerade die neue Online Info Broschüre für Wehrpflichtige gewesen sein.

Traitor
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Mi 22. Jun 2005, 20:39 - Beitrag #6

In den aktuellen Meldungen wird das nicht mehr erwähnt, aber wenn ich mich an den von LadysSlave bereits erwähnten Spiegel-Artikel erinnere, ging es meines Wissens um irgendeine Verwaltungssoftware, die halt mittelbar auch dazu führen sollte/könnte, dass die Bundeswehr Teile der Bewachung von US-Kasernen effizienter übernehmen kann, wodurch angeblich den USA kriegsrelevante Kapazitäten frei werden... ziemlich nahe an meinem darauf aufbauenden Putzfrauenbeispiel eben.

Malte279
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Mi 22. Jun 2005, 21:14 - Beitrag #7

Aber welche Motive würde dieser Major den verfolgen wenn er nicht selber glaubt, dass das Erstellen dieses Programmes einen ernstzunehmenden Beitrag zum Irakkrieg bedeuten würde? Faulheit dürfte es kaum sein, da ich stark davon ausgehe, dass der Mann sich auf diese Weise wesentlich mehr Ärger und Arbeit bereitet hat als wenn er das Programm einfach geschrieben hätte.

Ipsissimus
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Do 23. Jun 2005, 15:50 - Beitrag #8

vielleicht ein alter Kommunist, der den Weg durch die Instanzen soweit gegangen ist, bis er die "Wehrkraftzersetzung von Innen" endlich wirksam betreiben konnte :-) .. nein, nur ein Scherz.

Traitor, immerhin scheint der Mann das Bundesverwaltungsgericht überzeugt zu haben. Ganz deppig sind die dort bestimmt nicht, von daher muss er schon ganz gute Argumente gefunden haben.

LadysSlave
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Do 23. Jun 2005, 17:17 - Beitrag #9

Zitat von Traitor:Ehrlich gesagt ist mir eine Bundesrepublik, in der gesunder Menschenverstand herrscht, wichtiger als eine Bundesrepublik, in der "das Grundgesetz gilt", nach wessen Kriterien auch immer (warum moderne Richtersprüche die Geltung von Verfassungsinhalten haben, ist mir ein Rätsel). Und mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass die Begründung dieses Majors reichlicher Humbug ist.


Jetzt könnt ich natürlich ein wenig ironisch fragen, ob du Verfassungsfeind bist.;)
Für mich ist schon wichtig, dass das Grundgesetz gilt.
Hier sprechen wir nicht von irgendein Gerichtsurteil, sondern vom Bundesverwaltungsgericht.:boah:
Wenn dir dein gesunder Menschenverstand sagt, dass die Begründung reichlicher Humbug ist, dann frage ich dich, wann ein Bürger in Uniform überhaupt nein sagen darf, wenn ein Befehl kommt.:confused: Wir haben unseren Eltern mit Recht vorgeworfen, dass keiner Nein gesagt hat, bei den Nazis. Unsere Armee hat das Recht, Ja die Pflicht!:pro:
Deshalb ist das eine Sternstunde der Demokratie, dass ein Major nein sagen darf, wenn das Grundgesetz gebrochen wird.
Nicht die Richter des Bundesverfassungsgerichtes sind die Täter, wenn sie Urteilen und ein Gesetz kassieren, sondern die Politiker, die unsere Verfassung nicht kennen oder zumindest nicht einhalten.
Wir sollten mal den gesunden Menschenverstand richtig justieren.
Zum Beispiel auf der Grundlage der Bundesrepublik - das Grundgesetz!

Padreic
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Do 23. Jun 2005, 21:34 - Beitrag #10

@LadysSlave
Wenn dir dein gesunder Menschenverstand sagt, dass die Begründung reichlicher Humbug ist, dann frage ich dich, wann ein Bürger in Uniform überhaupt nein sagen darf, wenn ein Befehl kommt. Wir haben unseren Eltern mit Recht vorgeworfen, dass keiner Nein gesagt hat, bei den Nazis. Unsere Armee hat das Recht, Ja die Pflicht!

Steigerst du dich da nicht in etwas rein? Das ist eine völlig andere Qualität, das, wozu der Soldat jetzt nein gesagt hat, und das, was die Nazis gemacht haben. Wenn jemand indirekt an etwas mitarbeitet, was Leuten helfen könnte, die Leuten helfen, die etwas völkerrechtlich bedenkliches machen, ist das etwas anderes, als wenn man Mördern und schlimmsten Kriegsverbrechern zuarbeitet. Mag sein, dass er das Recht hatte, nach seinem Gewissen da nein zu sagen, aber von einer Pflicht zum nein sagen, kann man da beim besten Willen nicht sprechen. Letztlich hätte man dann bei jedem Mist die Pflicht nein zu sagen, wie Traitor schon ausführte. Man dürfte weder Bund noch Zivilidienst machen...da gäb's wirklich nur die Totalverweigerung a la Zeugen Jehovas und Steuern dürfte man sowieso nicht mehr zahlen, da ja mit den Geldern auch die USA unterstützt werden können...überall die Pflicht nein zu sagen...
Ich weiß, ich steigere mich da jetzt auch in etwas rein. Aber es die radikalisierte Konsequenz dessen, was du gesagt hast.

Deshalb ist das eine Sternstunde der Demokratie, dass ein Major nein sagen darf, wenn das Grundgesetz gebrochen wird.
Nicht die Richter des Bundesverfassungsgerichtes sind die Täter, wenn sie Urteilen und ein Gesetz kassieren, sondern die Politiker, die unsere Verfassung nicht kennen oder zumindest nicht einhalten.

Wo wurde da denn das Grundgesetz gebrochen, sodass der Major nein sagen musste? Es wurde allerhöchstens damit gebrochen, dass ihm dieses nein nicht zugestanden wurde.
Und welche Gesetze meinst du, die verfassungswidrig sind? Werd mal konkret.

Ipsissimus
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Fr 24. Jun 2005, 01:18 - Beitrag #11

die Gesetze, die gebrochen wurden, sind im Völkerrecht verankert, dessen wesentliche Fassungen auch die Bundesrepublik unterzeichnet und ratifiziert hat. Aus Bündnis- und wohl auch einfach nur machtpolitischen Gründen wird das alles ganz anders dargestellt. Ein Major ist vielleicht kein hohes Tier, aber mehr Einblick in die Irrungen nd Wirrungen des Militärs als unsereins billige ich ihm schon zu. Die USA sind völkerrechtswiedrig im Irak einmarschiert, also ist ihre auch noch so nebensächliche Unterstützung ein Vergehen gegen das Völkerrecht, und nicht der Major gehörte suspendiert, sondern alle anderen Offiziere, die seinem Beispiel nicht folgten (von den Politikern wollen wir lieber mal gar nicht erst reden).

LadysSlave
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Fr 24. Jun 2005, 13:50 - Beitrag #12

Wo wurde da denn das Grundgesetz gebrochen, sodass der Major nein sagen musste? Es wurde allerhöchstens damit gebrochen, dass ihm dieses nein nicht zugestanden wurde
Wir haben ein Grundgesetz.
In diesem steht: Die Bundeswehr ist ausschliesslich für den Schutz der Bundesrepublik zuständig. Der Einsatz im Ausland ist unzulässig.
Daraus folgt, dass jeder Einsatz ausserhalb Deutschlands verfassungswidrig ist.
Für Bündnisverträge besteht die Möglichkeit eine eigene Truppe zu gründen und diese ausschliesslich dem Bündnis zu unterstellen. Alles andere ist und bleibt verfassungswidrig!

Wenn ich als Bundeswehrsoldat den illegalen Krieg im Irak unterstütze, und sei es indirekt, dann unterstütze ich die Tötung vonn Menschen im Irak durch eine sich dort illegal befindliche Armee und bei Tötung von Menschen besteht sehr wohl eine Pflicht nein zu sagen, diesen Befehl also zu verweigern. Und spätestens mit der Feststellung ,der Völkerrechtswidrigkeit der Besetzung des Irak, durch Kofi Annan ist das ja wohl auch nachweisbar.

Mag sein, dass er das Recht hatte, nach seinem Gewissen da nein zu sagen, aber von einer Pflicht zum nein sagen, kann man da beim besten Willen nicht sprechen
Ich glaube, dass du das ein wenig lasch siehst.
Andersrum wollen wir uns ja hier mit Achtung begegnen und deshalb auch einen freundliche Ton wahren, weshalb ich dir keine Vorwürfe machen möchte.

Ich sehe es halt anders als du!

Padreic
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Sa 25. Jun 2005, 13:10 - Beitrag #13

@Ladysslave
Wir haben ein Grundgesetz.
In diesem steht: Die Bundeswehr ist ausschliesslich für den Schutz der Bundesrepublik zuständig. Der Einsatz im Ausland ist unzulässig.

Da würde ich doch gerne ein Zitat aus dem Grundgesetz sehen, dass das genau belegt. So in dieser Form ist mir das nämlich neu.

Darüberhinaus ging es hierbei gar nicht um einen Auslandseinsatz, sondern um einen Inlandseinsatz, Bündnishilfe gegenüber den Amerikanern bei der Bewachung von Kasernen genauer gesagt. Das mag, wie Ipsissimus ausgeführt hat, als indirekte Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Betragens seitens der USA wiederum vom Völkerrecht aus bedenklich erscheinen, vom Grundgesetz aus jedoch weniger.
Bei entsprechend enger Auslegung des Grundgesetzes würde sich sonst jegliches militärisches Bündnis erübrigen, da jede Aktion der Bundeswehr aus Bündnispflicht heraus nicht direkt dem Schutze der Bunderepublik dient. Indirekt dient die Stärkung (oder der Aufbau) eines Bündnisses jedoch sehr wohl der bundesdeutschen äußeren Sicherheit. Und die Bewachung von Kasernen eines Bündnispartners innerhalb des eigenen Staatsgebietes fällt wohl durchaus darunter.
Und will man die Berechtigung der NATO zur heutigen Zeit bezweifeln, dann sollte man dies direkt tun und das gleichzeitig mit einem grundlegenden Überdenken der aktuellen Form der Bundeswehr. Wenn man aber die Existenzberechtigung der NATO anerkennt, dann kann man so einen Fall wie den, der hier vorliegt, nicht einfach isoliert betrachten. Wie gesagt, ein einfaches Ablehnen von der Bewachung hätte vermutlich eine gewisse Verärgerung seitens der USA bewirkt, die mitdiskutiert werden muss, auch wenn man sie für inkaufnehmenswert halten mag.

@Ipsi
die Gesetze, die gebrochen wurden, sind im Völkerrecht verankert, dessen wesentliche Fassungen auch die Bundesrepublik unterzeichnet und ratifiziert hat. Aus Bündnis- und wohl auch einfach nur machtpolitischen Gründen wird das alles ganz anders dargestellt. Ein Major ist vielleicht kein hohes Tier, aber mehr Einblick in die Irrungen und Wirrungen des Militärs als unsereins billige ich ihm schon zu. Die USA sind völkerrechtswiedrig im Irak einmarschiert, also ist ihre auch noch so nebensächliche Unterstützung ein Vergehen gegen das Völkerrecht, und nicht der Major gehörte suspendiert, sondern alle anderen Offiziere, die seinem Beispiel nicht folgten (von den Politikern wollen wir lieber mal gar nicht erst reden).

Nunja, wenn du Bundeswehr und Politik derart als Verbrecherclique hinstellst, musst du ihnen auch zubilligen nach Verbrecherart zu handeln, d.h. nach ihren Maßstäben. Auch der Mafiapate ist in einem gewissen Sinne im Recht, wenn er den Killer, der seine Aufträge nicht ausführt, bestenfalls rausschmeißt oder eben umnietet...
Andererseits kann man natürlich versuchen, das ganze von einer übergeordneten moralischen Perspektive zu betrachten. Auch wenn der Major gewissermaßen selber schuld ist, sich erst in solch eine Verpflichtungssituation gegenüber einem verbrecherischen System (wenn man es denn so sehen will) zu begeben, dann, wenn eine gewisse Pflicht von ihm gefordert wird, sich dieser entgegenzustellen, sich letztlich aber zu beschweren, wenn er dann komplett von seinen Pflichten entbunden werden (oder geringere ausüben) soll, kann man ihm natürlich moralisch recht geben, wenn er sich für eine Idealvorstellung von Bundeswehr (und Politik) einsetzt und auch etwas dafür tut.
Aber (überpesonelle) Moral und Politik, das ist immer eine schwere Sache. Was ist die Aufgabe einer Regierung? Das Wohl des Volkes zu sichern bzw. zu erlangen, werden wohl viele antworten. Moralisch zu handeln ist im Hinblick auf dieses Ziel sicherlich nicht immer das Beste. Will man jedoch die Moral doch noch in die Politik bringen, hat eine Regierung einen schwierigen Spagat zu leisten. Der in der Realpolitik heutzutage aber wohl oft weniger Spagat als recht deutliches auf einer Seite stehen ist...natürlich stark durchzogen von machtpolitischen Motiven der einzelnen Politiker, die sowohl der Moral als auch dem Wohl des eigenen Volkes im Wege stehen.

Padreic

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So 26. Jun 2005, 18:29 - Beitrag #14

Grundgesetz

Artikel 87a
[Aufstellung und Einsatz der Streitkräfte]


(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.





(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.



(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen

Also darf die Bundeswehr nur eingesetzt werden, wenn es dieses! Grundgesetz ausdrücklich zulässt!
Das ist bei Auslandseinsätzen nciht der Fall!
Wären die Armeeeinheiten teile von Bündnistruppen, wäre die Frage anders zu regeln, sind sie aber nicht!

Padreic
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So 26. Jun 2005, 22:07 - Beitrag #15

Oh, da hätten sie auch beim Oderhochwasser nicht helfen dürfen, oder?

Edit: Und ich sehe nirgendwo einen Punkt, der einen Auslandseinsatz explizit verbietet, solange er auch zur Verteidigung von irgendetwas geschieht.

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Mo 27. Jun 2005, 08:50 - Beitrag #16

Zitat von Padreic:Oh, da hätten sie auch beim Oderhochwasser nicht helfen dürfen, oder?

Edit: Und ich sehe nirgendwo einen Punkt, der einen Auslandseinsatz explizit verbietet, solange er auch zur Verteidigung von irgendetwas geschieht.



...nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

Und wo lässt dieses Grundgesetz den Auslandseinsatz ausdrücklich zu?
beim Oderhochwasser war Absatz 4 massgeblich, weshalb der damalige Ministerpräsident das Gebiet auch zum Notstandsgebiet erklärte. Danach konnte die Vundeswehr eingesetzt werden.

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Mo 27. Jun 2005, 15:59 - Beitrag #17

Der Zusammenhang ist so schwammig, dass er er keinesfalls ein Grundsatzurteil darstellen kann. Im Grunde kann da ja jeder kommen, etwa die Fuchs-Panzer-Fahrer, die warum auch immer in Arabien standen. Oder jene BW-Soldaten die US-Kasernen in Deutschland bewachen; sie ersetzen ja auch die GIs, die in den Irak ziehen.

Überhaupt ist das Urteil nur ein weiteres Beispiel für die allgemeine Überbewertung des Irak-Kriegs. Da vergisst man doch leicht den netten, kleinen Kosovo-Krieg, der mit seiner Hufeisenlüge und gewissen Verstössen gegen Grundgesetz und Völkerrecht mal eben in der untersten Schublade des Geschichtsbewusstsein verschwindet. Oder wie bedenklich ist es, dass das KSK inm Afghanistan die Leute eingefangen hat, die nachher in Guantanomo in Drahtkäfigen gehalten werden.
MfG Maglor :crazy:

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Di 28. Jun 2005, 22:08 - Beitrag #18

@Ladysslave
dann hast du allerdings wohl doch eine Leseschwäche!
...nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
Und wo lässt dieses Grundgesetz den Auslandseinsatz ausdrücklich zu?

Ich kann mich nur selbst zitieren: "Und ich sehe nirgendwo einen Punkt, der einen Auslandseinsatz explizit verbietet, solange er auch zur Verteidigung von irgendetwas geschieht." Bei deinem Grundgesetzzitat hast du natürlich den entsprechenden Absatz geschickt sinnentstellend gekürzt.

Auf den Rest gehe ich mal nicht weiter ein [auch wenn ich aus Absatz 4 nicht gerade 100% eine Berechtigung für den Oderfluteinsatz herauslesen kann, auch wenn ich ihn natürlich billige], da er etwas am Thema vorbeiführt. Fest steht allerdings, dass die Bundeswehr sicher schon manches getan hat, wofür die Verfassung zumindest etwas gedehnt werden musste. Kosovo kann man sicherlich als recht klaren Bruch derselben sehen, wie Maglor schon sagte.

LadysSlave
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Di 28. Jun 2005, 22:28 - Beitrag #19

Ich kann mich nur selbst zitieren: "Und ich sehe nirgendwo einen Punkt, der einen Auslandseinsatz explizit verbietet, solange er auch zur Verteidigung von irgendetwas geschieht." Bei deinem Grundgesetzzitat hast du natürlich den entsprechenden Absatz geschickt sinnentstellend gekürzt

nun, ich kann dazu nur sagen, dass ich den Artikel des Grundgesetzes nicht sinnentstellend gekürzt habe, sondern die Hauptaussage verdeutlicht habe!
Die Hauptaussage zum Einsatz der Bundeswehr ist, dass die Bundeswehr nur dort eingesetzt werden darf, wo es das Grundgesetz ausdrücklich erlaubt.
Daraus folgt logischerweise, dass ein Auslandseinsatz nicht erlaubt ist, weil er eben nicht ausdrücklich im Grundgesetz erwähnt ist.
Dass daraus auch folgt, dass unsere Politikerkaste spätestens seit der Beteiligung an der Zerschlagung Jugoslaviens das Grundgesetz missachtet ist erschreckend genug, weil das im Verborgenen und parteiübergreifend passiert.
Ja durch den Einsatz der Bundeswehr im Ausland wird gegen das Grundgesetz verstossen.
Daran ändert auch nichts, wenn die Verfassungsfeinde im Bundestag das Grundgesetz teilweise zurechtgeschustert haben, dass es nicht mehr so offensichtlich ist, dass sie mit unserem Grundgesetz machen was sie wollen. Eigentlich müsste auch jeder Staatsanwalt gegen seinen Dienstherren einen gewissen (ehemaligen) Terroristenanwalt namens Schily den Dienst verweigern.
Mit seiner teilweisen Abschaffung bürgerlicher Rechte, die mit der Terrorabwehr begründet wird (obwohl die Bundesrepublik ja schon gegen seine damaligen Klienten gezeigt hat, dass diese Republik genug Mittel gegen den Terror hat).
Wehe uns Deutschen, wenn mal wieder ein Verbrecher, wie der "kleine Abspritzer der osmanischen Besetzung Österreichs" im Bundesstag das Sagen hat! Mit den Mitteln, mit dem ihm Schily versorgt hat, entgeht dem keines seiner Opfer mehr!
Auch hier ist persönlicher Mut und Verfassungstreue gefragt um die Auswüchse der Politik zurückzudrängen. Denn es vergehen Jahre bevor das Bundesverfassungsgericht die Fehler der Politiker bereinigt! Wenn überhaupt ein Berechtigter Klage eingereicht hat!

Maglor
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Do 30. Jun 2005, 18:46 - Beitrag #20

Zitat von LadysSlave:Grundgesetz
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

Das schließt Auslandseinsätze durchaus mit ein, denn es gibt ja noch die Möglichkeit des Verteidigungskrieges. Als solches wurde zum Beispiel die Teilnahme an "Enduring Freedom" gewertet. Sprich Amerika wurde angegriffen, die NATO ruft den Bündnisfall auf und schwupps befindet sich die BRD im Verteidigungskrieg.
Wenn die Regierung nur Lust gehabt hätte, hätte sie die tölpelhaft rekonstruierten Verbindung zwischen Saddam Hussein und Osama bin Laden durchaus als Argument für eine legitime Teilhaben benutzen können.

MfG Maglor

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