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Vertrauensfrage

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 07:51
von Bowu
Es scheint wahrlich paradox. Eben hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im DLF erklärt, derzeit könne die SPD nur CDU-Gesetze beschließen, und verwies auf das Übergewicht der Opposition in Bundesrat und Vermittlungsausschuss.
Immerwieder wird auch argumentiert,die Vertrauensfrage sei rechtmäßig denn Neuwahlen seien nötig, damit wieder eine legetimierte Regierung die Geschäfte führen kann.

Für mich stellt sich das allerdings andersherum dar.
Nach der Bundestagswahl auf 4 Jahre, erwarte ich auch, dass 4 Jahre regiert wird, und es keinen nachgestellten Willen (wie den Schröders) gibt, welcher meine Stimme im nachhinein "auflöst". Es ist verständlich, dass es Fälle gibt, in denen es nicht anders geht, so wie ein Rücktritt ein konstruktives Misstrauensvotum oder auch eine Vertrauensfrage.

Eine Schein-Vertrauensfrage, in der zumindest bei der Koalition nicht mehr über das Vertrauen zu Schröder, sondern über das Herbeiführen von Neuwahlen abgestimmt wird (durch Enthaltung) scheint mir keine zwingende oder In der Natur der Sache liegende Begründung für eine Auflösung des Bundestages.

Ich hoffe, das Köhler oder spätestens das BVerfG die Auflösung des Bundestages stoppt, und Schröder danach einen verfassungsmäßigen Weg zu Neuwahlen geht - durch Rücktritt.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 08:23
von Gilmor
Es ist nicht nur paradox, es ist schon fast lächerlich. Denn mit einer Neuwahl (und einer eventuellen Wiederwahl) wird sich die Lage für die SPD nicht groß ändern. Sie steht dann immer noch vor den gleichen Problemen wie jetzt auch; einer schwarz-gelben Übermacht im Bundesrat sowie in den Vermittlungsausschüssen.
Da fragt man sich schon, ob die Regierung die deutschen Wähler für total bekloppt hält!

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 08:56
von Maurice
Es ist so eine Sache, wie man die Verfassung interpretiert. Wenn man sie so interpretiert, dass diese Vertrauensfrage mit der zugrunde ligendenden Absicht verfassungswidrig ist, dann muss man abwägen. Ich halte es nämlich für verkürzt, nur dieses Aspekt zu bedenken. Man sollte nämlich auch bedenken, wie man zu den möglichen Neuwahlen steht. Dabei sollte es nicht nur darum gehen, wie gut die Chancen für die eigene Partei ist, sondern ob diese Neuwahlen eigentlich nicht notwendig sind.
Letzteres ist imo der Fall und die Verfassung sollte erlauben, einen Bundestag aufzulösen, wenn die regierenden Parteien quasi handlungsunfähig geworden sind. Eine solche Regierung ist bestimmt nicht zum Wohle des Volkes und in der Politik sollte es eigentlich doch immer nur darum gehen.
Die jetztige Vertrauensfrage und die wahrscheinlichen Neuwahlen sind durchaus ein Konstrukt, aber was gibt es schon für alternativen, wenn man die Verhältnisse wieder ins Lot bringen möchte? Leider gibt es in Deutschland nicht die Möglichkeit, dass sich der Bundestag in so einer Situation selbst auflöst, was man durchaus ändern sollte. Ich vermute, dass das in Zukunft auch geändert wird, wenn die Politiker aus dieser Sache lernen. Dass die Möglichkeit der Auflösung dann an Bedingungen geknüpft werden muss, versteht sich von selbst. Allgemein könnte man sich wohl darauf einigen, dass eine Auflösung möglich sein sollte, wenn die Regierung nicht mehr die Möglichkeit hat ihre Pläne umzusetzen. Dies scheint mir im Moment der Fall zu sein.
Ich kritisiere daher nicht die Vertrauensfrage samt Neuwahlen, sondern die ungünstige Gesetzeslage, die keine andere Möglichkeit als dieses Konstrukt ermöglichen, möchte man wieder Ordnung in den Bundestag bringen.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 10:22
von Bowu
Wenn ein oppositioneller Bundesrat ein Kriterium zur Bundestagsauflösung sein soll, so wäre dies auch noch ein enormer Abstrich was den Föderalismus angeht. Denn dann wären Neuwahlen im Bundestag nötig wenn die Zusammensetzung des Bundesrates sich ändert??
Die Bundesregierung ist handlungsfähig, sie kann ALLE Funktionen erfüllen die das Grundgesetz ihr zuweist, wenn sie nicht kompromissfähig ist, so sind das innere Probleme der Regierung, die keine Auflösung des gesamten Bundestages erfordert.

Die Regierung kann zurücktreten. Das ist eine verfassungskonforme Möglichkeit.

Die Festsetzung der Legislaturperiode des Bundestages auf 4 Jahre, sorgt für Stabilität - Wo viele von den Problemen reden, die der "Dauerwahlkampf" mit sich bringt, ist eine faktische Verkürzung von Legislaturperioden nicht sinnvoll.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 10:31
von aleanjre
Das interessiert mich jetzt: kann die Regierung geschlossen zurücktreten ja oder nein?
Eigentlich muss sie es doch können. Schröder hat doch mehr als nur einmal gemeckert: "Wenn dies und das, dann trete ich zurück!"
Und einzelne Minister sind auch schon häufiger von ihrem Amt zurückgetreten. Alles andere wäre doch nonsense!
(Du bist gewählt, du musst bis zum bitteren Ende bleiben, egal, ob du dich zwischendurch als unfähig, krank oder psychopathischer Massenmörder entpuppt hast!)

Stellt sich mir die Frage: warum tut er es nicht? Was hat er mit diesem komplizierten Vertrauensfrage - Umweg zu gewinnen? Ich verfolge Politik durchaus interessierten Blickes, verstehe aber nicht allzu viel davon. Es fehlt an Basiswissen, und dem Ehrgeiz, dieses wieder reinzuholen. :rolleyes:

Also: welcher Nutzen? Will er es absichtlich kompliziert machen, damit die Opposition am Ende eher genervt ist statt sich auf seine Kosten über ihren Triumph zu freuen?

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 10:35
von Bowu
Ein zurückgetretener Kanzler kandidiert nicht wieder.
Die SPD hat keine Alternativen zu Schröder.

Das Recht zum Rücktritt hat jeder einzeln, und auch die geschlossene Bundesregierung.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 10:35
von Ipsissimus
natürlich kann die Regierung zurücktreten, geschlossen oder einzeln. Aber genau das will Schröder ja nicht, denn er will es ja nicht auf die persönliche Schiene bringen, also nicht "Schröder, ja oder nein" oder gar "Ich, Schröder, gestehe mein Scheitern ein", sondern auf die Schiene "Schröders Reformen, ja oder nein". Er sieht seine Probleme ja nicht in der Ablehnung seiner Reformen durch das Volk, sondern in der Blockade durch den CDU-Bundesrat. Wenn du so willst, ist das Schröders Versuch eines quasi-Plebiszits

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 11:08
von Maurice
Die Vertrauensfrage und die damit verbundenen Neuwahlen sind der letzte Strohhalm an den sich Schröder klammert. Die Umfrageergebnisse sehen alles andere als gut aus, aber diese würden sich bis nächstes Jahr kaum ändern. Die Neuwahlen sollen den Wählern signalisieren, dass sie entscheiden sollen, wer an der Macht ist und dass es dem Bundeskanzler mehr um den Willen der Wähler geht, als seine eigenen Machterhaltung. Er hofft durch diesen Eindruck vielleicht noch ein paar Prozentpunkte rausholen zu können. An einen Wahlsieg wird kein geistig gesunder SPD-Anhänger noch ernsthaft glauben können (was die idealistische Hoffnung ja nicht ausschließt).
Das ganze soll also auf etwas merkwürdige Weise dazu dienen, dass man so am Ende besser dasteht, also ohne vorgezogene Neuwahlen. Ob das gelingen wird ist fraglich, aber ich kann den Schachzug durchaus nachvollziehen, obwohl er so kompliziert ist, dass er wohl kaum den gewünschten Effekt erzielen wird.
Ich kann mich auch irren und das ganze Theater beruht allein auf dem Motiv, dass Schröder keinen Bock mehr hat, aber den Eindruck erwecken will, er habe bis zum bitteren Ende gekämpft.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 17:15
von Elbereth
War es denn bis jetzt immer so, dass die selbe Partei/Koalition sowohl im Bundestag als auch in Bundesrat die Mehrheit hatte? :confused: Wahrscheinlich nicht, oder? Aber da gab es wohl nicht jedes Mal Neuwahlen... Der Bundestag und der Bundesrat müssen doch fähig sein Kompromisse einzugehen. Wenn die SPD doch wiedergewählt werden sollte, wird das doch an der Sitation nichts ändern, wenn sie jetzt schon nicht regieren kann, dann kann sie es dann auch nicht. Und irgendwie ist es doch unlogisch... :confused:

Als Schröders Motiv vermute ich auch, dass er hofft durch sein kämpferisches Handeln einige der (zahlreichen) Menschen, die nicht zur Wahlen gehen für sich zu gewinnen. Menschen, die denken, ihre Wahl ändert eh nichts, bekommen jetzt vielleicht das Gefühl dass bald wirklich wichtige Wahlen anstehen, die viel bewirken können (ob das wirklich so ist, ist eine andere frage...), und werden dann vielleicht doch zur Stimmabgabe animiert. Es bleibt natürlich die Frage für welche Partei...

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 18:49
von Bowu
Es gibt das Argument, dass ein Wahlsieg der SPD die "Bundesratsblockade" der CDU aufweichen würde, dass die CDU im Falle eines SPD Wahlsiegs die Wähler ernst nehmen müsse, und im Bundesrat den Wählerwillen auch honorieren müsse.

Eine Föderalismusreform, braucht man jedenfalls nicht zu erwarten, wenn die CDU "durchregiert", denn dann verliert auch eine Entflechtung von Kompetenzen deutlich an Notwendigkeit.

BeitragVerfasst: Fr 1. Jul 2005, 18:50
von Ipsissimus
ich denke, wir werden einen historischen Tiefststand der Wahlbeteiligung auf Bundesebene erleben, da immer mehr Menschen zurecht realisieren, daß es nichts zu wählen gibt

BeitragVerfasst: Sa 2. Jul 2005, 11:25
von LadysSlave
An eines denken wir bei dem ganzen Kasperletheater anscheinend nicht.
Dass das Grundgesetz gebrochen wird.
Im Grundgesetz wird die Legislaturperiode aus 4 Jahre festgelegt.
Mit der angeblichen Vertrauensfrage soll die Legislaturperiode verändert werden.
Wem steht das zu? geht man unserem Grundgesetz - Niemanden.
Eine Vertrauensfrage, bei dem der Kanzler die Mitglieder seiner Partei zur Stimmeinthaltung oder zur Ablehnung aufruft ist nicht als ernsthaft einzustufen, weshalb diese Abstimmung nicht als ernster Vertrauensverlust einzustufen ist! Im Gegenteil die Mitglieder seiner Partei vertrauen dem Kanzler so weit, dass sie sogar auf seine Anweisung gegen ihn stimmen. Doch die Auflösung des Bundestages- und hierum geht es - bedarf zwingender Notwendigkeit, dass ernsthafter Vertrauensverlust vorliegt. Das Instrument, das das Grundgesetz für die Abwahl des Kanzlers bietet, ist der konstruktive Misstrauensantrag, bei dem die Opposition einen Misstrauensantrag stellt und eine andere Person als Bundeskanzler vorschlägt. Bei Erfolg des Misstrauensantrages hätten wir eine Kanzlerin Merkel gehabt. Der Bundestag hätte seine gesetzliche Periode von 4 jahren eingehalten und das Grundgesetz wäre eingehalten worden.
Darum ging es Schröder aber nicht, er wollte als Kanzler in den Wahlkampf gehen.
Verfassungsbruch aus wahltaktischen Gründen?
Sollte Horst Köhler den Bundestag auflösen, weil eine nicht ernst gemeinte Vertrauensfrage genauso ausging, wie der Kanzler er wollte (womit er eigentlich nur nachweisen konnte, dass seine Leute ihm vertrauen und so abstimmen, wie er rät) , würde er das Amt der Bundespräsidenten beschmutzen, denn wie stände er da, wenn das Bundesverfassungsgericht dann urteilt: Das Grundgesetz gilt weiter und die Abgeordneten haben kein Recht es ausser Kraft zu setzen. Die Bevölkerung hat Anspruch auf 4 Jahre vertretung durch die gewählten Abgeordneten, die anberaumte vorzeitige Bundestagswahl ist illegal.
Das wäre dann ein wirklicher Beweis der Vertrauensschwundes- gegen den Bundespräsidenten. Das will doch keiner!

BeitragVerfasst: Sa 2. Jul 2005, 11:55
von Maurice
Na sei dir mal nicht so sicher mit deinem Urteil.
1. Interessiert es sehr wohl jemanden, inwiefern die Vertrauensfrage und die Neuwahlen rechtens sind.
2. Gehen darüber, ob dies der Fall ist, die Meinung auseinander. Auch von Verfassungsrechtlern. Zumindest wenn ich den Medien in dem Punkt glauben darf. Nach diesen wäre eine Klage beim Verfassungsgericht nicht unbedingt erfolgreich.

Ob das Verfahren nun rechtens ist oder nicht, darüber streiten sich die Geister. Es scheint aber nicht so eindeutig zu sein, wie du es darzustellen versuchst.

BeitragVerfasst: Sa 2. Jul 2005, 20:05
von LadysSlave
Hallo Maurice,
ich nehme deine Wertung zur Kenntnis, frage dich aber dennoch, mit welchem Recht die im Grundgesetz festgeschriebene Legislaturperiode verkürzt werden soll!
Denn ein Machtwechsel wäre ohne jegliche Neuwahlen möglich gewesen. Schröder hätte auf ein konstruktives Misstrauensvotum der CDU genauso reagieren müssen, wie jetzt bei der Lachverranstaltung am 1.7.05.
Es ist nunmal nicht glaubhaft, überall hin zu erklären, dass kein Vertrauen bestehe, und dann die Abgeordneten der eigenen Partei aufzufordern, sich der Stimme zu enthalten. Soll das der Bundespräsident ernst nehmen?
Soll das das Bundesverfassungsgericht ernst nehmen?
Natürlich gibt es Leute, die behaupten, dass dies ein gangbarer Weg ist. Allerdings ist dabei eine ernsthafte Vertrauenskrise notwendig. Und die ist nunmal nicht vorhanden.
Die Weimarer Republik ist unter anderem an den vielen Auflösungen des Reichstages zugrunde gegangen. Um dies zu verhindern, haben die Väter des Grundgesetzes die Auflösung des Bundestages an strenge Voraussetzungen gebunden. Diese Umgehung des Grundgesetzes schreit in meinen Augen nach Verhöhnung des Volkes.

BeitragVerfasst: Sa 2. Jul 2005, 20:16
von Maurice
Es ist nunmal nicht glaubhaft, überall hin zu erklären, dass kein Vertrauen bestehe, und dann die abgeordneten der eigenen Partei aufzufordern, sich der Stimme zu enthalten.

Ich hatte nur einen kleinen Ausschnitt der Reden der Abgeordneten vor der Vertrauensfrage verfolgt, wodurch mir ein imo wichtiger Aspekt entgangen war, wie ich heute in den Nachrichten festellen musste. Müntefering sagte nämlich in seiner Rede, dass die Partei hinter dem Bundeskanzler stehe. Womit ich mit der Berichterstattung übereinstimme, ist dies ein offensichtlicher Widerspruch zu dem Ergebnis der Vertrauensfrage und macht damit die Abstimmung für mich jetzt doch für eine einzige Lachnummer. Ich hoffe daher nun auch, dass der Bundespräsident diesem Verfahren eine rote Karte zeigt, weil es sich nun für alle offensichtlich deutlich ist, dass es hier um ein abgekartertes Spiel geht. Wenn die SPD dann immer noch Neuwahlen will, soll Schröder zurücktreten, was ich auch für recht wahrscheinlich halte.
Vorher fand ich die Konstellation zwar unglücklich, aber noch nicht so tragisch, weil mir die Paradoxie nicht so offensichtlich vorkam, dass sie jeder erkennt und damit der Schaden für den Ruf der Politik recht gering sein würde. So aber ist das wirklich für mich ein so absurdes Bild, dass jemand, und das wäre in dem Fall der Bundespräsident, einen Riegel vorschieben muss.

BeitragVerfasst: Mo 4. Jul 2005, 11:58
von Bowu
Was meines Erachtens am gefährlichsten ist, ist die Darstellung, die derzeit durch die Parteien und Medien verbreitet wird, dass das alles verfassungskonform sei.

Selbst der Kanzler urteilte in seiner Rede schon, das die Verfassungsmäßigkeit seines Schrittes ausser Frage sei.

Die Juristen scheinen zwar in der Mehrheit auf der skeptischen bis ablehnenden Seite sich zu gruppieren, aber das macht den Vorgang eher noch gruseliger, denn nun gewinnt man den Anschein es ginge um die alte Geschichte der Machtverteilung zwischen den Gewalten...
Und da verwundert es nicht, wenn Politiker und Politikwissenschaftler die Entscheidung des BVerfG wiedereinmal durch Erzeugen von Stimmung zu beeinflussen versuchen.

Ich frage mich eigentlich echt, warum Mr. Schröder sein Gesetz/Reform, dass er mit dieser Partei und diesem Bundesrat nicht hätte durchbringen können nicht vorgebracht hat, und seine Vertrauensfrage daran geknüpft hat... das wäre rechtlich möglich gewesen... (Art. 81 GG).
Wenn der Widerstand in seiner Partei so groß gewesen wäre, und das Gesetz mit der angekoppelten V-Frage gescheitert wäre, so hätte er können den Gesetzgebungsnotstand beantragen bei Herrn Köhler ... Dann hätte sowohl Köhler als auch das BVerfG einen Grund gehabt an das Märchen der Handlungsunfähigkeit zu glauben. So hätte der Kanzler nicht mehr mit seinen (durch die Wahlschlappen in einer "Legitimitätskrise" steckenden) Genossen streiten müssen, sondern hätte sich können mit dem Bundesrat allein über seine Gesetze unterhalten können.

Natürlich bleibt Schröder diese Möglichkeit über den Bundestag hinweg zu regieren immernoch, wenn der Bundestag nicht aufgelöst wird.

BeitragVerfasst: Di 5. Jul 2005, 12:08
von janw
Hm, nun ja, ich bin doch nicht so ganz gegen das Vorgehen Schöders eingestellt.

Wir haben eine Situation, in der einer parlamentarischen Mehrheit der Regierungskoalition eine Mehrheit der Oppsition in den Ländern gegenübersteht.

Das ist ein durchaus alltägliches Phänomen in der Bundesrepublik.

Nun haben wir dazu die Situation, daß der Bundesrat nicht, wie es seine Aufgabe wäre, das Regierungshandeln hinsichtlich der Wirkung auf die Länder kritisch hinterfragt und dann nach einem Konsens mit der Regierung sucht (Darum geht es nämlich, Bund und Länder sollen sich einigen!), sondern parteipolitisch motiviert jeden Konsens verhindert.
Ich halte dies partiell für einen Machtmißbrauch der Ministerpräsidenten.

Vor solch einem Hintergrund kann die Bundesregierung tatsächlich wesentliche Vorhaben in keiner Weise, auch nicht in länderfreundlich abgewandelter Form, umsetzen, sondern nur in oppositionsfreundlich abgewandelter Form.

Ein Rücktritt der Regierung hätte eine Neuwahl des Bundeskanzlers im Bundestag zur Folge, wobei dann nach der aktuellen Mehrheitsverteilung ein rotgrüner Kandidat gewinnen würde, der dann vor denselben Problemen stünde, oder ein schwarzgelber Kandidat mit Abweichlerstimmen aus dem rotgrünen Lager, der dann keine parteipolitisch stabile Parlamentsmehrheit hätte.

Insofern sind in meinen Augen Neuwahlen, wo das Volk die Mehrheitsverhältnisse im Parlament neu bestimmt, der demokratischere Weg - auch wenn mir etwas vor dem zu erwartenden Ergebnis graut.

Ob dies mit dem GG vereinbar ist, ist sicher die Frage. Ein Fall wie der jetzige scheint nicht klar im GG geregelt zu sein, dort geht man vom Funktionieren der Konsenskultur aus.
Schröders Juristen meinen offensichtlich ja. Die CDU meint auch ja.
Maßgeblich ist, was die Juristen des Bundespräsidenten sagen. Und darauf bin ich sehr gespannt. Und eventuell auf den kürzesten Wahlkampf, den die Republik erlebt hat.

BeitragVerfasst: Di 5. Jul 2005, 12:56
von Bowu
Die Probleme, die du anmahnst Janw, sind allerdings strukturelle Probleme - Probleme die eine CDU im Falle eines Wahlsieges im Herbst überhaupt nicht lösen muß.
Die Struktur der Bundesrepublik ist jedenfalls keine "Regierungskrise", welche den Gebrauch von Art 68 rechtfertigen würde.

Das Szenario einer schwarz/gelben Minderheitsregierung könnte die rot grüne Mehrheit durch einen Gesetzgebungsnotstand wirksam und verfassungskonform übergehen. Natürlich hätte die CDU auch in diesem Falle wohl nicht ausreichend Motivation, eine Reform des Bundesstaates in die Wege zu leiten.

Zumindest ist im GG geregelt, dass das BVerfG zuständig ist für Auslegungsfragen. Es hat 1983 klare Kriterien aufgestellt die erfüllt sein müssen für eine Auflösung des Bundestages (ich poste sie nachher, wenn es mal aufhört zu regnen und ich in die Bibliothek komme ;) )

BeitragVerfasst: Di 5. Jul 2005, 16:18
von Maglor
Es ist wohl Konsens der bürgerlichen Parteien das Grundgesetz willkürlich je nach Situation auszulegen und es mit Füßen zu treten, wenn man eine entsprechende Mehrheit findet. Im Grunde ist es ja so, wo kein Kläger ist, da ist kein Richter.
Bis dato wird sich zeigen, ob der Bundespräsident genug Mumm in den Knochen hat, dem ganzen Bundestag die Leviten zu lesen oder ob auch er so tut, als ob er die illegale Rückkehr zu Weimarer Zuständen für recht und billig halten würde.

MfG Maglor

Die Frage meines Vertrauens

BeitragVerfasst: Di 5. Jul 2005, 17:01
von herempix
Nicht nur das Grundgesetz, auch die Politik als ganzes in unserem Staat wird durch unsere Parteien so ausgelegt, wie sie es gerne bräuchten. Leider haben wir dadurch das Vertrauen in die Politik verloren. Wir haben bereits unsere "Vertrauensfrage" gestellt. Wo kein Kläger, da kein Richter. Also, wenn keine "Mecker-Macht" unsere Politik ändert, dann ändert sich nichts.
Ich finde schon, dass Bundespräsident Köhler Mumm in den Knochen hat. Er ist der "politischte Staatschef" aller Zeiten. Und "Weimarer Zustände" bekommen wir garantiert nie wieder. Wenn der Bundestag aufgelöst ist, dann gibt es eine kleine Hoffnung, was eine "gute" Regierung angeht. Soll ja nicht heißen, dass ich der absolute CDU-Fan bin.
Und allgemein zur "Vertrauenfrage" des Herrn Schröder (Bundeskanzler) möchte ich sagen, dass er es gut gemacht hat. Er hat bewiesen, dass er nicht nur schlechte, sondern auch gute Politik machen kann.

herempix