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Frauen und so

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 16:50
von Padreic
Ipsi: mich stört an der Türkei nach wie vor das absolut indiskutable gesellschaftliche Frauenbild, das dort entgegen aller anderslautender Gerüchte nicht nur in Ostanatolien verbreitet ist. Das ist aus meiner Perspektive eigentlich der einzige wirkliche Hinderungsgrund - und bei dem bin ich mir nicht sicher, ob die Verweigerung der Mitgliedschaft zu einer Verschärfung oder zu einer Klärung führen würde.
janw:Ipsi, da gebe ich dir recht. Wie ist das aber eigentlich, ist der Vatikanstaat in der EU?^^
ipsi:so weit ich weiß, nicht^^
wenn es nach mir ginge, würde die katholische Kirche und würden alle Organisationen, die eine faktische Ungleichwertigkeit von Männern und Frauen betreiben, ohnehin zu 100 Prozent auf ihren Besitz versteuert werden
PadreicNunja und ich denke, dass eine derartige Diskriminierung Andersdenkender nicht wünschenswert ist, aber das ist wohl off-Topic...
Ipsi: ist es das, Diskriminierung?
Nehmen wir das Beispiel der katholischen Kirche. Es ist in ihren Glaubenssätzen verankert, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind, verschiedene Fähigkeiten und Aufgaben haben. Vielfach wurde in der Geschichte von Würdenträgern der katholischen Kirche gesagt, dass Frauen weniger wert seien als Männer, obgleich ich mich wundern würde, wenn dies noch offizielle Position der katholischen Kirche ist.
Nun sagt Ipsissimus, wenn ich ihn richtig verstehen würde, dass er es gut finden würde, wenn der katholischen Kirche, weil sie keine Frauen zu Priestern weiht und ihnen auch zahlreiche andere Ämter verweigert, sämtlicher Besitz genommen wurde. Totalenteignung aufgrund der Art ihrer Religionsausübung, kurz gesagt. Ja, das würde ich als eine Art von Diskriminierung einer religiösen Gruppe bezeichnen. Zumindest, wenn man auch behauptet, die katholische Kirche würde Frauen diskriminieren. Ich würde auch behaupten, dass sie eine durchaus vertretbare Position zur Geschlechterfrage haben, zumindest in weiten Teilen.
Wie tolerant sollte man sein?

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 17:27
von Maurice
Wir haben hier doch hier das Problem, wie weit Toleranz gehen sollte.
Wenn man sagt, dass man tolerant gegen andersdenkende Menschen sein soll, soll man dann auch gegenüber denen tolerant sein, die intolerant sind? Ein Selbstwiderspruch droht.
Das Problem kann man lösen, indem man sagt, dass man tolerant gegen andersdenkenden Menschen sein, außer denen die ... und hier käme dann die Einschränkung.
In unserem Fall könnte man sagen, dass man gegen andersdenkende Menschen tolerant sein sollte, außer wenn sie andere Menschen wegen ihres Geschlechtes diskriminieren. Würden wir es bei dieser Formel belassen, dann ist es in Ordnung, wenn intolerant gegenüber der katholoischen Kirche ist, weil diese Frauen diskriminieren.
Nimmt man hingegen noch die Formel rein, dass man unbedingt gegenüber anderen Religionen tolerant sein soll, dann haben wir wieder einen Widerspruch. Auch hier wäre eine Einschränkung der allgemeinen Regel eine Lösung. So könnte man sagen, dass man gegenüber anderen Religionen tolerant sein sollte, solange sie nicht andere Menschen diskriminieren. Würden wir es hierbei belassen, dann ist das Verhalten der katholischen Kirche gegenüber Frauen nicht zu tolerieren.
Neben der Frage nach Toleranz, bleibt noch die Frage, was es bedeutet jemanden zu diskriminieren. Leider halte ich mich über das momentane Frauenbild der kat. Kirche nicht für ausreichend informiert, weshalb ich hier auch nichts darüber sage, ob es diskriminierend ist. Bei meiner Analyse des Toleranz-Problems ging ich einfach von der Prämisse aus, dass ihr Frauenbild diskriminierend ist.
PS: Man merkt wohl, dass ich gerade eine Hausarbeit über logisches Argumentieren schreibe. ^^*

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 17:39
von Ipsissimus
Es ist in ihren Glaubenssätzen verankert, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind,
das ist eine gefährliche Argumentation, Padreic, dann dann mußt du ziemlich gut darlegen, was denn der Unterschied zwischen einer Verankerung von Glaubenssätzen der katholischen oder irgendeiner anderen Kirche im Vergleich etwa zum Nationalsozialismus ist, warum das eine zulässig und seine Attackierung mithin Diskriminierung, die Attackierung des anderem aber wünschenswerte Zivilcourage sei; oder warum reale Ungleichbehandlung in islamischen Ländern anders zu ahnden sei, als in christlichen Ländern.
Ich denke, der Diskriminierungsvorwurf müsste zunächst einmal erläutern, inwieweit und wieweit er bereit ist, faktische Entwürdigung zu tolerieren, wenn diese nur genügend festgeschrieben ist.

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 19:33
von Padreic
@Ipsi:
Da gibt es erstmal zwei ganz große Unterschiede:
1) Die katholische Kirche ist etwas, das nicht verpflichtend ist. Man kann jederzeit austreten, wenn es einem nicht passt, was dort abläuft.
2) Meines Wissens (ich mag mich irren) betrachtet die katholische Kirche Frauen nicht als Untermenschen; ganz im Gegensatz zu dem, was die Nazis mit den Juden und den Osteuropäern gemacht haben. Sie versperren ja auch (im allgemeinen) Verheirateten und Nicht-Katholiken den Zugang zum Priesteramt. Ist das diskriminierend und entwürdigend gegenüber Verheirateten? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die katholische Kirche Frauen nicht ihre Würde abspricht, sondern eher bei Frauen eine andere Art von Würde sieht als in unserer modernen Gesellschaft es üblich ist. Es gibt ja auch Weihen, die nur Frauen offen stehen...

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 20:19
von Ipsissimus
daß mensch heute in einigen wenigen! Ländern aus der katholischen Kirche ohne massiv lebensbedrohende Konsequenzen austreten kann, wenn es Mensch passt, ist Folge ihrer real-ideologischen Niederlage gegen die Aufklärung. Daß dies in den allermeisten Ländern, in denen sie vertreten ist, gar nicht so ohne weiteres folgenlos bleibt, liegt daran, daß ihre Funktionäre bessere Politiker waren als die Nazis.
Die Praxis der katholischen Kirche - wenn sie politisch siegreich geblieben wäre - wäre heute immer noch die Inquisition, eine andere Form des Holocausts; belegt wird dies durch den Umstand, daß sie überall, wo auch immer ihr ein stückweit politische Macht geblieben ist, wie in Südamerika, sie Tyrannen im Namen der "Ordnung" unterstützt, woran auch alle Dom Helder Camaras dieser Welt nichts ändern, die immer nur Ausnahme gegen die Funktionäre blieben
Darüber hinaus IST es diskriminierend, daß Verheiratete vom Priesteramt ausgeschlossen werden; es ist darüber hinaus ein DIREKTER Verstoß gegen das NT, wo in irgendeinem der Paulus-Briefe das Verheiratetsein der Priester explizit verlangt wird, mit der Begründung, daß von einem MANNE!, der nicht erwiesen hat, daß er seiner eigenen Familie vostehen könne, nicht angenommen werden könne, daß er einer Gemeinde vorstehen könne
Die "Würde", welche die katholische Kirche einer Frau zuspricht, ist die der Dienerin - solange sie sich als Dienerin dreinschickt. Wenn nicht - Inquisition.
Daß Problem liegt in Teilen darin, daß es die Polit-Profis an der Spitze des Vatikans auf diabolisch geschickte Weise verstanden haben, Errungenschaften anderer Ideologien, z.B. der Aufklärung, sich unter den Nagel zu reißen. Es gibt kaum etwas frauenfeindlicheres als die Ideologie der katholischen Kirche - der Umstand, daß die Aufklärung in christlichen Ländern stattgefunden hat, war genug, um für das Christentum zu behaupten, die Rolle der Frau sei schon immer die des gleichwertigen Wesens gewesen - wo in Wirklichkeit die Würde der Frau im katholischen Raum bestenfalls darin besteht, der beste Freund des Menschen zu sein ...

Verfasst:
Di 4. Okt 2005, 23:26
von Padreic
Ich bin leider nicht im Detailswissen so gut bewandert, dass ich mit dir einen angemessenen Diskurs darüber führen könnte. Aber ich habe mit anderen Leuten, die dieses Detailswissen haben, schon über solche Themen gesprochen und die sind da zu deutlich anderen Schlüssen gekommen. Deswegen glaube ich, dass, auch wenn deine Grundthesen stimmen, du diese doch überzeichnest.
Darüberhinaus noch zum Diskriminierungsbegriff:
Was ist für dich Diskriminierung? Wenn ich begründete (sachliche) Zweifel daran habe, dass Mitglieder einer bestimmten Gruppe eine bestimmte Aufgaben angemessen übernehmen können, ist es dann diskriminierend, wenn ich sie von dieser Aufgabe ausschließe? Extrembeispiel: ich lasse keine Rollstuhlfahrer auf Gerüsten arbeiten.

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 02:17
von janw
Ein bißchen habt Ihr beide recht, in meinen Augen.
Zum ersten sieht die katholische Kirche die Aufgaben der Frau eben mehr im Bereich der Familiensorge und im Bereich der Diakonie, was durchaus nicht unansehnliche gesellschaftliche und kirchliche Wirkungsbereiche sind.
Allerdings, und da wird es eben zur Ungleichbehandlung, stehen diese Bereiche Männern uneingeschränkt offen, wenn diese sich der Familie widmen oder in der Gemeinde diakonische Aufgaben übernehmen wollen.
Das kann man als Ungleichbehandlung, ja Diskriminierung ansehen.
Und Ipsi hat nicht unrecht, in vielen Ländern hat die katholische Kirche noch eine derart gesellschaftsprägende und staatsbeeinflussende Kraft, daß diese Strukturen dort einseitig eine Männerdominanz in Staat und Gesellschaft sowie Dikaturen stützen.
Allen Camaras zum Trotz.
Interessant ist ein Blick in die historischen Hintergründe des Zölibats.
Bis in das Mittelalter war nämlich die Priesterehe gang und gäbe, auch ausdrücklich durch Paulus gedeckt (das muß man ihm lassen, auch wenn ich sonst einiges weniger schätze an Paulus).
Das hatte aber zur Folge, daß die aus der Ehe resultierenden Kinder am Ende erben wollten, und zwar von dem der Kirche gehörenden und dem Priester zur Nutzung überlassenen Kirchenland.
Der Zölibat wurde nachweislich nur eingeführt, weil ansonsten der umfangreiche Grundbesitz der Kirche (der im übrigen im Mittelalter ohne Kirchensteuer unabdingbar war für die Existenz eines Priestertums in der Fläche) sonst erheblich geschmälert worden wäre.
Diesen historischen Hintergründen müßte die katholische Kirche sich heute beugen und anerkennen, daß diese Problematik heute nicht mehr besteht.
Und daß damit der Zölibat nicht nur seine sachliche Grundlage verloren hat - insofern obsolet ist - ,sondern auch dem Bibelwort widerspricht und schädlich ist, eben weil er diskriminiert und weil er Priester/Pristerinnen ohne die Erfahrung einer Beziehung lässt, damit prinzipiell unfähig, einen großen Teil der Probleme der Gläubigen zu verstehen und darauf einzugehen.
Der Zölibat behindert die Priester an der Ausübung ihrer seelsorgerlichen Aufgaben.
Wenn die Diskriminierung nicht zieht, dann sollten hier wenigstens die Alarmglocken schrillen.

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 17:30
von Maglor
Das Problem an der Gleichberechtigung ist, dass Männer und Frauen keineswegs gleich sind. Sie sind unterschiedlich, das läßt sich nicht leugnen. Und sie sind unterschiedlich von Geburt und nicht erst durch irgendwelche gesellschaftlichen Repression oder die Erziehung.
Die Katholische Kirche stellt klare Ansprüche an ihr Priesterpersonal: Männlich, ledig, katholisch. Daher dürfen nur ledige, männliche Katholiken jenes Priesteramt bekleiden.
Solche Anforderungen sind gar nicht so ungewöhnlich.
Zitat von janw:Diesen historischen Hintergründen müßte die katholische Kirche sich heute beugen und anerkennen, daß diese Problematik heute nicht mehr besteht.
Und daß damit der Zölibat nicht nur seine sachliche Grundlage verloren hat - insofern obsolet ist - ,sondern auch dem Bibelwort widerspricht und schädlich ist, eben weil er diskriminiert und weil er Priester/Pristerinnen ohne die Erfahrung einer Beziehung lässt, damit prinzipiell unfähig, einen großen Teil der Probleme der Gläubigen zu verstehen und darauf einzugehen.
Das Problem ist, dass die praktische Notwendigkeit oder die biblische Wahrheit nicht ausschlagendgebend sind sondern allein die katholische Tradition. Es ist dieser westeuropäische Tradtionalismus, diese Orthodoxie quasi lebendiges Mittelalter, die die katholische Kirche zu dem macht, was sie ist. Sie nun mal keine paptistische Freikirche, in der jeder Macht, was er will. Wem das nicht gefällt, der soll die Konfession wechseln!
MfG Maglor

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 17:42
von janw
Nun, genau das könnte passieren, die massenhafte Ausgründung einer katholischen Kirche des wahren Glaubens sozusagen.
Wobei, ich bin als Lutheraner eh schon Ketzer


Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 17:59
von Maglor
Zitat von janw:Nun, genau das könnte passieren, die massenhafte Ausgründung einer katholischen Kirche des wahren Glaubens sozusagen.
Nun ja, ich glaube "die Deutschen", die sich offenbar von katholischen Dogmen besonders genervt fühlen, legen mittlerweile auf Religion so wenig wert, dass es ihnen im Grunde so egal ist, dass kaum einer sich ernsthaft über seine konfessionelle Zugehörigkeit Gedanken macht.
MfG Maglor

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 18:24
von Ipsissimus
da scheint sich dein Bekanntenkreis erheblich von meinem zu unterscheiden, Magglor
der Punkt bei der Gleichberechtigung ist nicht der, daß sie gleich sind, sondern daß sie gleichwertig sind und daß aus dieser Gleichwertigkeit auch gleiche Rechte - eben Gleichberechtigung - folgen.
Ich sehe in der diesbezülichen Praxis der katholischen Kirche einen massiven Verstoß sowohl gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland - und zwar gegen einen der essentiellen Artikel - als auch einen Verstoß gegen internationales Menschenrecht.
Und die Anforderungen der Katholischen Kirche an ihr Priesterpersonal sind gemacht, nicht naturgesetzlich gegeben; also können sie auch anders gemacht werden.

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 18:32
von Maglor
Die Anforderungen natürlich von Menschen gemacht worden, allerdings schon vor einigen Jahrhunderten.
Nun die Gleichwertigkeit wird doch von der katholischen Kirche nicht bezweifelt. Frauen dürfen genausowenig katholische Priester werden, wie Männer dem Ursulinenorden beitreten dürfen.
Wie sagte doch einst Kaiser Wilhelm II zu einem Arbeiter, jeder tut das, wofür er bestimmt, du an der Maschiene und uch auf dem Thron.
MfG Maglor

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 20:17
von janw
Zitat von Ipsissimus:Ich sehe in der diesbezülichen Praxis der katholischen Kirche einen massiven Verstoß sowohl gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland - und zwar gegen einen der essentiellen Artikel - als auch einen Verstoß gegen internationales Menschenrecht.
Letztlich ist das eben das Problem - eine Organisation, die eklatant die Gleichberechtigung verweigert, partizipiert in Deutschland an Kirchensteuern, hat Gestaltungshoheit über Religionsunterricht und dergleichen staatlich gegebene Privilegien mehr. Man kann sich fragen, ob da nicht eine Organisation diese Rechte bekommt, die sich selbst außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stellt.
Die Berufung auf die Tradition führt nicht sehr weit, da die katholische Kirche für sich in Anspruch nimmt, den Willen Jesu Christi quasi zu perpetuieren in ihrer Praxis, indem sie ihre Handlungen auf seine Äußerungen und die einiger primärer Exegeten (Paulus z.B.) zurückführt. Gerade was die Priesterehe betrifft steht sie eben in krassem Widerspruch dazu.

Verfasst:
Mi 5. Okt 2005, 23:58
von Maurice
Ich halte den Verstoß gegen das Grundgesetz für Grund genug, eine Trennung zwischen Kirche und Staat zu erreichen, wie sie z.B. in Frankreich der Fall ist.

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 12:04
von Maglor
Naja, das Problem ist aber, dass eine konsequente Trennung von Staat und Kirche verfassungswidrig wäre.
[INDENT]Artikel 137
[Religionsgesellschaften]
(1) Es besteht keine Staatskirche.
(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.
(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.
(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.
(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.
(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.[/INDENT]
MfG Maglor

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 12:05
von Padreic
@Ipsissimus
der Punkt bei der Gleichberechtigung ist nicht der, daß sie gleich sind, sondern daß sie gleichwertig sind und daß aus dieser Gleichwertigkeit auch gleiche Rechte - eben Gleichberechtigung - folgen.
Zumindest logisch ist der Schluss unzulässig. Wenn zwei gleichwertige Individuen unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse haben, so finde ich es durchaus nicht absurd, ihnen auch unterschiedliche Rechte und Pflichten einzuräumen. Das Extrembeispiel hab ich schon genannt: ich bezeichne einen Rollstuhlfahrer nicht als minderwertig, wenn ich ihm nicht erlaube, bei mir auf dem Gerüst zu arbeiten.
Und die Anforderungen der Katholischen Kirche an ihr Priesterpersonal sind gemacht, nicht naturgesetzlich gegeben; also können sie auch anders gemacht werden.
Wenn ich gläubiger Katholik wäre, würde ich mich deutlich dagegen verwehren, dass der Staat Einfluss auf meine Kirche und meinen Glauben nehmen will.
Genauso wie ich der Meinung bin, dass sich die Kirche aus staatlich-weltlichen Dingen mehr zurückziehen sollte. Dass der Staat die Kirchensteuer einzieht, finde ich auch ein Unding...
@janw
Die Berufung auf die Tradition führt nicht sehr weit, da die katholische Kirche für sich in Anspruch nimmt, den Willen Jesu Christi quasi zu perpetuieren in ihrer Praxis, indem sie ihre Handlungen auf seine Äußerungen und die einiger primärer Exegeten (Paulus z.B.) zurückführt. Gerade was die Priesterehe betrifft steht sie eben in krassem Widerspruch dazu.
Die Zurückführung auf Jesus Christen und seine "primären Exegeten" ist meines Wissens nur bei Dogmen notwendig. Das Zölibat wird ja eher als praktische Regel empfunden. Für die es durchaus auch Gründe gibt. Übrigens ist nicht gesagt, dass ein zölibatärer Priester nicht vor Beginn seines Zölibats durchaus eine Beziehung gehabt haben kann. Es dürfte sogar die Regel sein.
Deine Darlegung der historischen Entstehung des Zölibats ist übrigens keinesfalls ein zwingender Grund für dessen Abschaffung (der berühmte Unterschied zwischen Genesis und Geltung..). Sonst müssten wir einige Arbeitnehmerrechte auch abschaffen, nur weil sie von den Nazis aus etwas zwielichtigen Gründen eingeführt wurden.
Ich finde es übrigens allgemein interessant, wie sehr sich Nicht-Katholiken an katholischen Richtlinien stoßen. Es steht den Leuten frei, die Konfession zu wechseln und evangelischer Pastor statt katholischer Priester zu wechseln, wenn ihnen die Leitlinien für den Priesterberuf und damit auch wesentliche Teile ihrer Konfession nicht gefallen.
Ein Mangel an Autonomie

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 12:19
von Maurice
@Maglor:
Naja, das Problem ist aber, dass eine konsequente Trennung von Staat und Kirche verfassungswidrig wäre.
Daraus gibt es für mich nur eine sinnvolle Konsequenz: Eine Verfassungsänderung!
Es steht den Leuten frei, die Konfession zu wechseln und evangelischer Pastor statt katholischer Priester zu wechseln
Wo wir wieder bei dem Thema Freiheit wären.
Also auf der einen Seite sind sie wohl frei, das zu tun, wenn sie nicht durch äußerlichen Einfluss daran gehindert werden (z.B in ein Zimmer eingesperrt werden).
Aber auf der anderen Seite ist der Mensch nicht in der Weise frei, als dass er sich ohne weiteres in eine Meta-Position begeben kann und von da aus seine Ansichten neutal bewerten und beliebig ändern kann. Wenn nun jemand sehr katholisch ist, dann wird es ihm schwer fallen, nur weil ihm eine Regel in dieser Glaubensgemeinschaft misfällt, einfach mal so seinen Glauben zu ändern. Und an der pascalschen Wette habe ich meine Zweifel.

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 14:02
von Ipsissimus
Wenn zwei gleichwertige Individuen unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse haben, so finde ich es durchaus nicht absurd, ihnen auch unterschiedliche Rechte und Pflichten einzuräumen.
hinsichtlich des Priester- usw. bis Papstamtes sieht du also Männer und Frauen unterschiedlich befähigt? Heißt das, Frauen und Männer haben aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit - nicht auf individueller Basis also - unterschiedliche kognitive, intellektuelle, fürsorgerische und organisatorische Fähigkeiten? Dann würde ich allerdings von einem
merkwürdigen Frauenbild sprechen, das ich keinesfalls teile, da ich solchem patriarchalischem Mainstream gegenüber grundsätzlich nicht wohlgesonnen bin.
Daß generell aus unterschiedlichen Fähigkeiten unterschiedliche Möglichkeiten folgen, darin stimme ich dir zu, Padreic. Daß aus den unterschiedlichen Möglichkeiten unterschiedliche Pflichten folgen, ist ein "kann", kein "muss". Daß aus diesen unterschiedlichen Möglichkeiten unterschiedliche Rechte folgen sollen, empfinde ich als suspekt. Suspekt deswegen, weil im konkret besprochenen Fall trotz gleicher grundsätzlicher Befähigungen die Hälfte der Menschheit pauschal und apriori von einem bestimmten Tätigkeitsbereich ferngehalten werden soll, ohne individuelle Befähigung dabei überhaupt in Betracht zu ziehen.

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 14:09
von Maglor
Nun ja, das Bild sagt schon viel. Die gleiche Frage bzgl. der Frauen stellt sich auch anderswo. Bekanntestes Beispiel ist wohl das Militär.
Das besondere Problem am Priestertum ist der, dass katholischer Priester nicht einfach nur ein Beruf ist. Ein Hostienverteiler und ein Brötchenverkäufer sind grundverschieden. Tatsächlich kommt es hier nicht nur auch die körperliche und geistigen Fähigkeiten einer Person an. Erforderlich ist, nach Meinung der Kirche, auch eine spezielle Aura. Gegen derartige Subjektivität helfen natürlich keine Argumente.
MfG Maglor

Verfasst:
Do 6. Okt 2005, 23:16
von aleanjre
Nun ja - es gibt aber nun mal Frauen im Militär. Und nicht nur im Sanitätscorps. Natürlich sind es nur wenige Frauen, die an vorderster Front kämpfen, als Minensucherin oder Kampftaucherin arbeiten können, denn die körperlichen Voraussetzungen bringen nur die wenigsten mit. Aber es gibt Frauen, die sie besitzen, und es gibt Länder, in denen sie dies auch einsetzen dürfen.
Genauso wie es Frauen bei der Feuerwehr, der Polizei, bei Totengräbern und am Presslufthammer gibt.
Genauso, wie es Männer gibt, die als Geburtshelfer arbeiten.
Vor nicht allzu langer Zeit wäre jeder Mann, der weder Arzt noch Priester ist, mit Gewalt aus dem Kreissaal geprügelt worden.
Ja, es ist eine Berufung, als Priester zu arbeiten, und sein Leben Gott und dem Vorstand einer Gemeinde zu widmen. Aber warum sollten Frauen dafür nicht geeignet sein? Welche "Aura" sollte da fehlen? In anderen Religionen waren und sind Priesterinnen eine Selbstverständlichkeit.
Papsttum und Familie hat sich im Mittelalter nicht ausgeschlossen - Bastarde und Geliebte waren absolut üblich. Es mag für weiser gehalten, eine solch verzehrende Aufgabe anzunehmen, ohne für eine Familie sorgen zu müssen, um die Kräfte nicht zu teilen. Andererseits wird man nicht mit 25 zum Papst gewählt, und die Familie kann ein unterstützender Hort der Energie sein.
Ich sehe es hier bei den evangelischen Pfarrern. Ich kenne quasi keinen, egal ob männlich oder weiblich, wo nicht mindestens drei bis vier Kinder eigen genannt werden. All diese Pfarrer haben eine wesentlich menschlichere Art, als ich es je von katholischen Pastören erfahren musste. Weltoffener, gelassener, einfühlsamer, "dem Mensch zugewandter als dem Himmel".
Am Sterbebett meiner Oma war ich vollkommen entsetzt vom auftreten des kath. Pastors, der die Sterbesakramente erteilte. Er rauschte durch den Raum, drückte jedem lasch die Hand und ein Bildchen vom neuen Papst hinterher. Bei meinem Vater hatte er dann die Lust auf Mitleidsbekundungen wohl verloren und ignorierte ihn einfach (und mein Vater ist wirklich nicht zu übersehen!)
Dann leierte er lieb- und herzlos seine Pflicht runter, ohne Betonung, palsalverte über "deine Dienerin, oh Herr". Seine (weibliche) Assistentin konnte dann den Tag retten, indem sie einfühlsame Worte fand, für uns, die Trauernden. Monsieur hingegen war sichtlich froh, wieder hinauszudürfen.
Pech gehabt? Nun, es gibt sicherlich fähigere und menschenfreundlichere Priester als dieses Unikum, dass ich am liebsten schreiend durch den Flur getreten hätte. Aber er war nicht der erste, den ich so erleben musste.
Zum Totenbett meines Schwiegervaters hingegen kam ein evangelischer Pfarrer. Und blieb zwei Stunden, betete mit uns, unterhielt sich ausführlich mit jedem. Nachmittags kam noch eine andere Pfarrerin, um Schwiegermutter aufzufangen.
Ich denke: Wer in Askese leben und ausschließlich Gott dienen will, soll ins Kloster gehen. In eine Gemeinde, zum Umgang mit Menschen in all ihren Facetten, gehört jemand, der mehr vom Leben weiß als Geschichten aus der Bibel.