Euer Regierungsprogramm... oder politisches Credo

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
janw
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Do 16. Feb 2006, 16:01 - Beitrag #1

Euer Regierungsprogramm... oder politisches Credo

Ein Gedanke, der mir vor einigen Tagen kam:

Stellt Euch mal folgende Situation vor - so unwahrscheinlich und abstrus sie auch erscheinen mag:
Eines schönen Vormittags klingelt es an Eurer Tür. Ihr seid zu Hause, habt Zeit und öffnet.
Draußen steht ein Herr oder eine Dame, der/die Euch folgendes sagt:

"Wie Sie sicher mitbekommen haben, haben wir viele Probleme in unserem Land. Probleme, die nicht mehr mit den alten Mitteln und Köpfen zu lösen sind.

Wir haben erfahren, daß Sie sich gut auskennen, Gedanken gemacht haben darüber, woran es in diesem Land mangelt, was besser gemacht werden sollte.
Wir kommen deshalb heute auf Sie zu, daß Sie helfen, dieses Land wieder flott zu machen.
Wenn Sie einwilligen, dann würden Sie den Auftrag bekommen, ein Programm zu entwickeln, mit dem eine von Ihnen gestellte Regierung dieses Land wieder zu einem Ort macht, in dem Menschen gerne leben, Kinder bekommen, in dem investiert wird und in dem die Lebensgrundlagen geschützt und erhalten werden.
Sie bekommen alle Unterstützung, alle Hilfe, die Sie brauchen, es steht Ihnen alles zur Verfügung.
Wir zählen auf Sie, dieses Land braucht Sie!"

Wie würdet Ihr reagieren?
Bzw...mal davon ausgehend, daß Ihr Euch diese Chance nicht entgehen lasst, Eure Vorstellungen politische Wirklichkeit werden zu lassen, wie würde Euer Programm aussehen?

Ipsissimus
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Do 16. Feb 2006, 17:39 - Beitrag #2

wenn es in Realität stattfinden sollte - schon ein abstruser Gedanke - würde ich es nicht akzeptieren, Herrscher zu sein.

aber als Gedankenspiel

1) ich würde Zukunftswerkstätten schaffen

Kern dieser Idee von Robert Junck ist der Gedanke, daß in einer Nation unendlich mehr kreatives Potential steckt, als üblicherweise in der gesellschaftlichen Realität einer Nation zum Ausdruck kommt. Die Freisetzung dieser Kreativität wird durch den Beamtenapparat und schuldsuchendes und -zuweisendes Denken normalerweise effektiv verhindert. In diesen Werkstätten würden Bedingungen geschaffen, unter denen "Menschen wie du und ich" Ideen für soziale Experimente vorschlagen und ihre Verwirklichung vorantreiben können, ohne

persönlich eine müde Mark dafür aufwenden
oder im Falle des Scheiterns kostenpflichtige Verantwortlichkeit fürchten
oder die Einmischung von Experten befürchten zu müssen, es sei denn, sie fordern diese explizit an.

wenn sich eine ganze Nation am Ideenfindungsprozess beteiligt, kommt dabei wesentlich mehr und anderes heraus, als Experte sich träumen ließe

2) ich würde Schutzzonen schaffen

Kern dieser Idee, die ich irgendwann mal in einem Science fiction Roman gelesen habe, ist die Einsicht, daß es immer Menschen geben wird, die für sich, "unter ihresgleichen" bleiben wollen, die nicht nach Integration streben, die einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen (Beispiel: Amish people in USA). Für solche Gruppen würde ich Reservate einrichten, in denen sie nach ihren Vorstellungen leben können, solange ein Mindestkonsens gewahrt bleibt (Pädophilie ist keine Lebensweise / heraus darf, wer will).

Diese Reservate wären keine Ghettos, weil ihre Bewohner jederzeit raus können, aber hinein nur kommt, wer den Bewohnern willkommen ist


3) ökonomische Mischform zwischen staatlicher Lenkung und sozialer Marktwirtschaft

- Mindestlohn unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit
- wenn die Arbeit eines ungelernten Straßenkehrers 1000 Euro im Monat wert ist, dann ist niemandes Arbeit mehr als 20000 Euro im Monat wert. Alle geldwerte Entlohnung, die über 20000 Euro pro Monat geht, wird zu 100 Prozent versteuert. Der Bereich zwischen 1000 und 20000 Euro wird linear progressiv besteuert
- große Konzerne erhalten staatliche Leitung und werden auf das Wohl ihrer Mitarbeiter anstatt auf Shareholder value gesetzlich verpflichtet
- Entlassungen werden außer in Fällen schwerer Kriminalität verboten
- Arbeitslose, die länger als einen Monat arbeitslos sind, werden auf Wunsch per Los einen geeigneten Konzern zugewiesen, der sie zu Vollbedingungen einstellen muss
- Festlegung der Löhne auf der Basis zyklischer Bedarfsabschätzungen
- Börsengangverbot, wenn nicht in den Verkaufsverträgen die Verbindlichkeit der deutschen Gesetzgebung von den Käufern anerkannt wird; dies wird "unendlich" auf etwaige Folgeverträge übertragen
- Auslopplung aus der Globalisierung, Schutzzölle


4) unsystematische "Kleinigkeiten"

Kindererziehung ist ein Beruf, den eine Mutter im Auftrag des Staates durchführt. Sie erhält vom Staat dafür Lohn, in einer Höhe, der ihr erlaubt, alleinerziehend für sich und ihr Kind unabhängig in moderatem Luxus zu leben. Die Väter sind nicht zu Unterhalt verpflichtet, haben aber auch keinerlei Anspruch auf das Kind außer im Einvernehmen mit der Mutter.

Ehe ist ein Vertrag zwischen beliebig vielen Menschen beliebigen Geschlechts für einen beliebigen Gültigkeitszeitraum.

to be continued

Lykurg
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Do 16. Feb 2006, 19:28 - Beitrag #3

(Ich kritisiere gemäß Thema nicht, sondern erstelle nur meinen Gegenentwurf)
Auch ich würde mangels demokratischer Legitimation größte Schwierigkeiten mit der Frage haben, ob ich es annehmen sollte. Schließlich wäre ein etwaiger Erfolg meiner Maßnahmen ein Präzedenzfall... Immerhin hieß es "eine von Ihnen gestellte Regierung" und "Sie bekommen alle Unterstützung, alle Hilfe, die Sie brauchen" - wenigstens die Strukturen wären also dem Gewohnten ähnlich. Es wäre gemäß einem (mit gutem Grund nicht vorhandenen) befristeten Notstandsrecht zu handeln und die Macht schnellstmöglich zu legitimieren bzw. abzugeben. Also Wahlen nach - was ist technisch machbar? drei Monaten?

Die Zeit bis dahin wäre extrem arbeitsintensiv: Die zu reformierenden Gebiete wären
a) Staat und Föderalismus,
b) Steuern, Rente,
c) Gesundheit, Sozialwesen, Bildung, Kultur,
d) Wirtschaft, Verkehr, Energie u.a.

Ziele der Reformen wären zu
a) Zurücknahme, Verschlankung, Entbürokratisierung, Flexibilisierung, Bürgernähe. Die Anzahl der Gesetze und Verordnungen würde massiv reduziert (insbesondere -> d). Abbau aller direkten und indirekten Subventionen innerhalb eines vertretbaren Zeitraums (3 Monate^^ - nein, 5-10 Jahre). Geringere Rolle des Bundesrates (zustimmungspflichtige Gesetze), Bundesrechnungshof überwacht die "Käuflichkeit" von Ministerpräsidentenentscheidungen. Reform des Länderfinanzausgleichs - stärkere Überprüfung der Richtigverwendung der Gelder, Prämien/Strafen. Reförmchen der Parteienfinanzierung (alle Spenden in beliebiger Höhe offen; keine Beteiligung an Medienunternehmen zulässig). - Eigenverantwortung als zentraler Grundsatz.
Und: Keine Neuverschuldung! Schuldenabbau so schnell wie möglich beginnen, von da an Grundsatz (verfassungsmäßig zu verankern - diesbezüglich Abkehr von Keynes). Internationale Verhandlungen über Schuldenerlaß (Staatsbankrott ist abzuwenden), zur Not Tilgung der Altschulden durch stillen Verkauf der Goldreserven - aber so viel wie möglich aus eigener Kraft schaffen!

b) Steuererklärung in einer Zeile^^ - Einführung eines dreistufigen Einkommenssteuersatzes ohne weitere Progression mit hohem Grundfreibetrag (etwa Kirchhof), Abschaffung jeglicher weiteren Abschreibemodelle. Weitestgehender Abbau einer Vielzahl weiterer Steuerformen (Schaumweinsteuer, Hundesteuer...) unter Beibehaltung der Mehrwertsteuer. Auch hier ein dreistufiges Modell: hoch (Alkohol, Tabak, Benzin, Luxusartikel), normal, niedrig (Kinderbedarf, Lebensmittel, Bücher). Demographischer Faktor in der Rente (darf auch ruhig wieder so heißen^^), Begünstigung privater Altersvorsorgemodelle, staatliche Sicherstellung eines Mindestrentenniveaus, niedrigere Rentenbeitragssätze für Eltern.

c) staatliche medizinische Grundversorgung, ansonsten freier Wettbewerb der Kassen -> Abschaffung der Ortskrankenkassen; staatliche Sicherstellung hoher Qualitätsstandards der (zu privatisierenden) Krankenhäuser durch Kontrollen und ggf. empfindliche Sanktionen (Geldstrafen, Lizenzverlust) gegen ihre Betreiber. Ebenso Sozialwesen und Bildung: Wettbewerb und Vergleichbarkeit der Angebote; Wahlfreiheit zwischen Vermittlungsstellen (Erfolgsprämie!), berufsfördernde Maßnahmen, verstärkte Weiterbildung; Anerkennung der Kindererziehung als Arbeitszeit; Wettbewerb der Kindergärten/-tagesstätten (Angebot ausbauen), Schulen (Niveau steigern - den seitenlangen Exkurs spare ich mir jetzt - Gesamtschulen zurückfahren, Sprachen und Naturwissenschaften fördern, dabei das Musische nicht vergessen etc.), Universitäten (Freiheit der Forschung, Primat der Lehre, Stellenwert der Wissenschaft). Verankerung der kulturellen Grundlagen unserer Gesellschaft bedingt Förderung der Eigeninitiative und ggf. verstärkte staatliche Unterstützung.

d) Weitgehender Abbau der Gesetze und Verordnungen insbesondere zur Unternehmensgründung, Deregulierung. Privatisierung von staatseigenen Unternehmen fortsetzen (staatlich bleiben die sicherheitspolitischen Notwendigkeiten und Verfassungsorgane). Geringstmögliches Eingreifen des Staates sichert die Versorgung mit Energie, Wasser etc., verhindert Kartellbildung und Monopole. (Rechtsschutz bleibt selbstverständlich erhalten.) - Privatisierung der Verkehrswege (jedenfalls Autobahnen) und Kommunikationsmittel, verstärkte Möglichkeiten der Rechnungshöfe zum Eingriff bei kommunalen Fehlinvestitionen / Verschwendung (finanzielle Teilverantwortung der Entscheidungsträger!). Gesunder Energiemix - Aufrechterhaltung der Forschung in alle Richtungen, Unternehmen entscheiden über ihre Kraftwerke; Staat gewährleistet Versorgungssicherheit und hohe technische Standards (gegen Umweltkatastrophen etc.)

Ipsissimus, dein Punkt 2 ist wunderschön, bei mir insofern zu integrieren, als der Staat geringstmöglich in die Lebensweise des Einzelnen eingreift, es also jedem freigestellt ist, bis an die Grenze der Freiheit seines Nächsten seinen eigenen Prinzipien gemäß zu leben. Die Ehe-Ordnung z.B. ist da problemlos zu verwirklichen.

Windsbraut
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Fr 17. Feb 2006, 10:15 - Beitrag #4

Zitat von Ipsissimus:Die Freisetzung dieser Kreativität wird durch [...] schuldsuchendes und -zuweisendes Denken normalerweise effektiv verhindert.


Ipsissimus, hättest du Lust, mir das näher zu erklären? (Als kleiner Exkurs sozusagen.)

Ipsissimus
Dämmerung
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Fr 17. Feb 2006, 11:38 - Beitrag #5

halte ich mittlerweile eigentlich für ne Alltagserfahrung, Windsbraut.

Weswegen boomen Haftpflichtversicherungen? Genau, wegen der Haftpflicht. Wegen der Verpflichtung, die dem Erwachsenen auferlegt ist (in geringerem Maße dem Jugendlichen, kaum dem Kind) für Fehler und den dadurch angerichteten Schaden finanziell aufzukommen. Verursacherprinzip.

Anders gesagt, das Handeln und die Ideen des Erwachsenen müssen in dem Sinne bereits "perfekt" sein, daß aus seiner Sicht zumindest sichergestellt ist, daß sie ihm keine finanziellen Lasten aufbürden. Sieht mensch sich aber die Stimmung in der Gesellschaft an, sieht mensch, daß im Umkehr des Interesses des Einzelnen genau nach der Schuld und Verantwortlichkeit des Einzelnen gesucht wird, um die finanziellen Folgen von ihm tragen zu lassen. Das geht heute z.B. bis hin zu Überlegungen, das Solidarprinzip bei Krankenkassen zugunsten eines "Schuldprinzips" aufzuheben. Der Raucher hat "mehr Schuld" an seiner Erkrankung als der Nichtraucher, also sollen seine Beiträge höher sein. Der Raucher kann auch nach Belieben durch den Alkoholiker, den Nicht-Sporttreibenden oder andere Risikogruppen ersetzt werden. Am Ende hat nur noch der 18 bis 23 Jahre alte nichtrauchende aktive Sportler Anspruch auf Solidarleistungen zu Standardkonditionen, und der braucht sie so gut wie nie.

Überall wird der Zwang zur Verschleierung erzeugt (natürlich bei gleichzeitiger moralischer Geißelung derselben).

Für kreatives Denken ist es tödlich.

Windsbraut
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Fr 17. Feb 2006, 11:52 - Beitrag #6

Ja, ich dachte mir, dass du das so meinst. Merci für die Ausführung. Ich stimme ihr zu.

janw
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Sa 18. Feb 2006, 22:41 - Beitrag #7

credo...^^

Erstmal Grundleitlinien der Außenpolitik:
Hauptdirektive (Oberste Direktive)

Betrifft: Nichteinmischung in die Entwicklung fremder Zivilisationen
Die Hauptdirektive verbietet allen Raumschiffen und Angehörigen der Sternenflotte jegliche Einmischung (*) in die normale Entwicklung fremder Kulturen und Gesellschaften.
Die Einhaltung dieser Richtlinie steht über dem Schutz von Raumschiffen und Angehörigen der Sternenflotte. Verluste werden toleriert, soweit sie zur Einhaltung dieser Direktive erforderlich sind.

(*) Mit Einmischung ist bei einem Planeten, der in seiner Entwicklung zu einer technologischen Zivilisation Fortschritte macht, insbesondere gemeint, Hinweise über den Weltraum, andere Planeten oder Zivilisationen zu geben.

2. Direktive

Betrifft: Schutz fremder intelligenter Lebewesen

Unter keinen Umständen, auch nicht, um sich oder das Leben seiner Besatzung zu beschützen, darf ein Offizier der Raumflotte einer intelligenten Lebensform vorsätzlich Schaden oder Verletzungen zufügen, außer wenn solch eine Handlung im Interesse der Hauptdirektive benötigt wird.


3. Direktive

Betrifft: Schutz fremder intelligenter Lebewesen (siehe auch Direktive 2)

Es ist die Pflicht eines Offiziers, sich mit allen Hilfsmitteln seines Kommandos zu bemühen, um das Leben intelligenter Lebensformen zu beschützen, auch wenn er dabei sich selbst oder sein Schiff in Gefahr bringt. Tätigkeit oder Untätigkeit, die indirekt einer intelligenten Lebensform Schaden zufügt, ist eine gleichwertige Verletzung, wie der Verstoß gegen Direktive 2.

Da haben die Trekkies der heutigen Politik was voraus...

In dem Moment, wo mir das Thema einfiel, dachte ich über den Begriff der "Querschnittsdisziplin bzw. aufgabe" nach, was seit seiner Entwicklung Ende der 80er daraus geworden ist und welche Konsequenzen heute daraus gezogen werden sollten. Ich erläutere das mal kurz, weil der Begriff mE ein zentraler ist, was die Übertragung vernetzten Denkens auf Organisationsstrukturen betrifft.
Ende der 80er Jahre war das Umweltbewußtsein so weit entwickelt, daß die Erkenntnis, daß ökologische Systeme vernetzte Systeme aus Arten in Lebensgemeinschaften und abiotischen Umweltfaktoren sind, daß mithin Wirkungen an einer Stelle praktisch immer Wirkungen im Gesamtsystem zur Folge haben, zu der Forderung führte, daß komplexe menschliche Handlungsapparate wie Verwaltungen dem dadurch Rechnung tragen müßten, daß jede Einheit sich ihrer Einflußnahme bewußt wird und eine Minimierung negativer Einflußnahmen anstrebt.
Umweltschutz sollte nicht nur Aufgabe der Umweltabteilung sein, sondern querschnittsmäßig in allen Abteilungen verankert sein, als eine Aufgabe der Daseinsvorsorge.

Die wirtschaftliche Kriselei der 90er brachte die Umsetzung dieses Gedankens irgendwann ins Stocken - wobei allerdings durch Gesetze usw. schon zahlreiche Pflöcke in der Richtung eingeschlagen waren und weitgehend auch blieben.
Heute wird implizit auch wieder die Querschnittsdebatte geführt, allerdings mit der Parole "Vorfahrt für Wirtschaft und Arbeitsplätze".
Konkret fällt dabei auf, daß diese zweite Querschnitts"debatte" auf mancher Landesebene sehr wörtlich genommen wird, indem etwa der Nds. Umweltminister Sander sich im vergangenen Jahr sehr explizit wirtschaftspolitisch äußerte, damit im Revier des Wirtschaftsministers "wilderte"- was dieser naturgemäß gelassen geschehen ließ, Arbeit, die er nicht mehr machen brauchte...
(Eine von zahlreichen Untaten des eindeutig naturschutzfeindlich gesonnenen Umweltministers, aber das ist ein anderes Thema...)

Es zeigt sich hier IMHO, daß diese Querschnittsdebatte unbedingt in den offenen Diskurs gehört, ja, daß die Organisation in getrennten Fachministerien, die recht abgeschottet vor sich hin wursteln, nichtmehr zukunfsfähig ist, sondern daß eine Vernetzung in Querschnittsdisziplinen notwenig ist.

Ich würde daher organisatorisch anstreben, daß bestimmte gesamtstaatliche Querschnittsaufgaben neben ihrer federführenden Behandlung in einem Fachministerium in den anderen Ministerien durch Beauftragte o.ä. verankert werden. Damit ihre Berücksichtigung bereits bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen erfolgt und nicht erst im Zuge der Einarbeitung nachher eingeholter Stellungnahmen.
Querschnittsaufgaben...wären für mich: Umweltschutz, Soziales, Bildung, Gleichstellung benachteiligter Regionen und gesellschaftlicher Gruppen ("ähnliche Lebensverhältnisse" sensu lato).

Aber davon mal abgesehen...
Die Sache mit der Zukunftswerkstatt finde ich sehr gut und würde ich auch einführen, als Mittel, staatliche Gestaltung der Wirklichkeit an den Bedürfnissen und Wünschen der Basis auszurichten, und vor allem, diese in die Lage zu versetzen, ihre Lage zu reflektieren und Bedürfnisse und Wünsche überhaupt zu gewinnen und zu formulieren.
Wobei ich nicht sicher bin, wie weit sich das System in einer Massengesellschaft umsetzen läßt, in eier solchen zumal, in der die Hälfte der Menschen primär desinteressiert ist und zum guten Teil wohl auch bleiben wird. Für untere Einheiten (Gemeinden, Ortsteile,...) aber sicher ein geeignetes Modell, das ich einführen würde.

Die weiteren Politikfelder werden später ergänzt.

e-noon
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Sa 18. Feb 2006, 23:05 - Beitrag #8

Nur ein paar Fragen an Ipsi ^^
Männer/Väter hätten bei dir keine grundsetzlichen Rechte auf Kinder?

Wie ist es mit der Erziehung; mMn werden islamische Frauen (als Beispiel) oft unterdrückt und ausgenutzt, aufgrund ihrer anerzogenen Gottesfurcht wollen sie jedoch nichts dagegen unternehmen. Würde so etwas unter "kein Mindestkonsens mehr" oder noch unter "Freiheit des Einzelnen" fallen?

Ipsissimus
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So 19. Feb 2006, 15:49 - Beitrag #9

nein, Väter hätten bei mir keinerlei Verpflichtungen, aber auch keinerlei Rechte hinsichtlich der Kinder. Auch das Erbrecht würde ich über die weibliche Linie laufen lassen.

hinsichtlich der Homelands wäre es wahrscheinlich notwendig, vorab sehr genau zu klären, was konsensfähig ist und was nicht. "Anerzogene" Gottesfurcht ist kein Argument per se dagegen, die Dinge auf eine bestimmte Art zu handhaben, dann wäre nämlich "anerzogene fehlende Gottesfurcht" auch ein Argument per se dagegen, die Dinge auf eine bestimmte Art zu handhaben.

Traitor
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Mo 20. Feb 2006, 01:47 - Beitrag #10

Erster und wichtigster Punkt: Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Regierung. Dies bedeutet in erster Linie eine massive Beschneidung des aus dem Ruder gelaufenen Föderalismus. Die Zustimmungspflicht des Bundesrates wird auf wenige Fälle beschränkt, ein Großteil der Schlüssekompetenzen (etwa Bildungs-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik) werden von den Ländern zum Bund übertragen, damit es hier nicht zu massiven Effizienzverlusten durch wirre inkompatible Systeme und gegenseitige Konkurrenz kommt. Dann kann auch gleich noch eine große Länderverschmelzung durchgeführt werden, aber mit weichem bürokratischem Übergang, keine Harakiri-Umzüge à la Bonn-Berlin.

Grundsätzliche Staatsausrichtung: Oberstes Ziel muss eine hohe Lebensqualität der Bevölkerung sein. Das Wohl des Volkes hat stets über dem der Konzerne und Großverdiener zu stehen. Desweiteren ist das gleiche Ziel weltweit anzustreben, dazu Zukunftssicherheit.

Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialpolitik: Abbau aller grundsätzlichen Steuerprivilegien und Subventionen, aber Erhaltung dieser Methoden für Marktlenkung durch kurzfristige Anreize - die Kurzfristigkeit hier aber fest verankert - und Strafeingriffe. Kompletter Verzicht auf Lohn- und Einkommenssteuern, dafür hohe Mehrwert- und Firmengewinnsteuern. Für letzteres Verbot von Abschreibungen und Pseudoinvestitionen (bzw. Zählung erworbener Immobilien etc. als geldwert). Renten-, Sozial- und Krankenversicherung auf ein gutes staatlich garantiertes Grundniveau (direkt über Steuern finanziert, nicht mit zusätzlichen Abgaben, somit nicht von Freiberuflern umgehbar) bringen. Dazu private Vorsorge mit Verpflichtung der Versicherer, zum Wohle ihrer Kunden zu wirtschaften.
Abkehr von der Politik, sämtliche "strukturschwachen Regionen" um jeden Preis erhalten zu wollen, bis hin zur offiziellen Aufgabe völlig hoffnungsloser Landstriche.

Finanzpolitik: Schuldenabbau durch Privatisierungen, Bürokratieverschlankung und Sparpolitik in Verschwendungsbereichen (Subventionen etc.)

Bildungspolitik: Nationalisierung (s.o.). Abkehr von "je mehr Akademiker, desto besser": Universitäten zu echten Elitebildungs- und Wissenschaftseinrichtungen machen, wirtschaftsausgerichtete Studiengänge und Quasi-Berufsausbildungen an Fachhochschulen verlegen. Keine generellen Studiengebühren, nur bei Unqualifiziertheit für das gewünschte Fach gemäß einzuführender Aufnahmeprüfungen und der Schulzeugnisse sowie für Langzeit- und Mehrfachstudenten.
Frühere Schulpflicht und strafferer Grundschullehrplan (aber mit offenerer Jahrgangsstruktur und damit Wiederholmöglichkeit), weiterführende Schulen dreigleisig: Semi-Sonderschule für die unteren 10%, insbesondere Lernresistente, stark binnendifferenzierte Gesamtschule für 80%, echtes Gymnasium für die 10% Spitze. Starke Möglichkeiten der staatlich-schulischen Erziehungsübernahme in Fällen desinteressierter oder unfähiger Eltern. Für besonders schwere Fälle "Umerziehungscamps" (bitte sehr, sehr große Anführungszeichen denken).
Massive Förderung sowohl der industrienahen als auch der Grundlagenforschung, insbesondere Erleichterung wissenschaftlicher Karrieren.

Umweltpolitik: Starke Fokussierung auf erneuerbare Energien. Recyclingförderung. Zwang zur Verpackungssparsamkeit. Echten Umweltschutz von sentimentalem "ach, die lieben Vögelchen / ach, die hübsche Wiese" abgrenzen. Förderung umweltfreundlicher TEchnologien, wo immer möglich (zum wichtigsten Punkt, Verkehr, siehe unten).

Familienpolitik: Starke finanzielle Anreize für's Elternwerden (dafür keine mehr für Ehen an sich), zusätzlich weitgehende staatliche Erziehungshilfsangebote. Verlust der Förderungen bei Nichtnachkommen der verbleibenden Erziehungspflicht. (siehe Bildungspolitik)

Rechtspolitik: Verankerung eines "kein Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland darf den elementaren Regeln der Logik widersprechen" im Grundgesetz; massive Entschlackung des Rechtswesens und der Gesetzestexte.

Verkehrspolitik: Kompromisslose Bevorzung von Bahn und ÖPNV gegenüber dem Straßenverkehr; starke staatliche Beaufsichtigung der DB zwecks Fokussierung auf Massenpersonentransport statt "internationale Logistik" und "Businesskunden"; starke Strafbesteuerung von Kurzstreckenflügen; klare Straf-/Anreizpolitik zur Umweltfreundlichmachung von Kraftfahrzeugen.
"Volksfahrkarte": Gegen eine moderate Jahresgebühr kostenlose ÖPNV-Nutzung und eine gewisse Zahl freier Langstreckenfahrten.

Zum Schluss:
Außenpolitik: Vehementes Vorantreiben der europäischen Einigung, auch und gerne um den Preis massiver Kompetenzabgabe. Weitere Osterweiterung erst nach Stabilisierung und Fortentwicklung der inneren Struktur, dann nach dem Prinzip "einer nach dem anderen". Drängen auf Reform und Handlungsfähigmachen der UNO. Entwicklungshilfe nur verbunden mit massivem Druck auf die herrschende Kaste, verbunden mit starker direkter Kontrolle aller Ausgaben.
Gegen die "asiatische Gefahr" und Globalisierung an sich kein Isolationismus, sondern Wettbewerbsfähigkeit durch arbeitsfreundliche Wirtschaftspolitik und technologische Überlegenheit (siehe oben).
Dem Islamismus und anderen kulturellen Bedrohungen durch die Kombination des Exports von Lebensqualität und intellektuell-kultureller Offenheit und Integrität begegnen.

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Fr 9. Okt 2009, 18:52 - Beitrag #11

Zitat von Ipsissimus:- Mindestlohn unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit/ Entlassungen werden außer in Fällen schwerer Kriminalität verboten
- Auslopplung aus der Globalisierung, Schutzzölle

Also faktisches Nichtstun wird genauso bezahlt wie 12 Stunden Arbeit? Da weiß ich, was ich mache ^^
Kindererziehung ist ein Beruf, den eine Mutter im Auftrag des Staates durchführt. Sie erhält vom Staat dafür Lohn, in einer Höhe, der ihr erlaubt, alleinerziehend für sich und ihr Kind unabhängig in moderatem Luxus zu leben.
Teenagerschwangerschaft rulez!
Die Väter sind nicht zu Unterhalt verpflichtet, haben aber auch keinerlei Anspruch auf das Kind außer im Einvernehmen mit der Mutter.
Da würd ich dich mal gern sehen...
Ehe ist ein Vertrag zwischen beliebig vielen Menschen beliebigen Geschlechts für einen beliebigen Gültigkeitszeitraum.
Sinn dieser Konstitution ist demnach...?


Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Regierung. Dies bedeutet in erster Linie eine massive Beschneidung des aus dem Ruder gelaufenen Föderalismus. Die Zustimmungspflicht des Bundesrates wird auf wenige Fälle beschränkt, ein Großteil der Schlüssekompetenzen (etwa Bildungs-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik) werden von den Ländern zum Bund übertragen, damit es hier nicht zu massiven Effizienzverlusten durch wirre inkompatible Systeme und gegenseitige Konkurrenz kommt. Dann kann auch gleich noch eine große Länderverschmelzung durchgeführt werden, aber mit weichem bürokratischem Übergang, keine Harakiri-Umzüge à la Bonn-Berlin.
Dito.

Bildungspolitik: Nationalisierung (s.o.). Abkehr von "je mehr Akademiker, desto besser": Universitäten zu echten Elitebildungs- und Wissenschaftseinrichtungen machen, wirtschaftsausgerichtete Studiengänge und Quasi-Berufsausbildungen an Fachhochschulen verlegen. Keine generellen Studiengebühren, nur bei Unqualifiziertheit für das gewünschte Fach gemäß einzuführender Aufnahmeprüfungen und der Schulzeugnisse sowie für Langzeit- und Mehrfachstudenten.
Frühere Schulpflicht und strafferer Grundschullehrplan (aber mit offenerer Jahrgangsstruktur und damit Wiederholmöglichkeit),

Dito, außerdem früher mit der frühkindlichen Bildung ansetzen, spätestens im Alter von 3 Jahren kostenloser Kindergarten mit qualifizierten KindergärtnerInnen und Spracherziehern. Jugendamt massiv ausbauen, Pflichtuntersuchungen beim Kinderarzt, Enttabuisierung von Kindesmissbrauch und Vernachlässigung, schnelles, unbürokratisches Eingreifen bei Verdacht auf Missbrauch und Vernachlässigung. Förderung der persönlichen Freiheit Jugendlicher, auch gegen den Willen der Eltern (und damit unbedingt gegen Riservate im Sinne Ipsis, die den im Reservat erzogenen Kindern wohl kaum die Wahl aus einer Vielfalt von Lebensentwürfen erleichtern). Elterngeld sehr niedrig, stark steigerungsfähig mit dem regelmäßigen Besuch und Bestehen von Elternkursen, sowie gestaffelt nach Bildungsabschlüssen. Erwachsenenbildung erleichtern.

Umweltpolitik: Starke Fokussierung auf erneuerbare Energien. Recyclingförderung. Zwang zur Verpackungssparsamkeit. Echten Umweltschutz von sentimentalem "ach, die lieben Vögelchen / ach, die hübsche Wiese" abgrenzen. Förderung umweltfreundlicher TEchnologien, wo immer möglich (zum wichtigsten Punkt, Verkehr, siehe unten).
Dito.
Verkehrspolitik: Kompromisslose Bevorzung von Bahn und ÖPNV gegenüber dem Straßenverkehr]
Dito.

Außenpolitik: Vehementes Vorantreiben der europäischen Einigung, auch und gerne um den Preis massiver Kompetenzabgabe. Weitere Osterweiterung erst nach Stabilisierung und Fortentwicklung der inneren Struktur, dann nach dem Prinzip "einer nach dem anderen". Drängen auf Reform und Handlungsfähigmachen der UNO. Entwicklungshilfe nur verbunden mit massivem Druck auf die herrschende Kaste, verbunden mit starker direkter Kontrolle aller Ausgaben.
Gegen die "asiatische Gefahr" und Globalisierung an sich kein Isolationismus, sondern Wettbewerbsfähigkeit durch arbeitsfreundliche Wirtschaftspolitik und technologische Überlegenheit (siehe oben).
Dem Islamismus und anderen kulturellen Bedrohungen durch die Kombination des Exports von Lebensqualität und intellektuell-kultureller Offenheit und Integrität begegnen.

Dito, allerdings bezüglich EU zunächst eine demokratische Legitimisierung selbiger und nicht ganz so viel Kompetenzabgabe.

Säkularisierung:
Konsequente Durchsetzung der Trennung von Kirche und Staat, dh. keine Bezüge mehr auf Gott in Verfassungs- oder Gesetzestexten, öffentlichen Gebäuden oder Lehrplänen. Keine Subvention religiöser Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen unter Abgabe von Kompetenzen an die Träger. Stärkere Kontrolle der Lehrpläne. Demokratieunterricht (Name egal) als Schulfach. Geschichte, Vorteile/Nachteile, Rechte und Pflichten in einer Demokratie.

Migrationspolitik:
Einwanderungstests, die Sprachkenntnisse, Gesetzeskenntnisse und, soweit möglich, Bereitschaft, diesen Gesetzen Folge zu leisten, überprüfen. Vereinfachte, entbürokratisierte Behandlung der Verfahren von Asylanten. Günstige Sprachkurse für Einwanderungs- und Einbürgerungsanwärter. Persönliche Coaches für 1-2 Monate nach Einwanderung.


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