Gehirnwäsche der Sonderklasse

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Mo 24. Apr 2006, 10:39 - Beitrag #1

Gehirnwäsche der Sonderklasse

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22519/1.html

schick

Albrecht Müller über die Riesterrente, die Große Koalition und neoliberale Netzwerke

Albrecht Müller, ehemaliges MdB der SPD, Redenschreiber von Wirtschaftsminister Karl Schiller, Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt und Initiator des neoliberalismuskritischen Internetforums NachDenkSeiten hat vor zwei Jahren mit dem Buch "Die Reformlüge" einen Bestseller gelandet, in dem er allgemeinverständlich die zentralen Thesen für einen neoliberalen Umbau des Sozialstaats einer empirischen Untersuchung unterzog und auf schlagende Weise relativierte.

Auch seine neueste Publikation "Machtwahn. Wie eine mittelmäßige Elite uns zugrunde richtet" ist bereits nach kürzester Zeit in den Bestsellerlisten , ohne dass der Autor die übliche Tour durch großen Talkshows machte. Müller untersucht in "Machtwahn" den Wahrheitsgehalt der bekannten neoliberalen Dogmen und nimmt sich verschiedene Netzwerke vor, wie etwa die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die diese Leitbilder in Deutschland erst gesellschaftlich wirkungsmächtig haben werden lassen.

Etliche "unabhängige" Autoritäten, die in den Medien als prominente Meinungsführer fungieren, werden auf ihre Verstrickungen mit den Wirtschaftslobbies und neoliberalen Netzwerken hin untersucht, was ein zwiespältiges Licht auf die Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Intellektuellen wirft, die scheinbar selbstlos für mehr Eigenverantwortung und Reformen plädieren und sich dies mit Beraterverträgen, lukrativen Aufsichtsratsposten und dergleichen vergelten lassen.


im Rest des Artikels ist ein Interview mit Müller wiedergegeben, auf dessen Aussagen sich das einleitende, ironisch gemeinte "schick" bezieht

Lykurg
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Mo 24. Apr 2006, 14:08 - Beitrag #2

Mein Gott! Es gibt Menschen, die Geld verdienen wollen! Wie teuflisch!

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Mo 24. Apr 2006, 14:30 - Beitrag #3

das Teuflische besteht darin, daß sie dies auf Kosten anderer Menschen und deren Lebensqualität machen

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Mo 24. Apr 2006, 14:36 - Beitrag #4

Das tun die Veranstalter von Kaffeefahrten letztlich auch. (Vielleicht kein sehr schmeichelhafter Vergleich - aber deren Laden läuft.^^)

Ipsissimus
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Mo 24. Apr 2006, 14:39 - Beitrag #5

und wofür oder wogegen spräche das?

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Mo 24. Apr 2006, 14:43 - Beitrag #6

So etwas wie Selbstverantwortung der Konsumenten bzw. Bürger?

Ipsissimus
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Mo 24. Apr 2006, 15:02 - Beitrag #7

"Selbstverantwortung" ist ein schönes Wort in der Sprache der Haie

janw
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Mo 24. Apr 2006, 16:22 - Beitrag #8

Lykurg, daß Leute Produkte entwickeln und sie für Geld vermarkten, ist in Ordnung. Wenn sie dies aber tun, indem sie falsxche Angaben machen über ihre Produkte, oder indem sie Unfrieden und Unsicherheitsgefühle sztiften, um ihre Produkte besser vermarkten zu können, dann wird es kriminell.
Und eben das ist offenbar passiert:
Das an sich funktionsfähige (zumindest dem Autoren nach) Sozialsystem wurde von der Politik mit sachfremden Leistungen überschüttet und die Einnahmebasis verknappt, dann publizistisch das System schlecht geredet. Dann von der Politik ein letztlich vor allem Privatfirmen dienendes Privatversicherungsmodell aus dem Boden gestampft, das mehr Verwaltungskosten verursacht, mehr Risiko für den Versicherten bedeutet, daß die Leistungen nicht erbracht werden können wegen Kapitalmarktrisiken und das aufgrund der hier gegenüber der gesetzlichen Versicherung gegebenen privaten Gewinnerzielungsinteressen viel weniger der eingezahlten Gelder für den eigentlichen Versicherungszweck verwaltet. Jeder Beitragszahler wird zum Finanzierer der Dividenden, die anderen zugute kommen, die dafür keinen Finger krumm machen.

Wenn der Autor sich nicht ganz verrannt hat, ist dies wohl der ultimative Grund, diesem Staat geistig den Rücken zu kehren - sei es durch Wahl der WASG oder auch von niemand.
Ehrlich gesagt, ich grüble...

EDIT:
Der erste Sündenfall war vor ein paar Jahren die Abschaffung der öffentlichen Berufsunfähigkeitsrente.
"Selbstverantwortung"...ist das damit gemeint, Menschen im Regen stehen zu lassen, denen die Privatisierung dieser ! GRUND ! - Absicherung jede Möglichkeit nimmt, sie zu bekommen?
Wer eine Behinderung hat, bekommt keine Berufsunfähigkeitsversicherung, zumindest keine auch nur irgendwie bezahlbare und fällt damit sofort und unmittelbar in ein Loch, wenn ihn auch nur irgendetwas ereilt, das ihn berufsunfähig macht.
Ich_bin_so_ein_Tänzer_auf_dem_Drahtseil...

Letztlich ist die Entwicklung IMHO symptomatisch für den Zustand des Kapitalismus: was tun, wenn alle Märkte mit den gängigen Produkten erschlossen sind, keine neuen Produkte mehr neue wachsende Gewinne versprechen? Davor stehen sie nämlich, die Versicherungsfirmen - jeder hat eine Lebensversicherung, die Kapitale ist als der Schund entlarvt, der sie ist, Neugeschäfte sind nur spärlich zu machen.
Also her mit der großen unheimlichen Allianz aus derselben, den Banken, irgendwelchen gestrandeten Wirtschaftsprofs und einigen Köpfen in den Medien.
"Du bist Deutschland" und das WM-Gehype sind da wohl nur Mittel zum Zweck, ersteres ein gut getarntes "Wir sind Deutschland", was der Realität wohl leider nahekommt unter Einflussgesichtspunkten.

Lykurg
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Mo 24. Apr 2006, 18:07 - Beitrag #9

Ich hatte den Text schon gelesen, danke.^^

@Edit und Ipsissimus:
Nein, man kann tatsächlich jeden Begriff schlechtmachen, wenn man ein ausreichend starkes Interesse daran hat. Das gilt für "Umlagefinanzierung" ebenso wie für "Selbstverantwortung".

Daß nun auch die WM für diese Argumentation herhalten muß, ist immerhin wieder amüsant - zugegebenermaßen handelt es sich auch dabei um ein wirtschaftliches Ereignis, insofern ebenfalls Teufelszeug. Vor ein paar Jahren wäre es die Expo2000 gewesen.

In der Werbung wird, wie in der Politik, gerne und einträglich gelogen. Darin liegt nicht eben etwas Neues. Verbindungen beider Seiten sind selbstverständlich vorhanden, und es ist für ein gesundes Fortbestehen der Gesellschaft sinnvoll, diese auf ein geringstmögliches Maß zurückzustutzen. Ein besonders krasser Fall von solchem in-die-eigene-Tasche-wirtschaften war ja wohl gerade Schröders Vorsorge für seinen Pipeline-Beratervertrag.
Ein Grund zur inneren Emigration ist das mE allerdings noch nicht so ganz, es wäre auch schwierig, Gesellschaften zu finden, die frei davon sind. (Venezuela? - War nur ein Scherz.)

Ipsissimus
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Mo 24. Apr 2006, 18:59 - Beitrag #10

das ist schon richtig.Lykurg; wenn sowieso alle versuchen, alle über den Tisch zu ziehen, warum sollen dann die, die ohnehin schon alles haben, nicht auch noch die Unterwäsche von denen bekommen, die außer der Unterwäsche nichts mehr haben ... alles im Namen der Selbstverantwortung ... und wenn du keinen reichen Papie hast, der dir alles vererbt, und kein smarter Macker bist, der in der Börse übernachtet, dann kommst du halt deiner Selbstverantwortung nur unzulänglich nach^^

daß "privilegiert" von "lex prives" kommt - meine Güte, diese ollen Philologen^^

janw
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Mo 24. Apr 2006, 19:09 - Beitrag #11

Lykurg, es geht natürlich nicht darum, wirtschaftliche Betätigung per se zu verdammen, zumindest mir nicht, aber systematisch und wahrheitswidrig staatliche Systeme schlecht zu reden, nach dieser Vertrauensdemontage auch noch die faktische Demontage voran zu treiben und dann letztlich Dinge, die grundlegende Bedürfnisse abdecken wie soziale Absicherung, aber auch die Versorgung mit Wasser usw. eben nicht mehr allen zugänglich zu machen, ist schon ein starkes Stück in meinen Augen und für mich mangels der gegenüberstehenden Verantwortung nicht mehr durch die Freiheit zur wirtschaftlichen Betätigung gedeckt.
In jedem Falle aber ist es ein Skandal, und zwar der maßgebliche, daß staatliche Stellen sich in den Dienst dieser rein gewinnorientierten Firmen stellen.
Ich erwarte von der Politik, daß sie die Belange der Bürger und der Versicherten schützt, nicht die Belange von Firmen, die sich selbst helfen können.
Und von öffentlich-rechtlich angestellten Medienleuten erwarte ich unabhängige Berichterstattung und Information und nicht, daß ein talkmaster gezielt die Leute einlädt, die ihm sein zweites Gehalt sichern - und wenn dies nur in Form geldwerter Leistungen besteht.
Herr Beckmann soll den Sendeplatz räumen, meinetwegen Klinkenputzen.

Lykurg
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Mo 24. Apr 2006, 20:02 - Beitrag #12

@Ipsissimus:
Hmm, ja, richtig, Eigentum ist Diebstahl. Staatseigentum allerdings dementsprechend auch, nur im größeren Stil - oder ist dieser Thread gerade Anlaß tieferen Vertrauens in Machtinhaber und -strukturen? Bleibt also nur die Möglichkeit, alles abzuschaffen, was man besitzen könnte (also auch etwa das Land) - bzw. aus praxisorientierten Gründen lieber alle, die besitzen (könnten).
Aufhebung des Richtens ist auch Aufhebung der Schuld.
Meine Idealgesellschaft ist die leere Menge.

Übrigens will kaum einer die getragene Unterwäsche haben. Es reicht völlig, wenn neue gekauft wird.^^

Ich sehe übrigens hinter "Selbstverantwortung" immer noch, daß man für sich selbst entscheidet (und entscheiden kann), wofür man sein Geld ausgibt oder nicht ausgibt (und zwar unabhängig davon, wieviel es ist). Mag sein, daß die Verwendung dieses Begriffes mich automatisch zum Klassenfeind macht (der ich ja auch bin, denn ich halte nichts von einer Klassengesellschaft, aber das gehört nicht hierher^^), deswegen lassen sich aber noch nicht alle diesbezüglichen Positionen bruchlos auf mich anwenden.^^

@janw:
Ganz abgesehen davon, daß mir aus dem Artikel recht deutlich eine Haltung sprach, die ich oben in gedämpften Farben wiedergab^^, sind einige der darin getätigten Aussagen mE auch durch ihre Paraphrase noch nicht richtiger geworden - etwa über die Rentabilität von verschiedenen Anlageformen. Jede Form der Geldanlage ist mit einem Risiko verbunden, auch die eines umlagebasierten Rentensystems - schließlich handelt es sich dabei um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der nachfolgenden Generation, und ob die das System weiter tragen kann und will, ist fraglich. In unserer Gesellschaft hat der Mensch noch eine gewisse Entscheidungsfreiheit im Bezug auf sein Vermögen, und diesen Rest möchte ich eher ungern weiter eingeschränkt sehen. In jedem Fall sollte mE die Gesellschaft Armut verhindern, alles, was (bezogen auf die Rente) darüber hinausgeht, aber der Entscheidung des Einzelnen obliegen.

Die angeblich höhere Rendite der staatlichen Rentenversicherung würde ich gerne einmal belegt sehen. Es würde mich - rein logisch betrachtet - auch interessieren, woher das Geld dafür kommen soll. Die "höhere Produktivität", die im Interview angesprochen wird, verteilt sich auf eine weit geringere Anzahl von Schultern und dürfte damit überkompensiert werden. Und daß an irgendeiner Stelle eine staatliche Verwaltung effizienter und billiger sein soll als eine private, wäre eine solche Sensation, daß ich die Schlagzeile von Wien aus erkennen müßte.^^ Da fehlt es an Berichterstattung! :P

janw
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Mo 24. Apr 2006, 20:56 - Beitrag #13

Zitat von Lykurg:In jedem Fall sollte mE die Gesellschaft Armut verhindern, alles, was (bezogen auf die Rente) darüber hinausgeht, aber der Entscheidung des Einzelnen obliegen.

Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz - was anderes ist eine Rentenversicherung als die Vorsorge gegen Armut im Alter?
Und erst recht bei jenen, die bei Versicherungen erst gar nicht anfragen brauchen -> Berufsunfähigkeitsversicherung ???

Die Renditefrage ergibt sich nach meiner Vermutung schon daraus, daß der Vertreter für jeden Vertrag mehrere Prozent Bonus bekommt und daß die aus den Einnahmen erwirtschafteten Gewinne eben nicht ausschließlich als Leistungen ausgeschüttet werden, sondern daß davon auch Dividenden an Aktionäre bezahlt werden und andere Dinge, die nichts mit der Versicherungssache direkt zu tun haben.
Aus Effizienzgesichtspunkten ist das Vertreternetz der Allianz überdimensioniert, weit gegenüber dem Netz an Beratungsstellen und Personalbestand der gesetzlichen Rentenversicherung.

Deine Aussagen zum Staatseigentum könnte man irrigerweise so verstehen, als hieltest Du die BRD bisher für eine zweite DDR.
Selbstverständlich will und wird keiner Privatbesitz an Land abschaffen o.ä.

Im übrigen hat das Maß an sozialer Sicherheit in Deutschland bisher maßgeblich dazu beigetragen, daß es relativ wenig soziale Unruhen gibt in diesem Land, wenig Streiks, verglichen z.B. mit Frankreich oder Italien, daß dieses Land ein sicheres Land ist für Investitionen.
Wer armen Menschen auch noch diese Sicherheit nimmt, wird sich nicht wundern dürfen, wenn diese zurück schlagen - und zwar wahllos und ohne Ansehen irgendwelcher apriorischer Wertzuweisungen.
Der soziale Kahlschlag und Ausverkauf legt die Axt an die Wurzel dieses Gemeinwesens und seines inneren Friedens, das halte ich für gegeben.

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Mo 24. Apr 2006, 22:12 - Beitrag #14

Deine Aussagen zum Staatseigentum könnte man irrigerweise so verstehen, als hieltest Du die BRD bisher für eine zweite DDR.
Eine interessante Überlegung eigentlich. ME ist die BRD insgesamt friedlicher, sozial gerechter, individuell freier und - bis jetzt - wirtschaftlich erfolgreicher als die DDR (u.a. mit der Folge, daß es den Arbeitern materiell und gesundheitlich besser geht). Dafür ist die BRD-Gesellschaft zugleich neidischer, unflexibler und selbstzersetzender als die des selbsterklärt "besseren Deutschlands" es war. Dasjenige ihrer Ziele, dem die DDR mE am nächsten kam, war Solidarität, wenn auch im Wesentlichen am System vorbei; das Ziel, das die BRD zur Zeit am weitesten verfehlt, ist wohl die vielbeschworene soziale Gerechtigkeit.

Meine hochgradig ironische Betrachtung zu Anfang des vorigen Beitrags richtete sich auf die Sinnlosigkeit des Klagens über nur allzumenschliche Eigenschaften, die vermutlich nur durch eine grundlegende Veränderung der Lebensbedingungen der Menschheit zu verändern wären - entweder ein so grundsätzlicher Rückschritt auf ein zivilisatorisches Nullmaß, daß alle nichtexistentiellen Sorgen vorläufig verschwinden, oder konsequenter der winzige Schritt darüber hinaus. Die Position habe ich so formuliert, um deutlich zu machen, daß mE die 'lex privii' kein Schreckensszenario, sondern eine grundsätzliche Konfiguration bedingt intelligenter Lebensformen ist, die sich im vertretbaren Rahmen nicht ändern läßt und mit der es sich daher zu arrangieren gilt.

Es gibt wenige Unruhen, ja, einerseits, weil die materielle Situation vorteilhafter ist als die in Italien (oder bedingt Frankreich), aber auch, weil die tatsächlich relevanten Probleme seit längerer Zeit nicht angefaßt werden, eine große übergreifende Lobby aus Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, (ähnlich^^ wie im Artikel beschrieben), die die Sicherung ihrer Pfründe betreibt, Mißerfolge verschleiert und das Volk über die tatsächliche Lage so lange wie möglich im Unklaren zu halten bemüht.
Dies geschieht in der Hoffnung, wenn nicht bereits über den Jordan, doch wenigstens über alle Berge zu sein, wenn alles andere über die Wupper geht.

Der Versuch, durch Schönfärberei den schuldenfinanzierten Status quo noch ein paar Jährchen zu halten, ist aus Sicht der Betreffenden sicherlich sehr verständlich - und wird geschickt betrieben - auch von so erfolgreichen Bestsellerautoren wie dem eingangs erwähnten Albrecht Müller. Daß seine Bücher viel Beachtung finden, ist ebenfalls verständlich, schließlich sind in so unruhigen Zeiten wie diesen viele für jeden Strohhalm dankbar, es ist unheimlich beruhigend, zu wissen, daß all die schlimmen Dinge nur Lügengeschichten der Kapitalisten* sind.
___________
*was in diesem Fall, ironischerweise, tatsächlich als Schimpfwort gelesen sein will

janw
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Mo 24. Apr 2006, 23:11 - Beitrag #15

Zitat von Lykurg:Der Versuch, durch Schönfärberei den schuldenfinanzierten Status quo noch ein paar Jährchen zu halten, ist aus Sicht der Betreffenden sicherlich sehr verständlich

Was die schuldenbelasteten Bereiche betrifft, gebe ich Dir nicht unrecht, aber ganz offensichtlich ist ja sogar die demographische Krise stärker dramatisiert worden, als der Realität entspricht.

Das Problem ist, daß man gar nicht erst den Versuch unternommen hat, die systeminternen Probleme zu beseitigen - Stichpunkt versicherungsfremde Leistungen, Patientenbeleg zur Abrechnungskontrolle usw., sondern die Sozialversicherung krank geschrieben hat, weil sie krank sein mußte, um die Reformen zu begründen, die man sowieso einführen wollte.

Daß sich im Gefüge von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden einiges an Staub angesammelt hat, da gebe ich Dir recht. Wo dort z.B. Weiterbildungseinrichtungen existieren, die systemintern gegenüber anderen Anbietern bevorzugt werden, muss sicher eingegriffen werden.


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