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Parteiwechsel vom sachkundigen Bürger

Verfasst:
Sa 14. Okt 2006, 19:29
von Die Maschine
Ich befasse mich gerade mit folgender Thematik:
Ich bin bei unserer Stadt sachkundiger Bürger im Ausschuss für Jugend, Sport, Soziales. Ich weiß nicht, wie man an einen solchen Posten kommt (gewählt??/bestimmt??), aber irgendwie scheine ich da durch die CDU drangekommen zu sein. Denn ich bin Mitglied in der CDU, überlege allerdings schon seit Längerem die Partei zu wechseln. Möglicherweise zur SPD.
Es geht mir nicht um den Schritt des Wechselns, deswegen erbitte ich auch keine Kommentare für oder gegen CDU oder SPD oder sonst wie.
Die Frage, die ich mir momentan stelle ist, ob ich den Posten als sachkundiger Bürger im Ausschuss behalte, oder, eben nicht?
(Falls es auf das Landesrecht ankommt, ich bin aus NRW, da liegt auch meine Stadt).
Weiß da einer mehr bzw. genaueres zu?

Verfasst:
Sa 14. Okt 2006, 20:24
von Lykurg
Soweit ich weiß, kann sogar ein Bundestagsabgeordneter problemlos die Partei wechseln, wenn er das möchte. Solange es kein Ausschuß in einem Parteigremium ist

oder du in einem paritätisch besetzten Ausschuß eine Quote erfüllst, dürfte eigentlich niemand etwas dagegen haben können.

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 00:04
von pantyhose
wer die partei wechselt verliert sein mandat. sonst würden sich ja die mehrheitsverhältnisse im bundestag ändern...

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 10:20
von Lykurg
Nein, das widerspräche diversen Prinzipien. In Deutschland werden vorrangig Personen gewählt, auch die Zweitstimme gilt letztlich der Person auf der Liste. Wenn man dem Fraktionszwang unterworfen wäre und nicht austreten dürfte, wäre die Gewissensfreiheit der Abgeordneten nicht gegeben.
Zitat von Informationsdienst für Politik: Einem gewählten Abgeordneten kann innerhalb einer Legislaturperiode das Mandat nicht aberkannt werden. So bedeutet der Fraktionsaustritt, ebenso wie ein Parteiwechsel, nicht den Verlust des Mandats.
Quelle Und noch ein paar historische Beispiele, allerdings teilweise mit einer freiwilligen (!) Aufgabe des Mandats verbunden.
1. Gustav Heinemann (CDU) war in der ersten Regierung Adenauer Justizminister und trat aus Protest gegen die Wiederbewaffnung aus der CDU aus. Über die Gesamtdeutsche Volkspartei, die es nie in die Parlamente geschafft hatte, kam er in die SPD und gehörte als Minister der Großen Koalition an. Von 1969 bis 1974 war er Bundespräsident.
2. Die Regierung Brandt/Scheel verlor von 1969 bis 1972 ihre knappe Bundestagsmehrheit durch Parteiwechsel von SPD und FDP-Abgeordneten, so dass die CDU versuchte, Willy Brandt durch ein konstruktives Mißtrauensvotum zu stürzen. Der Kandidat Rainer Barzel scheiterte jedoch.
3. Nach dem Sturz Helmut Schmidts durch ein konstruktives Mißtrauensvotum wechselten einige prominente FDP-Abgeordnete zur SPD, noch bekannt ist der jetzige EU-Kommissar Günter Verheugen, der sowohl Generalsekrektär der FDP als auch Bundesgeschäftsführer der SPD war.

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 11:45
von janw
Soweit richtig für gewählte Volksvertreter.
Was "sachkundige Bürger" betrifft, können diese, länderweit unterschiedlich geregelt, von Kommunalparlamenten bzw. deren Auschüssen ernannt werden und werden dann bei entsprechenden Fachproblemen hinzu gezogen.
Normalerweise werden die Kandidaten hierfür von Verbänden benannt, etwa nach dem Verfahren, daß z.B. ein Umweltausschuss beschließt, einen oder zwei Vertreter der Naturschutzverbände als Fachleute an ihrer Seite haben zu wollen und die Verbände bittet, ihnen dafür einen oder zwei oder so Personen zu benennen. Meist "wissen" die Verbände dann schon, welche Personen nicht allzu mißliebig sind^^
Etwas merkwürdig finde ich hier aber, daß Maschine nicht vorher darauf angesprochen worden ist, ein etwas undurchsichtiges Procedere...
EDIT:
Viel erregender als die Frage der Partei finde ich, daß diese auf kommunaler Ebene überhaupt die Rolle spielen, die sie spielen - die Frage, welcher Stadtteil ein neues Schwimmbad bekommt, wo die Straße ausgebessert wird, welche Lampen in die neu ausgebaute Fußgängerzone kommen und wie die Beleuchtung in der Hauptstraße geregelt wird, ist IMHO nur argumentativ zu lösen und darf nicht zum Gegenstand ideologischen oder Proporz-Gerangels werden. Wenn immer nur von der Finanz-Misere der Kommunen geklagt wird, wird übersehen (oder gar geflissentlich verdeckt), welche Belastungen durch Amtsleiter entstehen, deren wesentliche "Leistung" im hinreichend langen Besitz des richtigen Parteibuchs bestehen, nicht in der Kompetenz zur Problemlösung und Berücksichtigung der Belange möglichst weiter Kreise der Bevölkerung.
Aber das ist ein anderes Thema.

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 13:43
von Die Maschine
Zitat von Lykurg:oder du in einem paritätisch besetzten Ausschuß eine Quote erfüllst, dürfte eigentlich niemand etwas dagegen haben können.

Sry, aber das verstehe ich nicht so ganz. Was meinst du mit "paritätisch besetzt"?

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 21:40
von janw
Maschine, damit meint er wohl den Fall, wenn in einem Ausschuss entsprechend der Sitzverteilung im Parlament so und soviele Mitglieder der x-, y- und z-Partei/Fraktion sind und eines dieser die Quote seiner Partei ausfüllenden Mitglieder die Partei wechselt.

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 21:45
von Die Maschine
Ich denke aber, es geht ja eigentlich darum, dass ich der Sache kundig bin... nicht dass die CDU oder SPD so und so viele Plätze bekommt, oder??
Zumindest auf kommunaler Ebene

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 21:52
von janw
So sollte es sein, ja. Und weil Du ja nicht durch eine Kommunalwahl dahin gekommen bist, also nicht durch irgendeine Parteiliste, dürfte dieser Fall des Quotenerfüllers nicht auf Dich zutreffen.

Verfasst:
So 15. Okt 2006, 23:37
von Lykurg
Soweit ich weiß, gibt es das z.B. bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, daß die Besetzung mit Mitgliedern verschiedener Parteien in den entsprechenden Positionen vorgeschrieben wird, damit einer allzu "schonenden" Untersuchung vorgebeugt ist. In diesem Fall würde es auch keine Rolle spielen, ob er über eine Liste dahingekommen ist - aber da sich in dem Ausschuß bisher niemand für deine Zugehörigkeit interessierte, ist das offensichtlich nicht der Fall (ansonsten würde sie wohl in allen Beschlußfassungen und wai zumindest erwähnt werden^^).