Lykurg,
Nun das außerrechtliche feststehen der Schuld basiert ebenso auf Beweisen, wie die Urteilsfindung im Idealfall. Ich schlage hier auch keine Pauschalverurteilung oder ein Schnellverfahren nach dem Vorbild der Exekution von Desertierten in der UDSSR vor. Ich bin absolut für die Einhaltung der Prinzipien der Rechtstaatlichkeit, was den modus operandi während des Verfahrens angeht, aber ich denke es gibt genug Fakten, die eine monatelange Beweisaufnahme im konkreten Prozess ad absurdum führen:
->Die "Regierung" der Baath-Partei war hierarchisch klar strukturiert und totalitär von Herrn Hussein geführt, ergo wurde die Entscheidung der Invasion Kuweits sowie die Entscheidung der Ermordung von Kurden mittels Saringas von IHM persönlich getroffen. Dafür geibt es genug Beweise in Form von handschriftlichen Beweisen.
-> Es gab einen Irakischen Angriff auf souveränes Territorium und massive Schädigung der Infrastruktur sowie zahllose Tote bei den Kampfhandlungen.
->Es gibt zahlreiche Bilder und Videos auf denen Herr Hussein einer von ihm angeordenteten Hinrichtung beiwohnt.
Die Schuldfrage steht also außergerichtlich fest, dass das Tribunal sich davon lösen muss, da jedem Menschen das Recht auf ein ausgangsoffenes gerechtes und unvoreingenommenes Verfahren steht das nach den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit auch Herrn Hussein zu. Allerdings steht dem Gericht die gleiche Beweislast zur Verfügung, wie der Öffentlichkeit. Was also sollte 2 Jahre lang dauern?
Der zweite Prozeß läuft bereits... und nein, mE zeigt sich hier auch eine gewisse Akribie im Umgang mit Fakten. Daß das Urteil (zumindest in den Augen der Betrachter) bereits zu Beginn feststand, delegitimiert den Versuch nicht, genügend Beweise zusammenzutragen, um dieses Urteil nachträglich zu begründen. Und es gefällt mir weit besser, das vor seiner (möglichen) Hinrichtung zu tun.
Da stimme ich absolut zu,
aber die Beweise werden
vor dem Prozess zusammengetragen erklären also nicht die lange Dauer des Prozesses selbst, sondern nur die Verzögerung zwischen Inhaftierung und Prozessbeginn.
Und was akribische Untersuchungsmethodik angeht, da bin ich absolut deiner Meinung, aber ernsthaft, ist es für das Strafmaß wesentlich, ob 1988 157 oder 158 Kurden ermordet wurden? Ich möchte explizit darauf hinweisen, dass ich die Ermordung nicht gut finde und das jeder Verlust eines Menschenlebens schwer wiegt, um Missverständnissen vorzubeugen.
Außerdem dürfte mit einem Todesurteil in der Tasche ein Gefängnisaufenthalt noch erheblich unangenehmer sein - es gibt wohl kaum schlimmere Gefängnisse als Todestrakte.
Im Gegensatz zum US-amerikanischen Justizsystem, wo es durchaus Usus ist, dass zum Tode Verurteilte Dekaden auf ihre Hinrichtung warten, ist es mW im Irak so, dass der Tod durch den Strang, spätestens 30 Tage nach Rechtskräftigkeit des Urteils vollzogen werden muss, der Verbleib im Todestrakt ist also relativ kurz, da Herr Hussein vorher unter anderen Haftbedingungen einsaß, da seine Schuld rechtsstaatlich nicht erwiesen war.
ein Präzedenzfall, aber die klärende Grundlage für Folgeprozesse. Wenn man, wie von Ipsissimus vorgeschlagen, die Wunde offen und den Hauptverantwortlichen laufenließe, wäre es völlig unmöglich, seine Untergebenen vor Gericht zu stellen und damit die Grundlagen für eine andere Gesellschaft zu schaffen.
Die Hauptverantwortlichen sind ebenfalls in diesem Prozess Mitangeklagte, sofern sie aufgegriffen wurden, ein Vorbildprozess ist also nicht gegeben.
Dass die Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit eingehalten werden müssen, bestreite ich nicht, aber die Konsequenz für die Weiterentwicklung des irakischen Staates, die sich ohnehin diffizil gestalten wird und deren demokratische Tendenzen sehr fragil und fragwürdig sind müsste gesondert diskutiert werden, darf aber keinen Einfluss auf Prozesslänge und Procedere haben, wie die Rechtsstaatlichkeit diktiert.
janw,
Ich wage zu bezweifeln, dass der Prozess gegen Herrn Hussein einen Einfluss auf das Ausbleiben oder Stattfinden einer Anklage gegen Herrn Bush oder Herrn Putin hat. Auch der Prozess an sich dürfte wohl kaum Einfluss auf das jeweilige nationale Ansehen von Herrn Putin oder Herrn Bush haben, das wenn man die jüngsten Senatszwischenwahlen in den USA in Betracht zieht ohnehin ins Bodenlose stürzt, wobei ich mir dessen bewusst bin, dass das Outing eines vermeintlich homophoben Kreationisten, der eigentlich homophil ist, auch einen Beitrag zum Stimmenverlust des Herrn Bush beitrug. Immer diese Kreationisten mit ihren ominösen Eingebungen ^^
P.S. Ich werde einen entsprechenden Thread im Philosophie-Bereich öffnen um die Todesstrafe zu diskutieren, möglicherweise findet sich ja etwas Beteiligung, oder sollte ein anderer Bereich des Forums gewählt werden? Ich denke dass die Rechtsstaatlichkeitsdiskussion in eine Werte und Moraldiskussion umschlagen wird, sofern eine Diskussion entsteht, daher dachte ich an das Philosophie Sub-Forum.